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Korea testet das berührungslose Laden von Elektroautos
20-Mar-10, 11:58 Uhr ()

Korea testet das berührungslose
Laden von Elektroautos

In Korea ist in der Freizeitoase Seoul Grand Park ein Fahrzeug
in Betrieb genommen worden, das seinen Strom berührungslos aus
einem "Ladestreifen" unter der Fahrbahnoberfläche bezieht.

Es ersetzt einen der "Elefanten-Züge", die bisher von einem
Dieselmotor angetrieben wurden. Das "On-Line Electric Vehicle"
(OLEV) ist Ergebnis eines durchaus ernst gemeinten Forschungsprojekts.
Entwickelt wurde die Technik vom Korea Advanced Institute of Science
and Technology (KAIST). Sie ähnelt einer deutschen Entwicklung, die
die Firmen IAV und Vahle zusammen mit der TU Braunschweig vorangetrieben
haben. Der entscheidende Unterschied: Die Koreaner können nun Erfahrungen
mit "bemannten" Fahrzeugen sammeln.

Das OLEV wird durch elektromagnetische Induktion mit Strom versorgt.
Dabei gibt es als Gegenstück zu den im Boden verborgenen
Induktionsschleifen einen Abnehmer am Fahrzeug, ein Prinzip, das zum
Beispiel in Großlagern seit längerem praktiziert wird. Das OLEV,
bestehend aus einem angetriebenen Wagen mit drei Anhängern, befährt
eine 2,2 Kilometer lange Rundstrecke im Freizeitpark. Auf dieser
Strecke gibt es vier Ladeabschnitte, die zusammen 372,5 Meter
ausmachen, rund 16 Prozent des gesamten Rundkurses.

Sorgen um die Sicherheit der Gäste muss man sich nach Angaben der
Entwickler nicht machen. Fußgänger oder Autos ohne das notwendige
Gegenstück zu den Leitungen im Boden werden demnach keinem
elektromagnetischen Feld ausgesetzt. Selbst, wenn ein Mensch in seiner
Nähe ist, sei das Feld schwächer, als es eine Richtlinie der ICNIRP
fordere. Diese erlaubt laut KAIST 62.5 mG bei 20 kHz. Bei einem
stehenden OLEV seien im Umfeld 50 mG gemessen worden, während der
Fahrt im Innenraum 20 mG.

Die schwierigste Herausforderung sehen die Entwickler an anderer
Stelle: So müsse der Abstand zwischen Fahrbahnoberfläche und Abnehmer
"nach koreanischer Gesetzgebung" mindestens 12 Zentimeter betragen,
ohne dass der Wirkungsgrad unter 60 Prozent sinkt. Beim OLEV für den
Freizeitpark haben die Entwickler nach eigenen Angaben bei einem
Abstand von 13 Zentimetern sogar einen Wirkungsgrad von 74 Prozent
erreicht. Die deutsche Konkurrenz spricht davon, mit ihrem System
einen Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent erreichen zu können, für
den praktischen Nachweis fehlt freilich ein geeignetes Projekt.

In Korea denkt man dagegen schon an die nächsten Schritte: Die
Stadtregierung von Seoul hat die Absicht verkündet, die OLEV-Technik
für Teile des öffentlichen Busverkehrs einzusetzen. In Seoul werden
ungefähr 30 Prozent des Personen­nahverkehrs über Busse abgewickelt.
Bei einem Gesamtstreckennetz von insgesamt 90,2 Kilometern an
Busfahrspuren in 25 Stadtgebieten könnten kabellos aufladbare
Elektrobusse eine "grüne Alternative" sein. Und es gibt weitere
Ideen: Die Stadt und das KAIST denken auch an Anwendungen an
Flughäfen, Shopping Malls und Ähnliches.

Das Prinzip der berührungslosen Aufladung hat zwar den Nachteil,
mit Verlusten beim Ladevorgang verbunden zu sein. Zudem stellt sich
gerade für Anwendungen wie Busse die Frage, worin der Vorteil gegenüber
simplen Oberleitungen liegen soll, wie sie in Solingen seit vielen
Jahrzehnten als Stromquelle dienen. Das KAIST nennt zum Beispiel Vorteile
bei der Sicherheit, weil es keine offen liegende Stromleitung gibt.
Außerdem könne die Batterie etwa um Faktor fünf kleiner ausgelegt werden,
was Kosten und Gewicht spare. Schließlich entfällt das Problem der langen
Ladezeiten für konventionellen Elektroautos, die festsitzen, wenn sie an
die Steckdose müssen.

Ob das berührungslose Laden realistisch ist, hängt auch davon ab, ob
die Kosten der Infrastruktur den Aufwand rechtfertigen können.
Für Lithium-Ionen-Batterien in Elektroautos gehen Experten derzeit von
etwa 750 bis 1000 Euro für eine Kilowattstunde Kapazität aus. Bei einem
kompakten Pkw ergeben sich daraus Kosten von überschlägig gut 15.000 Euro,
um die bescheidene Strecke von 100 Kilometer bewältigen zu können.
Wieviel andererseits für Ladespuren und die dazugehörigen Komponenten
investiert werden müsste, ist bisher nicht klar.

Die deutsche Konkurrenz hat bei ihren Überlegungen nicht nur ÖPNV
im Blick, sondern zum Beispiel auch an Taxistände mit integrierten
Ladestreifen gedacht. Anwendungen, bei denen lange Streckenabschnitte
umgebaut werden müssten, hält die Firma IAV – wenn überhaupt – erst in
mehreren Jahrzehnten für realistisch.
Betrüblich dürfte für die deutschen
Forscher und Entwickler vor allem sein, dass in Korea kurzerhand in die Tat
umgesetzt wird, wofür hierzulande bisher niemand Geld bereitstellen will. (ggo)

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