Von Spiegel online ZOO DUISBURG
Pepinas hellblaue Kunstwelt
Duisburg und Delphine - beides ist in der deutschen Zoolandschaft seit 40 Jahren untrennbar verbunden. Der Tierpark kann aber mit weiteren Exoten aufwarten: Neben den Meeressäugern sind die australischen Koalas zum Publikumsliebling schlechthin avanciert.
Um kurz vor 12 Uhr erreicht die Stimmung im Duisburger Zoo ihren Höhepunkt. Die überwiegend kindlichen Besucher kreischen und trampeln: "Ja!", brüllen sie. "Ja!", sie sind bereit. Gefragt hat aber nicht der Kasper, sondern Delphinpfleger Ulf Schönfeld. Kurz darauf jagen "Ivo", "Pepina", "Daisy" und "Delphi" weiße Plastikbälle mit kräftigen Flossenschlägen auf die Tribünen. Der unwillkürlichen Salzwasserdusche können viele nicht ausweichen. Dann ist die erste der täglich drei halbstündigen Vorführungen vorbei.
Der Duisburger Zoo war Mitte der sechziger Jahre ein Vorreiter in Europa und weltweit - nach dem Zoo in Chicago - erst der zweite, der es wagte, Große Tümmler im Binnenland in Becken mit künstlichem Meerwasser zu halten. Seit zehn Jahren bewohnen die Tiere die dritte Delphin-Anlage des Zoos: eine taghelle Halle mit Kunstfelsen, Panoramawand und neunreihigen Tribünen, die wie in einem Amphitheater das Becken im Halbkreis einfassen. Eine rund 20 Meter lange Scheibenfront zieht die Blicke der Besucher in die hellblaue Kunstwelt der Tümmler.
Scheinbar mühelos gleiten zwei Delphine jenseits der Fenster vorbei. Hinter einem künstlichen Felsen tauchen sie ab, schwimmen zum entgegengesetzten Ende und kommen wieder hoch. Nach ein paar Sekunden sind sie wieder am Ausgangsort. Der "Ozean" der Duisburger Delphine bietet zwar bei fünfeinhalb Metern Tiefe ein Wasservolumen von rund vier Millionen Litern - Wände aber hat er trotzdem.
Übungen bauen auf natürlichem Verhalten auf
Die grundsätzliche Kritik vieler Tierfreunde an der Haltung der Meeressäuger in Gefangenschaft lockt Delphinpfleger Schönfeld nicht aus der Reserve: "Wir halten hier die Delphine gemäß den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen." Die Teilnahme an den Vorführungen - den Begriff Show lässt er nicht gelten - sei für die Tiere freiwillig. Alle Übungen bauten auf ihrem natürlichen Verhalten auf.
Und beim Bau des neuen Delphinariums, das 16 Millionen Euro kostete und zu den größten in Europa zählt, habe man in Duisburg zum Wohl der Tiere als einer der ersten Zoos komplett auf chemische Wasserzusätze verzichtet. Gespart wird auch nicht am Futter: Die 8 Kilogramm Makrelen, die jeder Delphin täglich verspeist, bringt ein niederländischer Spezialimporteur aus arktischen Gewässern. Makrelen vom Fischmarkt seien chemisch zu stark belastet, erklärt Schönfeld.
Noch wählerischer mit dem Futter als die Tümmler sind ein paar Faulpelze, die zwar erst seit dem Jahr 1994 in Duisburg eine zweite Heimat gefunden haben, aber neben den Delphinen die Sympathieträger des Tierparks schlechthin geworden sind: australische Koalas.
Rund 270 Kilogramm Eukalyptusblätter - nichts anderes fressen die Beuteltiere - werden wöchentlich aus einer Plantage in Florida für die Koalas eingeflogen. Nach den Anschlägen des 11. September 2001 in den USA kam es allerdings zu einem Engpass in der Versorgung. "Wir haben daher einen Eukalyptus-Tunnel gebaut", erklärt Tierpfleger Mario Chindemi.
Eigenanbau für die Unabhängigkeit
In dem Gewächshaus wachsen jetzt 2500 Eukalyptusbäume. Langfristig sollen die graupelzigen Beuteltiere in Duisburg dadurch unabhängig werden von den Unwägbarkeiten der Weltpolitik. Mit derzeit sieben ausgewachsenen Koalas und zwei Babys beherbergt die Stadt am Rhein neben dem Zoo San Diego die größte Zuchtgruppe. Überhaupt sind Koalas nur in sechs Zoos in Europa zu sehen.
Ein weiterer Wendepunkt in der Geschichte des Zoos war die Trennung von den letzten verbliebenen Bewohnern des Walariums. Eine tiergerechte Modernisierung des veralteten Beckens war nicht mehr möglich, also entschloss sich der Zoo, die Tiere abzugeben. Weißwal "Ferdinand" und Jacobita-Delphin "Yogi" verließen das Ruhrgebiet. Und auch die beiden südamerikanischen Flussdelphine, die noch ein viel zu kleines Becken im Zoo-Aquarium bewohnen, dürfen im August umziehen: Nebenan entsteht für sie das neue Rio-Negro-Tropenaquarium.
Arnd Petry, gms