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Winterwelt aus Plastik
VON SEBASTIAN JOST, 07:00h
Snowboard und Rodel gut im Rheinland: Kunstschnee und Weihnachtsschmuck machen das „Phantasialand“ zu einem „Wintertraum“.
Brühl - „Guck mal, Mama, Schnee“, jauchzt Dennis Stempel. Der Neunjährige schleppt einen weißen Klumpen heran, so groß wie sein Kopf. Er stakst ein bisschen ungelenk in seinem aufgeplusterten roten Skianzug und den klobigen Winterstiefeln umher. „Bei uns in Duisburg haben wir selten Schnee“, sagt Sandra Stempel, die Mutter. Deshalb ist die Familie dorthin gefahren, wo bestimmt Schnee liegt und Rodeln garantiert ist: nach Brühl. 50 Meter Rodeln auf bunten Reifen, dazu Schlittschuhlaufen und Wettrennen mit dem Motorschlitten im sonst winterabstinenten Rheinland - nachtarbeitende „Phantasialand“-Mitarbeiter haben Petrus gespielt. Der Freizeitpark ist eine Winterwelt mit Kunststoffkügelchenschnee.
Manches scheint der Park aus dem Wohnzimmer eines Riesenhauses geklaut zu haben: Ein Adventskranz mit 13,5 Meter Durchmesser steht am Eingang, ein rund zehn Meter hoher Weihnachtsbaum verdeckt die rechte Hälfte der Brandenburger-Tor-Kopie. Und gleich neben dem Flugsimulator steht eine Riesenschneekugel mit über drei Metern Durchmesser. Darin schüttelt Frau Holle Schaumstoffflocken aus ihren Betten, fünf Jugendliche tollen herum stopfen sich den Schnee gegenseitig unter den Pulli. „Super hier“, lobt eine 20-Jährige, während sie sich die Kügelchen aus den Kleidern pult. „Man spürt eine richtige Winteratmosphäre hier.“
Die „Phantasialand“-Dekorateure haben in kalten Novembernächten rund tausend Bäume und Berge von Dekoschnee aus Kunststoff herangekarrt und fast alles Grüne und Braune auf dem Boden darunter verschwinden lassen. Zwei Schneekanonen berieseln die Motorschlitten- und die Rodelbahn. Knuffige Eisbären tanzen vor dem Flugsimulator Ringelreihe zu Weihnachtsmelodien oder ahlen sich mitten im Klein-Mexiko neben einem Iglu. „Ein bisschen kitschig vielleicht“, sagt Luise Lohmann und schaut einem Mann hinterher, der eine Nikolausmütze mit roten und gelben Blinklichtern trägt. „Aber trotzdem wirklich super.“ Sie setzt sich auf ihren Reifen und rodelt los.
Arndt Thiel geht nicht rodeln. Snowboarden findet der 13-Jährige cooler. Endlich kann er beweisen, dass er es auch kann. Und weil drei Mädchen zuschauen, muss er lässig wirken auf den Snowboard-Simulator. Das Brett wippt und windet sich. „Ich bräuchte eigentlich meine Skaterschuhe“, schnauft Arndt. Dann kippt er auf das Luftkissen. „Hat sich ja doch ganz gut geschlagen“, findet eines der Mädchen.
Wo sie stehen, drängen sich sonst die Besuchermassen zur Stromschnellenbahn „River Quest“. Aber die ist im Winter geschlossen, weil nasse Besucher zu Eissäulen erstarren könnten. Die vier Kinder sehen das nicht ganz ein: „Man hätte ja warmes Wasser nehmen können“, meint Arndt. Es ist trotzdem begeistert. „Weil man nirgends anstehen muss.“ Denn die Drängelgitter an den Achterbahnen sind leer, nach zwei Minuten Warten kreischen die Kinder schon im ersten Looping.
Nur vor einem kleinen Häuschen gibt es eine Schlange: „Weihnachtsmann-Büro“ steht über der Tür. Drinnen sitzt der Nikolaus zwischen Geschenken und Büchern, am Regal pinnt ein Zettel: „Christkind anrufen“. Die vierjährige Jennie steht schüchtern in der Tür. „Was wünschst du dir denn zu Weihnachten?“, tönt es aus dem weißen Bart. „Eine Rapunzel-Barbie, mit ganz langen Haaren.“ Die Oma steht dahinter. Vielleicht lässt sie diesen Wintertraum in Erfüllung gehen.
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Zur Goldhochzeit ins Phantasialand
VON SEBASTIAN JOST, 07:00h
Das Seniorenpaar Inge und Walter Meier kommt jede Woche in den Freizeitpark.
Brühl - „Das ist doch Sabine“, ruft Walter Meier. Die Frau im Nikolauskostüm lacht, eilt heran und umarmt den 74-Jährigen. Eine Riesenmaus schlingt ihre Plüscharme um Inge Meier. Maus und Nikolaus haben die beiden schon oft geknuddelt: Walter und Inge Meier sind zum 38. Mal im Phantasialand - in diesem Jahr wohlgemerkt.
„Wir kennen alle hier im Park“, versichert das Rentnerpaar aus Brühl. „Von den meisten Artisten sogar die Namen.“ Zum Beweis zieht Walter Meier eine Postkarte aus der Tasche. Sie stammt von Xiao Jan, einer 14-jährigen Akrobatin aus China. Sie hat den Meiers die Karte nach der letzten Winterpause zugesteckt: „Ich bin glücklich, euch wieder zu sehen“, schreibt sie. Inge Meier lächelt: „Vielleicht sind wir wie Oma und Opa für sie.“
„Das Phantasialand ist unsere große Familie“, meint die 73-Jährige. Zum ersten Mal waren sie hier, als der Freizeitpark vor 35 Jahren öffnete. Seit vor fünf Jahren die Dauerkarten erfunden wurden, kommen die Meiers jede Woche. Sogar bei ihrer eigenen Goldhochzeit im vergangenen Jahr: „Wir sind lieber ins Phantasialand gegangen, als zu Hause zu feiern.“
Es sind nicht die Achterbahnen, die den Meiers den Kopf verdreht haben. Es sind die Shows. „Bei den Diabolo-Jongleuren habe ich immer Tränen in den Augen“, sagt Walter Meier. Jetzt bestaunen die beiden eine der vier Winter-Sondershows. Wenn die Artisten durch die Luft wirbeln, hat Inge Meier immer die Hände klatschbereit und murmelt: „Wow, super, ist ja toll.“ Nach der Show gehen die Meiers zum Karussell. Sie setzen sich nicht auf ein Pferd, sondern auf eine Holzbank. „Die Rentnerbank“, erklärt Inge Meier. Das Paar fährt aber auch Wildwasserbahn. Und Walter Meier traut sich zu rodeln. Er krallt sich auf dem Reifen fest, schaut erst verbissen, dann lacht er: „Vor 40 Jahren bin ich zum letzten Mal gerodelt.“
Neues entdecken die Meiers nicht mehr im Park. „Aber wenn man oft kommt, hat man Zeit, alles zu genießen“, erklärt Walter Meier. Die Nachbarn schüttelten freilich den Kopf, wenn das Ehepaar sich fürs Phantasialand rüstet, erzählt Inge Meier: „Die verstehen das nicht.“
Gruß
Chris