Zurück
URL: https://Freizeitparkweb.de/cgi-bin/dcf/dcboard.cgi
Foren-Name: Plauderecke
Beitrag Nr.: 9135
#0, Stylepass: Die getrötete WM-Kolumne
Geschrieben von MarcelR am 13-Jun-10 um 01:02 Uhr
Tröööööööt. Da ist sie nun, die FIFA-FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT™ 2010 in South Africa. Was mussten wir nicht alles überstehen (und leben noch!) im Vorfeld dieser Wettspiele um das runde Leder, welches längst schon keines mehr ist...

Allein schon die Fülle an Kommentarmöglichkeiten in diesem einleitenden (Ab)Satz hat mich dazu bewogen, nach dem WM-Tagebuch 2006, auch dieses Jahr wieder in die Tasten zu greifen. Ich möchte mich gleich zu Anfang um das wichtigste Thema dieser WM kümmern, die Vuvuzela, oder wie ich anfänglich immer verstanden habe, die Uwuseela. Kein Thema ist derzeit so sehr in aller Munde, wie die enervierende Billo-Plastiktröte aus Fernost. Man kann zusammenfassend, frei nach Gloria von Thurn und Taxis, festhalten: Der Neger an sich bläst gerne. Neunzig Minuten. Beim Fußball zumindest.

Ja, die Dinger nerven - zumindest nervt die Geräuschkulisse, die entsteht, wenn gleichzeitig und dauerhaft in mehrere tausend Hörner gerülpst wird. Auf der anderen Seite könnte man jetzt argumentieren: Wenn es dazu führt, dass von Kommentatorengeisterfahrern wie Steffen Simon von der ARD, oder Florian König von RTL weniger geistiger Abfall zu vernehmen ist, hat das Ganze ja auch sein gutes. Aber dennoch: das Getröte nervt, vorallem weil die dem Fußball eigene Kulisse (Raunen, Fangesänge, Torjubel, usw) völlig untergeht. Ein bißchen fühle ich mich an die WM in den USA erinnert - in der neuen Welt kam kaum Stimmung auf, weil der Amerikaner an sich gerne mal aufsteht um sich einen Hot Dog zu kaufen, oder weil aus Unwissenheit Einwürfe bejubelt wurden wie Tore. Hier auf dem schwarzen Kontinent verliert sich dafür alles im weggeblasenen Einheitsdezibelbrei.

Doch solange ein gewisser Darth Blatter aus der Schweiz seine zitternd-pathetische Hand über die 48 Gramm zusammensteckbares Plastik hält, wird die Vuvzela natürlich nicht verboten und verbannt. Nein, denn schließlich spiegelt sie die afrikanische Tradition wider. Sagt er, der große Zampano, der die WM nur nach Südafrika geschoben hat, um endlich bei der Eröffnung mal nicht ausgepfiffen zu werden, aber gut - anderes Thema. Jedenfalls ist es müßig, irgendwelche Aufklärungsarbeit in Sachen afrikanische Fußballbegleitungstradition zu betreiben, denn der Mann hat sich eh festgelegt, und da werden wir alle brav folgen. Heil Sepp, business as usual.

Fußball wurde übrigens auch schon gespielt, auch wenn man das im multimedialen Dauerfeuer der angeschlossenen Anstalten fast nur noch als Randnotiz wahr nimmt. Die fünf mal neunzig Minuten zwischen Franzi Fan-Almsicks Safaritouren, Wolfgang Nadvorniks Mittagessensreports, WM-Telegramme ohne Inhalt, Sponsoring-Einspieler, Nelling und Detzers Peinlichkeitenshow, Jogis täglicher Stuhlgangsmeldung und Waldis WM-Club waren tatsächlich Fußballspiele. Und unter anderem mit dem Spiel Argentinien-Nigeria waren sogar schon ganz ahnsehnliche Fußballmomente dabei. Aber wirkliche Erkenntnisse gab es, wie zu erwarten, noch nicht. Vielleicht doch die eine, dass Olli Kahn sich für seinen 2002er-Fehlgriff nicht mehr lange grämen muss, da er von ENGELAND, ENGELAND, ENGELANDs Keeper würdig abgelöst wurde. Wenns mich nicht die Tipppunkte gekostet hätte, hätte ich noch lauter gelacht.

