Heute ist in der Süddeutschen Zeitung ein sehr amüsanter Bericht über die Show ( Die Online Version ist leicht gekürzt ) : Im Namen des Vaters
Thomas Elstner zieht in die TV-Schlacht, um zu zeigen , dass die Erfindung von „Wetten dass...“ nicht nur pures Glück war
Atomreaktoren baut man in zivilisationsfernen, grenznahen Gebieten, so dass bei einem Super-GAU möglichst wenig Menschen gefährdet werden. Ebenso verfährt die ARD mit ihren brisantesten Produktionen: Die Shows von Ingo Dubinski (WunschBox) und Max Schautzer (Immer wieder sonntags) werden im Europa-Park Rust nahe der französischen Grenze produziert. Nun hat das Duo Verstärkung von Thomas Elstner bekommen, dessen neue Spielshow Was passiert, wenn...? kürzlich in Rust aufgezeichnet wurde (und morgen um 20.15 Uhr in der ARD zu sehen ist). Dubinski, Schautzer und Elstner: Brächte man sie zusammen auf eine Bühne, wäre die Kritische Masse wohl überschritten.
Rust allein ist eine Erfahrung, die an eine Planetenvisite aus Raumschiff Enterprise erinnert. Das Dorf besitzt eine seltsame Topografie und ein kurioses Herrschergeschlecht: Von weitem schon sieht man die Schleifen einer Achterbahn, an die sich Schlösser, Parks und viele Ahnendenkmäler schmiegen – gehört alles der Familie Mack.
Überall wird hier ihren Ahnen gehuldigt, im Dorfzentrum gibt es einen Mack-Brunnen,Bauern in Gummistiefeln radeln vorüber, während sich ein paar hundert Meter weiter im Europa-Park Dome die trübe glitzernde Welt des Showbusiness ein Stelldichein gibt. Dort sitzt auch Roland Mack wie immer in der ersten Reihe und wird häufiger fotografiert als Thomas Elstner, der doch eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte.
Elstner Senior ist auch da und – stets beteuernd, sich aus den Geschäften des Sohnes heraus zu halten – ganz nah dran. Wie George W. Bush muss der 31-Jährige Thomas Elstner den Job erledigen, den sein Vater nicht ganz zu Ende gebracht hat: in die TV-Schlacht ziehen und beweisen, dass die Erfindung von Wetten, dass...? nicht nur pures Glück war.
Der Crash-Test-Thommy
Die Grundidee zu Was passiert, wenn...? entstammt Frank Elstners Ideen-Wettbewerb Die neuen Fernsehmacher, der vor einiger Zeit bei RTL 2 zu sehen war. Obwohl die Show über weite Strecken wie eine Werbeveranstaltung für den offiziellen Partner „Deutsche Tourenwagen Masters wirkt“, verkündet Elstner junior bemüht jugendlich: „Wir sind die öffentlich-rechtliche Variante von MTV-Jackass!“ Auch die Produzenten und der verantwortliche Sender SWR reden sich gegenseitig ein, etwas völlig Neues erfunden zu haben.
Deren Wahrnehmungsfähigkeit muss schon sehr eingeschränkt sein, um nicht zu bemerken, dass es sich bei Was passiert, wenn...? um eine uninspirierte, bisweilen konzeptlose Melange aus Verstehen Sie Spaß? und Wetten, dass...? handelt. Der Unterschied ist, dass die Wetten hier Experimente heißen, und garantiert glamourfreie Kandidaten ihren Ausgang erraten müssen.
Gelungene Fernsehunterhaltung spiegelt den geistigen Zustand der Welt wider. Was passiert, wenn...? fällt hingegen in die naive Epoche des Mediums zurück und tut so, als hätte es Satire, Zynismus, Subversion wie auch Liebe und Glück im Fernsehen nie gegeben.
Es ist irgendwie deprimierend, den Verfall der Unterhaltungskultur bei einem Sender zu beobachten, auf dem vor nicht allzu langer Zeit immerhin mal originelle Shows wie Geld oder Liebe? und Schmidteinander liefen. Schwer zu sagen, was das Ärgerlichste an Was passiert, wenn.. .? ist: Vielleicht der auswendig gelernte Small-Talk zwischen Kandidaten und Moderator, der es einem mit seinen plüschigen Witzchen schwer macht, ihn zu mögen? Sind es die lieblosen, bereits zum Zeitpunkt der Aufzeichnung produzierten Einspielfilme, die so geschnitten sind, dass sie am Samstagabend live wirken sollen? Oder ist es Elstners roboterhafte Gleichgültigkeit, mit der er seine musikalischen Gäste Kim Wilde, Wonderwall und die Pet Shop Boys ankündigt und anschließend zu ihrer wortlosen Verabschiedung schreitet?
Nach der Show lässt Thomas Elstner sich möglichst oft zusammen mit der blonden Alexandra Klim fotografieren, die eine Außenwette moderiert und einen Bungeesprung gewagt hat. Es gehört zu den amüsantesten Momenten des Abends, als eine junge Frau im Publikum sagt, sie hätte den Sprung lieber ohne Seil gesehen. Apropos: Wie landet man eigentlich als RTL-II-Filmchen-Ansagerin (Die Redaktion) plötzlich in der ARD? Auf der kulinarisch nicht kleckernden After-Show-Party sagt jemand, „Hm, Holm hat die Klim doch extra zur ARD-Flut-Gala mit gebracht.“ Gemeint ist Holm Dressler, früher Wetten, dass...?-Regisseur, heute Produzent von Was passiert, wenn. ..?. In seiner Einfluss-Sphäre scheint man es zu etwas zu bringen beim Fernsehen – wenn es einem nicht so genau darauf ankommt, was.
Zugegeben, Thomas Elstner hat es verdammt schwer: Papas Stimme, seinen Nach- und den Spitznamen vom großen Gottschalk geerbt. Seine Defizite als Moderator treten immer dann, wenn ihn jemand mit „Thommy“ anspricht, besonders deutlich zu Tage. Gönnerisch konzediert er seiner Außenreporterin Franziska Schenk, dass sie für eine Eisläuferin richtig fesch moderiere – dabei macht sie das viel besser als er selbst.
„Ich hoffe, die Show wird auch gesendet“, sagte Holm Dressler während der Aufzeichnung. Nun, alle begründeten Zweifel scheinen ausgeräumt, seine Hoffnung wird sich erfüllen. Direkt nach Thomas Elstners siegessicheren Dankesworten auf der After-Show-Party stimmte die hervorragende Chanteuse den Song an, der die ganze Misere auf den Punkt bringt: „Non“, sang sie, „je ne regrette rien!“
CHRISTIAN KORTMANN - Süddeutsche Zeitung
Gruß Thomas vom EP Fan Team
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