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Geschäft läuft rund wie ein Riesenrad
24-Jul-09, 15:23 Uhr ()

Kirmes in der Krise? "Die Leute fahren nicht in den Urlaub,
sondern mit der Achterbahn", sagen die Schausteller.

In dunkler Arbeitshose und grauem Pulli steht Thomas Meyer vor
dem gelb-blauen Doppellooping "Teststrecke". Doppeldeutig ist der
Name dieses Fahrgeschäfts, das Meyer und sein Cousin Theo Rosenzweig (38)
für drei Millionen Euro einem amerikanischen Freizeitpark abgekauft haben.
Heute, wenn auf dem Heiligengeistfeld der Sommerdom eröffnet, feiert die
Achterbahn Europa-Premiere. "Mal abwarten, ob die Bahn gut ankommt", sagt
er und klopft dreimal auf den Holztisch in seinem Wohnwagen. Ob seine
kleinen Söhne Hansi (4) und Hugo (1) irgendwann einmal die Geschäfte
führen werden, wisse er nicht, sagt er nachdenklich. "Es hängt davon ab,
ob die Einnahmen in 20 Jahren noch für einen guten Lebensstandard reichen."

Vieles habe sich verändert, seit sein Großvater nach dem Zweiten Weltkrieg
wieder anfing, mit einem zwölf Meter hohen Riesenrad, das er selbst
zusammengezimmert hatte, über die Volksfeste zu tingeln. Auch Thomas Meyer
und sein Cousin betreiben außer der neuen Achterbahn noch die Wildwasserbahn
und ein Riesenrad, das 60 Meter hoch ist. Allein für die 400 Tonnen Material
der Wildwasserbahn müssen sich 41 Transporter über Deutschlands Autobahnen
schieben. "Der logistische Aufwand, die Bürokratie und Kosten wie Sprit,
Versicherungen oder Standgebühren sind natürlich seit Großvaters Zeiten
deutlich gestiegen." Aber Thomas Meyer mit seinem jungenhaften Lachen ist
kein Jammerer. Über die Krise spricht er abgeklärt. Auch weil seine Familie -
mit drei Fahrgeschäften auf dem Dom - sie nicht stark spüre. Und wieder klopft
er auf Holz. "Die Menschen fahren in diesem Jahr wenig in den Urlaub, aber
viel Karussell." Ein neues Auto können sich manche nicht mehr erlauben, aber
einen Bummel über den Dom schon.

Volksfeste laufen - trotz teils leichter Umsatzrückgänge - noch rund wie
ein Riesenrad. Manche sagen, sie gehören zu Deutschland wie Goethe oder Bier.
Einer, der das sagt, ist Christoph Jansen vom Deutschen Schaustellerbund (DSB).
178 Millionen Besucher seien im vergangenen Jahr auf den 12 400 Festen
zwischen Flensburg und Füssen gezählt worden. Der Dom, der in diesem Frühjahr
vier Millionen Menschen angelockt hatte - fast eine Million mehr als im
Frühjahr 2008 - sei beliebt. "Ein Bummel bietet eine Pause von Sorgen und
schlechten Nachrichten", sagt Christoph Jansen.

Davon wollen auch die 259 Schausteller profitieren, die auf dem
Heiligengeistfeld dabei sind. "Wir hoffen, dass der Sommer wieder ein großer
Erfolg wird", sagt Hans-Werner Burmeister vom Hamburger Landesverband der
Schausteller. Allerdings mache sich der demografische Wandel bemerkbar.
"Wurstbuden laufen, aber den Kinderkarussells bricht zunehmend die Kundschaft
weg", sagt DSB-Sprecher Jansen.

Mit der Wildwasserbahn setzt Thomas Meyer, der jedes Jahr auf sechs
Volksfesten mit seinen Fahrgeschäften vertreten ist, auf junge Familien.
"Ein Vater muss im Schnitt für vier Fahrten zahlen. Wie viel kann er
ausgeben?", fragt Meyer. Maximal 3,50 Euro pro Fahrt, schätzt er. "Diesen
Preis haben wir seit Jahren nicht erhöht, weil der Kunde das womöglich nicht
mitgehen würde."

Nichts sei verheerender als ein Fahrgeschäft, das nicht laufe. "Wenn das
Ding leer bleibt und aus der Mode kommt, kann man es abhaken."
Umso wichtiger sei ein Erfolg der "Teststrecke". In den USA hätte er beim
Kauf schnell zugreifen müssen. "Ich hoffe auf eine Marktlücke", sagt Meyer.
"So einen Doppellooping gibt es derzeit auf den Volksfesten noch nicht."

Von der Veranda eines Wohnwagens ruft ein kleiner blonder Junge nach seinem
Vater. Hansi hat eine Mini-Achterbahn gebaut. "So ist das", sagt Thomas Meyer
und lächelt. "Als Kind habe ich auch nie mit Eisenbahnen gespielt, sondern mir
aus Klötzen Achterbahnen gebaut." Vielleicht führen seine Söhne die Tradition
doch eines Tages weiter. In siebter Generation.

Quelle: Hamburger Abendblatt, 24. Juli 2009

Übernachten im Hansa-Park Resort am Meer

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