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Titel: "Misswirtschaft im Familienpark Villingen-Schwenningen"     Vorheriger Beitrag | Nächster Beitrag
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Beitrag Nr. 5548
Michelfeit
Stefan A. Michelfeit

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Misswirtschaft im Familienpark Villingen-Schwenningen
05-Nov-04, 22:21 Uhr ()
Aus der Schwäbischen Zeitung vom 05.11.2004:

"Misswirtschaft - Familienpark wird zum Millionengrab

VILLINGEN-SCHWENNINGEN - Dem städtischen Familienpark zwischen Vilingen und Schwenningen - bundesweit nach eigenen Angaben der einzige gemeinnützige Freizeitpark - droht das Aus. Seine Geschichte ist ein Lehrstück über jahrelange finanzielle Misswirtschaft und über das Versagen von Kontrollgremien. Der klammen Stadt bleibt ein Millionen-Schaden.

Von unserem Redakteur A. Lothar Häring

Dieter Sirringhaus ist eine Legende in Villingen-Schwenningen. Fast drei Jahrzehnte lang war der inzwischen 57-Jährige, ungeachtet seines Alters, als Stadtjugendleiter tätig - und erregte mit seinen unkonventionellen Ideen gleichermaßen Aufsehen, Anerkennung und Kritik. Unter anderem baute er im Laufe der Jahre am Rande von Villingen einen familiären Freizeitpark.

Der entwickelte sich so gut, dass die Stadt Ende der neunziger Jahre ziemlich genau zwischen Villingen und Schwenningen ein neues, zwölf Hektar großes Gelände zur Verfügung stellte. Sirringhaus kündigte an, er werde mit 500 000 Euro auskommen. Im Jahr 2001 konnte Ministerpräsident Erwin Teufel eine einzigartige Spielstadt mit anderswo aussortierten Fahrgeschäften, mit Zirkus, Streichelzoo, Puppentheater, Inlineskatehalle und großem Restaurant-Betrieb einweihen.

Warnzeichen gab es genug

Doch schnell wurde klar, dass der Kostenvoranschlag nicht zu halten war. Heute streiten die Experten, ob sich die Kostensumme nun auf sieben oder acht Millionen beläuft. Hinzu kommen Liquiditätskredite, die allein in den Jahren 2001 und 2002 über vier Millionen Euro betrugen. An Warnzeichen hatte es von Anfang an nicht gefehlt, doch Dieter Sirringhaus, der zum Park-Geschäftsführer befördert worden war, durfte ungestört weiterwerkeln. Kritiker führen das auf die besonderen kommunalpolitischen Verflechtungen zurück: Sirringhaus gehört der CDU an, die ihn ebenso schützte wie der frühere Oberbürgermeister Manfred Matusza, mit dem er befreundet ist. Der Aufsichtsrat des Parks, in der Mehrzahl mit Stadträten und Sirringhaus-Getreuen besetzt, verfuhr, trotz immer neuer Alarmsignale, nach dem Motto: Augen zu und durch.

Erst als die Aufsichtsbehörde, das Regierungspräsidium Freiburg, eingriff, begann sich der Finanzdschungel zu lichten, wenn auch sehr zögerlich. Bis heute fehlen beispielsweise die Jahresabschlüsse für 2002 und 2003. Dafür liegt ein Prüfbericht vor, der reihenweise Verstöße, Verfehlungen und Mängel anprangert. Da ist die Rede von fehlenden Konten- und Leistungsabrechnungen, von unzulässigen Ausgaben, unstatthaften Auftragsvergaben, nicht vorhandenen Inventarlisten, buchhalterischen Versäumnissen, von juristisch fragwürdiger Vorgehensweise, schlampiger Erfassung der Tageseinnahmen und von einem verhängnisvollen Finanzgebaren. Erst Oberbürgermeister Rupert Kubon (SPD), seit etwa zwei Jahren im Amt, packte den Sanierungsfall entschlossen an, schoss aber im Sommer übers Ziel hinaus, als er den Park mit einer eigenmächtigen Drogenrazzia noch mehr in die negativen Schlagzeilen brachte; der Verdacht bestätigte sich nicht.

