Schluss mit lustig?VOLKSFEST. Statt fröhlich-bunt sieht die Zukunft der kleinen Kirmessen düster aus. Sie lohnen sich für die Schausteller nicht mehr.
Auf vielen Volksfesten am Niederrhein kann man fast jedes Wochenende seine Runden drehen - aber nicht mehr auf Karussells. Die fehlen meistens. Denn die kleinen Kirmessen stecken in der Krise. Immer häufiger werden sie abgesagt, weil die Schausteller ihre Fahrgeschäften und Wagen nur noch für große Veranstaltungen aufbauen. Erst, wenn im August auf der Beecker Kirmes in Duisburg die bunten Lämpchen angehen, geht´s am Niederrhein wieder rund. Rudolf Edling ist Vorsitzender des Vereins Reisender Schausteller Moers und erklärt die Vorliebe der Schausteller fürs große Spektakel. In Moers sind jetzt drei kleine Kirmessen abgesagt worden. Läuft das Geschäft für die Schausteller so viel schlechter?
Edling: Allgemein gesehen ist in der Schaustellerbranche in den letzten Jahren ein deutlicher Rücklauf zu verbuchen. Wir konkurrieren mit anderen Freizeitangeboten, den Freizeitparks, Beachpartys, aber auch Stadt- und Pfarrfesten.
Warum haben die Leute kein Geld mehr für die Kirmes übrig?
Edling: Die Kirmes soll für die Bürger erschwinglich bleiben. Das geht aber nicht, wenn die Standpreise so hoch sind. Obwohl ja nicht an der Kirmes verdient werden soll, sondern auf der Kirmes.
Dann lohnt sich der kleine Rummel weder für die Betreiber, noch die Besucher?
Edling: Ja, die Besucher bleiben weg. Die Schießbude und das Pfeilewerfen für die Kleinen - das ist einfach nicht mehr attraktiv genug. In Moers kann man der Stadt aber keinen Vorwurf machen. Die Standgebühren wurden in den vergangenen Jahren stark gesenkt, um die Vorort-Kirmessen zu retten. Das hat leider nicht geklappt.
Das klingt nach einem hausgemachten Problem.
Edling: Die Kollegen mit den Top-Geschäften müssen immer wieder neue Attraktionen bieten. Wer sein Geschäft hegt und pflegt und auch mal etwas Neues hat, fährt aber zu den großen Veranstaltungen, zum Beispiel zur Fronleichnamskirmes nach Sterkrade. Zu den Vorortkirmessen können diese Kollegen nicht fahren.
Warum nicht?
Edling: Wegen der Stand-, Personal- und Versicherungskosten rechnet sich das nicht mehr. Selbst ich würde, wenn in Repelen Kirmes wäre, mein Geschäft zu Hause stehen lassen. Das lohnt sich einfach nicht.
Gibt es den gemeinsamen Ausflug zum Familientag auf der Kirmes nicht mehr?
Edling: Doch. Die Familientage werden auch gut besucht. Aber auch nur bei den großen Veranstaltungen. Größer, greller, grenzenloser - das will das Publikum haben.
Und was haben sich die Schausteller für dieses Publikum einfallen lassen?
Edling: Vergangenen September habe ich selbst für 200 000 Euro einen neuen Ausschankwagen angeschafft - die "Airport-Bar". Die hat einen ganz neuen Stil. Ist nicht so bunt wie andere Kirmeswagen, sondern silbern, jung und modern. Die Athmosphäre erinnert an den Düsseldorfer Flughafen. Und es gibt dort Cocktails und die neuen Bier-Mixgetränke. Die High-Tech-Entwicklung bei den Fahrgeschäften ist allerdings in den letzten zwei Jahren eingestellt worden. Da ist man schon an die Grenzen dessen gegangen, was der Körper überhaupt aushalten kann. Ältere Geschäfte werden wieder hervorgeholt. Auf den neuesten Sicherheitsstandard gebracht und mit neuer Gestaltung - zum Beispiel mit Motiven und Figuren bekannter Kinofilme - werden die auch wieder gut angenommen.
Womit könnten die Veranstalter Ihnen denn helfen?
Edling: Ich denke nicht, dass die uns helfen können. In Moers haben wir gute Standorte auf den Marktplätzen, die Standkosten sind nicht zu hoch. Und noch etwas dazugeben können sie uns ja auch nicht, damit wir die Kirmes machen. Das Ordnungsamt hat wirklich alles getan, um die Kirmessen zu erhalten.
Auch, wenn es in Moers nicht geholfen hat - können die Schausteller immer auf die Unterstützung der Städte setzen?
Edling: In Duisburg zum Beispiel ist das anders. Dort sind die Veranstaltungen in private Hände gekommen und dann stehen die Interessen der Veranstalter zu sehr im Vordergrund. Diese Privatisierung, die Übernahme von Veranstaltungen durch Stadtmarketingvereine zum Beispiel, finden wir nicht gut. Die Standgebühren könnten ins Unermessliche steigen. Außerdem bedeutet die Privatisierung für uns, dass Altbeschicker, die immer mit ihren Wagen da waren, nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Ein Beispiel: Das Moerser Parkfest ist von einem Fremdveranstalter ausgerichtet worden. Ich hätte auch gerne daran teilgenommen. Wurde aber, obwohl ich selbst angefragt hatte, als Moerser Gewerbebetrieb nicht berücksichtigt.
Was verpassen die Leute denn, wenn es keine kleine Kirmes mehr gibt? Machen Sie doch einmal Werbung in eigener Sache.
Edling: So eine kleine Kirmes kann sehr romantisch sein und gemütlich. Da gibt es im Rummel auch Rückzugsmöglichkeiten, Biergärten zum Beispiel. Für viele hat die kleine Kirmes Nostalgiewert. Vielleicht sehen Sie dort die Raupenbahn, die Erinnerung an erste Küsse weckt.
25.06.2007 SIMONE BELLINGRÖHR
Quelle: NRZ
Gruß
Marcel
Aus Bochum. Und aus Liebe!