Letzte Bearbeitung am 05-Jul-05 um 02:34 Uhr ()
Jetzt geht es ein bischen ins Eingemachte...Zuerst müssen einmal die Rahmenbedingungen feststehen. Und die hängen zu allererst einmal mit dem Zoo, seinen Möglichkeiten und Intentionen zusammen. Also musst du zuerst einmal folgende Fragen beantworten:
Welche Vorstellungen hat der Zoo?
Natürlich der wichtigste Punkt! Was will der Zoo bzw. sein Direktor? 2 Entscheidungen müssen vorab dringend geklärt sein: Bullenhaltung ja oder nein (ja bedeutet Nachwuchs - also gewaltigen Werbewert und erfüllte Artenschutzvorgaben - aber auch einen Hals voller Probleme, viel Geld, sehr aufwendiges Bauen und größeres Risiko für alle Beteiligten) und Hands on oder Hands off(s.u.)?
Die erste Frage lässt sich mittlerweile recht einfach beantworten. Nahezu alle neuen Elefantenanlagen setzen auf Bullenhaltung(Osnabrück zumindest in 2. Instanz und Dresden nur aus Geldmangel nicht mehr). Ganz einfach weil die Elefantenbestände in den Zoos sonst überaltern und das Entnehmen von Wildfängen aus der Natur kaum noch vermittelbar ist(siehe die sog. Tuli-Elefanten-Affäre)
Wie sehen die finanziellen Mittel für dieses Projekt aus?
Ganz klar ein sehr wichtiger Punkt! Für den Planer aber noch in anderen Bereichen wichtig. Z.B. muss Raum für Sponsoring-Aktivitäten bleiben?(ja, auch das zieht immer mehr in die Zoos ein) oder gibt es Candlelight-Dinner bei den grauen Riesen? (auch das gibt es bereits)
Wieviel Platz steht zur Verfügung?
Hat man genug Platz (wie in Köln) oder muss man intelligent und phantasievoll(und damit möglichweise auch teurer) planen(wie in Emmen)? Wie ist die Trennung von Besucher/Tier - platzraubend mittels Gräben oder platzsparend über Panzerglas?
Sind bereits Elefanten im Zoo?
Wenn ja, gibt es bereits Sachverstand und - ganz wichtig - Erfahrung!
Sollen es asiatische oder afrikanische Elefanten sein?
Größen-/Gewichtsunterschiede, Verhaltensunterschiede(Asiaten gelten als besser kombinierbar mit Hands on-Haltung)
Neubau oder Umbau?
Ein artgerechter Umbau(Bsp. München) kann aufwändiger sein als ein kompletter Neubau - oder auch viel einfacher. Dennoch wird es wohl meistens auf einen Neubau(Bsp. Köln) oder einen Quasi-Neubau an gleicher Stelle(Bsp. Münster)gehen...
Gibt es genug qualifizierte Pfleger vorhanden? (ein ganz wichtiger Punkt! s.u.)
Hands on oder Hands off-Haltung?
Hands on = der Pfleger ist (leitender) Teil der Herde, es gibt eine gewisse Form der Dressur (mittlerweile nicht mehr als Unterhaltungsmoment, sondern als Beschäftigungstherapie, um das Tier an Pflegemaßnahmen oder ärztliche Behandlungen zu gewöhnen und um es lenken zu können)
Vorteile: weniger Platzbedarf, sehr viel bessere Kontrolle, besseres Elefantenmangement, Tiere können leichter und ungefährlicher ärztlich versorgt werden, Streit innerhalb der Herde kann vom Leittier Mensch geschlichtet werden, direkter Kontakt mit Besuchern möglich, Separieren einzelner Tiere besser möglich, gezielte Zucht leichter möglich
Nachteile: sind die Vorteile der Hands off-Haltung(und umgekehrt) - jedoch noch einmal ganz speziell genannt: Hands on ist für den Pfleger potentiell lebensgefährlich!
