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Walter


 

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Wat sach ich: Die Misere begann schon beim Bau
30-Jul-03, 08:20 Uhr ()
Dem Bottroper Alpin-Center fehlen zehn Millionen Euro, um eine drohende Pleite zu vermeiden. Heute gehen die Krisengespräche im Wirtschaftsministerium weiter.

Als das Alpin-Center im Januar 2001 eröffnete, da war es noch eine Baustelle. Kabelschlaufen hingen von der Decke, die Wege führten über Behelfstreppen, vorbei an unverputzten Mauern. Längst hätte sich darüber gnädig der Schnee legen können, doch auch im Juli 2003 noch empfindet mancher Besucher das Alpin-Center als "eiskalte Baustelle", auf der man "erbärmlich", "wie auf einem Fließband an der Supermarktkasse" lange Minuten an den Start gefahren wird. Internet-Bericht eines Besuchers, der sich dort auf dem Snowboard versuchte.

So klangvoll der Name Girardelli in der Sportwelt ist, so desolat ist der Ruf der Familie längst in der Geschäftswelt. Klagen, noch bevor Vater Helmut und Sohn Marc ihr Center eröffneten, juristische Verfahren seither. Mal kämpfen ehemalige Partner um ihr Recht, dann Firmen, die am Bau des Alpin-Centers beteiligt waren, schließlich - ein ums andere Mal - Mitarbeiter.

Und nun geht es um die blanke Existenz. So kommen Wuppertaler Wirtschaftsprüfer in einem Gutachten, das das Alpin-Center selbst in Auftrag gab und das der WAZ vorliegt, zu folgendem Schluss: "Festzuhalten ist, dass bei unveränderten Kosten und Finanzierungsstrukturen eine positive Fortführungsprognose nicht darstellbar ist." Es gebe eine "existenzbedrohende Situation" und "äußerst angespannte Liquiditätslage".
Zu deutsch: Jeden Tag, an dem das Alpin-Center geöffnet hat, schlittert es mehr in rote Zahlen. Kein Wunder: Beträgt doch der Betriebsaufwand 175% der Betriebsleistung. Oft können die Girardellis ihre Mitarbeiter nicht mehr pünktlich bezahlen. Seit September 2002 stiegen die Schulden um 730 000 Euro.

Für den Sommer 2003 erwarten die Wirtschaftsprüfer weitere Verluste von 450 000 Euro.
Krisensitzung gestern nachmittag im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium. Anwesend unter anderem Marc Girardelli, Vertreter des Mitgesellschafters Friedrich Dieckell, Banken und das Ministerium selbst. Schließlich gewährte das Land NRW für das Alpin-Center eine Bürgschaft von 13,7 Mio Mark, ist somit in einer Gläubiger-Position. Die Frage aller Fragen: Ist das Unternehmen noch zu retten, muss es Insolvenz anmelden? Oder gibt es im letzten Moment doch noch ein tragfähiges Fortführungskonzept?
"Als Gläubiger müssen wir über alle wesentlichen Veränderungen in dem Unternehmen informiert werden, bedürfen diese auch unserer Zustimmung", erklärt Reiner Eisold, der im Ministerium für Bürgschaften zuständige Mann.

Das Land selbst jedoch, so ist zu hören, kann für das Alpin-Center nichts mehr tun.
Anders Friedrich Dieckell. Der 72-jährige Bremerhavener, ein angesehener Geschäftsmann, begann 1958 mit einem kleinen Lebensmittelladen und baute darauf ein regionales Supermarkt-Imperium auf. Heute macht er im wesentlichen in Immobilien. Von ihm heißt es, er könne weitere Millionen in die Skihalle schießen, um sie vor der Pleite zu bewahren. Ein Engagement, das für viele mit dem Abgang der Girardellis verbunden ist.
"Ich wäre zu diesem Gang nach Canossa bereit. Auch wenn es ein schmerzhafter Schritt wäre", sagte Marc Girardelli gestern der WAZ: "Wenn es das Überleben der Skihalle sichert, und wenn Herr Dieckell sich dies als schwerster Gesellschafter wünscht." Im Übrigen gebe es durchaus mehrere Möglichkeiten, das Alpin-Center zu retten, "auch wenn das im Bericht der Wirtschaftsprüfer negativ dargestellt wird".

Die Misere begann spätestens mit dem Bau. Die Baukosten verdoppelten sich, die Besucherzahlen blieben deutlich unter den Marketing-Analysen.

