Arbeitsplatz Achterbahn
Experten begutachten FreizeitparkStuttgart - Für Christian Falk und Alexander Trunz gehören Berg- und Talfahrten zum Berufsalltag. Die beiden Experten der Prüforganisation „Tüv Süd“ nehmen Achterbahnen und andere Fahrattraktionen in Freizeitparks und auf Volksfesten unter die Lupe. Sie sind rund um den Globus um Einsatz und müssen die Sicherheit mehrerer Millionen Fahrgäste garantieren. Im größten deutschen Freizeitpark, dem Europa-Park im badischen Rust (Ortenaukreis), bereiten sie die Fahrgeschäfte auf die neue Saison vor, die am Samstag beginnt.
Ein mulmiges Gefühl bei ihrer Arbeit haben Falk (36) und Trunz (46) häufiger. Ob Achterbahn, Freifall-Turm, Karussell oder Wildwasserbahn: Bevor ein Fahrgeschäft freigegeben wird, prüfen es die beiden Sicherheitsexperten „auf Herz und Nieren“. Einsteigen und Mitfahren gehört dazu. „Manchmal wird mir leicht schlecht“, sagt Maschinenbauingenieur Trunz. Denn die Attraktionen werden immer höher, schneller und verrückter.
„Bei der Beschleunigung ist die Grenze erreicht“, sagt Trunz. „Mehr geht nicht, das sagen uns die Werte der Flugmedizin“. Für ein ungutes Gefühl sorgten Achterbahnen jedoch nicht. „Alles, was sich dreht und schwenkt, wird als unangenehm empfunden“, sagt Trunz. Geschwindigkeit verursache dagegen kein Unwohlsein.
Anreise mit dem Auto ist gefährlicher
Die Fahrt mit Achterbahnen und anderen Fahrgeschäften soll bewusst als gefährlich empfunden werden. In Wirklichkeit ist sie es nicht. Nach menschlichem Ermessen könne kein Unfall passieren, sagt Bauingenieur Falk. „Wenn die Besucher mit dem Auto kommen, dann haben sie den gefährlichen Teil des Tages eigentlich schon hinter sich.“ Hundertprozentige Sicherheit gebe es bei riskanten Fahrgeschäften jedoch nicht. Im Fachjargon heißt dies dann Ausfallwahrscheinlichkeit. Oder Überlebenswahrscheinlichkeit - allerdings nicht von Fahrgästen, sondern von Bauteilen.
Bevor die Bahnen starten, wird alles getestet. „Erstens prüfen wir die technischen Unterlagen und zweitens die Anlage an sich“, sagt Falk. „Wir testen alle elektrischen, hydraulischen und pneumatischen Anlagenteile sowie die sicherheitstechnisch relevanten Vorrichtungen.“ Dafür müssen die Ingenieure nicht nur Wissen, sondern auch Sportlichkeit beweisen. Für den Sicherheitscheck klettern sie über Schienen, auf Türme und in Schwindel erregende Höhen.
„Unser Job ist es, auch die kleinste lockere Schraube zu entdecken“, sagt Walter Mitternacht, Sicherheitschef des Europa- Parks. Am anfälligsten seien Verschleißteile: Verbindungen, die nach längerem Betrieb nicht mehr richtig sitzen, Schienenstücke, die leicht beschädigt sind oder Türen sowie Sicherheitsbügel, die nicht mehr richtig schließen. Sie müssen rechtzeitig erkannt werden.
Außerhalb der Öffnungszeiten wird gearbeitet
„Weil die Bahnen im Dauereinsatz sind, müssen wir sie regelmäßig überprüfen, auch während der Saison“, sagt Mitternacht. Die große Sicherheitsuntersuchung gebe es immer vor Saisonbeginn. In diesem Jahr dauert es drei Wochen, bis die mehr als 100 Attraktionen auf Herz und Nieren getestet sind. Während der Saison arbeiten die Sicherheitsleute im Verborgenen. „In eine Achterbahn, an der Handwerker schrauben, würde kein Besucher einsteigen“, sagt Mitternacht. Gearbeitet werde daher außerhalb der Öffnungszeiten.
Privat steigen die Achterbahntester selten in Fahrgeschäfte. „In der Freizeit mag ich es gemütlich“, sagt Tüv-Experte Falk. Den Spaß am Achterbahnfahren während der Arbeitszeit habe er sich aber erhalten, trotz der beruflich bedingten Routine.
Der „Tüv Süd“ nimmt seit 1929 „fliegende Bauten“, wie Fahrattraktionen von den Experten genannt werden, unter die Lupe, Angefangen hat alles mit dem Münchner Oktoberfest. Heute sind die Tüv-Mitarbeiter weltweit unterwegs und sorgen für Sicherheit - von Baden bis Dubai, wo Falk und Trunz zuletzt im Einsatz waren.
Von Jürgen Ruf
13.03.2008 - aktualisiert: 13.03.2008 08:36 Uhr
Quelle: Stuttgarter Nachrichten
Gruß
Marcel
Hurra, verdammt!