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Foren-Gruppen Disney Beitrag Nr. 185
Beitrag Nr. 185, 12 Antworten
JUK

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12. ein Artikel dazu
27-Nov-01, 02:33 Uhr ()
Als Antwort auf Beitrag Nr. 0
 
Irgendwie paßt der nachfolgende Artikel aus der Süddeutschen in diesen Thread.

Verschwendung mit der Maus

Wenn man viel Geld ausgeben will, Familienstreitereien liebt und Kindern die Illusionen nehmen will, muss man ins Disneyland Paris fahren

Es gibt eine Reihe von Methoden, sich dem Phänomen Disneyland zu nähern, wobei die erste die billigste ist: Man fährt gar nicht erst hin. Sondern geht morgens in ein Imax-Kino, schaut sich einen 3D-Film an, isst bei McDonald’s ein paar Pommes, und macht sich danach einen netten Nachmittag auf der örtlichen Kirmes, Achterbahn und Geisterbahn inklusive. Zugegeben, Disney ist aufregender, die Achterbahnen dort sind schneller und die Geister furchterregender, aber dafür muss man für Variante eins weniger weit laufen, spart mehr Geld und ist schneller wieder daheim.

Spätestens hier wird deutlich, dass nicht jedermann die Begeisterung von rund zwölf Millionen Besuchern teilt, die alljährlich nach Disneyworld Paris reisen. Es soll erwachsene Menschen geben, die sich dem Zauber der amerikanischen Plüschfiguren und ihrem durchorganisierten Heiligtum auf europäischem Boden verweigern. Wer sich dem Druck seiner Kinder kaum noch erwehren kann, aber seine Zweifel hochhält, dem sei hier eine argumentative Hilfe an die Hand gegeben.

Mickrige Ausbeute

Denn natürlich kann man den rund 40 Kilometer von Paris entfernt liegenden Vergnügungspark durchaus mit seinen Kindern besuchen. Dieser Schritt birgt aber eine Reihe von Nachteilen, die gravierend sind. Stellen Sie sich vor, Sie reisen zu viert aus, sagen wir mal, Bottrop, an. Sie zahlen: vier Zugfahrkarten nach Paris, vier Bustickets nach Marne la Vallée, vier Hotelbetten mit Frühstück am Rande des Parks, vier Karten für den Eintritt. Dazu vier sogenannte Fast-Pässe, mit denen die Wartezeiten an den besonders begehrten Attraktionen von bis zu anderthalb auf günstigenfalls 15 Minuten verkürzt werden können. Vier Mal Mittag- und Abendessen im Park. Sie kaufen außerdem: Mitbringsel und Andenken, Mickey-Maus-Hüte und Haarbürsten, Malstifte und Rücksäcke, Hausschuhe und T-Shirts, Schneekugeln und Kühlschrankmagneten, Federmäppchen und Trinkgläser mit Mickey-Konterfei.

Das alles kann für zwei Tage so viel kosten wie ein einwöchiger Skiurlaub. Sollte die familiäre Finanzlage Derartiges ermöglichen, kommen aber seelische Blessuren hinzu. Denn die Interessen von Kindern und Eltern sind in diesem Erlebnispark unmöglich unter einen Hut zu kriegen. Ein paar Beispiele für die Ausweglosigkeit des Gemeinschaftsunternehmens: Die Kinder wollen im Fantasyland, einem der vier Themenparks, Tassen fahren – ein Kinderkarussel also, das Tassen fliegen lässt.

Danach wollen sich die Kinder auf Dumbos im Kreis drehen und mit Peter Pan durch die Lüfte über ein Lichtermeer aus Glühbirnen segeln, das London darstellen soll. Sie selbst aber wollen im Discoveryland Space Mountain besteigen – eine Achterbahn im Dunkeln, die so wild ist, dass Kinder unter 1, 32 Metern Größe gar nicht zugelassen sind. Also allein fahren? Oder die Familie trennen? Wer wartet auf wen, wenn Papa eine Stunde bei Space Mountain ansteht und Mama den Film „Honey, I shrunk the audience“ sehen will, der, wie Disney warnt, „kleinen Kindern Angst machen kann“?

Wenn bis hierher noch kein Familienstreit ausgebrochen ist, dürfte dies spätestens bei einer der obligatorischen Paraden auf der „Main-Street“ der Fall sein. Sie warten also, eingezwängt in der wogenden Menge, auf die „Weihnachtsparade“ oder die „electric parade“. Bei ersterer stehen als Disneyfiguren verkleidete Parkangestellte oder in plüschige Disneyfiguren hineingeschlüpfte Animateure auf elektrischen Wagen und fahren, begleitet von einer musikalischen Endlosschleife mit Marschmusik oder Weihnachtsklängen, schweigend und Handküsse werfend im Kreis herum. Bei zweiterer gleicht sich das Bild, allerdings findet die Parade im Dunkeln statt, die Wagen sind beleuchtet, die schweigenden Figuren frieren in der nächtlichen Kälte, winken und verteilen Kusshände. Die Kinder frieren auch und sehen nichts, die Figuren gehören der amerikanischen Disneyklassik an und sind in Deutschland teilweise unbekannt, und nach ein paar Minuten ist der Spuk wieder vorbei. Und die Stimmung im Eimer.

