Hi,ich bin kein Hardcore-Freizeitparkfan, besuche aber das Phantasialand i.d.R. 2-3 mal im Jahr und davon 1 mal immer beim Fantasypride. Leider hatte der diesjährige Fantasypride einige Schwächen. Ich hoffe, dass hier auch Kritik an Parks akzeptiert wird und vielleicht sogar der Eindruck auf normale Gelegenheitsbesucher als Bereicherung angesehen wird, weil große Kenntnis oft den Blick verstellt für Dinge, die weniger häufigen Besuchern übel aufstoßen.
Deshalb hier mal meine Meinungen:
Essen & Hygiene:
Nachdem wir voriges Jahr an der Nudeltheke im Restaurant Alt Berlin lecker gegessen haben, wollten wir das auch dieses Jahr wieder tun. Zunächst mal war das Essen echt schlecht. Es war viel zu wenig Soße an den Nudeln, so dass wir die Hälfte der Nudeln trocken essen mussten. Auch schien es uns eine ganz andere Soße als auf der Tafel stand.
Aber das Ärgerlichste war die mangelnde Hygiene. Dort lag Stangenbrot, das jedoch nicht angeschnitten war, sondern selbst geschnitten werden musste. Es lag jedoch leider kein Tuch bereit, so dass der Kunde vor uns, nachdem er sich beim Niesen die Hände vorgehalten hatte, mit denselben Händen das Brot hielt. Wir haben dann auf Brot dazu verzichtet und fragen uns, warum das Personal nicht das Brot schneiden kann und die Scheiben in einem Körbchen anbietet.
Auch bei den anderen Theken schien die Selbstbedienung nicht gerade einer guten Hygiene zuträglich zu sein. Vor vielen Jahren gab es dort auch Bedienung und das wäre auch heute wieder besser.
Black Mamba:
Eine schöne Achterbahn. Aber leider lief sie den ganzen Vormittag über nur mit einem Zug und das, obwohl Wartezeiten von 45-60 Minuten angesagt waren. Als wir nachmittags nochmal vorbeikamen, lief sie dann mit zwei Zügen. Warum geht das nicht auch schon vormittags? Es ist nicht schön, fast 60 Minuten in einer Warteschlange zu stehen. Und der Park sollte auch nicht vergessen: je länger man in Warteschlangen steht, umso weniger kann man konsumieren. Vom Frust ganz zu schweigen.
China Artistik:
Hätten wir gerne gesehen. Laut Plan und auch Aushang an der Bühne sollte eine Vorstellung direkt vor der Eröffnungszeremonie mit dem Wet-T-Shirt-Contest sein.
Aber diese Vorstellung fiel komplett aus! Es kam aber auch keine Durchsage o.ä., so dass wir (wie viele andere verärgerte Besucher) uns 30 Minuten die Beine in den Bauch standen und fragten, ob sie noch kommt oder nicht.
Natürlich kann auch mal eine angekündigte Show ausfallen, aber wäre es zu viel verlangt, dann eine Durchsage o.ä. zu machen?!
Western Saloon:
Leider war die Akustik miserabel und hinten konnte nicht alles verstanden werden. Die Mikros fielen mehrfach aus, etc.
Vom Programm her war es ganz gut. Man hätte nur deutlicher machen sollen, dass das drei verschiedene Programme (zumindest größtenteils) sind. Viele haben sich nur eine Show angeguckt, weil sie dachten, die seien alle identisch und der Eindruck wurde auch im Folder vermittelt.
Mir persönlich gefiel zwar dieser Nik (war mir zu sehr Malle-mäßig und da leerte sich auch der Saal) in der letzten Show nicht, aber dafür waren die anderen (mehr schwul-lesbischen) Darbietungen besser. Besonders gut gefielen mir Marion Scholz (diesmal mit einer tollen Duett-Partnerin), die mir auch schon mehrmals positiv aufgefallen ist und Sophie Russell, an der sich René Gligée mal ein Beispiel nehmen kann. Sophie Russell macht auch Witze über das Publikum, ist dabei aber nie beleidigend und nimmt auch sich selbst auf die Schippe. Sie pickt sich auch nicht eine einzelne Person raus, um diese runtrzumachen. Wenn René Gligée Leuten sagt, sie sähen Sch... aus, ist das nicht per se witzig.
Auch sehr schön fand ich die Balladenversion des Kölner Klassikers "Drink doch eene mit". Gänsehaut pur!
