Aus der Schwäbischen Zeitung vom 03.03.2006:25 Jahre Münchner Bavaria-Filmstadt
Mit Filmschrott fing alles an
GEISELGASTEIG - Wolfgang Petersen, Michael "Bully" Herbig und Dieter Wedel haben eines gemeinsam: Requisiten aus ihren Film- und Fernsehhits stehen in der Bavaria-Filmstadt. In diesem Sommer feiert das beliebte Ausflugsziel in Geiselgasteig bei München seinen 25. Geburtstag. Eine Erfolgsgeschichte, die mit Filmschrott begann.
Von unserem Redaktionsmitglied Malte Arnsperger
An tristen, funktionalen einstöckigen Bürogebäuden läuft die kleine Gruppe vorbei, an zehn Meter hohen lang gestreckten grauen Hallen, dazwischen recken sich riesige weiße Satellitenschüsseln dem Himmel entgegen. Plötzlich stehen die Schüler aus Dachau in einer Einkaufsstraße. Links eine kleine Buchhandlung, eine Apotheke, gegenüber ein italienisches Restaurant. "Oh Gott, das sieht ja aus wie im Marienhof", sagt ein Mädchen mit weit aufgerissenen Augen. Falsch. Das sieht nicht nur aus wie im Marienhof, das ist Marienhof. Denn genau hier, in diesen Attrappen, wird die beliebte ARD-Vorabendserie gedreht. Hier, auf dem Gelände der Bavaria Filmstadt.
Doch zunächst war das, was heute Hunderttausende besuchen, ein Schrottplatz. Denn als 1981 Wolfgang Petersen seinen Klassiker "Das Boot" abgedreht hatte, war das Innenmodell des U-Boots aus dem Film eigentlich ein Fall für die Metallpresse. Doch auf die Entsorgung des 55 Meter langen Ungetüms wurde verzichtet, und stattdessen hat es auf der Wiese neben den Bavaria-Studios einen würdigen Platz gefunden.
Flanieren durch Filmszenen
Die Filmstadt hatte ihre erste Attraktion und öffnete am 1. August 1981 ihre Pforten für die Besucher. "Am ersten Tag kamen hundert Leute, obwohl man fast nichts zeigen konnte", erzählt Filmstadt-Sprecherein Christiane Kügler-Martens. "Heute ist es eine Werksführung mit Erlebnischarakter. Denn unser Business ist Filmemachen, und das wollen wir in leicht verdaulichen Häppchen transportieren."
Und tatsächlich: Die 90-minütige Führung - durchschnittliche Filmlänge - über das 320 000 Quadratmeter große Gelände gleicht dem Flanieren durch Szenen der verschiedensten Film- und Fernsehproduktionen. Vorbei geht es an einer herrschaftlichen cremefarbenen Villa mit Säulenportikus (die berühmte "Poschi", das Anwesen der Familie Mann aus der Serie "Die Manns: Ein Jahrhundertroman"), durch die engen Straßenzüge der Sündenmeile aus Dieter Wedels Kiez-Mehrteiler "Der König von St. Pauli", zum zotteligen Glücksdrachen Fuchur aus "Die unendliche Geschichte" und in die futuristische Raumschiffattrappe aus dem Weltraumepos "Enemy Mine - Geliebter Feind", Wolfgang Petersens letzter Kinoproduktion in Deutschland. "Gardinenstangen, eine Seitenwand aus einem Kühlschrank und Teile aus einer Waschmaschine wurden hier drinnen verbaut", erklärt Filmstadt-Tourguide Sebastian den Schülern. "Trotzdem war es damals 1985 mit 75 Millionen Mark die teuerste Produktion in Deutschland."
"Infotainment" soll den jährlich mehr als 500 000 Besuchern in der Filmstadt geboten werden. "60 Prozent bei uns ist Information, 40 Prozent Entertainment", sagt Sprecherin Kügler-Martens. Eine Mischung, die sinnvoll erscheint angesichts wachsender Konkurrenz anderer Freizeitparks, die "vorwiegend auf Spaß setzen", wie Kügler-Martens meint. Doch mit Elementen wie der Stunt-Show oder einem 3D-Kino setzt auch die Filmstadt auf leichte Unterhaltungskost, um das vorwiegend junge Publikum anzulocken.
Neue Attraktionen locken
Und im Jubiläumsjahr wartet die Filmstadt mit zwei neuen Attraktionen auf. Auch hier wird auf "Infotainment" gesetzt: Passend zur Fußball-WM soll dem Publikum ab April in einem TV-Übertragunswagen die Arbeit während einer Live-Übertragung erklärt werden. Zudem wurde das 3D-Kino mit einem neuen Soundsystem aufgehübscht, eine absolute Weltneuheit, verspricht Kügler-Martens.
Doch egal was die Filmstadt-Macher Jahr für Jahr an neuen Attraktionen präsentieren - wie etwa das bei jüngeren Cineasten sehr beliebte Set aus dem Bully-Hit "(T)raumschiff Surprise" - die Überreste aus "Das Boot" liegen nach wie vor am höchsten im Kurs. Deshalb führt Sebastian seine Gruppe als krönenden Abschluss vorbei an den Torpedo Attrappen zu dem verrosteten U-Boot-Turm, auf dem Sänger und Schauspieler Herbert Grönemeyer während des schweren Filmsturms den meterhohen Wellen und der Gischt trotzte. "Bei den Dreharbeiten bekam Grönemeyer vier Grad kaltes Wasser ins Gesicht geschüttet. Denn hätte man wärmeres Wasser benützt, wären die Kameralinsen beschlagen", erläutert er. "Doch so hatte Grönemeyer keine Mühe, die richtige Miene für die Szene zu machen."
Frohes Schneeschippen wünscht
Stefan A. Michelfeit - www.ridesonline.de