Und wieder ein Bericht.

Diesmal über den Barkeeper der Dragon Bar(Hotel Phantasia).

Der tolle Geschmack entsteht im Kopf

VON ALEXANDRA RINGENDAHL, 20.08.04, 07:40h, aktualisiert 20.08.04, 09:11h

Der Barmann in seinem Reich des Drachen: Hinter der Theke der Dragon Bar im Hotel Phantasia mixt Torsten Reich seine Kreationen.

Rezept für Cocktail: Dos Islay
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Rezept für Cocktail: Metaxa Phantastick
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Mehr als fünf Zutaten sollte kein Cocktail haben - und nicht zu viel Alkohol.
Brühl - Der Mann hat was vom tauben Beethoven beim Komponieren. Wenn's an die genialen Neu-Kreationen geht, zieht es Torsten Reich weniger ins Reich der Flaschen als ins stille Kämmerlein. Und dann fließen die Zutaten aufs Papier: Bald ein Schuss Ananassaft, mal Wodka oder Zitronengras. Immer sorgfältig mit Mengenangaben versehen, damit die Mischung für den Gaumen eine runde Sache wird. „Probieren tue ich meine Cocktails grundsätzlich nicht“, gesteht der Barkeeper grinsend. „Der Geschmack entsteht halt im Kopf.“ Nicht mal mögen tut er sie sonderlich und labt sich privat viel lieber „an der Droge Cola“.

Dabei beweist der gebürtige Westfale, der nun in Brühl lebt und als „Erster Barchef“ die kürzlich neu eröffnete Dragon Bar des Hotels Phantasia neben dem Phantasialand in Brühl leitet, dass er auch ohne seine Geschmacksknospen zu beanspruchen sein Kunstwerk versteht. Jede Menge Pokale diverser Cocktailmeisterschaften zieren seine Titelsammlung: Erster Platz beim Ballantines-Mix-Master, dritter Platz beim Bailey's Award oder Sieg beim Asbach-Cup für die Sektion Bayern. Besonders stolz ist er auf die Auszeichnung „Barkeeper des Jahres 2001“. Außerdem ist der 40-Jährige derzeit wieder ganz heißer Favorit und hat eine neue Kreation ins Rennen um olympisches Gold geschickt. Freilich nicht in Athen: „Metaxa Mix Olympics“ heißt der Wettbewerb, bei dem der Brühler Barkeeper zu den heißen Favoriten gehört. Die Kreation hat er mal eben in der Kneipe auf ein Zettelchen geschrieben, als ein Freund ihm vorschlug, doch bei dem Wettbewerb einen Vorschlag einzureichen. Unter 700 Teilnehmern hat er nun die Endrunde erreicht und wartet derzeit auf Nachricht dieses ganz speziellen olympischen Komitees. „Da hatte ich natürlich das Riesenproblem, irgendwie an dieses Rezept zu kommen, weil ich das ja nur auf dem eingeschickten Zettel hatte und sonst nirgendwo hinterlegt. Also musste ich mir erst mal mit einer Ausrede bei der Jury mein eigenes Rezept wieder besorgen.

