Berliner Zeitung, 03. 01. 04Vergnügungsparks statt Fabriken
Brandenburg hat einen neuen Hoffnungsträger - die Freizeitindustrie
Jürgen Schwenkenbecher
POTSDAM. Brandenburgs industrielle Großprojekte sind gescheitert, doch der Zukunft als "Freizeitland" steht offenbar wenig im Wege. Neben dem überdachten Regenwald in der Cargolifter-Halle soll nun ein weiterer Vergnügungspark Wirklichkeit werden - in Sperenberg südlich von Berlin. Bislang gelten vier Thermen, elf Spaßbäder und die Skihalle bei Senftenberg als die markantesten Ziele im potenziellen märkischen Freizeitparadies. Dabei sind die Spaßobjekte längst zu ernsthaften Wirtschafts- und Standortfaktoren geworden. "Ein hoher Freizeitwert prägt das Image einer ganzen Region", sagt Dieter Hütte, der Chef der Brandenburger Tourismusagentur TMB.
Investsumme: 720 Millionen Euro
Das Projekt Sperenberg, das in gut vier Jahren als Fläming Resort öffnen soll, könnte ganz neue Maßstäbe setzen. Auf dem einstigen russischen Militärgelände will der holländische Projektentwickler Ensis BV einen Themen-Freizeitpark der Superlative schaffen. Darin soll die Geschichte der Erde nachvollzogen werden können - vom Urknall bis ins neue Jahrtausend. Zur Anlage gehören auch ein See mit Stränden, ein Hotel mit Konferenzzentrum, ein Urlauberdorf mit Konferenzhalle, ein Abenteuerpark, ein 36-Loch-Golfplatz. Alles untergebracht auf 46 Quadratkilometern. "Wir rechnen mit jährlich 5,2 Millionen Besuchern", sagt Investorensprecher Frank Schmeichel. Zum Vergleich: Der erfolgreichste deutsche Erlebnispark, der Europa-Park in Rust bei Freiburg, erwartet in diesem Jahr rund vier Millionen Gäste.
Es ist ein gigantischer Plan: 720 Millionen Euro werden benötigt. Die Finanzierung durch drei internationale Banken sei gesichert, sagt Schmeichel. Die Namen der Geldgeber sollen aber erst später veröffentlicht werden. Laut Schmeichel wird gerade der Kauf des Areals vorbereitet. Ohne politische Entscheidungen geht das allerdings nicht. Denn das Bundeseigentum war bis 1996 als Standort für einen Großflughafen gedacht. Formal darf das Areal erst dann anderweitig genutzt werden, wenn die noch nicht erteilte Ausbaugenehmigung für den Flughafen Schönefeld rechtskräftig ist. 2005 soll es so weit sein.
Ursprünglich im Spreewald
Die neue Freizeitanlage der Rekorde sollte ursprünglich bei Lübben entstehen, seit 1995 wird an dem Vorhaben gearbeitet. Doch richtig vorwärts ging es nie. Angeblich vorhandene Geldgeber blieben unbekannt. Im Sommer verabschiedete sich Ensis nach Streit mit den regionalen Behörden von Lübben und visiert nun Sperenberg (Teltow-Fläming) an. Der Unterstützung vor Ort kann Ensis gewiss sein. "Wir stehen hinter dem Projekt", sagt Teltow-Flämings Baudezernent Detlef Gärtner, der auch Vorsitzender des Tourismusverbandes ist. "Das passt gut in unser Gesamtkonzept und könnte zu einem Magneten nicht nur für die Region werden." Teltow-Fläming weiß, wie Image aufgebaut werden kann. Das Magazin Focus-Money machte den Kreis gerade wieder als den wirtschaftlich attraktivsten Standort in den neuen Bundesländern aus.
Wenn das Fläming Resort im Frühjahr 2008 öffnet, soll das andere brandenburgische Mega-Vergnügungsobjekt, das Tropical Island in der früheren Cargolifter-Halle bei Brand (Dahme-Spreewald), bereits die ersten Betriebsjahre hinter sich haben. Drei Millionen Besucher jährlich erwartet das künstliche Paradies mit Lagune, Badestrand und hohen Palmen ab Oktober 2004. "Viele der Tagesgäste werden sicher normale Spreewald-Touristen sein, die einen Tag bei uns verbringen", sagt Joachim Hagemann, der Chef der Tropical Island Management GmbH. Ein Hotel neben der Halle soll erst später entstehen. TMB-Chef Hütte jedenfalls gibt den Tropen-Planern Bestnoten: "Das sind Profis, die genau wissen, was sie machen." Weder Tropical Island noch das Fläming Resort wollen öffentliche Mittel nutzen.
Western-Park bei Templin im Bau
Dass sich die beiden Superanlagen, die nur 30 Kilometer voneinander entfernt sind, gegenseitig die Besucher abziehen, befürchtet keiner der Investoren. "Wir sind zu unterschiedlich", sagt Ensis-Sprecher Schmeichel. Er erwartet gar eine Sogwirkung für die Region. "Mit Fläming Resort und Tropical Island wird Berlin/Brandenburg über Deutschland hinaus bekannt." Dem Western-Park, der für 17 Millionen Euro bei Templin im Bau ist, kommt in diesem Reigen nur eine marginale Rolle zu. Die Anlage in Nordbrandenburg kalkuliert mit jährlich 300 000 Besuchern.
Überraschende Konkurrenz könnte jedoch von einem anderen Projekt kommen. Polnischen Medienberichten zufolge will der amerikanische Kult-Regisseur George Lucas ("Krieg der Sterne") gleich hinter der Oder bei Kostrzyn (Küstrin) einen riesigen, 150 Hektar großen Vergnügungspark errichten - die Besucher sollen auch aus dem Ballungsgebiet Berlin/Brandenburg kommen. Offiziell ließ Lucas den Bericht zwar dementieren, doch die Küstriner Stadtverwaltung gibt sich geheimnisvoll. Sie lehnt mit dem Verweis auf eine "Schweigepflicht zu diesem Thema" jede Stellungnahme ab.
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No ned huddla