Es ist sonnig, mit leichter Bewölkung, das Thermometer zeigt 28°C. Fast Highnoon, und ich stehe am vereinbarten Treffpunkt in Essen am Hauptbahnhof. Gerade habe ich festgestellt, dass ich zwar das komplette Kamerageraffel eingepackt habe, nur leider ein ganz wesentliches Stück Technik nicht: Den dazugehörigen Akku, der sich bei meiner Canon leider nicht behelfsmäßig durch Batterien ersetzen lässt. Schade, ich könnte mich jetzt ärgern, aber ich tue es nicht. Vor mir liegt ein voraussichtlich kurioser Freizeitparktag mit drei Stationen:

Schloß Beck, Kernie's Familienpark und Irrland stehen auf dem Programm. Ersteres vorallem um den gerade erst eigenweihten Baumwipfelpfad zu inspizieren, und - endlich findet meine Scham ein Ende - um meine Bildungslücke in Bottrop zu schließen. Destination zwei und drei, da wiederum Begleiter und Pilot der Reise Mr. Parkscout hier noch nie war und er eh immer auf der Suche nach Artikelfutter ist. Auch für mich wird in Irrland etwas neues dabei sein, schließlich übernahm die Familie Tebartz van Elst Anfang 2010 den damaligen Vogelpark Plantaria gleich vis-a-vis des Irrlandes, und seit dem war ich noch nicht wieder da. Unser Trip wird uns also drei völlig unterschiedliche Familienparkkonzepte zeigen, drei völlig andere Geschichten und drei gänzlich unterschiedliche Lokalitäten. Wie sich später herausstellen wird haben wir die Reihenfolge genau richtig gelegt, um die Dramaturgie des Erlebeniswertes zu steigern.

Nehmen Sie einen Bollerwagen mit, wir haben genug - Irrland, Kevelaer

Schloß Beck ist nett, ohne das in irgendeiner Form negativ zu meinen. Es lebt von seiner bewaldeten Lage, seinem Schloß, und leider an vielen Stellen auch zu sehr von seiner Tradition, die langsam in die Jahre gekommen zu sein scheint. Mit Nachwuchs im Kindergarten- und Vorschulalter ist man hier sicher gut aufgehoben bei einem noch recht guten Preis-/Leistungsverhältnis. Der Heege-Katalog, eine Marienkäferbahn und zahlreiche Spielgeräte die durchaus auch drei Generation nacheinander unterhalten können - und das in vielen Fällen wohl auch schon getan haben - prägen das Bild.

Der neue Baumwipfelpfad ist vom Erlebniswert her als pädagogisch sinnvoll zu bewerten, auch wenn er an einigen Stellen etwas bemüht daher kommt und mit seiner feuerverzinkten Nacktmetallbauweise wie ein Fremdkörper am See wirkt. Die angelegte Höhe ist noch beeindruckend ohne schon beängstigend zu wirken und das Panorama mit See und Buchenwald ist gut. Das Personal ist hilfsbereit und geduldig und doch zügig - so etwa bei der Essensausgabe. Die Gastropreise, etwa für das klassische CPM-Schalenmenü mit 4,50 Euro nicht wirklich supergünstig aber auch nicht raffgierig. 10 Euro Eintritt für Erwachsene, 9 Euro für Kinder - einen fürs Auto sind, nun ja, okay für das Gebotene, auch wenn das ein oder andere Ihle-Münzfahrzeug noch mal die Hand aufhält. Für einen heißen Sommertag im Schatten der Bewaldung und mit all den Spielgelegenheiten sicher ein Tipp.

Deutschland, Land des Deppenapostroph's - Essen, Hauptbahnhof

Kernie's Familienpark schlägt mit mehr als doppeltem Eintrittspreis zu Buche. 22,50 für Erwachsene und 18,50 Euro für Kinder - in der Hauptsaison von Mitte Juli bis Mitte August sind sogar noch zwei Euro mehr zu berappen. Aber! Das Konzept hier ist etwas anders, und soweit ich weiß einmalig in Deutschland. Hier heißt Inklusivpreis nämlich wirklich inklusiv. Das schließt Pommes, Softdrinks, Eis und Kaffee nämlich mit ein. Und zwar soviel man möchte, bzw ergattern kann. Gestern war ein schwach bis mäßig besuchter Tag im Kernie's. Die Versorgung mit den versprochenen Gastroartikeln war also kein Problem. Die Pommes heiß, knusprig und frisch, die Getränke und das Eis alle voll aufgeladen. Das habe ich, an einem proppevollen Tag naturgemäß auch schon anders erlebt. Aber selbst dann geht es, eine gewisse Hartnäckigkeit und Beharrlichkeit vorausgesetzt.

Geboten wird der Zamperla-Leistungskatalog von oben nach unten mit allem, was die Italiener im Köcher haben. Vom powered Coaster bis zum Hosentaschenkinderkarussell ist alles, viel und reichlich vorhanden. Viel Thematsierung darf man trotz zahlreicher Ansätze natürlich nicht erwarten, dafür ist die Anlage gepflegt, begrünt und offensichtlich mit Detailblick angelegt. Mike hatte Belantis erwartet und er wurde "enttäuscht". Zahlreiche Besonderheiten, wie etwa die Bumperboatfahrt und der Starflyernachbau im Kühlturm, bekanntes wie etwa Schiffschaukel und Kettenkarussell und die bereits angesprochene Achterbahn nebst Wildwasserbahn erweitern im Gegensatz zu Beck die angesprochene Klientel auf Familien mit Kindern auch bis zum Alter von 14, 15, 16. Und was den Bottropern das Ihlemünzauto, ist in Kalkar die Go-Kart-, Quad- und Dragsterrennstrecke, die hauptsächlich Papa dazu veranlassen, das Portemonaie zu leeren.

