Karussellbauer Huss will mit kleinerer Belegschaft überleben Das Bremer Unternehmen beantragt Eröffnung eines Insolvenzverfahrens / Übernahme durch Krupp Stahlbau Hannover geplatzt
Für den wohl größten deutschen Hersteller von Fahrgeschäften, die Bremer Maschinenfabrik Huss, hat das Amtsgericht ein vorläufiges Insolvenzverfahren eingeleitet.
Bremen - Fast jeder hat ihre Produkte schon mal gesehen, viele haben sie bereits ausprobiert, aber kaum jemand kennt die Herstellerfirma: Huss entwickelt und produziert seit 1969 Fahrgeschäfte für Jahrmärkte und Vergnügungsparks in aller Welt - insgesamt fast 50 verschiedene Modelle, darunter Klassiker wie Breakdance, Top Spin oder Frisbee.
Da bei den Kirmesbesuchern das Geld nicht mehr so locker sitzt, tun sich die deutschen Schausteller aber seit Jahren schwer damit, neue, millionenteure Karussells zu ordern.
Die Bremer Firma steuerte gegen, indem sie ihre Montage nach und nach ins kostengünstigere Budapest verlegte und sich außerdem stärker auf den Bau von Anlagen für Freizeitparks konzentrierte, vor allem in China und den USA.
Gegründet wurde Huss schon 1919, aber damals lieferte die Maschinenfabrik nur Schiffsausrüstungen. Erst 1969 stieg sie auf Karussells um, zu denen später auch eine Piraten-Schiffsschaukel gehörte. Die Produktion ist anspruchsvoll: keine Fließbandarbeit, sondern Einzelanfertigung auf Bestellung. Manche Modelle werden laut Betriebsrat nur drei- oder viermal gebaut, die Renner wie Breakdance höchstens hundertfach. Jede Neuentwicklung wird abschließend nicht nur von Sicherheitsexperten, sondern auch von Flugmedizinern getestet - schließlich soll bei den rasanten Rund- und Höhenfahrten niemand ohnmächtig werden.
Huss ist mit seinen 280 Beschäftigten in die Krise geraten. Nach Angaben der Industriegewerkschaft Metall schrumpfte der Umsatz 2005 im Vergleich zum Vorjahr um die Hälfte. Zudem leide die Firma unter Altlasten: Weil die Kauflust der Schausteller zurückgegangen sei, habe Huss die Vermietung im Leasing-Verfahren angeboten - und dadurch manches Karussell bald wieder zurücknehmen müssen.
Als Retter kam die zur Certina-Holding gehörende Krupp Stahlbau Hannover (KSH) ins Gespräch, die den Betrieb übernehmen und weiter sanieren wollte. IG Metall und Betriebsrat akzeptierten, dass das Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen wurden und neun von gut 40 Beschäftigten in der Bremer Zentrale die Kündigung erhielten - ursprünglich sollte sogar fast die Hälfte entlassen werden. Auch in der Budapester Produktion wurde "drastisch reduziert", heißt es beim Bremer Betriebsrat.
Doch die geplante Übernahme ist mittlerweile geplatzt, wie KSH-Geschäftsführer Jürgen Mitsch der FR sagte: "Wir hätten so hohe finanzielle Risiken übernehmen müssen, die eventuell auch KSH massiv in Mitleidenschaft gezogen hätten."
Kreditverträge nicht verlängert
Am Ende sah Huss nur noch den Weg ins vorläufige Insolvenzverfahren. In einer kurzen Pressemitteilung nannte die Firma dafür einen maßgeblichen Grund: Die Ende Juli ausgelaufenen Kreditverträge seien nicht weiter verlängert worden. Anders ausgedrückt: Die Banken wollten das Unternehmen offenbar nicht länger stützen. Damit entfielen auch deren Bürgschaften für Anzahlungen von Auftraggebern, und so blieben die Geldeingänge für Neugeschäfte aus.
"Insolvenzverwalter, Geschäftsleitung und Investoren führen derzeit Gespräche, um die Arbeitsplätze, die Produkte und die Marke Huss für den Weltmarkt zu erhalten", teilt die Firma weiter mit. Die Auftragslage sei "mittlerweile gut". Und die Geschäftsführer haben bereits vorsorglich eine neue Firma gegründet: Huss Park Attractions. Ob vielleicht auch noch KSH mit einsteigt? Geschäftsführer Mitsch will das "nicht ganz ausschließen". Eckhard Stengel
Quelle: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=940511
_____________________________
No ned huddla