Letzte Bearbeitung am 02-Jan-07 um 17:45 Uhr ()
Oha, Claudia!Da hast Du aber ein sehr interessantes, sehr breitgefächertes Thema angesprochen. Eines meiner Lieblingsthemen, auch wenn ich das noch nie auf Kirmes bezogen betrachtet habe.
Bei den Wahrsageautomaten (engl. Fortune Tellers) komme ich bis in die späten 1910er, frühen 1920er Jahre zurück, wenn man den Blick über den großen Teich wagt. Wobei sich das exakte Jahr des ersten FT genauso wenig bestimmen läßt wie die Antwort auf die Frage: Welcher war den nun der erste? In den Staaten fanden die FT, wie alle anderen "coinoperated" Automaten hauptsächlich Verbreitung in den s.g. Penny-Arcades bis dann die Welle wohl zeitgleich nach England so wie nach Deutschland schwappte (ca. Mitte/Ende der 30er nach UK, nach dem Krieg auch wieder nach Deutschland).
Hier die 1936er(?) Version von Grandmother's Predictions von International Mutoscope, Long Island, NY. Diese wurde noch einige Male abgewandelt (zB als Clevelands Grandmoterhs, usw) und hatte später in den richtig aufwändigen Versionen eine Figur, die die Karten legte und bei der es sogar so aussah, als würde sie atmen (Brustkorb hob und senkte sich)
und ein Blick in den Kartenausgabeautomatismus
Noch älter (verm. 1926) ist der "The Wizard Fortune Teller" von Mills Novelty Company, zu dem ich auch einen interessanten Text gefunden habe, der darauf hindeutet, dass die Geschichte der FT noch weiter zurück reicht: The Wizard Fortune Teller, Mills Novelty Company, 11/26, metal table top fortune teller with a rotating paper disk that shows the patron's fortune. In the 1910s Mills Novelty made an early floor model spinning fortune teller. Then they made this countertop wood case model, the "Wizard" in the early 1920s.
Doch vermutlich kann man noch weiter zurückgehen in der Zeit. Belegt ist ein FT von den Roover Brothers, der bereits 1891 produziert worden sein soll. The Donkey Wonder. Den gab es bis 1910 noch abgewandelt als Elephant Wonder, Puss in Boots und Madame Zeta.
Bei den Liebestestern (engl. Love Tester) kommt man zeitlich ähnlich weit zurück, so bis Mitte der 1930er Jahre ist schon mal gar kein Problem. Auch hier ist wieder schwierig zu sagen, wann den wohl die ersten wirklich auftauchten, und wann der echte erste das Licht der Welt erblickte. Der Love Pilot könnte eines der ersten Geräte dieser Art gewesen sein. (Der Love Pilot war die Abwandlung des Carreer Pilot)
Warscheinlich aber noch einige Jahre älter und noch verbreiteter war dieser Love Tester zu dem ich aber leider keine genaueren Angabe (Erscheinungsjahr) habe. Es soll als Ausstellungsstück auf einer Messe aufgetaucht sein, hergestellt von Exhibits Supply, in den 1910er Jahre??
Wie man vielleicht sieht, ist es gar nicht so leicht, hier Material zu finden das valide ist und aus denen sich sowas ähnliches wie eine Geschichte und ihre Verbreitung ableiten und ablesen läßt. Bei den Boxautomaten (Deliver A Punch) muss ich daher noch ein wenig kramen. Was man allerdings mit Sicherheit sagen kann ist, dass die ersten "Kirmesautomaten" in Deutschland vermutlich die sogenannten Mutoscopes gewesen sein dürften, deren Funktionsweise wie folgt beschrieben ist:
Player inserts a coin which engages the gears to a hand crank on the outside of the viewer. As the player turns the handle, a light turns on illuminating the moving pictures. The reel of about 850 still card pictures flips by, giving an animmated movie. The player can control the speed of the film, and can stop the animation any time for a closer look. After a full revolution of the movie reel, the gears disengage, and the light goes off. The user can no longer view anymore of the reel until another coin is inserted.
Diese Automaten reichen bis ca. 1870 zurück und ich weiss, dass zB Hugo Haase mehrere dieser Geräte besaß und betrieb. Wo, wie und welche genau ist mir allerdings unbekannt. Es soll sich dabei um die so genannten "Peep Reels" gehandelt haben - ein Schelm, wer jetzt Unanständiges dabei denkt. Allerdings hätte er recht...
Bei Interesse krame ich gerne noch ein wenig mehr rum...
Gruß
Marcel
Si non confectus, non reficiat.