Nachwuchs für die Achterbahn
Die Karussellbaufirma Mack gibt es seit 1780 - Roland Mack hat daraus Europas größten Freizeitpark gemacht - Nun coacht er seine Kinder
von Anette DowideitWenn Reporter aus der Region über Roland Mack berichten, geraten sie regelmäßig ins Schwärmen: Er sei so bescheiden. Und das trotz seines ganzen Erfolgs. Erfolg hat Roland Mack. Soviel ist richtig. Aus einem kleinen Wagen- und Karussell-Bauer, den schon sein Vater, sein Großvater und davor mehrere andere Generationen Macks führten, hat er einen internationalen Konzern geformt, der von Rekordzahlen nur so strotzt: Der Europapark Rust ist der größte Freizeitpark Europas, in dem die mit 73 Metern höchste Achterbahn des Kontinents steht. Rund 3,7 Millionen Besucher kommen jedes Jahr. Die jüngste Attraktion, ein Hotelkomplex mit einem Nachbau des römischen Kolosseums, ist mit 45 Mio. Euro Baukosten die bisher größte Investition des Unternehmens.
So viel Erfolg, gepaart mit so viel Tradition, setzt unter Druck. Könnte man meinen. Der Firmenchef wirkt aber alles andere als gestreßt. Mack, ein Schnauzbartträger, der das Haar im Nacken lang trägt, ist an diesem Tag frisch aus dem Urlaub zurück. Braun gebrannt, in heller Freizeithose und Polohemd, Marke "Ralph Lauren". Beim Fototermin bietet er an, das Bein lässig an einer Mauer hochzustellen.
Das Handy hat Mack allerdings häufig am Ohr. Auch dann, wenn er gerade mit seinem kleinen Elektroauto durch den Park pest. Statt der regulären Wege nimmt er mit Vorliebe enge Kurven zwischen Biertischen. Mit Vollgas prescht er über die Spazierwege des Parks, dann springen schon mal Besucher erschrocken zur Seite. Ob er mal einen Gast überfahren hat? Das nicht, sagt Mack und lacht breit. Aber einmal habe eine alte Dame, neben der sein Elektroauto zum Stehen kam, zu ihm gesagt: "Herr Mack, Sie stehen mit einem Reifen auf meinem Fuß!"
Ein Privileg, das nur der Chef hat, scheint er sichtlich zu genießen: In seinem Park parkt Mack da, wo er will. Vor jeder Attraktion, vor jedem Restaurant, immer gleich vor dem Haupteingang. Zieht geräuschvoll die Handbremse an und springt aus dem Auto. Es sieht alles sehr nach Spaß aus für den Chef.
Das heißt nicht, daß Mack seine Verantwortung als Unternehmer nicht ernst nimmt. Ein großes Thema für den 55jährigen ist die Unternehmensnachfolge. Die Frage, wem er mal seine Geschäfte übergibt, habe ihm schon schlaflose Nächste bereitet, sagt er. Mack hat drei Kinder. Zwei Söhne, 27 und 24 Jahre alt, und eine 16jährige Tochter. Auf den Schultern dieser drei lasten die Hoffnungen des Vaters. Allerdings will er seine Kinder sanfter an die Konzernspitze heranführen, als sein Vater das seinerzeit mit ihm gemacht hat. "Einmal brachte er mir ein Reißbrett mit und ich sollte zeichnen. Wenn ich sagte, die anderen dürfen aber Fußball spielen, dann sagte er: Du bist aber nicht die anderen."
Was Roland Mack von seinen Kindern fordert, ist nicht unbedingt leichter zu bewältigen. Während sein Vater ihn gleich mit 24 Jahren als Geschäftsführer anstellte und ihm Firmenanteile überschrieb, ist für Roland Mack heute noch lange nicht klar, daß seine Kinder mal das Geschäft leiten werden - zumindest nicht allein. "Der Nachwuchs muß so gut sein, daß er auch gegen Bewerber von außen bestehen kann", sagt Mack. Denn alles andere wäre geschäftsschädigend. Gerade in einer Branche mit so gewichtigen Investitionsentscheidungen wie dem Bau eines neuen Fahrgeschäfts für mehrere Millionen Euro.
Der Vater trainiert seine beiden Söhne deshalb regelrecht für die Geschäftsführung. Der jüngere, Thomas, macht eine Ausbildung in der Gastronomie. Der ältere, Michael, macht Stationen in Freizeitparks in Spanien und Schweden, arbeitete schon als Einweiser auf der Achterbahn. Michael sei, eher als Thomas "ein Frontman", sagt Mack.
Ein Frontman. Einer, der vorne auf der Bühne steht und die Show macht. Das ist wohl auch sein eigenes Selbstverständnis. Was nur wenige wissen: Es gibt auch noch einen zweiten Unternehmenschef, Macks Bruder Jürgen. Der zehn Jahre jüngere Bruder hat die Hoheit über die Finanzen des Familienkonzerns und ist ebenso wie Roland Geschäftsführer. Öffentlich tritt jedoch nur Roland als Chef auf. "Jeder von uns hat die Rolle eingenommen, die seinem Naturell entspricht", sagt Roland Mack. Während sein Bruder immer der brave, zurückhaltende gewesen sei, habe Mack als Kind Baumhäuser gebaut und Bandenkriege mit anderen Kindern angeführt.
Auch heute noch stellt Mack sich gern an die Spitze einer Gruppe, wenn er etwas durchsetzen will. Sein besonderes Anliegen: Die Nachfolgeplanung der deutschen Unternehmen. Die Verantwortung der Unternehmer hört für ihn nicht mit der eigenen Familie auf. Deshalb bildet der Europapark, als einziger Park in Deutschland, selbst aus. 50 Azubis arbeiten im Park, angehende Köche, Bürokaufmänner oder Gärtner.
Um das Bewußtsein für seine Vision von der deutschen Nachfolgeplanung zu schärfen, telefoniert Mack regelmäßig mit Bahnchef Hartmut Mehdorn, dem Fraport-Vorstandsvorsitzenden Wilhelm Bender oder Porsche-Boss Wendelin Wiedeking. Zusammen mit dem neuen DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche sitzt er im Rat der Universität Karlsruhe und entscheidet dort mit über neue Ingenieursstudiengänge und die Ausrichtung der Hochschule. "Wir müssen uns als Unternehmer darum kümmern, daß es genug gut ausgebildete Ingenieure am Standort Deutschland gibt", sagt er. So ist Roland Mack. Immer das große Ganze im Blick.
Die deutschen Unternehmer seien verpflichtet, die Kontrolle über die wirtschaftliche Entwicklung hierzulande zu behalten, findet Mack. Deshalb dürften sich Mittelständler nicht von ausländischen Investoren zum Verkauf ihrer Firma überreden lassen. "Wir müssen einfach mit dem Schluß machen, daß Unternehmer ihre Firmen einfach verkloppen und Kasse machen - das hab ich auch mit dem Schröder besprochen." Bundeskanzler Gerhard Schröder war vor kurzem zu einer Wahlkampfveranstaltung im Park.
Diese Gelegenheit hat sich Mack natürlich nicht entgehen lassen, und hat mit dem Kanzler gut zwei Stunden über seine unternehmerischen Visionen gesprochen. Die Erbschaftsteuer müsse weg, das ist seine wichtigste Forderung an die Politik. "Durch sie wird den Firmen die Eigenkapitalbasis weggesteuert. So macht das Unternehmertum der nächsten Generation natürlich keinen Spaß mehr."
Artikel erschienen am Sa, 24. September 2005