Alles in allem ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis mit einem interessanten Konzept, mit einem um vielleicht ein bis zwei Euro zu hohen Preis, trotz der inkludierten Gastro. Diese kann nämlich gerade dann wenn der Eintritt am teuersten ist auch zu erheblichen Problemen führen. Da aber wiederum das Auto kostenlos parkt und eigentlich, bis auf die erwähnten Rennstrecken, kaum Gelegenheit besteht noch zusätzliches Geld quitt zu werden, kann man Kernie's ohne Weiteres empfehlen.

Wasserbett XXXL - Irrland, Kevelaer

Irrland ist der absolute Preisbrecher. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Dass auch hier das Auto kostenlos abgestellt werden kann ist da nur ein Teilaspekt. Viel interessanter ist der einheitliche Eintrittspreis (von 1-99 Jahre) von 4,50 Euro. Um den Preis in die "Höhe" zu treiben gibts eigentlich keine Chance. Man kann einen Bollerwagen für einen Tagesmiete von 3,50 Euro mitnehmen. Gut. Man kann sich eine 0,33l Dose Cola für 1.- zzgl 25 Cent Pfand kaufen, oder wahlweise auch einen halben Liter Wasser mit und ohne Gas zu gleichen Konditionen. Auch gut. Wenn man ganz dekadent ist, kauft man sich einen halben Liter Bier für 1,50 Euro. Aber dann hört es auch schon auf. Klar, Schale Pommes 1,50 - dito die Brezel und die Bockwurst mit Brot. Aber eigentlich gilt beim Essen: Bring es bitte fangfrisch selber mit und bruzzel es auf dem Grill! Denn eigentlich könnte man Irrland auch Grillland nennen (wird Mike in seinem PS-Bericht auch tun ). Die Betreiber schreiben auf der Webseite: Zahlreiche überdachte Grillplätze vorhanden. Und ganz ehrlich, zahlreich ist eine bescheidene Untertreibung. Das Zählen mussten wir aufgeben, konnten aber bei beredter Stelle nach fragen, nämlich beim Chef: Neunhundertfünfundsiebzig war die sichtlich stolze Ansage.

Am Strand von Kevelaer

Jees, könnte man sagen - ist denn dann auf den rund 300.000qm überhaupt noch Platz für Attraktionen? Ja, aber sowas von. Eigentlich sind es drei Irrländer, jeweils getrennt zwar durch eine Straße, aber ziemlich einfach und clever durch Tunnel miteinander verbunden. Und zu sehen und zu erleben gibts mehr als genug. Wer an einem schönen Sommertag seinem Nachwuchs Badesachen mitnimmt, der braucht sich trotz der langen Öffnungszeiten im Juli und August (bis 21 Uhr!) keine Gedanken um Langeweile machen. Wasserrutschen, Matschplätze, Wasserbaustelle, ein knietiefes Abkühlbecken, Wasserschlachtarena, Bauchschlinderbahn, Bachläufe... Aber selbst an Tagen die nicht sofort und spontan zum Plantschen einladen gibt es genug zu tun: Ein großer Erlebnisbauernhof etwa mit einem Maisschwimmbad (ja, sowas gibts), zahlreiche Tiere, Rutschen und Gelegenheiten zum Toben (mein Favorit: die Scheune zum Dampfablassen), ausreichnd überdachte Spielplätze, überhaupt Spielplätze und und und.

Dazu kommt, dass das Irrland trotz seiner mittlerweile drei Flächen seiner Idee des Labyrinthes treu geblieben ist. Außer der Beschilderung für Toiletten und dem nächstgelegenen Kiosk sucht man sich ständig seinen Weg in einem riesigen Irrgarten. Manchmal kann man nicht mehr als 10 Meter weit gucken, nämlich bis zum nächsten Abzweig, und geht man herum, zack, steht man an einer Gokartstrecke zum Selbertreten, vor einem Hüpfberg, oder auf der Start- und Landebahn vom Airport Irrland International. Oder mitten im ehemaligen Tropenhaus vor dem größten "Wasserbett" das ich je gesehen habe. Irre, im wahrsten und besten Wortsinn: irre!

Alles in allem und mit weitem Abstand das beste Preis-/Leistungsverhältnis der drei besuchten Parks. Ich bin mir sicher, Mike hätte nie damit gerechnet, dass wir die erweiterte Öffnungszeit so gnadenlos ausnutzen würden. Weil es einfach Spaß gemacht hat, und jetzt kommt eine absolute Empfehlung zur Nachahmung an andere Parks, mit dem Einwegaschenbecher (verpflichtend und 25 Cent teuer!) am Wegesrand zu sitzen und zu rauchen, den Kindern und Famlien beim Spaßhaben zu zuschauen, den allgegenwärtigen Sand auf den Laufwegen zu loben, die hunderten Palmen im Geiste in Kapital umzurechnen und die Sonne und ihren Untergang zu genießen. Irrland ist eine absolute TOP-Empfehlung.

Rundflug "Ein Tag Urlaub in NRW" beendet - Irrland, Kevelaer

Fazit der Tour: 10,- + 22,50 + 4,50 = 37,- Euro. Das ist in etwa auch der Erwachseneneintrittspreis, den man bei einer der großen Destinationen über den Thresen reichen muss, begehrt man Einlaß. Andersrum betrachtet könnte man sagen, mit dieser Summe lassen sich auch drei völlig unterschiedliche Tage mit der Familie in Freizeitparks verbringen. Für die nahenden Ferien in NRW durchaus ein überlegenswerter Ansatz, wenn man mal ausgetretene Pfade verlassen möchte...