Heute war wieder einmal ein sehr schöner Bericht über den SiSta in der Badischen Zeitung. Die kleineren Fehler will ich ja mal übesehen, aber das der Silver Star auf einmal zum Eurostar gemacht wird...unverzeilich.____________________________________________________________________
Der programmierte Fliegen-Fahren-Schweben-Stürzen-Wahnsinn
Europas größter Freizeitpark in Rust lockt mit einem neuen Highlight: Die größte, höchste und schnellste Achterbahn / Tests verlaufen exakt nach Plan
Von unserem Redakteur Joachim Röderer
Am Ende, nach vier Minuten rasender Fahrt, steht Walter Mitternacht mit einem triumphierenden Lächeln vor dem Besucher. Grinsend formuliert er seine Frage ins blutleere Gesicht des Novizen: "Na, wie war's." "Wahnsinn", mehr ist in diesem Moment nicht zu sagen. Nicht so kurz nach diesem Höllenritt.
"Wahnsinn" könnte das Wort des Jahres 2002 in Rust werden. Eines, das sich schon bei der Anfahrt auf den Europa-Park im Hinterkopf festsetzt beim Anblick der filigranen Bögen von Europas größter und höchster Stahlachterbahn. Und das sich verfestigt, wenn man erst einmal unter jenem Pfeiler steht, von dem aus in 73 Metern Höhe die Schussfahrt starten wird. Auch Diplom-Ingenieur Mitternacht blickt nach oben: "Das ist eine neue Dimension", sagt er, den normalerweise kein noch so rasantes Fahrgeschäft nervös macht. Mitternacht, 49, ist der dienstälteste Sicherheitsingenieur in einem deutschen Freizeitpark und arbeitet seit 15 Jahren für die Familie Mack in Rust. Der knapp 12,5 Millionen Euro teure Silverstar ist das Größte, Höchste, Schnellste, Tollste, das er in seiner Berufskarriere mit betreut hat. Die Achterbahn sei nach einer neuen Philosophie gebaut: Mit lang gezogenen statt engen Kurven: "Du denkst, du fängst an zu schweben."
Ingenieur Mitternacht kann die Daten und Zahlen der neuen Anlage herunterbeten wie sein eigenes Geburtsdatum. Im Schaltraum öffnet er die Schränke, hinter denen die Computerprozessoren arbeiten. Hier wird der Nervenkitzel auf der 1620 Meter langen Bahn programmiert - der Wahnsinn hat nicht nur Methode, hinter ihm steckt auch Berechnung - sowie Ingenieurs-und Handwerkskunst.
Noch befördert die Bahn keine Besucher des Parks, noch läuft die Abnahme durch den TÜV. An diesem Morgen wird die Elektronik geprüft. Deswegen ist Reinhard Egner als Dritter im Bunde mit dabei. Egner ist Chef der Freiburger Firma SSG. Er und seine 70 Mitarbeiter haben die Steuerung der Anlage entwickelt. "Das A und O ist die Erfahrung", sagt Egner. Vor 23 Jahren hat er eine simple Karussellsteuerung für Mack entwickelt. Heute bringt die SSG bei kompliziertesten Achterbahnen in Europa, den USA oder Australien das elektrische Herz zum Schlagen. In den Tests ist der Silverstar bislang wie ein Uhrwerk gelaufen. "Was vorher am Computer simuliert wurde", bestätigt Mitternacht, "ist nun in der Realität fast bis aufs i-Tüpfelchen auch eingetreten." Die vergangenen Tage haben sie mit wassergefüllten Dummies unzählige Runden absolviert. Nur auf den vier Sesseln in der ersten Reihe saßen die Spezialistenteams.
Mit gemütlichen 1,8 Metern pro Sekunde fährt der Zug an, schon nach ein paar Metern hakt sich der Wagen in ein Zahnrad und wird flott nach oben gezogen. "2,5 Meter pro Sekunde", gibt Walter Mitternacht durch. Höher und immer höher zieht es die Bahn hinauf. Und ganz oben, zwischen Himmel und Rust, kann man in Richtung Nordwesten bei guter Sicht sogar das Straßburger Münster sehen. Doch allenfalls für Sekunden, dann saugt es einen förmlich in die Tiefe. Bis zu 130 Stundenkilometer wird der Silverstar schnell, eine Art freier Fall auf Schienen. Dann presst der Druck den Achterbahnfahrer in den Sitz, kurz danach hebt es einen leicht im Sessel an. Für einen Moment stellt sich der Eindruck ein, man würde schweben. "Airtime" nennen das die Fachleute.
Die Achterbahn rattert nicht und knattert nicht, eher flitzt und gleitet sie. Über die Drops - eine Art Kamelhöcker - und durch das Hufeisen geht der Weg zurück: Rust wirkt verschwommen, noch einmal Berg und Tal, ein schräger Schlenker, Zielkurve, ein leises Zischen. Ffffffffft. "Die Magnetbremse", sagt Mitternacht, "eine Neuentwicklung. Fast geräuschlos und verschleißfrei". Die Ingenieure schmunzeln, dem Besucher stehen die Haare zu Berge. "Ja, Wahnsinn, klar", kann der nur wiederholen.
Am Samstag nimmt der Eurostar Fahrt auf. Öffentlich. "Vorne in der ersten Reihe", raten die Profis zum Abschluss, seien die besten Plätze. Wegen der Sicht. Aber wer schon beim Anblick des silbernen Ungetüms dieses flaue Gefühl im Magen spürt, der sollte am besten vor dem Mittagessen einsteigen.