Doch so richtig geht die WM sowieso erst am heutigen Sonntag, um 20.30 Uhr los, wenn Deutschland einig Fußballland endlich auch beim Rudelgucken zur ersten offiziellen Faßleerung schreiten darf. Das Feld ist bereits bestellt, wie ich an der Kampfbeflaggung der verschiedenen Nachbarn im Umkreis ablesen darf. Das alte Motto: Die Fahne nur bei Sieg raus, scheint nicht zu gelten - aber gut, solange nicht fälschlicherweise die Reichskriegsflagge gehisst wird, soll mir das auch Recht sein. Über die geschmacklichen Verirrungen in Form von schwarz-rot-goldenen Überziehern für die Autoseitenspiegel (!), lasse ich mich dann im nächsten Stylepass aus.

Aber eines möchte ich noch dringend loswerden: Ich bin durchaus bereit, das Uwuseela-Gehupe vier Wochen lang im Fernsehen auszuhalten. Doch ich schwöre bei Jürgen Kohler (Fußballgott), dass ich morgen beim Public Viewing dem ersten Tröter, dessen Hautfarbe nicht mindestens die Farbe eines guten Latte Macchiato übertrifft, sein Foltergerät mit der breiten Seite nach vorne ungefragt ins negative Ende der Speiseröhre einführen, und mit meiner patentierten und leider in Vergessenheit geratenen Gasdruckhupe die Trommelfelle durchblasen werde.

Ab morgen 20.30 Uhr wird zurückgetrötet! Glück auf!


#1, Stylepass: Und was sonst noch so röhrt
Geschrieben von MarcelR am 13-Jun-10 um 12:59 Uhr

Es ist Sonntagmorgen, der Morgen vor dem großen Spiel. Gut, der kleine Zeiger muss, während ich das hier schreibe, quasi noch einmal ganz um die Uhr rum, bis es endlich angepfiffen wird - aber dafür bereitet der Sonntagmorgen andere Plaisir. So ist auf dem Balkon zum Beispiel hauptsächlich eines was auffällt: Die Stille. Unterbrochen höchstens mal von Vogelgezwitscher, welches nach den bislang 450 Minuten dauernden Wespenschwarmangriff auf die Gehörmuskulatur wie Balsam wirkt. Da liest sich die Sonntagspresse doch sehr viel entspannter; ich spüre förmlich, wie mir die Ruhe auch die innere Gelassenheit zurückbringt.

So läßt es sich auch viel einfacher mit den vermeindlichen Aufregern rund um den Rasensport umgehen. Eine der Topmeldungen des heutigen Morgens ist die, dass der FC Bayern unter Umständen doch noch das Triple aus Landesmeisterschaft, Landespokal und Champions League gewinnen kann. Nanu, wird man sich jetzt verwundert fragen, wie kann das denn angehen? Meint man doch, das Spiel habe bereits stattgefunden und ging mit 0:2 verloren?!

Ja und nein, meint die Hamburger MoPo, auf unsere italienischen Ballverschieber sei nun mal Verlass. So sollen die beiden Mailänder Kicker Motta und vorallem Milito nicht spielberechtigt gewesen sein - letzterer übrigens der Mann, der die Bayern quasi im Alleingang mit leeren Händen zurück nach Bayuwarien geschossen hat. Wie kann das, fragt sich der mitteleuropäische Fußballinteressierte indes? Nun, der abgebende Genua-Vereinspräses Preziosi war so gar nicht preziosi beim Unterschreiben der Verträge der wechselnden Spieler, schließlich besaß er zu dem Zeitpunkt gar keine Geschäftserlaubnis (mehr), und hätte die Verträge von einem Stellfix unterschreiben lassen müssen. Damit wären die Verträge ungültig, und Mailand droht jetzt nicht nur die Aberkennung des CL-Titels, sondern auch der Abstieg aus der Serie A. Also eines muss man festhalten - auf die Stiefelflicker darf man in Sachen Fußballentertainment echt nix kommen lassen...

