Die Wasserwelt entdecken
Planer eines Hamburger Ozeanariums wollen Staunen und Forschen verbinden. Von Angela Grosse
Es geht uns nicht nur darum, dass die Menschen sich über bunte Fische freuen. Wir wollen mehr", betont Dr. Stephan Gollasch. Der Meeresbiologe arbeitet seit 1997 gemeinsam mit rund 20 Experten daran, ein Ozeanarium für Hamburg zu schaffen. In diesem Bau wollen die Initiatoren ein imposantes Aquarium und ein spannendes Science-Center zu einem "Themenpark der Meere" vereinen, der durch museale Elemente abgerundet wird.
Das sei europaweit einzigartig, sagt der Meeresbiologe. Er muss es wissen. Die Anregungen für ihren Vorschlag holten sich die Planer um Stephan Gollasch und Frank Eyssen von www.ozean.tv, wie sich das Planungsbüro Ozeanarium Hamburg nennt, in mehr als 50 Aquarien weltweit. In Hamburg sollen auf knapp 32 000 Quadratmetern, in vier Hauptbecken mit etwa 4,5 Millionen Litern Wasser die Unterwasserwelt des Hamburger Hafens, das Wattenmeer, die Nordsee sowie das tropische Meer mit seinen Riffen möglichst naturgetreu gestaltet werden. Der Besucher erlebt die Unterwasserwelt bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang, bei Flut und Ebbe, im Sommer, Herbst, Winter und Frühjahr. "Das Licht wird im Tagesrhythmus und saisonal gesteuert, so dass die Tiere auch in ihrem natürlichen Biorhythmus bleiben", erläutert Stephan Gollasch und ergänzt: "Wir wollen die Tiere artgerecht halten. Wir werden daher keine Meeressäuger zeigen und keine Tiere die auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten stehen. Bei der Auswahl der Tiere werden wir darauf achten, dass diese eine eher stationäre Lebensweise bevorzugen."
Wie Wasserlebewesen in großen Aquarien artgerecht gehalten werden, ist allerdings noch ein großes Forschungsfeld. Bisher gibt es keine wissenschaftlich abgesicherten Standards dafür, sondern nur die Erfahrung aus Aquarien wie Vancouver, Lissabon oder Genua. "Wir können uns vorstellen, dass im Aquarium Diplomanden, Doktoranden oder Wissenschaftler der Uni Hamburg Verhaltensforschung betreiben, wie dieses bei Hagenbecks Tierpark geschieht, und damit auch Standards für eine artgerechte Haltung erarbeitet werden", sagt Stephan Gollasch, der sich zudem viele neue Kenntnisse über den "Blauen Planeten" erhofft.
Doch es geht nicht nur um Forschung. Ähnlich wie im "Universum" Science Center Bremen sollen auch in Hamburg die Besucher die Unterwasserwelt praktisch erkunden können. Das Leben im Wassertropfen oder im Sand, die Entstehung von Wellen oder Seebeben, die Funktionsweise eines Gezeitenkraftwerks, eine U-Boot-Reise zum Meeresboden sind einige der Themen, die Besucher mit Experimenten oder Computersimulationen erforschen können. Fühlen statt füllen lautet dabei die Devise bei der Gestaltung des Science Center. Das Ziel ist, dass jeder Besucher erleben kann, dass er selber wissenschaftliche Probleme lösen kann.
"Wie in Vancouver möchten wir zudem die Hamburger Schüler und Lehrer dafür begeistern, sich bei uns auch fortzubilden", sagt Frank Eyssen. So sei geplant, in das Ozeanarium auch ein Schul- und Profilabor zu integrieren. Schon heute sind Science-Center in einigen Regionen wie Bremen oder Flensburg zum festen Bestandteil der Schulbildung geworden. "Ein Ozeanarium in Hamburg stärkt auch den Bildungsstandort Hamburg", unterstreicht Dr. Gollasch. Der Entwurf für das Ozeanarium orientiert sich offenbar an dem Motto von Lao Tse: "Sage es mir, und ich werde es vergessen; zeige es mir, und ich werde mich erinnern; beteilige mich, und ich werde es verstehen."
Ob aus diesen anpruchsvollen Plänen Wirklichkeit wird, wird sich wahrscheinlich in diesem Jahr entscheiden. Ihre Bewerbung für das Ozeanarium haben die Initiatoren bei der für die Entwicklung der Hafencity verantwortlichen Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung (GHS) eingereicht. Die private Betreibergruppe, die bislang bereits den Planungsprozess finanziert hat, steht auch bereit, das Ozeanarium zu betreiben. "Wir sind zuversichtlich, dass unser Ozeanarium bis 2009 Realität wird", sagt Dr. Stephan Gollasch.
Informationen im Internet:
Planungsbüro Ozeanarium Hamburg: mehr dazu hier! (tv steht für die Südseeinsel "Tuvalu", die ihre Internet-Domänen vor einigen Jahren zum Verkauf angeboten hatte).
Erschienen am 22. Jan 2004 im Hamburger Abendblatt