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Interview mit Jörg Beutler / Maurer Söhne
11-Okt-10, 09:20 Uhr ()
Bei Freizeitpark-Welt.de gefunden...

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Jörg Beutler, Vorstandsvorsitzender von Maurer Söhne stand uns für einige interessante Fragen zum Entwicklungsprozess von Achterbahnen sowie den aktuellen Auslieferungen von Maurer Söhne im Jahr 2010 zur Verfügung. Doch auch der Blick in die nahe Zukunft dürfte Achterbahnfans erfreuen...

Das Interview

Freizeitpark-Welt.de: Welche Kernkompetenzen machen die Firma Maurer Söhne mit ihrer langen Tradition aus und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen Sie in Ihrer Unternehmensgruppe weltweit?

Jörg Beutler: Die grundlegende Kernkompetenz von Maurer Söhne ist die Beherrschung des Zusammenspiels von Kräften und Bewegungen in Bauwerken, daher auch unser Slogan "forces in motion". Unsere zwei wichtigsten Geschäftsfelder sind zwar auf den ersten Blick sehr verschieden voneinander, basieren aber beide genau auf dieser Kompetenz. Zum einen die Bauwerkschutzsysteme: Sie schützen Bauwerke vor schädlichen dynamischen Einflüssen durch die Aufnahme von Kräften und Bewegungen. Weltweit führend bieten wir auf diesem Gebiet Produkte wie z. B. Bauwerkslager, Dehnfugen und Erdbebendämpfer an. Zum anderen natürlich unsere Amusement Rides, bei denen das Fahrerlebnis durch das optimale Zusammenwirken von Kräften und Bewegungen generiert wird. Diese Kompetenz wird nach wie vor weiter ausgebaut, so z.B. auch durch unsere gemeinnützige Stiftung, die eigens zur Förderung der Grundlagenforschung auf diesem Gebiet gegründet wurde. Die Maurer Söhne Gruppe beschäftigt weltweit insgesamt rund 700 Mitarbeiter.

Freizeitpark-Welt.de: Sie entwerfen, produzieren und fahren permanent Achterbahnen auf höchstem Qualitätsniveau, Sie müssen einer der glücklichsten Menschen der Welt sein oder ist es für Sie eher Berufsroutine geworden?

Jörg Beutler: Natürlich ist auch in diesem Geschäft nicht immer alles eitel Sonnenschein. Aber es ist richtig, Achterbahnen bieten enorm viel Positives. Das Wichtigste dabei ist für mich vor allem, kreativ arbeiten und neue Ideen schnell umsetzen zu können. Das i-Tüpfelchen ist dann immer, wenn als Belohnung die Fahrt einfach Spaß macht. Jedes Projekt ist anders und deswegen wird es auch immer spannend bleiben.

Freizeitpark-Welt.de: Viele junge achterbahninteressierte Personen träumen von einer Karriere wie die Ihre. Welche Tipps können Sie geben bezüglich Ausbildung und Studium?

Jörg Beutler: Fast immer Voraussetzung ist eine breite und fundierte technische Ausbildung, dazu noch gute Kenntnisse in Betriebswirtschaft und Projektmanagement. Möglichst viel praktische Erfahrung gewinnen und dabei auch versuchen, ein Gefühl für das technisch und wirtschaftlich Machbare zu entwickeln, um Projektrisiken richtig einschätzen zu lernen. Ein früher Kontakt zur Branche, sei es in der Industrie oder in Freizeitparks, kann ebenfalls hilfreich sein.

Freizeitpark-Welt.de: Achterbahnfans weltweit verbinden großartige Erlebnisse mit den Namen „Stengel“ und „Schwarzkopf“, was verbindet Maurer damit?