Eine weitere Schlagzeile produziert derweil Capitano Michael; genauer, der Ballack mit dem kranken Fuß, der ja beim FC Chelsea irgendwie nicht den Vertrag bekommen hat, den er wollte, und jetzt ein, der Amerikaner würde sagen "free agent" ist. Nach Wolfsburg, Leverkusen und Schalke, hat jetzt aktuell der HSV wohl ein gesteigertes Interesse an einer Verpflichtung. Angesichts des kolportierten Jahressalärs von 5 Mio Euro, eingebettet in einen Zweijahresvertrag stellt sich mir schon die Frage, ob die bislang genannten Vereine nicht vielleicht doch irgendwie mit dem Geld sinnvollere Sachen anstellen könnten, als soviel Geld für die Figur Michael Ballack auszugeben. Der Spieler Michael Ballack ist die Summe jedenfalls nicht wert.

A propos Schalke, mein Heimverein (jaja, dumme Sprüche bitte jetzt!) - irgendjemand scheint in unregelmäßigen Abständen in einem mir nicht bekannten Käseblättchen Anzeigen zu schalten mit dem Titel: "Nachgewiesener Trainerfuchs an Milliardär abzugeben". Oder wie erklärt man den aktuell hochgehandelten Flirt Felix Magaths mit dem Leipziger Klub-Boss Dietrich Mateschitz (jaja, der mit den verliehenen Flüüügeln). Gut, ich selber verorte das eher als machtpolitisches Kalkül des taffen Felix, da er erst kürzlich 30 Mio Euro und freie Transferhand beim S04 forderte, aber beides nicht bekam. Die Lichtgestalt Franz B würde getz sagen: Schaun mer mal.

Hach, ja - aber hier habe ich noch was für die Volksbildung. Nachdem ja wohl auch vier Jahre nach der WM in Schlaaand jeder die WM-Arenen herbeten kann, wette ich 5:1, das kaum einer die Austragungsorte in South Africa, bzw gar die Stadien kennt. Daher mal ganz kurz zum Aufschreiben und Merken. Hefte raus, Stifte raus, schreiben Sie bitte mit, das ist jetzt wichtig:

Johannisburg: Großes Stadion Soccer-City, kleines Stadion Ellis-Park
Kapstadt: Green-Point
Durban: Moses-Mabhida
Pretoria: Loftus-Versfeld
Port Elizabeth: Nelson-Mandela-Bay
Polokwane: Peter-Mokaba
Nelspruit: Mbombela
Bloemfontein: Free-State
Rustenburg: Royal-Bafokeng

Das ist doch ein gerüttelt Maß an gesundem Partywissen fürs nächste Rudelgucken, wenn man sagen kann: Wusstest du eigentlich, dass das kleinste Stadion bei der WM das Royal-Bafokeng-Stadion in Rustenburg ist?! Die Frage, wofür solche Monsterarenen nach einer WM noch gut sind, und ob nicht drei Stadien in Johannisburg (eines rückbaubar) nebst über das Gebiet verteilte Trainingsgelände (ebenfalls rückbaubar) ausreichend gewesen wären, ist während der FIFA-FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT™ in South Africa 2010 bitte *nicht* zu stellen. Darth Blatter könnte zuhören, und fängt dann sicherlich gleich an, vor Wut wie eine Vuvuzela zu klingen!

Womit wir wieder beim Ausgang angelangt wären: Die Höllentröte. Ich lese, dass sich im Internet schon bereits hunderttausende gegen den Vuvu-Lärm echauffieren. Und fast die gesamte Journaille arbeitet sich an diesem Thema ab. Spiegel, Bild, Süddeutsche, Welt, FAZ und wie sie alle heißen, haben alle dankbar viel ihres Weißraums mit ordentlichem Getröte füllen können. Und auch die Hersteller geeigneter Hörschutzmaßnahmen müssen sich dieser Tage schampussaufend in den Armen liegen, ob des einmaligen "Sechser-im-FIFA-Lotto", der ihnen ein ganz und gar lizenzfreies WM-Accessoire bescherte, mit dem sich im Moment ein Mordsreibach machen läßt. Einzig die ZEIT-Redaktion liefert einen sinnvollen Beitrag im derzeitigen Gehupe und läßt feststellen: Bei einem von Vuvuzelas verursachten Hörschaden zahlt die private Unfallversicherung.