Hands off = es gibt keinen ungeschützten Kontakt Pfleger-Elefant
Vorteile: natürlicheres Sozialverhalten(gerade die Besucher bekämen dann didaktisch wertvoll keine "Zirkuselefanten" zu sehen, sondern Tiere, die sich mit sich selbst und ihren Artgenossen beschäftigen), für die Pfleger sicherer, es bedarf keiner der seltenen sehr guten und sehr erfahrenen Pfleger. Gerade der letzte Punkt ist enorm wichtig! Zoos haben große Schwierigkeiten "gute" Elefantenpfleger zu finden - mit Elefanten umzugehen kann man nicht voll und ganz lernen, dazu bedarf es auch eines gewissen Talents!
Nachteile: siehe Vorteile bei Hands on. Vor allem Pflege, ärztliche Versorgung und sonstige Manipulationen erfordern Ruhigstellung des Tieres - entweder durch Sedierung(gefährlich für das Tier) oder durch Zwangkäfige( Crush Cages oder Hugger genannt), bei denen der Elefant durch hydraulisch verschiebbare Käfigseitenwände eingezwängt wird und in dieser Konstruktion womöglich noch auf die Seite gelegt wird - ob die Tierwürde hier grüßer ist als bei einem vom Menschen in Bahnen gelnkten Elefanten, mag jeder für sich selbst beantworten...
Wie ist das Klima?
Ganz wichtiger Punkt! Unser Klima bedeutet, dass ebenfalls die Häuser große Dimensionen aufweisen müssen, da die Elefanten ein großen Teil der Zeit im Innenraum verbringen werden - und das geht ins Geld!
Nehmen wir einmal an, obige Punkte wären geklärt und du hättest weitgehend freie Hand.
Planen wir also mal munter drauflos...
Elefantenhaus mit Freianlage, Bullenstall mit eigener Freianlage(besonders geschützt), eigenes Mutter/Kind-Gehege (und entsprechender abzutrennnender Bereich - auch für die Geburt - im Innenraum) und das gamze in Hands on-Haltung
Besatz(Minimum): 1 Bulle, 5 Kühe
Gehegeflächen für diesen Besatz und möglichen Nachwuchs:
Außengehege Kühe: min 2500qm besser 3500qm
Bulle: 500-1000qm
Mutter/Kind: 1000qm(kann aber auch ganz oder teilweise im Kuhgehege enthalten sein)
Innengehege Kühe: 500-1000qm Freilauffläche(Mutter/Kindbereich integriert,aber trennbar)
Bulle: speziell gesicherter Doppelstall als verbundener Freilauf ca 200qm
Was braucht man wichtiges?
Außengehege: Verschiedene Böden(Sand, Stein, Erde), Spezialböden zum vermehrten Abnutzen der sonst ständig zu behandelnden Fußnägel, Scheuerbäume, Sand-/Moddersuhlen, Außenbad,
"Spielzeug"(große Kautschukbälle, Äste bzw kleine Stämme, die von den Tieren gezielt zerstört werden können und die entsprechend stabilen Befestigungen), ein kleinerer überdachter Bereich
Innengehege: Im Prinzip das Gleiche ohne die verschiedenen Böden und Suhlen. Auf die Beschaffenheit des Bodens muß großen Wert gelegt werden! Befestigungspunkte für Ketten müssen vorhanden sein (auch wenn die Elefanten - auch Nachts - nicht mehr beständig angekettet werden müssen, es kann Situationen geben, wo genau dieses erforderlich ist - und deshalb muss es auch regelmäßig trainiert werden). Absperrabteile zum ungestörten Fressen und zur Nachtruhe(können tagsüber in die Lauffläche integriert werden) Wichtig! inneres Badebecken
Besucherbereich: ausreichend Platz, gute Info über Tafeln, Modelle(auch interaktiv)oder gar ganze Ausstellungen, auf Beobachtungsachsen achten(der Besucher soll, wenn er ins Gehege schaut nur die Tiere, nicht aber andere Besucher z.B. auf der anderen Seite sehen)
besondere Ideen:
1)Bullenschauanlage - Bullen werden meistens innen nicht gezeigt, da sie in der Musth(einem hormonell ausgelösten Zustand erhöhter Aggression) sehr gefährlich sind und darüber hinaus auch streng müffeln. Trotzdem gibt es z.B. im Zoo Wuppertal eine innere Bullenschauanlage. Wenn man soetwas unbedingt machen möchte, bietet sich eine solide Abtrennung mit der Möglichkeit den Bullen durch Panzerglas zu sehen an - auch das Geruchsproblem wäre damit gelöst.
