Hi!Zwei Artikel aus dem Kölner Stadt-Anzeiger:
Freizeitpark Bad Breisig: Traumjobs geplatztERSTELLT 06.01.06, 10:02h, AKTUALISIERT 06.01.06, 10:07h
Rund um die Kiesgrube in Bad Breisig sollte im Sommer ein Freizeitpark mit Unterwasser-Theater und Delphin-Show entstehen.
Bonn - Die Polizei ist einem offenbar perfekt inszenierten Betrug auf der Spur, dem möglicherweise hunderte von Menschen in der Region auf den Leim gegangen sind. Im Mittelpunkt stand ein Traum, dem offenbar besonders viele Arbeitslose und Geringverdiener erlagen: Auf dem Gelände der ehemaligen Veba-Glas und den angrenzenden Kiesgruben in Bad Breisig sollte ein Freizeitpark entstehen. „Atlantes e.V.“ sollte Arbeitsplätze bringen, den wirtschaftlichen Aufschwung für Stadt und Region.
In Stellenanzeigen wurden unter vielen anderen Schreiner, Maurer, Installateure, Friseusen oder Ärzte, Physiotherapeuten, Delphintrainer und Animateure gesucht. Geplant hatte „Atlantes“ einen Freizeitpark zum Thema Wasser mit Delphintherapie, Fitness und Erholung. Jetzt hat die Bonner Kripo ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Personen wegen des Verdachts des Betruges eingeleitet. So gegen einen 23-Jährigen aus Bornheim, der nach Informationen polizeibekannt ist - wegen Betrugskriminalität.
Aufmerksam geworden war die Polizei Anfang Dezember. Da informierte ein Teilnehmer eines so genannten Vorstellungsgesprächs in einem Bonner Hotel die Polizei über den angeblichen Verein, weil ihm die Sache suspekt vorkam. Das Betrugskommissariats nahmen Ermittlungen auf.
Wie Polizeisprecher Robert Scholten gestern bestätigte, erstattete dann ein Mann Anzeige gegen „Atlantes“. In mindestens zwei anderen Polizeibehörden in NRW gingen ebenfalls Anzeigen ein. Erfahrungen mit „Atlantes“ hat Wilfried Scheffler, Eigentümer der Immobilie in Bad Breisig und der scheinbar benötigten Grundstücke, gesammelt. „Bei einem Ortstermin haben sich zwei Herren und eine Dame das Gelände angesehen, immer nur mit den Köpfen genickt und davon gesprochen, dass das Areal wie geschaffen für den Freizeitpark sei. Dass der Kiesabbau noch bis zum Jahre 2007 weiter laufen soll, schien sie nicht zu stören“, erinnert sich Scheffler.
Erste Zweifel
Erste Zweifel kamen dem Bad Breisiger, als über die Termine gesprochen wurde. Obwohl der Ortstermin Ende Oktober war, wollte man bereits zum Jahreswechsel mit den Arbeiten beginnen. Obwohl detaillierte Pläne nicht vorgelegt werden konnten, wollte man seitens „Atlantes“ sofort zum Notar schreiten und den Verkauf perfekt machen. „Das ging mir dann aber doch alles viel zu schnell. Auf ein anderes Konto sollte ein Sicherungsbetrag eingezahlt werden, um anfallende Kosten zu decken. Doch das Geld kam nicht. Schließlich kam ein Schreiben eines Bonner Rechtsanwalts mit einer Absage von „Atlantes“, sagt Scheffler.
Karl-Heinz Braun berichtet, dass die zweite Vorsitzende des Vereins, wie sie sich selber nannte, Kaufinteresse an einer noblen Villa in Oberbreisig gezeigt hätte. Braun, der Verkäufer, und sie seien sich über den millionenschweren Kaufpreis einig geworden, der Kaufvertrag beim Notar sei abgeschlossen worden. Das Geld sei aber nicht geflossen, und so sei er, Braun, aufüber 20 000 Euro Notar- und Maklerkosten sitzen geblieben. Er habe daraufhin Anzeige erstattet.
Kritische Fragen
Auch bei der Verwaltung der Stadt Bad Breisig stieß das Geschäftsgebaren von „Atlantes“ auf kritische Fragen. „Ich wurde lediglich in einem Gespräch über einen geplanten Freizeitpark informiert. Pläne, Anfragen oder Modelle haben zu keiner Zeit vorgelegen“, sagt Bürgermeister Bernd Weidenbach. Die Verwaltung habe daher zunächst nichts unternommen. Als aber aus der Bevölkerung und von vermeintlich Geschädigten immer mehr Anfragen kamen - eine städtische Mitarbeiterin berichtete von bis zu zehn Anrufen täglich - habe man sich mit der Polizei in Verbindung gesetzt.
