Der Herr der Legosteine und Horrorkabinette
Der Chef des weltweit zweitgrößten Freizeitparkbetreibers
blickt gelassen auf die weltweite Wirtschaftskrise: Sein
Unternehmen wächst auch in der Flaute. Mehr als 50 Attraktionen
gehören zum Merlin-Reich. Angefangen hat für Varney alles mit
einem kleinen Fisch.
Nick Varney: Der Chef des Freizeitparkbetreibers Merlin. dpa
LONDON. Er würde es wahrscheinlich nie zugeben. In einem einfachen
Büro und mit festem Boden unter den Füßen fühlt Nick Varney sich
viel wohler als in der Gondel seines Riesenrads 135 Meter über der
Erde, dem berühmten "London Eye". Da bekommt der Chef des
Freizeitparkbetreibers Merlin Entertainments schon mal feuchte
Hände und vermeidet den Blick nach unten, erzählen Menschen, die
ihn kennen. Er selbst sagt nur so viel: "Irgendwann hat man von
dort oben alles gesehen." Es gebe nicht mehr viel Neues zu
entdecken, murmelt er.
Ansonsten ist er deutlich gesprächiger, wenn es um sein Unternehmen
geht - vor allem in diesen Tagen, in denen er immer wieder klarstellen
muss: Nein, wir haben unseren Börsengang gar nicht verschoben, weil
wir nie einen konkreten Termin genannt haben. Ja, ein Börsengang
bleibt weiterhin eine Option für uns. Und nein, auf einen Termin
haben wir uns noch immer nicht festgelegt.
Der 47-Jährige hat Merlin mit einem Jahresumsatz von zuletzt 769
Millionen Pfund und knapp 40 Millionen Besuchern zum weltweit
zweitgrößten Vergnügungsimperium aufgebaut - gleich hinter Disney.
Zum Merlin-Reich gehören mehr als 50 Attraktionen, darunter
Wachsfiguren- und Gruselkabinette ("Madame Tussauds", "Dungeon"),
Legoland und in Deutschland der Heide-Park Soltau.
Seit fünf Jahren ist der Finanzinvestor Blackstone an dem
Unternehmen beteiligt, und seither ist klar: Irgendwann wird die
Investmentfirma Merlin an die Börse bringen. Im Februar hat
Blackstone allerdings den Schritt aufs Parkett bei dem Online-
Reisebuchungssystem Travelport abgesagt. Damit stand für jedermann
fest: Auch bei Merlin wird es vorerst nichts mit der Aktienemission.
"Ohnehin brauchen wir einen Börsengang nicht um jeden Preis", sagt
Varney. Das Unternehmen sei durchfinanziert - bis Mitte 2012. Etwa
100 Millionen Pfund investiert Merlin jährlich, um neue
Horrorkabinette zu eröffnen, um aus Tausenden von Legosteinen
Mini-Welten zu bauen. Zuletzt hat das Unternehmen einen Freizeitpark
in Florida übernommen und will diesen in das größte Legoland der Welt
verwandeln.
Von Jahr zu Jahr glänzt Merlin mit zweistelligen Zuwachsraten beim
Umsatz und beim operativen Gewinn. "Das haben wir in Aufschwung- und
in Abschwungphasen geschafft, unabhängig davon, ob die Fußball-WM
stattfand oder Terrorattacken die Welt erschütterten, ob wir einen
extrem heißen oder verregneten Sommer hatten", sagt Varney und lehnt
sich zufrieden in seinem Stuhl zurück.
Mit der gleichen Begeisterung, mit der der Mann über Zahlen und
Zukunftspläne seines Unternehmen reden kann, spricht er auch über
die Attraktionen - am liebsten über die Aquarienkette "Sea Life",
mit der alles seinen Anfang nahm. "Es fing mit einem kleinen
Fisch an", sagt Varney und nestelt eher unbewusst an seinen
Manschettenknöpfen, die ein Fisch ziert.
Ende der 90er-Jahre war Varney einer der Topmanager bei dem
britischen Freizeitparkbetreiber Vardon, dem auch "Sea Life"
gehörte. Er wurde zum Unternehmer, indem er die Aquarienkette
über ein Management-Buy-out von seinem alten Arbeitgeber
übernahm und nach und nach weitere Freizeitattraktionen dazukaufte.
Der Kern des Managementteams ist bis heute der gleiche geblieben.
"Und auch die Unternehmenskultur", erzählen langjährige Mitarbeiter.
"Es geht hier eher zu wie bei einem Familienunternehmen: direkte
Ansprache, kurze Wege - wie im Rugby eben." Es ist der Sport, den
Nick Varney früher mal gespielt hat. Heute geht er in seiner
Freizeit fischen oder ist in einem seiner Vergnügungsparks unterwegs,
um neue Attraktionen selbst auszuprobieren.
Ein Ende der Expansion sei bei Merlin noch nicht in Sicht, sagt
Varney. Und so schnell werde er aus dem Vergnügungsgeschäft auch
nicht herauswachsen - trotz seines Alters. "Unser Unternehmen hat
sich enorm verändert, es wird nicht langweilig."
Handelsblatt, 10.03.2010
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