Einer, der weiß, woran die Halle krankt, ist der Antwerpener Ricky Mollin, der vor 15 Jahren das "Casablanca" eröffnete, die älteste Skihalle der Welt. Mollin, einst Partner von Helmut Girardelli, sagt über diesen: "Der ist nicht in der Lage, etwas zu leiten. Jeder, der anderer Meinung ist, wird von ihm beschimpft." Drei Jahre lang habe er mit ihm zusammengearbeitet. "Girardelli dachte danach, er wisse alles. Aber dort, wo er nichts wusste, hat er Fehler gemacht." Mollin spricht von technischen Fehlern, von Isolierungs-Problemen, der ungünstigen Konstruktion des Förderbandes. Er glaubt, das Alpin-Center könne mit einigen Investitionen gut auf die Piste gebracht werden. Mollin verklagt Girardelli, "weil er mein Wissen gestohlen und mich als Partner vorgetäuscht hat, um den Einstieg in die Branche zu schaffen".

Klagen allenthalben. Denn die Rechnungen vieler Baufirmen beantworteten die Girardellis häufig mit Mängel-Rügen. "Mit fadenscheinigen Begründungen haben sie viele Firmen nicht bezahlt, ich nenne es die Haarriss-Methode", sagt Raimund Crammer, Geschäftsführer der österreichischen "RCM-Design". Von "fingierten Mängeln" spricht auch ein Anwalt, der mehrere Handwerksfirmen vertrat - meist kam es zum Vergleich.
Und auch die Auseinandersetzung mit dem Herner Bauunternehmen Heitkamp landete längst vor Gericht. Forderungen Heitkamps von 2,38 Mio Euro setzten die Girardellis Schadenersatzforderungen wegen Baumängeln in Höhe von 7 Mio Euro gegenüber. Ein Betrag, der übrigens in der Geschäftsbilanz 2002 auf der Habenseite verbucht wurde. Ein Betrag auch, der bei Heitkamp als absurd bezeichnet wird, schließlich habe man "nur den Rohbau erstellt".

Harte Zeiten also für die Girardellis, die sonst eher großen Sprüchen zuneigen. Doch schon im August 2002 schrieb Marc Girardelli ins elektronische Gästebuch einer österreichischen Hotel-Besitzerin: "Bei uns hier im Norden ist es nicht einfach. Zu viele Piefkes, du weißt . . ."

(Quelle: WAZ, 29.07.2003 von Hayke Lanwert und Hubert Wolf)

Gruß, Andreas Walter.

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Wat sach ich: Die Misere begann schon beim Bau, Walter, 30-Jul-03, 08:20 Uhr, (0)
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Walter


 

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1. Erst mal alle verklagen und dann sind wir wieder im Plus (ts-ts-ts)
31-Jul-03, 07:46 Uhr ()
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Die Existenzfrage des Alpincenters wurde auch Mittwoch nicht beantwortet. Nach stundenlangen Verhandlungen vertagten sich die Rettungsbemühungen auf heute.

Friedrich Dieckell ist ein Patriarch. Seine Immobilien in Bremerhaven, so die Nordsee-Zeitung, bildeten "zusammengenommen fast ein eigenes Viertel". Der 72-Jährige, der anfing mit einem Lebensmittelladen, steuert heute Grundstücks- und Beteiligungsfirmen; stiftete einen großzügigen Gründerpreis für aufstrebende Bremerhavener Unternehmer; gewann einst den "Admiral´s Cup" der Segler; ist Honorarkonsul Sloweniens. Zu Dieckells Geburtstagen kommt Bremens Regierungs-Chef Henning Scherf, Dieckells Lieblingslied ist "My way". Dieckell versucht, das Alpincenter zu retten.

Am Mittwoch nämlich verlagerten sich die Rettungsversuche in seine Stadt, nach Bremerhaven. Während unter den Mitarbeitern in Bottrop Kopien des gestrigen WAZ-Artikels von Hand zu Hand gingen und die Stimmung schwankte zwischen Galgenhumor und Angst um den Job, verhandelten dort Vertreter des Alpincenters, des Minderheitsgesellschafters Dieckell und der Städtischen Sparkasse über Kredite und die Bedienung bisheriger Kredite. Und die Frage, ob Dieckell zum Mehrheitsgesellschafter wird.

"Ich gehe davon aus, dass das Geschäft weiterläuft und das Alpincenter mit neuen Konzepten in die Gewinnzone kommen kann", sagte Marc Girardelli am Abend. Die wichtigsten Details seien geklärt, am Donnerstag werde man wieder Kontakt mit der Landesregierung aufnehmen. Bisher habe niemand von ihm verlangt, auszuscheiden. Helmut und Marc Girardelli, Vater und Sohn, wird von vielen Seiten Missmanagement vorgeworfen. Andere Betreiber stünden bereit, sie zu ersetzen, heißt es aus der Freizeit-Branche; denn an sich seien Skihallen ein gutes Geschäft.