Der Besucher-Schwund hat sich jedenfalls in der gerade beendeten Saison ungebremst fortgesetzt. Seit 2001 sind die Zahlen von 128 000 über 114 000 und 93 000 auf nunmehr 75 000 gesunken. 80 Prozent der Gäste kamen von auswärts. Trotz aller Sparversuche lag der städtische Zuschuss in diesem Jahr bei 630 000 Euro, rund 250 000 mehr als eingeplant. OB Kubon will jetzt die Konsequenzen ziehen und den Familienpark in einen Volkspark mit weniger Fahrgeschäften und mehr Spielplatz-Charakter, bei freiem Eintritt (bisher: Erwachsene fünf, Kinder vier Euro) umwandeln.

Neuer Job für Sirringhaus

Geschäftsführer Sirringhaus muss gehen, verliert aber seinen Job nicht: Der inzwischen 57-Jährige darf als Abteilungsleiter zurück in die Dienste der Stadt. Für ihn soll ein Sozialpädagoge kommen - und den Park entsprechend verändern. "Er soll weiterhin in die Region ausstrahlen, aber wir wollen ihn wieder mehr zu einem Treffpunkt der Villingen-Schwenninger machen", sagt Kubon.

Doch einflussreiche Teile des Gemeinderats plädieren für die Radikal-Lösung: Sie wollen das "Millionengrab" zumachen und dort die neue Zentralklinik bauen. Auf unangenehme Zeiten dürfen sich auch die Mitglieder des Aufsichtsrats einrichten: Die Stadt prüft die Möglichkeit, von ihnen Regress zu fordern. Den aktuellen Sachstand fasste Dieter Sirringhaus jüngst in vier Worten zusammen: "Tausend Fragen, keine Antworten.""


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  RE: Misswirtschaft im Familienpark Villingen-Schwenningen, Michelfeit, 05-Nov-04, 22:32 Uhr, (1)
     Das Aus durch Sparbeschluss des Gemeinderats, Michelfeit, 02-Mai-05, 23:08 Uhr, (2)

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Michelfeit
Stefan A. Michelfeit

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1. RE: Misswirtschaft im Familienpark Villingen-Schwenningen
05-Nov-04, 22:32 Uhr ()
Als Antwort auf Beitrag Nr. 0
 
Auf der Homepage der Stadt Villingen-Schwenningen findet sich noch folgende Pressemeldung vom 06.10.2004:

"Aufsichtsrat stellt Weichen für die Zukunft des Familienparkes

Der Aufsichtsrat der Familienpark gGmbH hat in seiner gestrigen Sitzung Eckpunkte für die Fortführung der Einrichtung beschlossen. Diese werden vom Oberbürgermeister uneingeschränkt begrüßt. Noch in diesem Monat wird dem Gemeinderat ein Vorschlag vorgelegt, die gGmbH aufzulösen und zur Stadt zurückzuführen. Da dies auf Grund bislang fehlender Abschlüsse für 2002 und 2003 der Gesellschaft nicht zum 1. November möglich ist, wird die GmbH bis zur Erledigung dieser Arbeiten noch einige Monate rechtlich weitergeführt.

Der Familienpark soll im kommenden Jahr in unmittelbarer städtischer Regie eröffnet werden. Der Park soll in seinem Angebot um kostenträchtige Einrichtungen (technische Anlagen, Teile des Tierparkes) reduziert werden. Das künftig federführende Amt für Familie, Jugend und Soziales wird dazu einen konkreten Vorschlag erarbeiten, der demnächst vom Aufsichtsrat der noch bestehenden Gesellschaft im Rahmen eines Ortstermins bewertet werden soll.