Kaution gezahlt
„Atlantes“ habe viele Versprechungen gemacht, sagen Betroffene. In Stellenanzeigen wurde mit einem Entertainmentpark geworben, der im Sommer 2006 im Köln / Bonner Raum eröffnet werden sollte. Gelockt wurde mit Besuchen im Phantasialand und Center-Parks, für die geringe Kosten anfallen würden, und mit eigenen Wohnungen, die auf dem Gelände gebaut werden sollten. Zu zahlen seien 500 Euro Kaution. Nach Informationen wurde einem Autoschlosser ein Job als Delphin-Trainer zugesagt. Als „Vorstand“ fungieren ein Mann, der seinen Wohnsitz in Guatemala hat und eine Frau aus Österreich, die sich zwischenzeitlich in Bornheim aufhielt. In der Wohnung, in der der 23-Jährige und ein Bekannter wohnen, der jetzt unter Betrugsverdacht steht. Die Polizei hat ihre Ermittlungen inzwischen intensiviert.
(dab / aw)
(KStA)
Quelle
Arbeitsvertrag nach drei Minuten
ERSTELLT 06.01.06, 10:13hBonn - Viele Menschen fühlen sich von Atlantes übers Ohr gehauen. Eine von ihnen ist eine examinierte Krankenschwester. Sie hatte ihren Job gekündigt, als ihr Atlantes einen Arbeitsvertrag vorlegte. Die nötige Kündigungsfrist beim Arbeitgeber habe sie zunächst nicht einhalten können. Dieser habe sich aber überaus entgegenkommend gezeigt und habe die Kündigung angenommen. „Auch als es zu Verzögerungen mit dem vermeintlichen Arbeitgeber kam, war er bereit, mich doch noch einige Wochen zu beschäftigen. Dass ich jetzt überhaupt noch meinen Job habe, ist schon ein kleines Wunder für mich.“
Neben den allgemeinen Bewerbungskosten wie Gebühren für einen Reisepass sowie ein polizeiliches Führungszeugnis hat die junge Frau 500 Euro Kaution für eine in Aussicht gestellte Wohnung überwiesen. Die Rücküberweisung wurde zugesagt, auf das Geld wartet sie heute noch. „Den finanziellen Schaden von rund 200 Euro kann ich wohl verkraften. Was viel schlimmer wiegt, sind die Enttäuschung und der Frust, der an der ganzen Geschichte hängen bleibt“, sagte ein weiterer Geschädigter. Der Arbeitslose hatte sich voller Hoffnung auf einen Job bei Atlantes beworben, dafür sogar zwei andere Stellenangebote abgelehnt.
Die Verlockung, für einige Wochen in die USA zu reisen und dort zum Delphin-Trainer ausgebildet zu werden, sei wohl doch zu groß gewesen. „Die Verantwortlichen nutzen schamlos die Notlage und das Vertrauen anderer Menschen aus und versuchen, auf deren Kosten an ihr Geld zu kommen“, ist der Mann heute eines Besseren belehrt. „Wenn man 2000 Euro netto bei Steuerklasse I in Aussicht gestellt bekommt, übersieht man vermutlich das Ungereimte und Negative“, macht sich ein weiterer Geschädigter einen Reim auf seine eigene „Blindheit“. Die Treffen mit Atlantes seien zwar seriös, aber zum Teil auch chaotisch verlaufen. Auf Fragen von Bewerbern hätten die Verantwortlichen immer eine Antwort gegeben, trotzdem sei ihm die Vergabe der Jobs doch etwas „komisch“ vorgekommen.
Demnach habe das vermeintliche Vorstellungsgespräch lediglich drei bis fünf Minuten gedauert, dann sei der Arbeitsvertrag zugesichert worden. Nötige Qualifikationen für die Arbeit seien gar nicht gefragt gewesen. Dennoch sei ihm eine Stelle als Animateur und Gruppenleiter angeboten worden. Ein Sanitäter berichtet, er hätte mit rund 20 Bewerbern in der Lobby eines Bonner Hotels gesessen. „Gesucht wurde ja alles - Küchenpersonal, Krankenschwestern, Handwerker, Therapeuten.“ Beim Gespräch seien zwei Damen von Atlantes für den medizinischen Bereich zuständig gewesen, ein Herr für die handwerklichen Berufe. Der Sanitäter: „Es gab ein bisschen small-talk, man hat uns erklärt, dass man uns ja schon unter 3 000 Bewerbern herausgesucht hätte und man quasi schon eingestellt sei." Als Verdienst seien ihm 1 600 Euro netto genannt worden, plus 13. Monatsgehalt, 30 Tage Urlaub und Urlaubsgeld. „Mehr, als ich jetzt habe“, sagt der junge Mann. Stutzig, so der Sanitäter, sei er nicht geworden. Es habe alles sehr seriös und schlüssig geklungen. Erst als ihm ein Nachbar erzählt hätte, dass sich die Polizei für Atlantes interessiere, habe er Zweifel bekommen. Geld habe er Gott sei Dank bisher nicht gezahlt. (wtz / dab)
(KStA)
Quelle
Ich bin erstaunt, wie groß die Sache offenbar angelegt war.
Und deshalb wundert es mich irgendwie, dass es so lange gedauert hat bis die Sache aufgeflogen ist.
Gruß,
Frank
Isso!