Jörg Beutler: Schwarzkopf ist mehr oder weniger unser Vorgänger. Maurer Söhne ist 1993 durch Übernahme der Firma BHS in das Achterbahn-Geschäft eingestiegen. BHS hatte früher für Schwarzkopf gefertigt und wurde später, als dort Bahnen wie der Olympia-Looping oder die Lisebergbanan gebaut wurden, von ihm beraten und unterstützt. Noch heute haben wir die von Schwarzkopf gebaute große Rohrbiegemaschine bei uns im Einsatz. Wir fühlen uns daher dem Ideenreichtum und der Schaffenskraft von Schwarzkopf auch in gewisser Weise verpflichtet. Auch Stengel ist ein Pionier, dem die Achterbahn-Branche und auch wir viel zu verdanken haben. Aufgrund unseres eigenen Achterbahn-Entwicklungs- und Berechnungssystems XTRAC erfolgt die Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Stengel zwar nur relativ selten, aber immer positiv.

Hightech-Coaster: „Hollywood Rip Ride Rockit“!
Freizeitpark-Welt.de: „Hollywood Rip Ride Rockit“ heißt das neueste Produkt Ihrer Firma, welches in den Universal Studios Florida direkt über dem Eingang thront. Ihr Coaster strotzt nur so vor innovativer Technik, welche neuartigen Hightech-Elemente bietet Maurer seinen Fahrgästen?

Freizeitpark-Welt.de: „Hollywood Rip Ride Rockit“ heißt das neueste Produkt Ihrer Firma, welches in den Universal Studios Florida direkt über dem Eingang thront. Ihr Coaster strotzt nur so vor innovativer Technik, welche neuartigen Hightech-Elemente bietet Maurer seinen Fahrgästen?

Jörg Beutler: Der Coaster ist enorm dynamisch und abwechslungsreich - und das, obwohl das Layout auf Wunsch des Parks völlig ohne Überkopffigur auskommen musste. Unser X-Car konnte dabei seine volle Stärke ausspielen und dank seiner überragenden Wendigkeit völlig neue Fahrfiguren bewältigen.

Beeindruckenstes Beispiel dafür ist sicherlich der Non-Inversion-Loop, ein Looping, bei dem in der Auf- und Abfahrt jeweils 180° Verwindungen integriert sind, so dass das Fahrzeug am Scheitelpunkt des Loops aufrecht steht. Neben der ungewohnten Optik bietet die Fahrfigur mit ihrem Wechsel zwischen Kompression und Airtime viel Abwechslung und ein besonderes Fahrerlebnis. Sowohl dynamisch als auch statisch musste bei der Konstruktion absolut an die Grenzen des Machbaren gegangen werden. Die Fahrfigur ist zwischenzeitlich von uns patentiert und in einer Reihe weiterer Layoutentwürfe als Highlight integriert. Es gäbe noch viel zu erwähnen wie den höchsten bisher gebauten Vertikallift oder auch den kontinuierlichen Bahnhof, bei dem die Fahrgäste mittels eines synchron laufenden Förderbandes bequem in die langsam durch den Bahnhof fahrenden Fahrzeuge einsteigen können. Aber das Hightech-Highlight der Bahn ist sicherlich die Multimedia-Ausstattung der "X-Car Music" Fahrzeuge: Integrierte Videokameras und farbige Hochleistungs-Leuchten, die nach jeder Blockbremse und je nach Fahrzeug durch unterschiedliche Lichtspiel-Programme angesteuert werden. Und dazu 100 Watt Stereo-Sound an jedem Sitz: Die Musik dafür kann aus über 300 Titeln über ein iPod-ähnliches Display individuell ausgewählt werden. Auch auf der On-Ride Video-DVD wird diese Musik automtisch aufgespielt. Das Fahrzeug ist damit Hightech total, allein die zusätzlich erforderliche Verkabelung dafür wog über 100 kg pro Fahrzeug.

Freizeitpark-Welt.de: Ihre Firma besitzt eine beeindruckende Tradition und der Eingang zu Ihrer großen Werkshalle spiegelt genau das stolz wieder. Welche Highlights wurden darin schon produziert?

