Von Rolf MuthKlappern gehört zum Handwerk. Doch die Klagen der Schausteller über den zunehmenden Kostendruck nehmen zu. Beispiel Talmarkt Bad Wimpfen: Hier sind die Fahrpreise seit dem Euro weitgehend stabil geblieben. "Doch drumherum", so klagt Schausteller-Sprecher Fritz Haas aus Pforzheim, "wird alles heftig teurer".
Ein Fahrgeschäft zu betreiben, ist längst kein Zuckerschlecken mehr. Eugen Distel aus München kann davon ein Lied singen. Vor sechs Jahren hat er das Fahrgeschäft "Jumping" für damals 3,5 Millionen Mark erworben. "Heute würde ich das 60 Tonnen schwere Ding nicht mehr kaufen." Die Fahrgastzahlen und damit die Einnahmen nehmen ab. Mittlerweile bauen die Hersteller nur noch kleinere Fahrgeschäfte mit weniger Kapazität. Der Vorteil: Weniger Schwerlasttransporter und damit geringere Transportkosten, geringere Aufbauzeit, weniger Personal. "Einige bekannte Betriebe haben bereits Insolvenz angemeldet." Die Platzgebühren steigen vielerorts. In Wimpfen sind sie mit durchschnittlich 1500 Euro stabil, aber am Limit angekommen, meinen die Schausteller. Distel: "Dann gibt auch der Elektriker Gas, die Ökosteuer drückt den Gewinn und der Benzinpreis macht uns auch noch zu schaffen. "Irgendwann kommt der Punkt, wo es nicht mehr geht."
Distel lobt Bad Wimpfen als Traditionsmarkt. Hier wird noch Geld ausgegeben. Im Ruhrpott ein ganz anderes Bild: "Da geht überhaupt nichts mehr, die Kaufkraft fehlt."
Alexander Götzke kann das bestätigen. Wenn er sein Fahrgeschäft Frisbee aufbaut, so braucht er den 70-Tonnen-Spezialkran: 200 Euro kostet der - und zwar in der Stunde.
Deshalb hat sich Peter Münch von der "Wilden Maus" einen eigenen Kranwagen angeschafft. "350 000 Euro bist du da los." Bei ihm rechnet sich die Investition, weil er massenweise schwere Träger und die "Wilde Maus"-Wagen von den Schwerlasttransportern hieven muss. "Die gestiegenen Betriebskosten können wir bei den Fahrgeschäften aber nicht weitergeben", sagt Münch. "Dann bleiben die Gäste aus." Kürzlich hat er einen Anhänger auf der Autobahn umgelegt. Die 10 000 Euro Schaden waren auch noch nebenbei zu verkraften.
"Die Transporte sind nicht mehr zu bezahlen", sagt Karl Häsler aus München, der die Neuheit "Imagination" vorstellt. Weil sein zweites Geschäft in Wien elf Transporte erforderlich machen würde, lässt er es ganzjährig am Prater stehen. "Nach dem Euro wurde alles schlimmer. Sechs Mark wurden zu drei Euro. Sind aber drei Euro auch noch sechs Mark wert?" Fast überall seien Preise eins zu eins umgerechnet worden. Das zwingt Betriebe in die Knie.
Ein Volksfest braucht volkstümliche Preise. Wer hier Besucher abzockt, der ist von den der Schaustellergemeinschaft nicht gut angesehen. "Das schadet allen", sagt Wilhelm Henn. Der Schausteller, der seit Jahrzehnten mit dem Kinderkarussell nach Wimpfen kommt, fordert die preiswerte Kinderwurst. Und bekommt dabei von Fritz Haas Schützenhilfe. Der Chef des 350 000 Euro teuren Autoskooters ärgert sich, wenn an manchen Veranstaltungsorten Mitbewerber zwei Euro kassieren, damit ein Kind drei Bälle auf Dosen werfen darf. "Die Schausteller sind zum Teil selbst schuld", sagt er selbstkritisch. "Wir müssen Umsatz durch viele, preiswerte Fahrten machen, nicht durch hohe Preise."
Dennoch: "Meine Betriebskosten sind in den letzten zwei Jahren um 15 Prozent gestiegen." Der TÜV, die Wartung, die Anschaffungskosten von Ersatzskootern: früher 2000 Mark, jetzt 2800 Euro. "Das zwingt auch gesunde Betriebe in die Knie. Denn die können nicht mehr und die Banken wollen nicht mehr."
Heilbronner Stimme vom 26. 06. 2004
Gruß Thomas
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