Den gewieften Blaumacher bringt das unter Umständen auf einen weiteren Vorteil der Billo-Tröte. Statt sich irgendetwas für den Montagmorgen-Kater nach dem Deutschland-Spiel heute abend ausdenken zu müssen, reicht wohl ein Anruf beim Chef: Tut mir leid, ich kann heute nicht, ich habe einen Vuvu-Hörsturz. Da darf man doch angesichts der breiten Vuvugegnermasse fast schon auf aufrichtiges Beileid hoffen.

Anyway - ich habe morgen eh Frisörenmontag, und kann mich entspannt noch ein wenig auf die Ruhe vor dem Sturm einlassen. Aber ich glaube, die Colorplux von Oropax gehe ich dann gleich doch besser mal suchen... Man weiss ja nie, ob der Nebenmann beim Gruppenschauen auch die ZEIT gelesen hat, wo ebenfalls geschrieben steht: "Bläst ein Fan einem anderen direkt ins Ohr, muss er laut Rechtsanwalt Arno Schubach für den Schaden aufkommen. Das gelte auch, wenn die Behörde die Benutzung der Tröte nicht ausdrücklich verboten hat."

In diesem Sinne: Trööööt!


#2, Stylepass: 11Freunde müsst ihr lesen
Geschrieben von MarcelR am 14-Jun-10 um 01:06 Uhr

Letzte Bearbeitung am 14-Jun-10 um 01:36 Uhr ()
Edit sez: Man editiert keine Kolummnen - aber Extra-Bilder darf man einfügen!

oder hieß es: Elf Freunde müsst ihr sein? Ich weiss es gar nicht so genau. Jedenfalls führte uns, einer schönen Tradition folgend, der erste Auftritt der Deutschen Nationalmannschaft bei einem Großturnier auch heute wieder zum Rudelgucken, oder auch Public Viewing genannt. Ich gebe zu, man muss das mögen, wie man im Prinzip auch jeden Ausflug ins Stadion mögen muss, sonst bleibt man besser zu Hause. Fußball ist ein Proletensport, Fußball ist befohlene Fröhlichkeit für die Massen. Fußball ist Emotion und Stimmung für den Pöbel. Wer etwas anderes daraus machen möchte, wer den Eventcharakter sucht, wer Fußball zum Happening machen möchte, all jene, die aus diesem Sport mehr machen möchten als Bratwurst und Bierdusche, die mögen bitte dort hin gehen, wo die Hölle zufriert. Wo, wenn nicht im Ruhrgebiet, wo das Fußballherz lauter pulsiert als jede Uwuseela, wo, wenn nicht in Essen, beim wiedermal pleitegegangenen Renomierclub RWE, könnte man den ursprünglichen Fußball besser zelebrieren? Wo, wenn nicht in der Riechdistanz des ehemaligen Stadions des Turn und Sportvereins Essen-Magarethenhöhe (wohl eher bekannt durch Handball), könnte man einen Schrein der wahren Fußballlegenden Deutschlands errichten?

Ja, gut - geschenkt. Auch hier in der 11Freunde-WM-Arena gehts schlußendlich nur um Kommerz, trifft sich Schicki und Micki, die sonst kein einziges Stadion je von innen gesehen haben. Trifft die Ruhrpott-Currywurst auf die Subway-Sandwichplatte für die ganze Mampfschaft (uff). Aber was will man machen? Wo gäbe es denn sonst noch puren Fußball ohne Schnick und Schnack? Eben. Wenn man am Ende nicht auf den Kreisligaplätzen dieser Nation stranden will, nur um das Statement des Fußballpuristen abzugeben, muss man eben nehmen, was man kriegen kann.

Am Anfang sind das leere Bänke, eine einzelne Vuvu (die in etwas klingt, wie ein brünftiger, aber nicht mehr liebesfähiger Deutschhirsch), und komische Stimmungslieder, die ohne eine grölende Masse nicht funktionieren. Stell dir vor, es ist Public Viewing, und alle kommen kurz vor knapp. Uns ist das egal, wir genehmigen uns erstmal ein Kühles vom Fass und gucken Ghana gegen Serbien. Kein schönes Spiel, aber was solls - ist ja eh keiner da, der es bemerken könnte...

Während einer gepflegten Diskussion rund um den Sinn und Unsinn von Stadionverboten, wenig deeskalierender Strategien der Polizei, Berichten von legendären Auswärtsfahrten, rund um Rauchpulver und -tabletten (die Security der Halle war wirklich angehalten, nach diesen Tabletten sogar in den Socken zu suchen!) füllte sich das Geläuf so langsam, und nach dreimal auf die Uhr gucken ist es dann plötzlich viertel nach acht. 15 Minuten vor dem ersten großen Auftritt der Deutschen.