Jörg Beutler: Aufgrund unserer über 130-jährigen Tradition und unserer immer schon innovativen Ausrichtung ergibt sich dafür eine lange Liste. Bereits in den 70er Jahren bauten wir dort z.B. hochpräzise Schienen für die H-Bahn. Wir bauten den 100 m hohen Turm für die erste Großwindkraftanlage GROWIAN, den 200 m hohen Turm für ein Aufwindkraftwerk in Spanien und lieferten gewaltige, verfahrbare Kuppelkonstruktionen für eine Moschee in Saudi Arabien. Viele große Stahlbauten wie z.B. das Terminal II des Flughafens München oder der komplette Stahlbau für die BMW-Welt wurden in unserer ältesten und größten Stahlbau-Halle im Werk München produziert. Selbstverständlich auch die riesigen Dehnfugen und Brückenlager für die größten Brücken weltweit. Highlights bei den Achterbahnen sind u.a. sicherlich die mechanischen Effekte für unseren Spinning Coaster im Phantasialand sowie die enorm komplexe, stark-verwundene 4-Gurtschiene mit über 40 m Spannweite für unsere SkyLoops. Das X-Car wurde und wird zwar in einer anderen Halle gefertigt, ist aber mein nach wie vor persönlicher Innovations-Favorit.

Freizeitpark-Welt.de: Entwickeln Sie eigene Ideen, die Sie Kunden anbieten oder arbeiten Sie in erster Linie im Auftrag des Kunden, um dessen Ideen zu verwirklichen?

Jörg Beutler: Neue Produkte basieren meistens auf unseren eigenen Ideen und auch neue Fahrfiguren entstehen überwiegend bei uns im Haus. Das Gesamt-Layout ergibt sich dann jedoch meist aus einer intensiven Zusammenarbeit mit dem Kunden. Wir sind immer auf der Suche nach neuen Ideen und versuchen Anregungen von Parkplanern, Freizeitparks oder auch Achterbahn-Fans in unsere Konzepte zu integrieren.

Freizeitpark-Welt.de: Der Name „Maurer & Söhne“ steht nicht nur für Achterbahnen, sondern auch für Stahlbau und Bauwerkschutzsysteme. Welches ist Ihr wichtigstes Standbein?

Jörg Beutler: Vom Umsatz her sind unser wichtigstes Standbein die Bauwerkschutzsysteme gefolgt von den Amusement Rides.

Freizeitpark-Welt.de: Welche künftigen Trends und Neuheiten sehen Sie im Sektor „Roller Coaster“ weltweit?

Jörg Beutler: Multimedia wird sicherlich noch weiter Trend bestimmend sein. Generell ist die Entwicklung im Bereich "Roller Coaster" aus meiner Sicht noch lange nicht am Ende angelangt und wir haben noch eine Menge neuer Ideen auf Lager, die wir gerne realisieren möchten. Die Vielfalt an verschiedenen Typen wird weiter zunehmen.

2011: Launch-Coaster für den Bayern Park!

Freizeitpark-Welt.de: Auf welche künftigen Maurer Projekte können sich die Achterbahnfans in der gesamten Freizeitpark-Welt freuen?

Jörg Beutler: Derzeit stehen bei uns insgesamt 10 Bahnen zur baldigen Inbetriebnahme an. Die größte davon ist unser Launch-Coaster in Abu Dhabi, daneben noch drei weitere X-Car Launch-Coaster. Einige SkyLoops und auch Spinning Coaster sind ebenfalls dabei. Ein sehr spannender Maurer Launch-Coaster wird nächstes Jahr im Bayern Park, etwa eine Stunde von München entfernt, eröffnet werden. Darüber hinaus arbeiten wir intensiv an unserem X-Train, einem Zug mit vier X-Seats pro Reihe, wobei die beiden äußeren als Floorless-Sitze ausgeführt werden können. Wir erwarten von dieser Entwicklung nochmals eine weitere Steigerung in Richtung unseres X-Car Slogans "Freedom on Tracks" und hoffen, möglichst bald eine Referenzanlage damit ausstatten zu können.

Freizeitpark-Welt.de: Herzlichen Dank für die ausführlichen, informativen Antworten. Wir wünschen Ihrer Firma, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit und insbesondere Ihnen und Ihrer Familie für die Zukunft alles erdenklich Gute, please keep forces in motion.


Quelle: Freizeitpark-Welt.de

Grüsse von der anderen Seite des gelben Forums - dem Gästeforum, MaxData

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