Disneys Devise lautet, die Illusion dürfe nicht zerstört werden. Also bestehen die Angestellten darauf, dass in der Maus tatsächlich eine Maus sitze, und dass es im Park tatsächlich nur eine einzige, also „die Maus“ gebe. Wer aber verantwortet den Schock im kindlichen Herzen, wenn ein jugendlicher Besucher den Plüschtieren durch die kleinen, weißen Türen hinterherläuft, in denen Mickey, Pluto, oder Puh der Bär verschwinden? Und wer erklärt dem Kind das Unmögliche, wenn es dann sieht, wie diese wenig später, nach dem Umziehen, aus grauen Baracken ganz unmäusisch wieder hervortreten?

Zu viele Puppen

Disney Paris lohnt sich nur, wenn man den ganzen Tag dort verbringt. Aber die Kinder werden müde, sie quengeln, wollen quer durch 57 Hektar Frohsinn getragen werden. So viel Aufregung, so viele Puppen, immerwährende Musikbeschallung aus allgegenwärtigen Lautsprechern – das hält nicht jedes Kind aus. Und Sie selbst, die Eltern, tun das auch nicht.

Sollten Ihre Zweifel nicht ausgeräumt sein, bleibt die Möglichkeit des Selbstversuchs. Allein, ohne Kinder. Erstaunlich viele Leute tun das: Erwachsene Menschen fahren, nur so zum Spaß, um LiveMusik zu hören und auszugehen, um auszuschlafen und ins Kino zu gehen, nach Disneyland Paris. Aber Vorsicht: Derzeit laufen landauf, landab Retrospektiven über den Vater des Imperiums, Walt Disney, der dieser Tage seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Er war ein genialer Filmemacher, aber wie derzeit aktuell an Harry Potter zu besichtigen ist: Zu viel Vermarktung kann auch die schönste Traumfabrik zur Konsumhölle machen. Angeblich gehören Mickey und seine Freunde neben anderen Weltwundern zu den Kulturschätzen der Menschheit; ein Mickey- Maus-Heft soll sogar in einer Kapsel im Orbit schweben, um Außerirdischen unvergängliche Schöpfungen der Menschheit nahe zu bringen. Einem derart perfekten Marketing gebührt, zugegeben, einige Hochachtung. Perfektes Marketing an wehrlosen Parkbesuchern allerdings kommt fast schon versuchter Körperverletzung gleich.

Sie stehen also in aller Ruhe an all jenen „Attraktionen“ genannten, überdimensionierten Karussels an, in denen Sie mitfahren wollen. Sie bummeln in aller Ruhe durch eine der 46 Boutiquen oder an 23 Verkaufsständen vorbei, in denen überall weitgehend das Gleiche verkauft wird: Mode, Gags und Tand. Mehr als 26 Millionen Disney-Produkte wurden allein im Jahr 2000 verkauft, da will man schließlich mithalten. Sie gehen in eines der 62 Restaurants, essen in einem als Urwaldhütte dekorierten Selbstbedienungsrestaurant eine Pizza, wie sie auch daheim in der Tiefkühltruhe liegt, trinken in einem kindgerecht dekorierten Restaurant mit ausgestopften Puppen diverse, überteuerte Biere, oder ernähren sich im Stehen von Hot Dogs.

Sie hocken in einer Spielhölle, in der es, durchaus zur Freude gut erzogener Jugendlicher, auch Videospiele gibt, bei denen man mit Maschinengewehren auf den Bildschirm ballert. Oder Sie stehen im zugigen, auch ohne Eintrittskarte zugänglichen „Disneyvillage“ für einen Kinofilm an, den Sie im Kino Ihrer Heimatstadt leicht auf Deutsch sehen könnten.

Zugegeben, am 5.Dezember hätte Walt Disney seinen Geburtstag gefeiert, und am 31.Dezember zeichnet Kai Pflaume dort seine Sendung „Nur die Liebe zählt“ auf – beides gute Gründe, sich nach Paris aufzumachen. Andererseits: Der Europapark Rust im Dreiländereck am Rhein ist größer und weniger überfüllt. Er ist zeitgemäßer mit seinen Themenbereichen, die alle Länder Europas repräsentieren, und er ist näher an Bottrop. Für all jene, die jede Nacht im Mickey-Maus-Hemd schlafen gehen, beim Ehapa Verlag die Mickey- Maus-Zeitung abonniert haben und sich überwiegend mit der Pluto-Ohren- Wintermütze auf die Straße begeben, mag dies kein tauglicher Ersatz sein. Wer vor allem Spaß haben will, sollte den Selbstversuch vorsichtshalber dort starten.


Jens Uwe Kupka

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No ned huddla

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