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Geburtsstätte der Saurier
17-Feb-03, 04:48 Uhr ()
Bernd Wolters Ideen und die Evolution in Dinofaserharz

Von Hans-Jürgen Amtage

Minden/Loccum (mt). Irgendwie wirkt Bernd Wolter selbst wie ein Dinosaurier. Nicht etwa hinsichtlich des Aussehens des 60-jährigen Eigentümers des Dino-Parks in Münchehagen, sondern wegen seiner unternehmerischen "Urkraft", die abseits jeder Euro-Scheffelmanie zu liegen scheint.

Als Bernd Wolter vor gut zehn Jahren den Dino-Park im benachbarten Landkreis Nienburg eröffnete, war die ganze Angelegenheit mehr ein Zufallsprodukt. Eigentlich wollte er sich mit seiner Ehefrau Ylva, einer Schwedin, nach 25 ereignisreichen Arbeitsjahren in Skandinavien in Deutschland mehr oder minder zur Ruhe setzen. Einen kleinen Dinosaurierpark wollte der gebürtige Berliner errichten und die Zeit genießen. Doch es sollte ganz anders kommen.

Schauwerbegestalter hatte Bernd Wolter gelernt, sich dann als junger Mann in ein Studium gestürzt, um sich dort mit Werbung und Werbepsychologie auseinander zu setzen. Da er immer schon auf der Suche nach Nischen war, in denen er sein gestalterisches Können verwirklichte, eröffnete er ein kleines Atelier, in denen er an immer neuen Ideen tüftelte. Freizeitparks wurden bald auf den findigen Tüftler aufmerksam. Er begann Figuren und Attraktionen für deutsche und ausländische Parks zu entwickeln und fand sich plötzlich am nördlichen Polarkreis wieder, um dort bei der weiteren Ausgestaltung des weltweit bekannten Weihnachtsmanndorfes, das noch heute hunderttausende Besucher aus aller Welt nach Lappland lockt, an vorderster Front mitzuwirken.

Vor rund drei Jahrzehnten hatte er auch in London zu tun und war so gut wie auf dem Weg in die Heimat, als er vom Taxi aus eine riesige Besucherschlange auf der Straße stehen sah. Der Taxifahrer klärte ihn auf, dass im Britischen Museum Dinosaurier ausgestellt seien, die große und kleine Dinofreunde zu Tausenden lockten. Wolter verlängerte seinen London-Aufenthalt und bestaunte selbst die Dinos. Fortan war er überzeugt: "Das ist es." Die Begeisterung der Menschen packte den Gestalter von Freizeitparkfiguren.

Für einen Park in Schweden entwarf er die ersten Kunstharzdinos, die zunächst eher den aus den Horrorfilmen der 60er- und 70er-Jahre bekannten blutrünstigen Monstern entsprachen. Doch mehr und mehr spürte er, dass dort ein falsches Bild der Dinosaurier wiedergegeben wurde und er begann sich intensiv mit dem Thema Paläontologie und besonders den Dinos auseinander zu setzen.

Auf der Suche nach seinem "Dinopark-Ruhesitz" schaute er sich in Ostfriesland um, war jedoch der Überzeugung, genug flaches Land in den vergangenen 25 Jahren erlebt zu haben. Man rief ihn nach Bayern, nachdem man in Deutschland auf sein Vorhaben aufmerksam geworden war: "Doch da verstehe ich ja niemanden. Da hätte ich ja noch einmal eine andere Sprache lernen müssen", murmelt der Berliner und heutige Wahlniedersachse.

Urviecher lassen Kloster-Kassen klingeln

Auch vom Landkreis Nienburg bekam er eine Einladung, nachdem dort das Naturdenkmal Münchehagen mit den Saurierfährten freigelegt worden war. Das wäre doch eine ideale Kombination, fanden die Nienburger: Naturdenkmal und Saurierpark. Lange Verhandlungen schlossen sich an, auch mit dem Konvent des Klosters Loccum, das Eigentümerin des Waldes ist, in dem heute die Dinosaurier in Originalgröße stehen. Waren die Verhandlungen auch hart, heute freuen sich beide Seiten über den geschlossenen Vertrag. Wolter hat seinen Dino-Park und das Kloster verdient an jeder Eintrittskarte mit.

Schon bald zog Bernd Wolter in ein Gebäude auf einem ehemaligen Militärgelände in Loccum ein, das zur Geburtsstätte für die Dinos in Münchehagen wurde. "Hier wird mit der Motorsäge modelliert", erzählt der Fachmann. Bei Dinomodellen bis zu 45 Meter Länge haben kleine Spachtel und Messer ausgedient. Die kommen in der Präparatorenwerkstatt des Dino-Parks zum Einsatz, wo Dagmar Flemming und Nils Knötschke originale Saurierfunde aus tonnenschweren Gesteinsbrocken herausarbeiten.

