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Lokführer planen Streik ab Januar - Bahn fordert Schlichtung
Neues Jahr, neuer Streik: Die Lokführergewerkschaft GDL kündigt einen Ausstand ab 7. Januar 2008 an. Der Bahn-Vorstand zieht seinerseits alle Angebote an die GDL zurück - und fordert ein neues Schlichtungsverfahren. Gewerkschaftschef Schell spricht von "Kasperletheater".
Hamburg - Immerhin: Die Weihnachtsfeiertage und der Jahreswechsel bleiben streikfrei - ab dem 7. Januar aber wollen die Lokführer die Arbeit erneut niederlegen. Der Ausstand werde sowohl den Personen- als auch den Güterverkehr treffen.
Anders als bisher will die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) diesmal auch keinen Endtermin für den Streik bekanntgeben. Der Ausstand werde fortgeführt, bis die Bahn ein "tragfähiges Angebot" vorlege und auch bei neuen Verhandlungen mit dem Vorstand erst einmal nicht unterbrochen. Der Arbeitskampf werde erst beendet, wenn "wir felsenfest davon überzeugt sind, dass wir auf einem richtigen Weg sind", sagte GDL-Chef Manfred Schell.
Die Reaktion der Bahn ließ nicht lange auf sich warten: Der Konzern zieht alle bisherigen "Angebote und Zugeständnisse" an die Lokführergewerkschaft GDL zurück. Das teilte der Vorstand in einer Erklärung mit. Die Bahn fordere jetzt von der GDL ein "geregeltes Schlichtungsverfahren".
Die GDL lehnt eine Schlichtung jedoch ab. "Im Augenblick sehen wir keinen Anlass dazu", sagte Schell. "Das bringt uns in der Sache nicht weiter." Das Vorgehen der Bahn bezeichnete er als "Kasperletheater".
Gestern hatte Schell die Tarifverhandlungen mit dem Konzernvorstand überraschend abgebrochen. Die Gründe für das Scheitern erklärte Schell erst heute - und sie sind vielfältig.
Der Knackpunkt ist ein Kooperationsvertrag zwischen der GDL und den beiden Konkurrenzgewerkschaften Transnet und GDBA. Schell wirft der Bahn vor, eine solche Vereinbarung plötzlich zur Voraussetzung für den versprochenen eigenständigen Tarifvertrag für Lokführer gemacht zu haben. Das hätte zur Folge, dass die GDL nicht eigenständig über Entgelt und Arbeitszeit verhandeln kann. "Das hat nichts mit einem eigenständigen Tarifvertrag zu tun. Das werden wir nicht mitmachen", sagte Schell. Die GDL wollte eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit erst nach den Verhandlungen für den Lokführertarifvertrag aushandeln.
Zum anderen ging das Tarifangebot der Bahn der GDL nicht weit genug. Die Bahn habe 6,5 Prozent Gehaltssteigerung angeboten - das sei nicht genug, sagte Schell.
"Dann können wir gemeinsam Weihnachten feiern"
Auch bei der Frage, was in den eigenen Tarivertrag und was in den gemeinsamen Manteltarifvertrag der GDL und der beiden Konkurrenzgewerkschaften Transnet und GDBA gehören solle, gebe es "25 bis 27 Punkte, über die noch Dissens" bestehe, so Schell. Er habe gestern zu Bahnchef Hartmut Mehdorn gesagt: "Wenn wir das abarbeiten wollen in einem Spitzengespräch, können wir beide gemeinsam Weihnachten feiern, weil wir noch nicht fertig sind."
Nun bestehe der Arbeitgeber darauf, erhebliche Entgelt-, Zulagen- und Arbeitszeitbedingungen aus dem GDL-Tarifvertrag herauszulösen und künftig der Abstimmung mit der Tarifgemeinschaft von Transnet und GDBA zu unterwerfen. So soll die GDL beispielsweise weder die Berechnung des Entgelts und die Grundsätze der Eingruppierung in das Entgeltsystem noch die Bewertung der Arbeitszeit in ihrem originären Tarifvertrag eigenständig verhandeln dürfen.
Ein wichtiger ungeklärter Punkt ist auch die Frage, für welche Klientel die GDL den versprochenen eigenständigen Tarifvertrag aushandelt. So wollte die Bahn etwa die Lokrangierführer, die Loks nur im Bereich der Bahnhöfe bewegen dürfen, nicht zu den Lokführern zählen.
Auf die Frage nach der Dauer des anstehenden Streiks sagte Schell: "Der Vorstand kann die Fragen innerhalb von zwei, drei Tagen beantworten, wenn er denn will."
Die Politik kündigt Widerstand an
Deutliche Kritik kommt von Seiten der Politik. Rainer Wend, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, drohte Widerstand an. Die SPD werde sich "deutlich gegen Streiks" positionieren, sagte Wend in der "Saarbrücker Zeitung". "Da gibt es keine Solidarität." Er warf der GDL vor, zu Lasten des Gemeinwohls ihre Einzelinteressen durchsetzen zu wollen.
Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Friedrich, warnte vor den Folgen für eine Privatisierung des Unternehmens. Der CSU-Verkehrspolitiker Friedrich sagte im Deutschlandradio Kultur, viele Bürgerinnen und Bürger hätten irgendwann die Nase voll und fänden wieder Gefallen am Autofahren.
Der Fahrgastverband Pro Bahn forderte die Bundesregierung zum Eingreifen auf. Nach Berechnungen des Verbandes haben die Lokführer seit Beginn des Tarifkonflikts insgesamt 174 Stunden gestreikt.
ase/dpa