Deko:
Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, wo nicht nur in der Westernstadt Regenbogenflaggen gehisst waren, sondern auch in Alt Berlin und an anderen Stellen. Diesmal nur in der Westernstadt. Und wieso ist eigentlich der mechanische Bulle weg?
Rahmenprogramm:
Früher gab es immer Infostände von schwul-lesbischen Vereinen, Initiativen, etc. Gerne erinnere ich mich auch an die Tanzdarbietungen eines schwul-lesbischen Tanzsportclubs auf dem Platz zwischen River Quest und Westernstadt.
Diesmal: nichts!!
Ich persönlich mochte zwar nie den Stöckellauf in Alt Berlin, aber auch das wurde gestrichen.
Parköffnung:
Zwischen 18 Uhr und dem Beginn der Abendshow 20 Uhr hatten wir uns überlegt, dass man da nach einem Tag mit vielen rasanten Fahrten mal einen kleinen Spaziergang um den See machen könnte.
Daraus wurde aber leider nichts, weil der Bereich schon um 18.30 Uhr schloss. Als wir dann Richtung Mexiko gingen, sahen wir, dass von dort auch keiner mehr nach Alt Berlin gelassen wurde. Somit konnte man auch nicht mehr gemütlich dort ins Café gehen oder sich wenigstens nach eine Waffel dort holen gehen.
Wir standen dann mehr oder weniger fast 2 Stunden dumm in der Gegend rum, weil wir schon alle Fahrgeschäfte mehrfach durch hatten, es in der Zwischenzeit keine Shows, o.ä. gab und in den noch offenen Teilen noch nicht mal ein Café o.ä. ist.
Mir ist schon klar, dass man nicht den ganzen Park den ganzen Abend aufhalten kann und ab 20 Uhr kann sich das ja ruhig alles auf wenige Bereiche konzentrieren. Aber könnte man nicht wenigstens bis 20 Uhr den Park aufhalten? Uns kam es ja gar nicht so sehr auf Fahrgeschäfte an, wir wollten nur die 2 Stunden Zeit, wo nicht viel lief entweder mit einem Spaziergang am See und/oder mit einem gemütlichen Aufenthalt in dem Café in Alt Berlin verbringen.
Stattdessen 2 Stunden rumstehen.
Abendshow:
Die war größtenteils gut. Vor allem Kay Ray hat den Saal zum Kochen gebracht. Wenn ich auch nicht alles an ihm mochte (ich verstehe z.B. nicht, was an mehrfachem Rülpsen auf der Bühne lustig sein soll), so war das doch ohne Zweifel die beste Darbietung!
Der ist wirklich der geborene Entertainer. Er hatte den meisten Beifall und als einziger Standing Ovations des ganzen Saals. Trotz nicht enden wollender Zugabe-Rufe (viel mehr als bei anderen) gestand die Organisation ihm keine Zugabe zu. Gut, er hatte eh schon ziemlich lange gemacht, aber das war kurzweiliger als der Rest des Programms und wenn jemand den Saal so zum Kochen bringt und die Leute trotz Länge noch mehr sehen wollen, erwarte ich doch von den Organisatoren mehr Fingerspitzengefühl.
Manuel Hoffmann, die Rosenstolz-Coverband Rosenblond und Steffi List (die ich bis dahin noch nicht kannte, sie ist wohl irgendwann mal bei einer Castingshow gewesen) waren gut bis sehr gut. Vor allem bei Rosenblond hat mir gefallen, dass man wieder mal Livemusik bekam und nicht aus der Konserve. Aber auch die Darbietungen von Steffi List und Manuel Hoffmann waren (auch ohne Liveband) gut.
Teilweise störten zwar die auf der Bühne stehenden Moving Lights, die bei manchen Nummern ständig so stark in die Augen prallten, dass man sie schließen musste. Und vor allem am Beginn war der Ton viel zu laut. Aber dennoch war die Show insgesamt gut. (Für die Zukunft wünsche ich mir mehr Fingespitzengefühl beim Ton und Scheinwerfer, die einem nicht ständig in die Augen scheinen.)
Die Moderation durch Claus Vincon war auch absolut okay, obwohl ich persönlich Heidi Stern früher besser fand.
Ein Flop war dieses Duo nach Kay Ray. (der eine hieß wohl Jesse D'Lane) Gut, nach ihm hatten sie es auch schwer, aber diese Art von computergenerierter Konserven-Musik für pubertierende Mädchen und Möchtegern-Kiddie-Gangstas passte einfach nicht in den Abend. Und: Wenn schon nach dem ersten Titel Buhrufe kommen und diese nach dem zweiten Titel noch zahlreicher und lauter werden, singe ich nicht noch ein drittes Lied...