Für die Endrunde rechnet er sich gute Chancen aus: „Geschmack und Komposition sind top, einziger Schwachpunkt ist die Farbe. Die ist etwas blass geraten. Aber da ich meine Wettbewerbskreationen vorher nur im Kopf mixe, ist mir das natürlich nicht aufgefallen.“ Den Cocktail hat er „Phantastick“ getauft, in Anlehnung an den neuen Arbeitgeber. In dezentem hellen Rosa steht er vor ihm und verströmt einen zarten Bananenduft. „Aber beim Trinken schmeckt er deutlich eher nach Erdbeere“, meint er grinsend und auch ein bisschen stolz auf diese Täuschung der Sinne. Und natürlich auf den asiatischen Likör aus grünen Bananen, den er harmonisch integriert hat. Passend zum neuen Arbeitsplatz hat sich Torsten Reich in den letzten Wochen auf die Herausforderung Asien eingelassen: Sake, Zintronengras, Ginseng oder Bambusschnaps. „Es macht totalen Spaß, die ganze Palette auszuprobieren.“ Schließlich hat er sich deshalb den neuen Arbeitgeber eigens deswegen gewählt. „Vorher hatte ich schon viele andere Schwerpunkte. Etwa in Wellnesshotels. Da habe ich mich auf alkoholfreie Drinks mit Algen oder Gewürzen aus der Ayurveda-Küche spezialisiert. Außerdem jede Menge Diabetiker-Cocktails kreiert. Wirklich feine Sachen kann man da machen.“ Beim Mixen im Kopf sprudelt die Kreativität bei ihm immer. „Schwieriger ist es mit den Namen, da zerbreche ich mir dann doch den Kopf.“ Bei den neuen Asia-Cocktails hat er einfach das Sprach-Glossar im Reiseführer durchgeblättert. Auf der Suche nach wohlklingenden Namen ohne anzügliche Bedeutung.

Überhaupt liegt die ganze Kunst für Reich in der Kreativität zum einen und der richtigen Mischung zum anderen. Regeln gibt es da wenig. „Nie mehr als fünf Zutaten ist eine.“ Und in der Summe nie mehr als fünf bis sechs Zentiliter Alkohol. „Bei einem guten Cocktail darf man den Alkohol gar nicht oder nur ganz dezent schmecken. Das ist die Kunst.“ Und natürlich die Gefahr, die den ganzen herrlich leckeren Spaß schnell zur Karussellfahrt werden lässt.

Da hat Reich dann immer ein Auge drauf. Und dann versucht er halt, den Kunden doch beizeiten zu einem alkoholfreien Cocktail zu überreden oder ihm zur Not einfach einen vorzusetzen. „Alkoholfreie Mixturen sind nämlich meine besondere Spezialität. Und in der Regel merkt man überhaupt nicht, dass der Alkohol fehlt.“ Gerade die zahlreicher werdenden Gäste aus Brühl, die abends auf einen Drink in asiatischer Atmosphäre vorbeischauen, sind da für diese Kunst sehr aufgeschlossen. „Das ist für mich der größte Spaß, wenn ich Gäste richtig positiv überraschen kann.“

Dass es Torsten Reich in das Reich der irdischen Genüsse zog, war schon sehr schnell klar. Schon mit neun Jahren belegte er als Grundschüler den VHS-Kurs „Westfälische Küche“ und träumte vom Maître de Cuisine. „Das hat mir mein Meister in der Ausbildung zum Restaurantfachmann dann ausgeredet“, erzählt er. „Der meinte, ich gehöre hinter die Theke und nicht hinter verschlossenen Türen in der Küche.“ Also wandte er sich der Getränkekunde zu und entdeckte seine Leidenschaft für phantasievolle Kreationen. Grundlage war eine 18 Monate lange Zusatzausbildung zum „Commis / Demi Chef de Bar“, wie das im Fachdeutsch der Deutschen Barkeeper-Union heißt. Da ist er freilich Mitglied.

„Cocktails sind wirklich nicht Beruf, sondern Berufung“, gesteht er. Und da hat er durchaus jede Menge Ehrgeiz. Täglich fiebert er in diesen Tagen der Post entgegen. Vielleicht ist ja das Ergebnis dabei. Spione hat er schon eingesetzt, die die Kreationen seiner Konkurrenten getestet haben. „Man kriegt das raus in der Branche und hat vor Ort seine Kumpels, die bei der Konkurrenz testen gehen.“ Das Ergebnis war für ihn beruhigend. Vom Geschmack her sieht er sich ganz vorne.

„Wenn da nur nicht die blasse Farbe wäre. . .“

(KStA)

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Mfg: Ric