Dafür spricht auch die Situation der "Allrounder Winter World" in Neuss, der zweiten Skihalle in NRW. "Es geht uns sehr gut. Wir investieren weiter", sagt der Neusser Hallensprecher Martin Graffmann. Mit 1,2 Millionen Besuchern liege die Winterwelt über den Erwartungen. Nach Bottrop kamen 2002 nach Angaben des Alpincenters 750 000 Menschen, weniger als erwartet.

So kam dann auch das Gutachten der Wirtschaftsprüfer von "Rölfs" zu dem Schluss, dass in Bottrop "nur die Hälfte der erwarteten Umsätze realisiert wurde". Eine "kurzfristige leistungswirtschaftliche Sanierung" scheide aus; "positive Fortführungsprämissen sind nur unter erheblichen Anstrengungen der Gläubiger und Gesellschafter" zu erreichen. Sie schlugen vor, dass die Gläubiger auf fünf Millionen Euro verzichten und die Betreiber fünf Millionen Euro des Gebäudes außerplanmäßig abschreiben; das würde die Steuerlast verringern.

In den Gesprächen im Wirtschaftsministerium NRW am Dienstag soll das Land, das für sieben Millionen Euro Darlehen des Alpincenters bürgt, darauf hingewirkt haben, dass die Skihalle Kredite vorübergehend nicht bedienen muss - neben den niedrigen Besucherzahlen ist es vor allem der Kapitaldienst aus Bauzeiten, der das Alpincenter bedroht. Die Ministeriumssprecherin Heike Döll-König sagte, das Land sei "bereit, wirtschaftlich sinnvolle Lösungen mitzutragen".

Unklar blieb auch gestern, wie gehaltvoll verschiedene Außenstände sind, die die Geschäftsführung des Alpincenters den Wirtschaftsprüfern nannte. Da ist die Sieben-Millionen-Forderung an Heitkamp, die Heitkamp "absurd" nennt.

Aber es geht auch um wesentlich kleinere Beträge. Unter anderem meldet das Alpincenter "Ansprüche aus Überzahlung in Höhe von 148 000 Euro gegenüber der Kaufmann Holz AG" an. Die österreichische Firma hatte die Dachkonstruktion der Skihalle gebaut; ihr Geschäftsführer Siegfried Kohler widersprach gestern: Vielmehr habe Kaufmann Holz "selbst Ansprüche von 150 000 Euro an das Alpincenter". Kohler: "Wir haben eine Klage laufen, da bin ich ganz gelassen. Wir haben nur ein Problem, wenn die Skihalle in die Insolvenz steuert."

(Quelle: WAZ, 30.07.2003, von Hubert Wolf und Kai Wiedermann)

Gruß, Andreas Walter.

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MartinaElter

 
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2. WAZ-Online Bottrop-Lokal 31.07.03
31-Jul-03, 08:01 Uhr ()
Als Antwort auf Beitrag Nr. 1
 
Bis zum gestrigen Abend gab es noch kein Ergebnis der Verhandlungen über die Zukunft des Alpin-Centers. Bei der Stadt hat man Hoffnung - aber auch Sorgen. Denn ein Aus für das Alpin-Center, das zweite "Flaggschiff" neben dem Filmpark, wäre ein herber Schlag.

"Das Alpin-Center ist neben Warner nach wie vor ein wichtiger Baustein im Tourismus-Angebot nicht nur für die Stadt, auch für die Region. Wir haben großes Interesse daran, dass es auf Dauer Bestand hat, auch wenn umstrukturiert würde", sagt Walter Hermann vom Fachbereich für Öffentlichkeitsarbeit. Zu wünschen sei, dass solch ein Projekt nicht sofort in die Knie gehen müsse, "denn auf und ab geht es ja immer - das habe wir auch bei Warner erlebt."

Die Stadt sei natürlich auch über die Wirtschaftsförderung mit am Ball, biete Kontakte an, könne vielleicht auch bei der Suche nach weiteren Sponsoren behilflich sein. Direkte Unterstützung gebe es aber nicht: "Wir haben keinen Topf für notleidende Unternehmen." Im Investmentbereich könne man nicht aktiv werden. Und auch städtische Bürgschaften seien kein Thema - jetzt nicht und auch in der Vergangenheit nicht gewesen.

Um den Arbeitsmarkt der Stadt und der Region sorgt sich der Bottroper Arbeitsamtsleiter Karl Trimborn. Nach dem letzten Stand seiner Unterlagen arbeiten beim ACT 101 Arbeitskräfte und vier Auszubildende. Käme das Ende fürs ACT, dann hätte man keine adäquaten Arbeitsplätze anzubieten. Weniger Sorge mache er sich für diesen Fall um qualifizierte Fachleute wie Köche oder Skilehrer als vielmehr um die ungelernten Kräfte, für die der Arbeitsmarkt kaum alternative Möglichkeiten biete. "Dann hätten wir auf einen Schlag 50 bis 60 neue Arbeitslose." h.p.

Quelle:WAZ-Online

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