2)Badebecken mit Unterwasserfenster - Unterwasserfenster sind der neuste Trend. Nicht nur Robben und Pinguine kriegen sie in ihren Becken verpasst, sondern auch Flußpferde und Eisbären - und neuerdings auch Tapire oder Tiger. Warum also nicht bei Elefanten. Wer je die Freude von Elefanten miterlebt hat, wenn sich die ganze Herde im Badebecken gleichzeitig austobt, der weiß, dass das mit Unterwasserfenstern noch eindrucksvoller aussehen würde. Eine europäische Premiere wäre das IMHO auch...
3)Vergesellschaftung - Die meisten Pflanzenfresser werden in den Zoos mit anderen Arten vergesellschaftet, nur der Elefant muss das missen(genauer gesagt ist er ja bei der Hands on Haltung quasi mit dem Menschen vergesellschaftet). Doch so langsam lockert sich die Front. Heidelberg ist in Mitteleuropa einer der Vorreiter, ein weiterer wird bald Ammersfoort sein. Vergesellschaftung mit z.B. Antilopen ist auf Außenanlagen ohne weiteres möglich!
4)Elefantenhäuser als Themenhäuser - sah man früher Elefanten zumeist in "Dickhäuterhäusern" zusammen mit Flusspferden und Nashörnern, kommen so langsam die Themenhäuser in Mode, wo die Elefanten in einem (Tropen-)haus zusammen mit den Tieren aus ihrer Heimat gezeigt werden. Dresdens Afrikahaus, vor allem aber Rotterdams großartiges "Taman Indah" sind 2 Beispiele hierfür
5) Vergrößerung des "Winterbereichs" - Elefanten sind wie viele andere Arten durchaus auch kurzzeitig kälteresistent und können durchaus auch mal bei Schnee für eine gewisse Zeit rausgelassen werden. Sie sind jedoch wie die meisten tropischen Tiere sehr empfindlich für kalte Nässe. Das schränkt die Nutzbarkeit der großen Außenanlagen in diesem Klimabereich zeitlich ein. Deshalb muss der Innenraum sehr groß sein, was die Häuser überprportional teuer macht. Es ginge natürlich auch noch anders. So weit ich weiß ist eine Traglufthallenkonstruktion bei einem Elefantengehege erst einmal ernsthaft erwogen worden(bei einem - studentischen - Entwurf für eine neue, dann aber nicht verwirklichte Elefantenanlage im Zoo Saarbrücken). Eine solche einfache, relativ günstige Anlage könnte zeitweise einen Teil des Aussengeheges überspannen bzw. beständig als Teil des Aussengeheges genutzt werden. Hier ist es natürlich wichtig, dass die Elefanten keine Chance haben dürfen an die Konstruktionselemente heranzukommen, was entsprechend dimensionierte Absperrungen erforderlich macht. Ästhetisch sind diese sicher kein Genuss, für eine nur in Teilen des Jahres benutzte und dazwischen demontierte Halle kann man das im Hinblick auf den Raumgewinn für die Tiere bei Schlechtwetter aber locker tolerieren, während es bei einer ständigen Halle möglich sein sollte, auch die Absperrungen entsprechend zu kaschieren...
Morgen widme ich mich noch einige kleineren, aber dennoch wichtigen Punkten
mit tierischen Grüßen
Brunos Zoo-Check