Aus der Berliner Zeitung: Babelsbergs Western-Filiale
Filmpark plant den Einstieg in den Freizeitpark Silver Lake City bei Templin
Jens Blankennagel und Martin Klesmann
TEMPLIN. Babelsberg, die älteste europäische Filmstadt, war vor Jahrzehnten auch die Heimat des zweitbekanntesten deutschen Indianers. Scharen von Kindern zog es in die Kinos, um Gojko Mitic, den "DEFA-Chefindianer", als Tecumseh, Osceola oder Ulzana zu sehen. In Babelsberg wird weiter fleißig gedreht - wenn auch keine Indianerfilme mehr. Doch im Filmpark, der zur Medienstadt gehört, ist eine von 20 Attraktionen die 50 Meter lange Westernstraße mit Saloon und Sheriff-Office. 320 000 Besucher zählte der Filmpark im Vorjahr. Die Westerntradition scheint ausbaufähig - rund 110 Kilometer entfernt steht im nordbrandenburgischen Templin die Westernstadt "Silver Lake City" leer. Die Betreiber sind pleite. Der Wilde Westen ist zu haben.
Filmpark-Geschäftsführer Friedhelm Schatz kann sich vorstellen, die Western-Stadt zu übernehmen. "Ich befasse mich in den nächsten Tagen intensiv mit der Erstellung eines Konzeptes", sagt Schatz zu der "sehr komplexen Materie". Der Wilde Westen sei ja im Osten Deutschlands nicht so verwurzelt - trotz Gojko Mitic. Deshalb müsse das Western-Stadt-Projekt durch weitere Facetten bereichert werden. Denkbar wäre etwa das Herausstellen der uckermärkischen Endmoränenlandschaft, die in der Eiszeit entstanden ist. "Das Projekt muss vor Ort stärker verwurzelt sein", sagt er. Den 90 entlassenen Mitarbeitern der Western-Stadt will er keine unrealistischen Hoffnungen machen.
Pleite im Frühjahr
Der 70 000 Quadratmeter große Freizeitpark am Templiner Röddelinsee war Ende Juli 2004 verspätet in die erste Saison gestartet. Die Ziele der Betreibergesellschaft HHB waren groß: 17 Millionen Euro wollten sie in die Westernstadt investieren und noch einmal 50 Millionen Euro in eine Feriensiedlung mit Marina. 250 000 Gäste sollten jährlich Eintritt zahlen. Doch in der verkürzten, viermonatigen Saison waren es nur 50 000. Im Frühjahr meldeten die Passauer Betreiber kurz vor dem Saisonstart ihre Insolvenz an. Seitdem sucht die Hausbank, die viel Geld vorgeschossen hat, nach einem neuen Investor. "Ich kann mir gut vorstellen, dass Herr Schatz vom Filmpark etwas auf die Beine stellen kann, das langfristig Erfolg hat - und nur darum geht es mir", sagt Insolvenzverwalter Thomas Wazlawik von der Passauer Kanzlei Kübler. Wazlawik hat nach eigenem Bekunden schon reichlich Anrufe von Interessenten entgegengenommen, vom Format der Filmpark-Leute war niemand. "Es gibt nur sehr wenige, denen die Weiterführung zuzutrauen ist", sagt er. "Der neue Betreiber muss gute Erfahrungen auf diesem speziellen Gebiet haben." Bis zum nächsten Frühjahr will der Anwalt die Westernstadt gerettet haben. "Länger als eine Saison kann man so einen Freizeitpark nicht schließen", sagt er. "Sonst ist es vorbei."
So sieht es auch Templins Bürgermeister Ulrich Schoeneich. "Immer wieder kommen Leute, die in die Westernstadt wollen und dann vor verschlossenen Türen stehen." Immerhin besuchten täglich etwa 1 000 Gäste die Westernstadt, genauso viele wie die zweite Hauptattraktion im Heilbad Templin: die stadteigene Naturtherme. "Wir spüren, dass deutlich weniger Touristen kommen", sagt Schoeneich. "Ich rechne fest damit, dass im Frühjahr wieder Saisonstart ist. Die Banken haben bei uns investiert, sie wollen endlich auch Geld verdienen."
Rings um die Hauptstadt buhlen knapp zwei Dutzend Thermen, Spaßbäder und Freizeitparks wie Tropical Islands um die Ausflügler aus Berlin. Doch in der Uckermark ist der Tourismus neben der Landwirtschaft der einzige ernst zu nehmende Wirtschaftszweig. Die Postkartenlandschaft ist geprägt von Eiszeithügeln. Der Kreis ist zwar größer als das Saarland, aber so dünn besiedelt wie kein anderer in Deutschland.
"Wer dort mit einem thematisch interessanten Angebot aufwartet, das ständig Abwechslung bietet und in der Region gut vernetzt ist, kann Erfolg haben", sagt Christian Tänzler von der Tourismus-Marketing-gesellschaft TMB. Ein vergleichbares Beispiel sei die Skihalle "Snowtro-polis" in Senftenberg. Die in Templin geplante thematische Verknüpfung mit der Eiszeit sei eine gute Idee, sagt Tänzler.