Salto Oliver Becker
603 Beiträge |
Burgers Zoo, Arnheim
14-Okt-06, 15:08 Uhr () |
Moin. Nachdem ich letztmals 2003 im Kölner Zoo ziemlich enttäuscht abgezogen bin, und mir eigentlich vorgenommen hatte regelmäßigen Abständen in einen Zoo zu gehen, bin ich doch erst jetzt dazu gekommen. Mit reichlich Vorschußlorbären ausgestattet war meine Erwartungshaltung entsprechend hoch. Wir hatten uns einen Samstag ausgesucht in der Hoffnung, dass es vielleicht nicht ganz so überlaufen sein würde und hatten Recht. Schon um kurz nach neun waren wir in Arnheim und es konnte losgehen. Nachdem wir den Zoo gerade betreten hatten standen wir vorm Pinguinfelsen und hatten nicht wirklich das Gefühl in einem modernen Zoo angekommen zu sein. Wo doch gerade das der Eintrittskarte (16.00 €) beigelegte Infoblättchen davon schwärmt, dass gerade hier Wert auf Platz für die Tiere, auf artgerechte Haltung, Forschung und Innovation gelegt wird. Nicht das ich mir anmaßen würde tatsächlich beurteilen zu können, ob es sich tatsächlich um artgerechte Haltung handelt oder nicht, ist zumindest der erste Eindruck den man hier bekommt nicht so der beste. Der sich anschließende Rundgang durch den konventionellen Teil des Zoos zeigt, dass man sich hier durchaus Mühe gibt, die Anstrengungen aber nicht durchweg von Erfolg gekrönt sind. Ein meiner Ansicht nach viel zu kleines Robbenbecken, ein ungepflegtes erstes Affenhaus. In diesem Bereich noch ein Zoo wie wohl manch anderer, in denen mehr Wert auf die Präsentation der Bewohner als auf deren Belange gelegt wird. Allerdings ändert sich die Geschichte bereits nach kurzer Zeit gravierend. Burgers Zoo betreibt fünf so genannte Öko-Displays, die sich darum bemühen einen typischen Lebensraum so naturgetreu wie nur möglich wiederzugeben. Im Einzelnen sind das Burgers’ Desert, Burgers’ Bush, Burgers’ Ocean, Burgers’ Safari und Burgers’ Mangrove. Bis auf Mangrove jedes einzelne für sich Wert dem Zoo einen Besuch abzustatten und wer bereit ist sich mit Ruhe und Geduld dem jeweiligen Bereich zu widmen, zu beobachten und nach kleinsten Detail Ausschauzuhalten kann das tatsächlich auch stundenlang in jedem einzelnen dieser Bereich tun. Wir sind zunächst in Burgers’ Desert eingetreten. Und schon kehren sich die Verhältnisse um. Jetzt ist der Besucher Gast in einer ihm (wahrscheinlich) fremden Welt und stellt fest, dass die vorhandenen Tiere und Pflanzen erst entdeckt werden wollen. Nicht immer ist sofort klar, ob es sich um eine Blüte oder einen bunten Vogel handelt, was durchs Gestrüpp leuchtet. Und wer zu lange verharrt läuft Gefahr, dass die Geier bereits anfangen ihre Kreise zu ziehen. Man wandelt hier auf Pfaden, die naturnah angelegt sind. Hier ist ein Loch im Fels, das den Blick auf ein dahinterliegendes Plateau freigibt, dort ein Spalt, von dem man nicht sicher ist, ob er bewohnt ist. Wenn man mal von der, die Anlage notweniger Weise überspannenden Dachkonstruktion absieht, ist die Illusion, man befinde sich in der Mojave Wüste schon fast perfekt. Von Burgers’ Desert aus geht es durch einen unterirdischen (künstlichen) Bergwerksstollen mitsamt einer Grotte und deren Bewohnern (eigentlich ein eigenes Ökodisplay) in Burgers’ Bush. Was einen dort erwartet wird schon klar, bevor