Nach dem eher belanglosen "Van Helsing" habe ich mich gestern zur Vorpremiere des neuesten Blockbusters vom Meister der Belanglosigkeiten, Roland Emmerich, überreden lassen. Wenn man sich die letzten Filme des schwäbischen Spielbergle so anschaut, mußte man also auch bei "The Day after tomorrow" wieder einmal schlimmstes befürchten.SPOILERWARNUNG!
Die Rahmenhandlung des Films ist relativ schnell erzählt: Durch die globale Erwärmung und das damit verbundene Schmelzen der Polkappen kippt das Verhältnis von Süß- zu Salzwasser im Golfstrom und sorgt für gewaltige Naturkatastrophen, die zu einer neuen Eiszeit auf der nördlichen Erdhalbkugel führen. Vermischt wird das ganze mit einer Vater/Sohn-Geschichte und den üblichen Bestandteilen eines klassischen Katastrophenfilms.
Das hört sich soweit alles an wie eh und je. Trotzdem hat Emmerich hier einen bemerkenswerten Film abeliefert - und dies gleich auf mehreren Ebenen. Zum einen liegt dem ganzen eine wissenschaftliche Theorie (eine von mehreren) zugrunde, wodurch der Film stark an Glaubwürdigkeit gewinnt. Und zum anderen ist die Handlung gespickt mit kleinen Seitenhieben gegen die amerikanische Politik. Wenn der Vizepräsident alle Warnungen bei einer Umweltkonferenz in den Wind schlägt mit den Worten "Es kann sein, daß das Klima sensibel ist, aber unsere Wirtschaft ist es auch", dann ist dies nicht nur ein kleiner Gag, sondern ein Generalangriff auf die Klimapolitik der USA. Und wenn alle Amerikaner vor der beginnenden Eiszeit nach Mexiko flüchten und als illegale Einwanderer durch den Rio Grande in den sicheren Nachbarstaat schwimmen müssen, setzt Emmerich den Konservativen in den Vereinigten Staaten geschickt einen häßlichen Spiegel vor die Nase.
Was die Spezialeffekte angeht, spielt "The Day after tomorrow" seine nächste Stärke geschickt aus. Die Naturkatastrophen werden mit einem unglaublich wirkenden Realismus in Szene gesetzt, der sicher den einen oder anderen im Kino schlucken lassen wird. Und die wirkliche Neuheit bei einem Emmerich-Film ist: Die Effekte erschlagen den Film nicht wie sonst üblich. Die Charaktere haben genug Zeit, sich zu entwickeln (vor allem Dennis Quaid und Ian "Bilbo" Holms sind Traumbesetzungen) und zum ersten Mal gelingt es dem schwäbischen Regisseur, die hohe Kunst des perfekten Timings voll auszuschöpfen - vielleicht liegt es auch einfach nur daran, daß sein sonstiger Co-Autor Dean Devlin diesmal nicht mit von der Partie war.
"The Day after tomorrow" ist sicherlich kein Meilenstein der Filmgeschichte, aber er ist definitiv ein mutiger (weil antiamerikanischer) Film, der zumindest für eine Sache gut sein wird: Die auch in den USA dadurch beginnende Auseinandersetzung mit dem globalen Klimaproblem.
Mike