Heilbronner Stimme vom 02.04.2004Von Joachim Rüeck
Vor 75 Jahren wurde am Fuße des Cleebronner Michaelsbergs als Ausflugsziel die erste Altweibermühle eröffnet. Morgen beginnt die Jubiläumssaison in Tripsdrill. Die Geschicke des Freizeitparks bestimmen drei Geschwister.
Die Aufgabenteilung der Tripsdrill-Fischers ist seit vielen Jahren geklärt: Helmut (49) - Freizeitpark; Roland (48) - Gastronomie; Dieter (45) - Wildpark. Gäbe es einen vierten Bruder, er dürfte sich vielleicht um die Rasenpflege kümmern. Oder die Oberaufsicht über die Kassenhäuschen führen.
Das umtriebige Trio hat in Nachfolge von Vater Kurt Fischer am Michaelsberg eine Art Freizeitpark gewordene CSU aufgebaut. Freilich nicht in politischer Hinsicht. Doch wie die bayerische Partei verbindet Tripsdrill Tradition mit Hi-Tech, Beschaulichkeit mit Marktforschung. Was in anderen Parks "Mountain-Rafting" heißt, nennt sich im soliden Schwabenland "Badewannenfahrt"; anderswo gibt es "Scream", hier den "Donnerbalken"; und die Achterbahn trägt nicht etwa den Namen "Limit" oder "Silver Star", sondern "G'sengte Sau".
Den Grundstein für den heutigen Park legte 1929 Eugen Fischer, der Großvater der heutigen Besitzer. Der sei immer gefragt worden, wo die Sagen umwobene Altweibermühle denn stehe, erzählt Helmut Fischer. Und so habe er neben seine Gaststätte eben eine gebaut. Die erste umgesetzte Marktanalyse in Tripsdrill war ein voller Erfolg: Die Mühle mit Rutschbahn wurde zum beliebten Ausflugsziel. Und wer sich beim Rutschen einen Spreißel geholt hat, erzählt Roland Fischer, dem hat Oma eben die Hose geflickt und ein Spiegelei gebraten.
"Es war uns in die Wiege gelegt, dass wir hier bleiben", sagt Helmut. Der Betrieb ihres Vaters - Eugen Fischer war nicht mehr aus dem Krieg zurückgekehrt - bestimmte das Leben der Brüder. Schönes Wetter an Feiertagen hieß morgens putzen, dann Karten verkaufen, an der Pfandrückgabe stehen, Pommes machen, mit Gästen ausreiten.
Schon früh sorgten sie für die nötige Kunden-Bindung: "Wenn es in der Schule einen Ausflug gab, sind wir immer nach Tripsdrill. Da hat es nichts gekostet." Einziger Nachteil: Sie durften nicht zu Hause bleiben, um ihre Klassenkameraden zu erwarten. "Wir mussten trotzdem immer mit dem Fahrrad vorher zur Schule fahren."
Während Helmuts Konfirmation in der eigenen Wirtschaft zog die Festgesellschaft gar ins Nebenzimmer um, weil Gäste kamen. "Da haben wir alle mitgeholfen zu bewirten, und als sie weg waren weitergefeiert", erinnert sich Roland.
Tripsdrill wuchs. 1957: Tierpark. 1960: Lokomotiven mit Pedalantrieb als erstes Fahrgeschäft. 1970: Altmännermühle. 1972: Wildparadies. Die Brüder machten Ausbildungen - Helmut als Kaufmann, Roland als Koch, Dieter als Tierpfleger - und stiegen Mitte der 70er Jahre in den elterlichen Betrieb ein.
Während dieser Zeit entstanden die ersten großen Freizeitparks in Deutschland. Und mit dem Wettbewerb waren die Zeiten vorbei, als Wanderer am 1. Mai ein Bierfass zur Altweibermühle rollten oder sich die Einwohner der Nachbardörfer zum Tanz trafen. Aus einer Gaststätte mit Rutschbahn wurde ein Erlebnispark mit 77 Hektar Fläche, 50 fest angestellten Mitarbeitern, bis zu 100 Saisonkräften und rund einer halben Million Besuchern pro Jahr.
Lange hielt der Vater die Zügel fest in der Hand. Er hatte Rückschläge weggesteckt, wie den Mühlenbrand 1946. Im Jahr 1950 eröffnete er die heutige Altweibermühle und baute den Park immer mehr aus. Die eigenen Vorstellungen durchzusetzen, war da für die Nachfolger nicht immer einfach. Im Betrieb klappten aber die gleichen Strategien wie zur Jugendzeit: "Wenn wir etwas wollten, haben wir am Sonntagabend nach einem sonnigen Wochenende gefragt. Nach einem verregneten brauchte man gar nicht erst anzukommen", sagt Dieter Fischer.
Und der Hunger auf weitere Angebote scheint noch nicht gestillt. Ein eigenes Hotel? "Wir tasten uns langsam voran." Ein Spaßbad? "Wenn eines im Zabergäu gebaut wird, dann hier - aber nur mit Investor." Die eine oder andere Idee wird vielleicht erst von der kommenden Fischer-Generation umgesetzt. Doch in der wird die Arbeitsteilung wohl etwas komplizierter: Alle drei Brüder haben jeweils zwei Kinder.
Gruß Thomas
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