man die Tür in den südamerikanischen Dschungel öffnet. Ein Plastikkopf eines Tapirs verströmt sehr warme Luft. An dieser Stelle werden Brillenträger aufgefordert ihre Brille den folgenden klimatischen Bedingungen anzupassen, indem sie diese im Luftstrom erwärmen. Andernfalls wäre das Vergnügen im wahrsten Sinne des Wortes eher trübe, denn die Brillen würden restlos beschlagen. J Tür auf, ein Schritt vor, kurz verharren, wieder ein Schritt zurück, Tür wieder zu. Puuh. 30° C, 98% Luftfeuchtigkeit. Nützt nix, nur die harten kommen inn’ Garten. Ich war noch nie im Dschungel, aber ich glaube das kommt dem schon sehr nah. Zunächst hat man hier im Bush noch die Möglichkeit auf asphaltierten Wegen zu gehen, wer aber will, kann diese verlassen und sich auf schmalen Pfaden durch dichtes Buschwerk schlagen. Da auch hier das Hallendach die Vegetation nach oben hin begrenzt, werden im Busch jährlich alle Pflanzen von oben beschnitten. Der daraus resultierende ‚Abfall’ wird allerdings auf natürlich Weise entsorgt und zwar wird er im selben Busch auf der gesamten Fläche verstreut, was wiederum zur Folge hat, das natürliche Zersetzungsprozesse für einen weichen Waldboden sorgt. Bevölkert wird der Busch von allem möglichen gefiederten Getiers, welches frei bewegt, was natürlich für die obligatorischen Alligatoren nicht gilt. Selbst ein kleiner Fluss, der am höchsten Wasserfall der Niederlande beginnt, schlängelt sich klischeegleich durch die Anlage und schafft diese schier unnachahmliche Atmosphäre des Regenwaldes. Von der Geräuschkulisse mal ganz abgesehen. Gekrächze, Geschrei, Geschimpfe. Von wem ist längst nicht immer auszumachen. Und wer stehen bleibt kann vielleicht beobachten, wie eine Gruppe Rallen den Boden nach Nahrung umpflügt, während neben einem Salamander(?) durchs Blätterwerk huschen und die Fledermäuse unter der Decke sich im Schlaf recken und strecken und die Flügel ausbreiten. Im Bush regnet es jede Nacht ergiebig und so tropft es dann tagsüber permanent aus dem Wald. Oft ist sehr schade, dass man gar nicht weiß, welches Tier genau man da gerade vor der Nase hat, aber das Gefühl mittendrin zu sein, macht es aus meiner Sicht mehr als wett. Von Burgers’ Bush geht es dann in Burgers’ Ocean und das erste was man feststellt ist eine gewisse Erlösung, was die klimatische Veränderung angeht. Man kann jetzt wieder trocknen. Ocean beginnt in einer Lagune und von dort arbeitet man sich hinab in die Tiefen des Meeres und besucht dessen Bewohner. Toll gemacht. Ich war bisher im SeaLife Königswinter und auch in Oberhausen, und muss doch sagen, das mir das Arnheimer Pendant besser gefällt. Königswinter ist sicher schön thematisiert, aber Arnheim ist gewaltiger, was natürlich nicht für jeden ein Kriterium sein muss. Aber hier hat man das Gefühl, die Meeresbewohner haben tatsächlich ausreichend Platz. An einer Stelle steht man vor einer Glaswand, von der ich schätze, dass sie gute 5 Meter hoch und 15 – 20 Meter breit ist. Wenn man sich in der extra für die Zuschauer angelegten „Sitzplatz-Felskulisse“ niederlässt und sich das Geschehen betrachtet beeindruckt das schon ziemlich. Sehr faszinierend auch ein Becken (2m x 2m), in die Wand eingelassen, welches stockfinster ist. Beim genauen