Link zum Artikel der TAZExtrem trübe Tasse
Der WDR holt eine nie gesendete "Zimmer frei!"-Folge von 1999 aus dem Giftschrank - das Fiasko mit Cherno Jobatey (Sonntag, 23.00 Uhr, WDR)
von MARTIN WEBER
Auf den ersten Blick ist "Kommunalobligation" kein schönes Wort. Der besondere Zauber dieser Vokabel erschließt sich dem denkenden Menschen aber erst, wenn er eine Sendung sieht, die bisher kaum einer gesehen hat.
In eben dieser Sendung sollte Cherno Jobatey, der in seinem Leben gern und oft damit kokettiert hat, es trotz Rechtschreibschwäche zum Journalisten gebracht zu haben, beim Scrabble-Spiel das Wort "Kommunalobligationen" legen. Zuvor hatten ihm die Gastgeber der WDR-Produktion "Zimmer frei", Christine Westermann und Götz Alsmann, schon Buchstabensuppe kredenzt, ihn mit Russischbrot versorgt und ihm als Denkhilfe gar noch ein ABC-Pflaster zukommen lassen. Da aber mochte Cherno Jobatey nicht mehr. Der große, beturnschuhte und bezopfte Mann, der immer mal wieder den Frühstücksdirektor beim "ZDF-Morgenmagazin" gibt, stand auf, ging aus dem Bild, "einen Duden besorgen", und ward nicht mehr gesehen. Wunderbare acht Minuten lang.
"Da keimte in mir Hoffnung auf, dass wir uns jetzt eine schöne Stunde machen", grinst Götz Alsmann. Weil die nächste "Zimmer frei!"-Aufzeichnung erst in einer Stunde anberaumt ist, steht die obligatorische Haartolle noch nicht auf halb acht, sondern liegt eher auf viertel nach sieben: "Christine erzählt was von früher aus der ,Drehscheibe', ich sing ein Lied, wir machen irgendwas mit dem Publikum - das wäre schon gegangen".
So trug es sich zu am 19. Februar 1999, dass Jobatey erst ging, dann wiederkam und diese Folge von "Zimmer frei!" mehr als viereinhalb Jahre Verschlusssache war. Giftschrank, Sperrvermerk. Geflurfunkt wurde auf den schätzungsweise 2.443 Kilometer langen Gängen des WDR jede Menge, und eine Erklärung, warum die Folge mit Jobatey ausgerechnet am Totensonntag 2003 gesendet wird, hat auch Götz Alsmann nicht parat: "Ich gehe davon aus, dass der neue WDR-Unterhaltungschef Axel Beyer die Kassette untersucht und nichts gefunden hat, was einer Ausstrahlung im Wege steht. Aber so genau weiß ich das nicht. Ich denke, alle Beteiligten haben ihr Okay für eine Ausstrahlung gegeben." Jobatey selbst entblödet sich nicht, der Bild-Zeitung in die Feder zu weinen: "Mit mir hat keiner gesprochen", ließ er das Blatt wissen, "vielleicht sind die Quoten im Keller?"
Da wird Götz Alsmann echt sauer: "Unsere Quoten waren 2003 so gut wie selten zuvor. ,Zimmer frei!' ist eigentlich dafür da, dem Gast einen Kranz zu winden. Bei uns kann jeder gut aussehen, wenn er nur will. Es muss keiner gekränkt, beleidigt oder verletzt rausgehen, und wenn er es dennoch tut und auch noch grundlos aggressiv ist, sehe ich keinen Grund, ihm eine Chance zu geben".
Wer die überaus lehrreiche Stunde "Zimmer frei!" mit Jobatey hinter sich gebracht hat, weiß: Der ZDF-Mann, von Alsmann & Westermann auch immer wieder gerne "Chernobyl" genannt, ist eine absolut humorfreie Zone. Die journalistischen Brücken, die Christine Westermann ihm in ihrer vermeintlich tantigen Art baut, mag er allesamt nicht beschreiten: "Treibst du Sport?", fragt sie. Cherno Jobatey gibt die dämlichste aller dämlichen Antworten: "Nicht wirklich", sagt er, setzt später zu einem Plädoyer für seine Sportschlappen an: "Mit denen ist man antrittsschnell und hat jede Menge Profil", und zieht Sekunden danach zum wiederholten Male einen Flunsch wie ein Fünfjähriger. Mal abgesehen davon, dass auswendig gelernte Witze solcher Qualität nur Fips Asmussen unter seiner Mütze hervorzaubern darf, bleibt Cherno Jobatey, was er schon 1999 war: eine extrem trübe Tasse.
"In der Sendung haben wir uns mühsam geduzt", gesteht Alsmann, "danach haben wir uns kurz angebrüllt, und er hat Christine das Sie angeboten. Dabei hat er es ab einem bestimmten Punkt selbst übernommen, sich vorzuführen, das mussten wir gar nicht mehr machen."
Nicht nur deshalb lohnt es unbedingt, sich die volle 60-Minuten-Ladung Jobatey zu gönnen. Wie Christine Westermann den Gast, der damals kurz vor seiner ersten "Verstehen Sie Spaß?"-Sendung stand, anmoderiert hat? Na so: "Er hat die Intelligenz von Kurt Felix und die Schönheit von Paola."
taz Nr. 7215 vom 22.11.2003, Seite 22, 139 Zeilen (Kommentar), MARTIN WEBER
Außerdem kann ich noch das Umfeld von Zimmer Frei empfehlen. Ob man Annemarie mag, ist kritisch. Aber Blondes Gift mit Sabrina "Popstars-Ankack" Setlur könnte lustig werden.
Gruß
Alex