Insgesamt war die Show größtenteils gut, aber ich hätte statt dieses Duos noch Kay Ray länger machen lassen und vielleicht ans Ende gesetzt, weil er echt als einziger Abräumer richtig "die Hütte abgebrochen" hat.
Auch hätte Marion Scholz mit ihrer Partnerin besser in die Abendshow gepasst.
Abend-Party:
Drei Sachen waren auch dort störend:
1. Es gab auch mal vor ein paar Jahren auf der Bühne in China Town abends noch Gesang von einem Mann und einer Frau. Sehr leise und dezent, aber ideal, wenn man mal zwischen den Dancefloors im Saloon und im Marco Polo ein wenig ausspannen wollte. Solch ein Ruhebereich, wo man schön sitzen kann und dennoch leise unterhalten wird, hat mir ein bisschen gefehlt.
2. Die Luft im Saloon war unerträglich stickig. Dennoch durfte man die Seitentüren nicht öffnen, weil sich dann wohl einige Anwohner beschweren. Gut, das verstehe ich. Aber dann muss man halt entweder dort eine Klimatisierung einbauen oder eine andere Location suchen.
3. Das größte Manko war auch abends wieder die Gastronomie.
Lecker trinken: Fehlanzeige! Außer Standardsachen gab es nicht viel Abwechslung. Da gab es mal mehr Auswahl.
Essen: Totalausfall!
Man bekam Pizza gegenüber vom Saloon (die miserabel schmeckt und nicht richtig warm ist) und ein ekliges fettes Spanferkel an einem Straßenstand. Sonst gab es nichts! Auch die Restaurants in den Hotels hatten schon geschlossen. Wieso lässt man nicht wenigstens den Obststand auf, dass man Obst bekommt. Oder macht wieder (wie es mal war) Straßenstände mit Hühnchenspießen, Bamipfanne, o.ä.
Das Problem das wir dadurch hatten war, dass wir gerne noch länger geblieben wären, aber so sind wir schon um kurz vor 12 gefahren, weil wir alle Hunger hatten und es im Park nur noch wenige (noch dazu eklige) Sachen gab. Einer von uns hat die Pizza probiert und nach dem ersten Bissen weggeworfen. Und Spanferkel müssen wir uns echt nicht geben. Mit ein wenig mehr und besserer Essensauswahl hätten wir auch weiter dort gefeiert und konsumiert.
Fazit:
Trotz einiger Show-Highlights (Kay Ray, Marion Scholz mit Partnerin, Rosenblond, Sophie Russell, Manuel Hoffmann, Steffi List) war das der bisher schwächste Fantasy Pride! Nicht nur, weil im Vergleich zu früheren Jahren einiges fehlte. Besonders ärgerlich waren auch die gastronomischen Schwächen sowie die tote Zeit zwischen 18 und 20 Uhr wo einfach zu wenig angeboten wurde und man nicht mal mehr nach Alt Berlin ins Café durfte.
Insgesamt habe ich einen Eindruck wie beim Wintertraum. Man hat stark gestartet um sich einen guten Ruf zu machen und dann speckt man mit und mit immer weiter ab und hofft, noch vom guten Ruf die Leute ziehen zu können. Das mag auch eine Weile funktionieren, aber wenn dann irgendwann die Unzufriedenheit überhand nimmt und sich erst mal rumspricht, wird es viel schwerer (und teurer) den alten Standard wieder zu erreichen. Und gerade bei Schwulen und Lesben sind diese oft sehr stark vernetzt und wenn jetzt schon einige sagen, dass man sich nächstes Jahr erst mal sparen kann, dann ist das kein gutes Zeichen, das sich schnell rumspricht.
Als positiven Faktor möchte ich noch die neuen Toiletten nennen, die viel besser sind als die alten, auch wenn man leider noch nicht überall denselben Standard hat. Aber das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Ich hoffe, niemanden mit meiner Kritik auf die Füße getreten zu haben, aber mir liegt der Fantasypride halt am Herzen und wenn mir das alles egal wäre, hätte ich mir nicht die Zeit genommen. Aber ich hoffe, dass sich dadurch eine Diskussion entwickelt, die vielleicht auch die Verantwortlichen mitbekommen und dass sich dann manche Dinge wieder zum Besseren ändern.
Alex