Aus der WAZ:Dorsten wartet aufs Freibad - vergeblich
WAZ Dorsten. Als vor vier Jahren die Stadt Dorsten den Betrieb ihrer Bäder an den Betreiber Atlantis ab-trat, sollte eine Vision des Public-Private-Partnership wahr werden. Weil der Investor jetzt in eine Schieflage geraten ist, drohen Kommune und Betreiber ein Desaster.
Die Misere Ende der 90er Jahre war ein Musterbeispiel für viele Städte, die steigende Kosten ihrer veralteten Bäder nicht mehr bewältigen konnten: Die Dorstener badeten in einem maroden Freibad, durch Bergschäden buchstäblich in Schieflage, einem veralteten Hallenbad in der Innenstadt und einem ebenfalls in die Jahre gekommenen Freizeitbad im Ortsteil Wulfen.
Paul Stadel, der Investor aus Ulm, erschien da wie eine eierlegende Wollmilchsau. Denn er wollte nicht nur das Wulfener Bad übernehmen und anstelle des alten Hallenbades das Spaßbad Atlantis für rund 20 Millionen Euro bauen.
Als die Stadt nachverhandelte, konnte sie auch Sanierung und Betrieb des Freibades draufsatteln. Für dessen Erhalt hatte sich eine Initiative vehement eingesetzt und Gehör gefunden. Der Deal: Ein Erbbaurechtsvertrag über 35 Jahre wurde geschlossen, der jährliche städtische Zuschuss zum Bäderbetrieb auf zwei Mio Mark festgeschrieben. Zum Weihnachtsfest 2001 öffnete Atlantis zwischen Lippe und Wesel-Datteln-Kanal. "Wir können hier gutes Geld verdienen", frohlockte Investor Stadel, der in Ulm ein ähnliches Bad betreibt und in Obertshausen bei Frankfurt ein weiteres bauen ließ.
Doch bald gab´s erste Probleme. Zwar stimmten die Besucherzahlen (420 000 Gäste pro Jahr), doch der Umsatz blieb hinter den Erwartungen zurück. "Die Leute schwimmen, aber verzehren zu wenig", klagte Stadel. Auf die vereinbarte Fertigstellung des Freibades zur Saison 2002 warteten die Dorstener vergeblich. Weil er sich mit Generalunternehmer Walter-Bau um 2,35 Mio Euro streite, fehle das Geld, ließ Stadel wissen.
Im Frühjahr 2003 war klar: Auch in diesem Jahr würde es nichts werden, weil Atlantis die fehlenden rund 800 000 Euro nicht hat. In der vergangenen Woche die nächste Hiobsbotschaft für die Freunde des Freiluft-Vergnügens - auch 2004 gibt´s kein Freibad.
Rechtlich hätte die Stadt die Möglichkeit, sich von Atlantis zu trennen. Wenn der Betreiber den Verpflichtungen nicht nachkommt, fallen die Bäder an die Stadt zurück. Ein Anspruch, der wenig wert ist: Die Stadt könnte die Bäder kaum selbst betreiben. Ohne genehmigten Haushalt fiele selbst die Gründung einer dazu notwendigen Gesellschaft schwer. Also entschied der Rat zähneknirschend, für 2004 auf den Heimfall-Anspruch zu verzichten und keinen Insolvenzantrag zu stellen.
Was bleibt, ist Hoffnung. Darauf, dass sich der Investor erholen möge, um wenigstens Atlantis und das Freizeitbad Wulfen weiter zu betreiben. Dass sie in absehbarer Zeit wieder ihr Freibad bekommen, mögen viele Dorstener längst nicht mehr glauben.
22.12.2003 Von Martin Ahlers