Die Welt berichtet:Riesenrad - Zweikampf der Investoren
Planungen sind bereits weit fortgeschritten - Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen City-West und Friedrichshain
Von Sabine Gundlach und Brigitte Schmiemann
Der Kampf ums Riesenrad gerät zum Kopf-an-Kopf-Rennen zweier Investoren. Ungeachtet der Verhandlungen des Riesenrad-Projektentwicklers World Wheel Berlin Holding mit der Senatsverwaltung für Finanzen über den Grundstückskauf des landeseigenen Areals am Zoo treibt auch die Anschutz Entertainment Group die Pläne für ein Riesenrad auf ihrem Areal am Ostbahnhof voran.
Wie Senior-Vice-President Kevin Murphy von der Anschutzgruppe dieser Zeitung bestätigte, will man die Touristenattraktion zeitgleich mit der für September 2008 geplanten "O2-World"-Arena am Ostbahnhof eröffnen. Seit gestern liegt im Stadtplanungsamt Friedrichshain-Kreuzberg der Bebauungsplan V-3-1 "Riesenrad" für den Standort an der Spree aus.
Mitte August will die Anschutzgruppe das Projekt der Öffentlichkeit präsentieren. Bislang steht fest, dass sich das Riesenrad direkt westlich der Arena auf dem sogenannten Entertainment-Center-Areal drehen soll. Errichten und betreiben will es die Steiger Riesenrad Berlin GmbH. Langfristig plant Anschutz unweit des Riesenrades Kinos, Casinos, Theater, Einzelhandel und Gastronomie. Doch da die Investoren dafür noch nicht Schlange stehen, kommt der Belebung des Areals durch ein Riesenrad offenbar besondere Bedeutung zu. Der künftige Betreiber der geplanten Attraktion am Ostbahnhof, Adolf Steiger, wollte sich gestern zu den Plänen nicht äußern.
Er habe ein Stillschweigeabkommen mit der Anschutzgruppe vereinbart, sagte der 78-jährige Schausteller aus Bad Oeynhausen, dessen Familienbetrieb auch das mit 60 Metern Höhe weltgrößte transportable Riesenrad besitzt. Sein Konkurrent Michael Weiser, Geschäftsführer der World Wheel Berlin Holding, ist jedoch nach wie vor der Auffassung, dass der Standort am Zoo der bessere ist und sich auch durchsetzen wird.
Die Sicht auf die Berliner Sehenswürdigkeiten sei am Zoo viel besser. "Hauptbahnhof, Kanzleramt, Museumsinsel und Brandenburger Tor liegen wie Perlen auf einer Schnur aufgereiht. Sie sind vom Zoo aus auch wesentlich besser erreichbar als vom Ostbahnhof aus", so der Projektentwickler. Waiser rechnet damit, dass der Grundstücks-Kaufvertrag in Kürze unterschrieben wird und das Riesenrad im Herbst 2008 am Zoo in Betrieb geht.
Über die Grundsätze des Kaufs seien sich die Senatsfinanzverwaltung und die World Wheel Berlin Holding einig, nur über die Feinjustierung müsse noch Einvernehmen hergestellt werden. Die Finanzierung des Riesenrads am Zoo stehe seit längerem. Auch die vom Senat verlangte Sicherheit - beim Scheitern des Projekts soll das Rad wieder abgebaut werden - sei geregelt.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung legt sich bei der Standortentscheidung offiziell nicht fest. "Wir halten sowohl den Zoo als auch den Ostbahnhof für geeignet. Natürlich kann es in Berlin aber nur ein Riesenrad geben", sagt Manuela Damianakis, Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Dem Vernehmen nach ist es aber ein offenes Geheimnis, das Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD) den Standort in Friedrichshain favorisiert, da ein Riesenrad am Zoo Stimmanns städtebauliche Planungen für die City West zunichte macht. Für die Beurteilung des Finanzierungskonzeptes ist laut Stadtentwicklungsverwaltung die Senatsfinanzverwaltung zuständig. Das Planungsrecht liege bei den Bezirken. Matthias Kolbeck, Sprecher von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), wiederum betonte: "Wir sind nur Grundstücksverkäufer, haben einen Interessenten und schaffen mit ihm die Voraussetzungen für ein Riesenrad." Zu stadtplanerischen und wirtschaftspolitischen Überlegungen äußere er sich nicht. Unlängst hatte der Ausschuss für Stadtentwicklung im Abgeordnetenhaus einstimmig grünes Licht für das Rad am Zoo gegeben.
"Sollte es soweit kommen, dass beide Projekte realisierungsreif sind, muss der Senat entscheiden, welches der Räder sich wo dreht", sagte Damianakis. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hatte bereits im April dieser Zeitung bestätigt, dass der anstehende Grundstücksverkauf am Zoo nicht entscheidend sei. "Die Tatsache, dass Berlin ein Grundstück verkaufen will, spielt keine Rolle. Die Frage ist doch nur, wer hat das überzeugendste Konzept und wer ist der Schnellste", sagte Wowereit am Rande der Bekanntgabe des Namensgeber für die O2-World.
Artikel erschienen am Mi, 2. August 2006