Gleichzeitig soll der Park analog zum alten Park künftig grundsätzlich ohne Eintritt zugänglich sein. Die Frage der ständigen Erhebung eines geringen, eher symbolischen Eintrittspreises zur Sicherstellung der Zugangskontrolle wird noch geprüft. Allerdings soll an Wochenenden und Feiertagen ein besonderes sozialpädagogisches Angebot durch einen geringen Eintritt finanziert werden. Die hierfür vorgesehene Stelle eines Sozialpädagogen soll kurzfristig ausgeschrieben werden. Dieser soll auch die Parkleitung übernehmen. Während der Ferien ist ein Ferienprogramm vorgesehen. Auch für Vereine soll der Park geöffnet werden. Es ist daran gedacht, diesen zu günstigen Konditionen Nutzungs- und Aktionsmöglichkeiten einzuräumen. Insgesamt gilt für den Familienpark das Motto: „back to the roots“.

Die im Sommer eröffnete Jugendscheune soll organisatorisch vom Park getrennt werden. Herr Sirringhaus wird seinen Anspruch auf Bestandssicherung wahrnehmen und als Leiter dieser Einrichtung in der Funktion eines Abteilungsleiters ab 1. November in städtische Dienste zurückkehren. Für die Zeit der Abwicklung der gGmbH wird er nebenamtlich gemeinsam mit Herrn Müller als Geschäftsführer analog der derzeitigen Regelung arbeiten.
Ziel der geplanten Maßnahmen ist es, den Park wieder zu einem Park für die Menschen aus Villingen-Schwenningen zu machen, Diese machten in der auslaufenden Saison nur zu einem Fünftel die erneut zurückgegangenen Besucher aus. Ferner sollen die Kosten des Parkes durch den Rückbau und die Einbindung in die städtische Kinder- und Jugendarbeit reduziert werden.

Oberbürgermeister Dr. Rupert Kubon sieht in den Beschlüssen des Aufsichtsrates einen entscheidenden Schritt um überhaupt die Fortführung des Parkes zu ermöglichen. Der Wettlauf um einen lukrativen Platz unter den Deutschen Freizeitparkes war nicht zu gewinnen, weshalb man sich jetzt wieder der Ursprünge besinnt. Bereits heute, weist der Familienfreizeitpark eine erneute finanzielle Schieflage auf, die sich angesichts der notwendigen Investitionen im Falle einer Fortsetzung der bisherigen Konzeption weiter verschärfen würde. Bereits für 2004 fehlen erneut zusätzlich ca. 200.000,- €"

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2. Das Aus durch Sparbeschluss des Gemeinderats
02-Mai-05, 23:08 Uhr ()
Als Antwort auf Beitrag Nr. 1
 
"Datum: 16.12.2004

Sparpaket über 4,6 Millionen Euro beschlossen

Alle Bereiche betroffen - Familienpark und Freibäder werden geschlossen – Verwaltung streicht Stellen

