Aus der Pforzheimer Zeitung Keiner hat an den Erfolg der Macks geglaubt
Die Pforzheimer Meß war für Roland Mack früher „ein absoluter Pflichttermin. Besuch bei den Kunden“. Der Chef von Deutschlands größtem Freizeitpark – dem Europa-Park Rust – entstammt einer alteingesessenen südbadischen Karussellbauer-Familie, deren Aktivitäten bis ins Jahr 1780 zurückreichen. In einigen Segmenten seiner Branche hat das Unternehmen aus Waldkirch bei Freiburg – es firmiert heute unter Heinrich Mack GmbH & Co – die Marktführerschaft. Roland Mack ist dort Gesellschafter und er bestimmt die Geschicke mit, wenngleich seine Leidenschaft als Macher und Motor im Europa-Park den größten Teil seiner Zeit in Anspruch nimmt.
Die Mack’schen Vergnügungsmaschinen stehen rund um den Globus verteilt in Freizeit- und Familienparks oder auf Jahrmärkten. Ob Power-Tower, Top-Spin, Wilde Maus oder Wildwasserbahn – alles wurde in dem rund 120 Mitarbeiter zählenden Betrieb in Waldkirch entwickelt. Zu den Kunden zählen beispielsweise die US-amerikanischen Universal Studios, die so genannten Watercoaster in Seaworld stammen aus der Produktion von Mack und selbst Disneyland gehört zu den regelmäßigen Auftraggebern in Waldkirch.
Auch auf der Mess in Pforzheim „waren früher viele unserer Kunden“, erinnert sich Roland Mack – bis die Schaustellerkrise in Deutschland eingebrochen ist. Über manches Geschäft wurde bei einem Umtrunk im legendären „Schwarzwaldhaus“ der Familie Dingeldein gesprochen. Dort, auf der Mess, hat Mack übrigens auch den Pforzheimer Trauringhersteller Roland Rauschmayer kennen gelernt. Aus der Schwarzwaldhaus-Bekanntschaft wuchs eine Kooperation heran. Rauschmayer und Mack bieten verliebten Paaren seit kurzem ein komplettes Hochzeitspaket an: Die Trauringe aus Pforzheim und die Trauung – sogar kirchlich möglich – mit anschließender Feier in jeder Größenordnung im Europa-Park Rust.
Indes: Kaum jemand weiß, dass der Impuls für Deutschlands größten und Europas zweitgrößten Freizeitpark von Waldkirch ausging. Der Fabrikant Franz Mack und dessen Sohn Roland wollten vor rund 30 Jahren ein Vorführgelände anlegen, auf dem sie ihren Kunden die Produkte der Firma im Vollbetrieb präsentieren konnten, unter anderem Achterbahnen und andere Kirmes-Fahrgeschäfte. Im damals völlig unbekannten Rust – zwischen Freiburg und Offenburg gelegen – fand sich ein geeignetes Gelände, auf dem bis dahin nur die Stechmücken vom Rheinufer in Massen herüber strömten. Inzwischen steuert der Freizeitpark mit einer Grundstücksfläche von 68 Hektar auf die 60-Millionen-Besuchergrenze seit Bestehen zu. Rund 3,3 Millionen Menschen haben sich im vergangenen Jahr dort vergnügt. Die Hälfte der Gäste kommt aus dem Ausland, insbesondere Schweiz und Frankreich, aber auch Holland.
Der Jahresumsatz betrug zuletzt rund 200 Millionen Euro. In der Saison sind etwa 2800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Seit Bestehen des Parks wurden etwa 420 Millionen Euro investiert – ohne staatliche Zuschüsse. Und dabei setzte damals „niemand auch nur eine Mark auf den Erfolg des Unternehmens“, erinnert sich Roland Mack. Er und sein Vater seien völlig auf sich gestellt gewesen. Deshalb vertraut Mack bis heute auf die eigene Kraft. Da sich beim Start des Europa-Parks im Jahr 1975 kein risikofreudiger Gastronom fand, übernahm Maschinenbau-Ingenieur Mack die Bewirtschaftungsorganisation des Freizeitparks kurzerhand selbst.
