Aus der Schwäbischen Zeitung vom 07.03.2006:Ritterland Schwaben
Das finstere Mittelalter kehrt zurück
NIEDERSTOTZINGEN - Klirrende Schwerter, eiserne Rüstungen und schwere Streitrösser: Das Mittelalter ist längst vergangen - jetzt kehrt es nach Niederstotzingen (Landkreis Heidenheim) zurück. Der Verein der Württemberger Ritter will ein 47 Hektar großes Gelände in ein mittelalterliches Erlebnisland verwandeln. 2008 soll Eröffnung sein.
Von unserem Redaktionsmitglied Sabine Kraus
Wer wollte nicht immer schon einmal miterleben, wie eine Burg belagert wird, ein König gestürzt und sich auf einem Schlachtfeld zwei feindliche Ritterheere bekämpfen? Echten Kräuterhexen und Zauberern begegnen und im Wald von Wegelagerern überfallen werden? Bei großen Banketten speisen und danach über einen mittelalterlichgen Wochenmarkt bummeln? Nein, nicht im Geschichtsbuch oder im Dokufilm: "Ritterland Schwaben" soll der Erlebnispark heißen, in dem sich Besucher künftig auf eine authentische Zeitreise ins 14. Jahrhundert begeben können.
Wenn es nach dem Plan der Organisatoren geht, wird das Ritterland einmal aus einer kompletten Landschaft bestehen. Es soll eine mittelalterliche Stadt geben, eine echte Burg und ein Schlachtfeld. Daneben Siedlungen der Landbevölkerung, ein Ritterlager und Marktstraßen. Dazwischen Wälder, in denen Räuber ihr Unwesen treiben und Volgelfreie Unterschlupf suchen. Mittendrin: der Besucher. "Mittelalter zum Selbstentdecken und -erleben", beschreibt Albrecht Hummel, Vorsitzender der Württemberger Ritter, die Idee, die hinter dem Erlebnispark steckt.
Bundesweit einzigartig
Hinter dem ehrgeizigen Projekt stehen die Württemberger Ritter - ein seit 1992 bestehender Verein mit nunmehr 180 Mitgliedern. Mit seinem Ritterturnier auf dem vereinseigenen Rittergut Stetten bei Niederstotzingen hat er sich über die Kreisgrenzen hinaus einen Namen gemacht: Rund 10 000 Besucher, schätzt Hummel, besuchen jährlich das mittelalterliche Schauspiel. Darüber hinaus geben die Vereinsmitglieder bundesweit Gastspiele bei Ritterturnieren und anderen Veranstaltungen, beispielsweise im Legoland.
Würde alles so funktionieren, wie es sich die Organisatoren vorstellen, wäre das Ritterland eine bundesweit einzigartige Sache. Nur im französischen Puy du Fou bei Nantes existierte bislang solch ein mittelalterlicher Erlebnispark. Doch noch ist alles Theorie: Drei Millionen Euro müssen die Organisatoren investieren, um überhaupt starten zu können. Rund 150 000 Euro müssen als Eigenkapital vorhanden sein. Doch Hummel gibt sich optimistisch: 1,5 Millionen Euro seien durch Investoren und das Anlagevermögen des Vereins bereits gesichert. Zudem will die bundeseigene KfW Bankengruppe das Projekt mit günstigen Finanzierungen fördern. Der geplante Park soll als GmbH & Co. KG funktionieren. Mit im Boot sitzen eine Rechtsanwältin, ein Ingenieur, ein Unternehmensberater sowie der gelernte Schmied Albrecht Hummel, der für die inhaltliche Konzeption zuständig ist.
Das Konzept stößt nicht nur beim Landkreis Heidenheim auf großes Interesse: Auch aus dem benachbarten bayerischen Landkreis Dillingen liegt Hummel ein Angebot auf dem Tisch. Wären die behördlichen Auflagen im Kreis Heidenheim zu hoch, käme eine Verlagerung nach Bayern in Betracht, lässt Hummel durchblicken.
Der erste Bauabschnitt ist für Sommer 2006 geplant. Der Aufbau des ganzen Ritterlandes ist auf 20 Jahre angelegt. "Klein anfangen und kontinuierlich wachsen", sagt Hummel. Das bedeutet: Investiert wird immer nur so viel, wie Resonanz da ist. Fehlen die Besucher, bleibt das Ritterland klein - kommen genügend, wird weitergebaut. Deshalb wird das Rittergut, der einstige Sitz der Württemberger Ritterschaft im 14. Jahrhundert, anfangs nur um einen Turm, ein Raubritterlager und eine mittelalterliche Marktlandschaft ergänzt. Dazu kommt eine 200 Meter lange und 100 Meter breite Naturbühne. Hier sollen Geschichten aus dem Mittelalter nachgespielt sowie Schlachten und Turniere vorgeführt werden. "An zehn Wochenenden im Jahr werden wir dort spielen", sagt Hummel. Über die Jahre soll dann der Rest dazu kommen - eine komplette Stadt, Dörfer, ein See und Waldstücke, in denen Schauspieler und die Mitglieder der Württemberger Ritter Mittelalter leben. Denn Hummels Vision ist: "Alles soll so echt sein, dass jeder meint, er sein tatsächlich im Mittelalter gelandet."
Auf einen Blick
Ritter rechnen mit 6000 Besuchern pro Wochenende
Mit 180 Mitgliedern ist der Verein der Württemberger Ritter mit Sitz in Niederstotzingen (Landkreis Heidenheim) der bundesweit größte seiner Art und durch seine mittelalterlichen Schaukämpfe und Turniere bekannt geworden. Nun soll aus dem Hobby ein Geschäft werden: Geplanter Baugeginn des "Ritterland Schwaben" ist im Sommer diesen Jahres, Eröffnung 2008. Bis 2027 soll der Park nach Plan der Organisatoren kontinuierlich weiterwachsen. Die Kosten der ersten Bauphase sind mit 350 000 Euro angesetzt. In den ersten fünf Jahren werden die Württemberger Ritter das Ritterland an zehn Wochenenden im Jahr ehrenamtlich betreiben - pro Wochenende rechnet der Verein mit mindestens 6000 Besuchern. Später sollen eine professionelle Stuntgruppe und Schauspieler engagiert werden und so 150 Arbeitsplätze geschaffen werden. Das diesjährige Turnier der Württemberger Ritter ist vom 16. bis 18. Juni auf dem Rittergut Stetten bei Niederstotzingen. Informationen gibt es auf der Homepage der Ritter unter www.wuerttembergerritter.de. (skr)
"Wir werden - einfach ausgedrückt - weniger, älter und bunter." (H. Rech IM BW)
Stefan A. Michelfeit - www.ridesonline.de