Düren - Das Zusammenspiel von Formen und Farben vor sternenklarem Nachthimmel ist die Quintessenz jedes Feuerwerks. So spektakulär und aufwändig auch das feurige Spektakel am Himmel ist, desto reduzierter und aufs Wesentliche konzentriert fällt die Kommentierung durch die Zuschauer aus: «Ooohs» und «Aaahs» herrschen vor. Auch während des großen Abschlussfeuerwerks der Annakirmes.
Was nachts bei Sternenglanz so atemberaubend schön ist, entpuppt sich mittags beim Aufbau, als eine herbe Enttäuschung: Mehrere hundert Rohre stehen auf dem Boden herum. Manche neu, manche bereits angerostet, ein paar blaue und einige dutzend olivgrüne Hülsen. Guckt man bei den Grünen genauer hin, findet sich ein Hinweis auf deren Vorleben: Sie haben Mörsergranaten für die Bundeswehr beheimatet. «Oh» mag man denken, und diesmal ohne Begeisterung! Der Aufbau des Feuerwerks ist ungefähr genauso spektakulär, wie die Schwefelwolke danach.
Damit nachts, wenn zehntausende von Augenpaaren Richtung Himmel starren, alles gut funktioniert, muss vorher hart gearbeitet werden. Unspektakulär, womöglich, aber schweißtreibend und anspruchsvoll. Seit mehr als zehn Jahren ist Pyrotechniker Helmut Reuter, gerade zum Weltmeister seiner Zunft gekürt, für das Dürener Feuerwerk zuständig.
Fertig zum Abschuss
Mittags geht's los, dann werden bei brütender Hitze die Abschussrohre, die Mörser, aus dem Lkw gehievt und platziert. Die Bezeichnungen sind durchaus militärisch: Es gibt verschiedene Kaliber, sprich der Durchmesser der Rohre ist unterschiedlich. Je nach Bedarf werden so verschiedene Kaliber zu Batterien zusammengestellt und durch Metallplatten verstärkt, damit sie nicht umkippen.
Bis zu 400 Mörser stehen nun bereit, die mit «Bomben» befüllt werden. Ja, Bomben, denn Raketen gibt es nicht! Abgesehen von der Preisfrage haben sie noch einen Nachteil: «Raketen haben einen Stab», erklärt Helmut Reuter. Und je nach Windrichtung könnte die Sache mit den herunterfallenden Stäben beim Feuerwerk ins Auge gehen. Das will keiner, erst recht nicht der Feuerwerker.
Wenn alles vorbereitet ist, werden die Pakete mit den Bomben aus dem Gefahrguttransporter geholt. «Eine Tonne Explosivmaterial werden wir heute in die Luft jagen», schätzt Reuter mit Blick auf die unscheinbaren braunen Kisten. Das Rauchen haben sich die Männer abgewöhnt - zumindest bei der Arbeit.
Helmut Reuter marschiert derweil an den Mörser-Reihen vorbei und lässt sie beschriften. Danach füllen seine drei Mitarbeiter nun die Bomben ein, die mit einer Zündschnur verbunden sind. Per Funk wird später der erste Zünder gestartet, die Schnur brennt weiter und lässt zeitversetzt die anderen Sprengstoffkugeln hochgehen, die dann in der Luft explodieren und für das faszinierende Farbenspiel am Himmel sorgen.
Diese Kugeln und Zylinder kommen meistens aus China oder Italien. Erneut eine Frage des Preises. «Sie kennen ja die Lohnnebenkosten in Deutschland», sagt Reuter. In China koste ein Arbeiter 20 Cent, «und alles ist Handarbeit!». Reuters Kunst ist es dann, die unterschiedlichsten Effekte der einzelnen Sprengpakete aufeinander abzustimmen.
Damit das von ihm konzipierte Feuerwerk auf der Dürener Annakirmes aber nie langweilig wird, hat er in diesem Jahr erneut neue Effekte mitgebracht, die er mit Bewährtem kombiniert. Ebenso wichtig sei eine Komposition der Abschüsse hin zu einem dramatischen Finale. Gefällt das den Menschen auf dem Platz, freut sich auch der Feuerwerker: «Der schönste Lohn ist es, wenn die Leute nachher klatschen.» Auch dann, wenn er selber einige Fehler bemerkt hat...
www.aachener-zeitung.de (06.08.2004 | 21:30 Uhr)