Wenn Wolter und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die lebensgroßen Dinosaurier-Modelle angehen, wird erst einmal eine Art Rohling geschaffen - aus Styroporblöcken. Darauf wird dann mit Kunstharz gearbeitet. Inzwischen stellt eine skandinavische Firma, die sich auf Kunstharze spezialisiert hat, ein eigenes Produkt für Kunstdinoexperten aus Münchehagen her, das den Namen "Dinofaserharz" trägt.

"Wir stellen besondere Anforderungen an diesen Kunstharz. Hautstrukturen müssen sich daraus bilden lassen und er muss der Witterung trotzen, denn wir haben uns auf Modelle spezialisiert, die draußen eingesetzt werden", schildert Bernd Wolter die Situation.

Was bei Kunstharz gelöst ist, stellt sich beim Fell immer noch als problematisch dar. So dauert es häufig sehr lange, bis ein Fellmaterial gefunden ist, dass die farblichen Voraussetzungen erfüllt und gleichzeitig Sonne, Regen und Eis trotzt. Wie beispielsweise bei den haushohen Riesenhirschen, die gerade in Wolters Skulpturenwerkstatt "Wolterdesign" stehen.

Die Modellfachleute setzen heute bei ihrer Arbeit auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse. Gibt es in Sachen Dinosaurier neue Hinweise, werden die möglichst sofort berücksichtigt. So verwundert es nicht, dass ein Museumspaläontologe - der Wissenschaftler Raymund Windolf - die Münchehagener Kunstharzmodelleure bei ihrer Arbeit begleitet.

Unbekannter Saurier wird präpariert

Windolf ist es auch, der die Arbeiten an dem 150 Millionen Jahre alten Knochenfund überwacht, der vor gut drei Jahr in einem Steinbruch im Harz entdeckt wurde. Rund 150 Tonnen gesprengter Steine liegen inzwischen in einer Lagerhalle im Dino-Park, werden dort von den hauseigenen Präparatoren Flemming und Knötschke bearbeitet. Fest steht inzwischen, dass unter den Funden eine bislang unbekannte Saurierart ist. In Kürze wird in einem Wissenschaftsmagazin dazu eine erste große Veröffentlichung erfolgen.

MT ermöglicht Saurier das Fliegen

Wolters Dinos sind inzwischen weltweit bekannt und gelten als die Nummer Eins unter den Außenmodellen. Braucht ein Park einen lebensechten Dino für draußen, wird bei Wolterdesign angeklopft. Das tat gerade auch eine Gesellschaftergruppe, die in Zusammenarbeit mit einem privaten asiatischen Fernsehsender Naturwissenschaftsparks in Südkorea errichten will. Und auch wenn Günther Jauch für seine Magazin-Sendung Stern-TV mal wieder einen Saurier braucht weil Dinos stets aktuell sind, dann greift er auf Wolters "Rekonstruktionen auf aktuellstem wissenschaftlichen Stand" hin.

Für Bernd Wolter scheint das Ganze ein einziges riesengroßes Hobby zu sein. Und "weil mit 60 nicht mehr alles so einfach läuft", hat er sich mit Sven Neumüller einen jungen Mann in die Geschäftsleitung geholt, der die ganze Sache nun auch unter geschäftlichen Aspekten ordnen soll. Denn die Dino-Fertigung, für die gerade eine neue Halle gebaut wird, ist für die kommenden Jahre komplett ausgebucht: "Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir bis über den Kopf zu tun haben."

Ganz nebenbei organisiert Wolter auch die vielen Ausstellungen seiner Saurier in Deutschland und im Ausland. Dann werden die Dinos mit Tiefladern durch die Republik kutschiert oder fliegen auch mal mit dem Hubschrauber ein - wie am kommenden Freitag in Minden. Denn mehr als 20 Dinosaurier sind zurzeit auf dem Weg von Loccum in die Weserstadt, wo sie vom 21. Februar an in und an der Obermarktpassage zu sehen sein werden. Während der Vorsitzende der Werbegemeinschaft der Obermarktpassage, Heinz Groß, und Center- Leiter Peter Otting einen kleinen Dino schon mal im Auto transportiert haben, kommen die anderen per Lastwagen. Der Triceratops bevorzugt den Hubschrauber. Mit Unterstützung des Mindener Tageblattes wird ein Helikopter am Freitag gegen 11 Uhr das Urviech einfliegen und zwischen Busbahnhof ZOB und Lindenstraße absetzen. Dort wird es sich dann drei Wochen lang von den Flugstrapazen erholen können.

Unterdessen arbeiten die Münchehagener Dinoexperten weiter in ihren Werkstätten. Die Erben der Dinosaurier sind im Moment gefragt, die Evolution findet gerade in der Werkshalle statt. Und mittendrin, zwischen Urmensch und Homo Sapiens aus Dinofaserharz, steht der Vater der Dinos - Bernd Wolter.

(c) http://www.mt-online.de/

Sebastian Horacek alias Coasters

www.coasterguide.de

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