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Willst du verkaufen? Dann musst du immer für deine Kunden da seinDer Mann, der hinter den Kulissen der Warner-Movie-World in Kirchhellen die Fäden zieht, ist Tim Ruedy aus den USA. Der 49-Jährige lebt mit Frau und Tochter in Feldhausen.
Im WAZ-Gespräch redet Ruedy über Dienstleistung in Deutschland und den Unterschied zwischen Gästen und Kunden.
WAZ: Waren Sie schon einmal in Deutschland, bevor sie nach Bottrop kamen?
Ruedy: 1990, als "typischer" Tourist. Neuschwanstein, Bayern, volles Programm . . .
WAZ: War ihnen klar, wo Sie künftig arbeiten, was das Ruhrgebiet für eine Region ist?
Ruedy: Ich wusste, dass viele Deutsche der D-Mark hinterher trauern. Ich wusste, dass das Land in einer Rezession war. Am 10. September ´01 habe ich in Bottrop angefangen - ausgerechnet.
WAZ: Einen Tag später, die World-Trade-Center-Katastrophe. Ein Schock?
Ruedy: Absolut.
WAZ:Wenn Sie von Rezession sprechen, von Konsumzurückhaltung - wie geht man in den USA damit um?
Ruedy: Der Kunde muss immer im Mittelpunkt stehen. Diese Überzeugung ist in den USA Standard. Deutschland muss erst noch zu einem Service-Land werden.
WAZ: Wo sehen Sie die deutschen Defizite konkret?
Ruedy: Etwa diese Geschichten von Verkäufern, die sauer sind, wenn ein Kunde ins Geschäft kommt. Nach dem Motto: "Unverschämtheit, dass du so spät noch einkaufen kommst!". So etwas wird es in den USA und in diesem Park nicht geben.
WAZ: Gab es Probleme beim Versuch, ihren Mitarbeitern das amerikanische Service-Verständnis näher zu bringen?
Ruedy: Die zentrale Frage ist immer : Willst du verkaufen? Okay! Dann musst du immer für deine Kunden da sein, 24 Stunden, wenn nötig. Es gab Probleme, aber alle haben es begriffen. Unsere Kunden sind außerdem unsere Gäste.
WAZ: Wo ist der Unterschied?
Ruedy: Einem Kunden sage ich: Das will ich dir verkaufen und dein Geld haben. Gäste will man verwöhnen, ihnen den besten Platz geben, sich von der besten Seite zeigen. Dann bringen sie Geschenke mit und kommen wieder.
WAZ: Wird die Movie-World wachsen? Werden Sie künftig noch mehr auf die Hollywood-Karte setzen - auf Ihr zweites Standbein neben den Fahrgeschäften?
Ruedy: Wie definieren Sie Wachstum? Ausgaben und Schulden können wachsen. Vieles, das heutzutage als Wachstum präsentiert wird, ist Konzentration - schauen sie sich die Brauereien an. Ist Deutschland denn ein wachsendes Land?
WAZ: Eher nicht, nein.
Ruedy: Darum muss man in der Wirtschaft definieren, welches Wachstum sinnvoll ist. Unser Konzept steht auf mehreren Standbeinen. Der Film an sich wird präsentiert. Etwa im Museum des deutschen Films. Die Faszination Amerika und Hollywood ist ein gesondertes Standbein. Es wird in den Shows und unserer Architektur präsentiert.
WAZ: Blicken Sie nicht neidisch zum Europapark, der jede Woche TV- Shows zu Gast hat?
Ruedy: TV-Shows? Tolle Sache. Wenn man mal locker eine Million Euro ausgibt . . .
WAZ: Die Kooperation mit der WAZ, das Familienwochenende am 27. und 28. September ist etwas Neues. Mit Zukunft?
Ruedy: Auch Zeitungsjournalismus ist heutzutage Entertainment, glaube ich. Ich freue mich, dass wir diese Sache gemeinsam machen. Die Leser - ihre Kunden - wollen die Menschen kennenlernen, die hinter den Zeilen stehen, die Charaktere hinter der gedruckten Kompetenz. Ich glaube, unser Park ist der richtige Platz, Leser und Zeitung zusammen zu bringen. Und wir sollten so etwas nicht nur einmal tun.
Das Gespräch führte WAZ-Volontär Christian Balke.
19.09.2003 "Aus Dem Westen"
WAZ-Gespräch mit Tim Ruedy, Direktor Warner Bros. Movie World