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Oecher Bend wird privatisiert
17-Aug-07, 07:59 Uhr ()
Aachen. Der Oecher Bend, am heutigen Standort seit 1926, steht im Wandel. Der Jahrmarkt ist der letzte unter städtischer Regie, bevor das Eurogress 2008 das Traditions-Event übernimmt.

«Ich kann mir vorstellen, dass ein privater Veranstalter mit Unternehmergeist eher auf unsere Sorgen eingeht als eine Verwaltung, wenn bessere Auslastungen erzielt werden sollen», hofft Aachens Schaustellerchef Peter Loosen.

Er begegnet mit seinen 120 Bend-Kollegen «der wachsenden Konkurrenz durch Freizeitparks» mit neuen Konzepten: «So setzen wir konsequent auf Thementage, um bestimmte Zielgruppen zu erreichen.» Zumal die Besucher «im Vergleich zu früher immer später kommen».

Wer steckt in dieser Welt des reisenden Volkes, seines Existenzkampfes und des Wandels? Wir sprachen mit zwei sehr unterschiedlichen Branchen-Insidern.

Teures Vergnügen

«Die Kosten haben sich seit Einführung des Euro nahezu verdoppelt», sagt Konrad Ruppert, Inhaber des 1,5 Millionen Euro teuren Hightech-Gaudi «Take off». 25 Mal zieht er jährlich mit dem 100 Tonnen schweren Stahlkoloss von Städten wie Dublin über Eindhoven nach Aachen. Ob Standkosten, Strom, Personal («drei Rumänen, ein Pole, Deutsche kriegt man nicht»), Wechsel des Standortes (drei Zugmaschinen, fünf Transporter) oder sonstige Gebühren: Auf «jährlich 350.000 Euro» taxiert der 51-jährige «Unternehmer-Vagabund» seine Aufwendungen.

Den «unheimlichen Druck» gab er nicht an seine Kunden weiter: Fünf Mark zahlte man einst für die atemberaubende lichtflackernde Kreiselfahrt mit dem Druck der vierfachen Erdanziehungskraft. Jetzt erst hob Ruppert den Preis auf drei Euro. Sein Clan schuftet und reist Schulter an Schulter: Ehefrau, Sohn (schon die fünfte Schausteller-Generation der Familie), Schwiegertochter - und die sechs Monate alten Zwillingsenkel.

Was ist für Ruppert der Kick an dieser bewegten, so arg unter Druck geratenen Branche? «Es ist das Kribbeln», sagt der stämmige Mann aus Bad Wildungen - und er meint damit: Wohnwagen-Zuhause in der 5000-köpfigen deutschen Schaustellerfamilie, Leben und Arbeiten unter Menschen und dröhnenden Geräuschpegeln, lange Nächte, tägliche Wartung der Radscheibe des «Take off» (zehn Umdrehungen pro Minute) und der vier Gondeln (26 Umdrehungen): «Es zieht dir das Gesicht aus, aber du musst nicht kotzen, super!» findet der 14-jährige Hans Pümpel sein Fahrerlebnis. Ruppert grinst. Es kribbelt wieder.

In einer anderen Finanz-Liga spielt da der 67-jährige Egon Fuhrmann unter den glasigen Augen seiner Kuscheleisbären, -zebras, -löwen oder -simpsons. Für immerhin damals schon 250.000 Mark kaufte er vor 30 Jahren seine zehn Meter breite Losbude mit frontaler Öffnung: «Meine Eltern schleppten ihr Gehäuse noch mit dem Pferdewagen. Jetzt geht alles von einem auf den anderen Tag.»

Jedes Los gewinnt

Und dennoch. Fuhrmanns Geschäft, seit 1946 zum hundertsten Mal auf dem Bend, ist eine der letzten Bastionen, die vom Zeitgeist nicht attackiert wird: Die Hoffnung der Menschen auf Glück und Gewinn stirbt nicht aus.

Der knorrige Charmeur aus Düren, präsentiert sie überzeugend: «Freunde, jedes Los gewinnt. 30 Lose fünf Euro, und ich sage euch: Das Erste kann schon entscheidend sein.» Was kaum jemand ahnt, der Mann hat Probleme mit seinen Zähnen, die ihm jüngst zum Teil und ganz versehentlich sein «sehr verspielter» Dackel «Jacky» herausgebissen hat: «Für so etwas ist man ja versichert», meint Fuhrmann knochentrocken. Wobei man wissen sollte, dass der Schausteller wegen seiner schlechten Augen nicht Auto fährt und neun Bypässe hat.

«Freunde jedes Los gewinnt....» Kinder zerren die geplagten Eltern herbei: «Die sind soo süüß.» Die goldigen Eisbären und, na ja, der Trostpreis, der zerbrechliche Schlüsselanhänger mit Kunststoffpferchen aus China. «Reich werde ich nicht», sagt Fuhrmann auch mit Blick in die Zukunft: «Noch höhere Standmiete kann ich nicht zahlen, ich habe jetzt schon täglich 150 Euro Unkosten.» Und dennoch: «Ich will einfach nur weitermachen, bis es nicht mehr geht. Dieses Leben ist mein Elexier.»

Ob großer oder kleiner Betrieb: «Wir Schausteller sind an unsere Grenzen gestoßen. Immer noch höher und noch schneller und spannender - das geht nicht mehr», sagt Konrad Ruppert. Der Bend, anno 1413 erstmals erwähnt, kehrt zu seinen Wurzeln zurück. Mit der Sehnsucht nach Nostalgie und neuen Ideen.

Thementage locken neue Bend-Zielgruppen

Der Oecher Bend (täglich 14 bis 24 Uhr, bis 20. August geöffnet) ist neben dem Weihnachtsmarkt und dem CHIO mit 500.000 Besuchern das größte Aachener Volksfest. Der Frühjahrs-Bend zu Ostern zählt rund 250.000 Gäste.

Neu sind die Thementage des Jahrmarktes, mit denen die Schausteller gezielt bestimmte Zielgruppen erreichen wollen: Durchgeführt wurden bereits der Tag der Vereine, Studenten, Familien, Prominenten.

Am Freitag ist der Tag der Romantiker: Die bunte Kirmeswelt wird am Abend in Kerzenlicht getaucht und musikalisch mit Ohrwürmern begleitet. Samstag ist Bend-Night mit verlängerten Öffnungszeiten («Ende offen»).

Am Montag ist wieder erneuter Familientag mit stark ermäßigten Preisen sowie das traditionelle Bend-Feuerwerk.

Quelle: AZ-Web


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