hinschauen stellt man dann allerdings fest, das kleinere Schwärme kurz aufblitzend hin und herhuschen. Es handelt sich hierbei um Leuchtaugenfische, die in absoluter Dunkelheit ihr Dasein fristen. Mich hätte es ja schon gereizt mal in die Dunkelheit mit der Kamera hineinzublitzen, um dem schwarz sein Geheimnis zu entlocken. Aber Tiefseebewohnern tut man vermutlich alles andere als einen Gefallen, wenn man sie mit Blitzlicht schockt, deswegen habe ich mich zurückgehalten. Mal davon abgesehen das ich vermutlich eh nur meine eigene Reflexion in der Scheibe aufgenommen hätte. Burgers’ Ocean mündet wieder im Busch und so kann man den überdachten Bereich jetzt verlassen. Wir sind dann zu Burgers’ Safari (wen es übrigens nervt: die apostrophierte Schreibweise von Burgers’ habe ich aus dem Prospekt übernommen, ob richtig oder falsch sei dahingestellt). Dieser wirklich sehr große, offene Bereich beheimatet Zebras, Antilopen, Giraffen, Nashörner und ist der afrikanischen Savanne nachempfunden. Früher einmal konnte man diesen Bereich selbst auf einer vorgeschriebenen Route mit dem PKW durchfahren, später dann mit einem Zug. Beides gibt es heute nicht mehr. Man hat eine 200 Meter lange überdachte Holzbrücke gebaut, die durch den Bereich führt, von der aus man bei Bedarf in Ruhe die Tiere beobachten kann. Abgetrennt davon ein Gehege mit Löwen und daran anschließend Leoparden. Um die natürlich Jagd- und Fluchtverhaltensweisen der Bewohner zu erhalten, werden die Löwen und Leoparden in unregelmäßigen Abständen ins offene Savannengelände gelassen, damit sich dort selbst Wild reißen. Kleiner Scherz am Rande. Nach dem Verlassen des Safari Bereiches sind wir wieder im normalen Zoo angekommen. Es gibt noch einen erwähnenswerten Schimpansenbereich, der durch einen fast ebenerdigen Beobachtungsgang interessante Einblicke gewährt. Im oberen Zoo Bereich, umgeben von allerlei Vögeln in teils sehr großzügigen, teils doch wieder für meinen Geschmack viel zu kleinen Volieren befindet sich dann das letzte Öko-Display: Burgers’ Mangrove. Wir haben diesen Bereich zuletzt besucht, waren nach mittlerweile 8 Stunden Zoo sehr müde und dementsprechend hat uns Mangrove nicht vom Hocker gerissen. Hier wird auf einer im Vergleich zu Burgers’ Bush eher kleinen Fläche der asiatische Regenwald nachgebildet, der noch eine Spur drückender ist als der südamerikanische Komplex. Wir sind mehr oder weniger zügig durch, weil der Bereich eh kurz vor der täglichen Schließung stand und es wetterbedingt bereits dämmerte, die Lichtverhältnisse also mäßig waren. Mir hat Burgers Zoo Spaß gemacht. Brunos Zoocheck hat es mal in einem Nebensatz erwähnt: es ist ein Zoo mit Stärken und Schwächen, und genauso habe ich es empfunden. Die Stärken überwiegen jedoch deutlich. Burgers Zoo ist ein Zoo für Entdecker, wer nicht nur darauf ist Tiere in musealem Stil an der Perlenschnur präsentiert zu bekommen, der ist hier richtig, und wird vermutlich einen spannenden Tag erleben.Grüße, Olli Hier noch ein paar Bilder, die wg. einfacher Kamera und weitgehendem Verzicht auf den Tiere belästigenden Blitz von eher minderer Qualität sind.
|
Moderatoren benachrichtigen
|
Druck-Version | Bearbeiten |
Antworten |
Mit Zitat antworten | nach oben | | |
|