Villingen-Schwenningen. Mit großer Mehrheit hat der Gemeinderat der Doppelstadt in seiner heutigen Sitzung ein Sparpaket in Höhe von 4,6 Millionen Euro beschlossen. „Es handelt sich hierbei um eine politische Entscheidung, die für alle Bereiche sehr schmerzhaft sein wird, aber unumgänglich, wenn die Stadt auch künftig handlungsfähig bleiben will“, sagte Oberbürgermeister Dr. Rupert Kubon. Er zeigte sich froh darüber, dass das Sparpaket „durchgekommen“ ist. Die beschlossenen Einsparungen werden im kommenden Jahr rund zu einem Drittel haushaltswirksam werden. „Durch den Beschluss können wir dem Regierungspräsidium Freiburg signalisieren, dass wir ernsthaft und langfristig zu Einsparungen im Verwaltungshaushalt bereit sind“, so der Oberbürgermeister.
Im Sparpaket enthalten ist die Schließung des Familienparks (280 000 Euro) und der Freibäder in Schwenningen und Tannheim (250 000 Euro). Für einen möglichen Trägerverein für das Tannheimer Freibad wird ein Zuschuss von 30 000 Euro gewährt.
Zum Punkt Jugendmusikschule hat der Gemeinderat beschlossen, vom kommenden Schuljahr an, jährlich 350 000 Euro für musikalische Bildung auszugeben. Derzeit wird die Jugendmusikschule mit 750 000 Euro jährlich bezuschusst. Bis Mitte März wird die Verwaltung ein Konzept über geeignete Maßnahmen zur Umsetzung des Beschlusses vorlegen, der Einsparungen von 400 000 Euro vorgibt. Oberbürgermeister Dr. Kubon zeigte sich nicht glücklich über die Entscheidung: „Ich halte den Beschluss für unehrlich.“ Im Interesse des Gemeinderats habe er jedoch zugestimmt. Die Verwaltung geht davon aus, dass der Beschluss nur durch eine Schließung der Jugendmusikschule umzusetzen ist.
Der Zuschuss für die Kinderbetreuung wird um 2,2 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro jährlich gekürzt. Im Rahmen einer Untersuchung der Gemeindeprüfungsanstalt, die pädagogisch begleitet wird, soll ermittelt werden, wie die Einsparungen umgesetzt werden können.
Die Geschäftsstellen der Volkshochschule in Pfaffenweiler und Villingen sowie das Schulungsgebäude in der Schillerstraße werden aufgegeben. Durch den Abbau von insgesamt rund 20 Stellen in den Ortsverwaltungen, den Bürger-Servicezentren, dem Standesamt, den Bibliotheken, den Museen und im Dezernat II sollen die Personalausgaben zusätzlich zum bereits bestehenden Personalentwicklungskonzept mittelfristig verringert werden. Durch die Bildung eines Hausmeisterpools ist ein weiterer Stellenabbau von rund 5 Stellen geplant.
Die bereits im Vorfeld beschlossene Rückgabe des Sozialamts an den Kreis spart weitere 200 000 Euro. Auch die Zahl der städtischen Ausbildungsplätze soll um ein Drittel reduziert werden. Derzeit werden mit 64 Auszubildenden im Vergleich mit anderen Kommunen überdurchschnittlich viele junge Menschen ausgebildet. Im Bereich Theater und Konzerte sollen durch Strukturveränderungen und die Zusammenführung von Kulturamt und MTVS unter einheitlicher Leitung 100 000 Euro weniger ausgegeben und der Zuschussbedarf für die Jugendhäuser und die Jugendscheune auf 500 000 Euro gedeckelt werden. Die Friedhofsgebühren werden erhöht, so dass mit Mehreinnahmen von 80 000 Euro gerechnet wird. Zudem werden künftig für Erwachsene Betriebskostenbeiträge für Sportanlagen erhoben. Der Zuschuss für Seniorenveranstaltungen in Höhe von 13 000 Euro fällt künftig weg. Die Miete für den Profibetrieb des Schwenninger Eishockey-Clubs (SERC) wird um 30 000 Euro erhöht. Für zahlreiche weitere Bereiche wie Kunsteisbahn GmbH, Weihnachtsbeleuchtung, städtischer Fahrzeugpark, Sachkostenbeiträge der Vereine und die Rückgabe des Jugendamts an den Kreis wurde der Verwaltung vom Gemeinderat ein Prüfauftrag mit dem Ziel der Kostenreduzierung erteilt.
Der Beschluss nährt die Hoffnung, dass der Haushaltsplanentwurf Aussichten hat, durch die Kommunalaufsicht genehmigt zu werden. Um den Haushaltplan den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorlegen zu können, wäre eine Verbesserung des Verwaltungshaushalts um mindestens 8,2 Millionen Euro jährlich nötig. Dies ist kurzfristig nicht umsetzbar. Mit dem Sparbeschluss von 4,6 Millionen Euro kann der Verwaltungshaushalt im Jahr 2005 entwickelt werden, so dass der Haushaltsplan 2006 diese Einsparungen dauerhaft ausweist. Für die prekäre Finanzlage der Stadt verantwortlich sind kontinuierlich sinkende Einnahmen seit dem Jahr 2000 und eine zu geringe Ausgabendisziplin, die vom Regierungspräsidium Freiburg schon seit Jahren angemahnt wird. So hält die Stadt Einrichtungen doppelt und mehrfach vor, nimmt Aufgaben als Delegationsnehmer wahr und erfüllt Aufgaben, die auch von Dritten wahrgenommen werden könnten."

Quelle: http://www.villingen-schwenningen.de/servlet/PB/menu/1012734/index.html

Das war's dann wohl mit Deutschlands einzigem städtischen Freizeitpark...

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