Die Zauderer von damals dürften sich heute ärgern: Nirgendwo sonst in Deutschland werden an einem Ort täglich solche Mengen an Getränken und Speisen konsumiert wie im Europa-Park. In zwölf themenbezogenen Restaurants, 15 Snackbetrieben, sechs Eisdielen und sieben so genannten Spezialitäten-Outlets können Hunger und Durst der Besucher gestillt werden. „Wir haben Deutschlands größte Systemgastronomie“, sagt Mack.
Der Verbrauch pro Saison: 1,3 Millionen Brötchen, 225 000 Waffeln, 11 000 Frühlingsrollen, 36 000 Portionen Raclette, 172 000 Fischbrötchen, 275 Tonnen Pommes frites, 670 000 Hamburger, 320 000 Pizza-Schnitten, 300 000 Bratwürste, 115 000 Wiener Schnitzel, 12,5 Tonnen Bolognese-Sauce, 75 500 Liter Gulaschsuppe und 16 000 Liter Salatdressing. Außerdem: Über 1,5 Millionen Liter Softdrinks, 200 000 Liter Bier, 350 000 Flaschen Mineralwasser sowie annähernd 10 000 Flaschen Wein. Und wer das Gastronomiegeschäft begriffen hat, „dem fällt auch die Hotelbranche nicht schwer“, sagte sich der agile Unternehmer und ließ in den 90er-Jahren ein Hotel beim Freizeitpark bauen. Die sensationelle Auslastung: Nahezu 100 Prozent. Es folgte die zweite Herberge mit der gleichen Übernachtungsfrequenz. Insgesamt 1400 Betten standen bisher zur Verfügung. Derzeit lässt Mack das dritte Haus neben den Europa-Park stellen – mit 1450 Betten das größte Hotel in Baden-Württemberg. Eröffnung: Im Juni. Prognostizierte Auslastung: Wie gehabt. Im Jahr 2000 wurde der Selfmade-Hotelier von der Fachzeitschrift NGZ und dem Deutschen Fachverlag mit dem Special Award „Hotelier des Jahres“ ausgezeichnet.
Apropos Auszeichnungen: Alsda sind die Wirtschaftsmedaille und die Tourismusmedaille des Landes Baden-Württemberg sowie das Bundesverdienstkreuz am Bande. Außerdem ist Mack im Jahr 2002 vom französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac für die großen Verdienste um die deutsch-französischen Beziehungen zum Ritter des „Ordre national du Mérite“ ernannt worden. Im vergangenen Jahr folgte die Auszeichnung „Entrepreneur 2003“. Immerhin gab es für diesen Preis 300 mittelständische Bewerber, von denen lediglich fünf das Rennen machten.In seiner Funktion als ,,Sonderbotschafter des Europarates für Familien“ hat der Europa-Park-Geschäftsführer die Aufgabe übernommen, sich in der Öffentlichkeit für die Verbreitung der grundlegenden Werte des Straßburger Staatenbundes einzusetzen. Dazu gehört die Wahrung der Menschenrechte in einem demokratisch organisierten, auf dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit basierenden, freien und friedlich vereinten Europa.Ohnehin war Europa für Mack von Anbeginn ein wichtiges Thema, wie die Namensgebung des Parks erahnen läßt.
Seit 3. April pulsiert das Vergnügungsleben wieder im Europa-Park. Über 100 Attraktionen gibt es, dazu versprechen die Unterhaltungsmacher faszinierende Shows und Theater. Rund 150 internationale Künstler aus 22 Nationen lassen die Gäste den tristen Alltag vergessen. Eine der Vorzeigeeinrichtungen ist die Europas höchste High-Speed-Achterbahn „Silver Star“. Und die ist freilich in Waldkirch entworfen worden. Eben dort, wo alles begonnen hat. Im Jahr 1780.
Erstellt am: 30.04.2004
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, 30-Apr-04, 10:40 Uhr, (1)