Interessanterweise können die Vuvu-Stops, besser unter dem Begriff: Gehörschutzkapseln eigentlich in ihren Verpackungen bleiben. Der Veranstalter hat sich für die Strategie "Vuvuzela nicht verbieten, aber kostenlos Ohrenpröppel ausgeben" entschieden. Die Benutzung drängt sich dann aber doch auf, weil, wie so oft, wenn viele bierseelige Deutsche zusammenkommen, lässt das In-Ear-Entertainment stellenweise zu wünschen übrig.

Der Rest ist mehr oder weniger schon Turniergeschichte. Viermal darf die Halle ausrasten, auf den Tischen tanzen, Fahnen schwenken und Bierduschen verteilen (mit zwei abbekommenen, komme ich da auf eine eher durchschnittliche Zahl).


EINS


ZWEI


DREI


VIER


Fazit: Ja, man muss es wirklich mögen. Oder wollen. Oder beides. Stadionatmosphäre, und zumindest die kann man den Essenern unumwunden zugestehen, ist was Besonderes. Im Normalfall stinkt man danach nach Bier, Bratfett und Zigarettenqualm. So auch hier, so auch heute. Nochmal, wer da was anderes draus machen will - wer das Ganze rundlutschen und familientauglich machen will, der würde vermutlich auch versuchen, aus der Cranger Kirmes die Berliner Museumsinsel zu machen. Fußball kann, soll, muss und darf prollig sein. Wie die schnelle Nuttennummer auf St. Pauli. Wie ein McDreck Burger aus dem Drive-In. Alles andere ist wie Bonbonlutschen, aber das Papier dranlassen. Insofern war der Tag heute ein voller Erfolg. Die Klamotten stinken, der Kopp ist dick, und auf den Lippen liegt immer noch ein Schalaaaala-Song. So muss das!

Schlaaand! Trööööt! Bierdusche! Prost!


#3, Stylepass: Miros innerer Reichsparteitag
Geschrieben von MarcelR am 14-Jun-10 um 13:31 Uhr

Ein Aufschrei geht durch die politisch Korrekten: Katrin Müller-Hohenstein hat in der Halbzeit des Spiels Deutschland-Australien zum Tor von Miroslaw Marian Kloze gesagt: "der Treffer muss für ihn doch ein innerer Reichsparteitag sein" Däh!

Das ZDF ließ schon eiligst erklären, das Ganze sei eine Entgleisung gewesen und KMH bedauere dies und das sie diese Redewendung nicht mehr benutzen will. Däh! Und, vorsichtig wie ich bin, recherchiere ich vorher in einigen Quellen zum Thema innerer Reichsparteitag, unter anderem auch bei Wikipedia, und, da schau her, sowohl unter den Einträgen "Katrin Müller-Hohenstein", "Miroslav Klose", als auch unter "innerer Reichsparteitag" findet man diesen Eklat, diese Entgleisung, diese unentschuldbare Fehlleistung. Doppel-Däh!

Aber jetzt mal bei vollem Ernst: KMH hat doch exakt mit dieser Verwendung an dieser Stelle und auf diesen Spieler bezogen den Begriff in seiner vollen Konnoation ad absurdum geführt, und man kann ihr doch nur eine politisch-unkorrekte Entgleisung unterstellen, wenn man das mit böswilliger Absicht tut. Frei nach dem Sprichwort: Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Auch ich habe schon manchem einen inneren Reichsparteitag angedeut, und habe auch schon selbst etliche innere Reichsparteitage gefeiert. Und genau wie man Katrin und Miro allein schon aus zeitlichen Gründen in der Verortung der Geschichte keine Nähe zur Hitlerjugend unterstellen kann (da soll das herkommen), genauso wenig stehe ich dem nationalsozialistischen Gedankengut nahe.

Und da auch die sonst von mir so geschätzten 11Freunde (sollte ich die Gratiswerbung aus meinem vorangegangen Stylepass wieder entfernen?) sich in blindsabbernde Rage geschrieben haben, und die "Redewendung allenfalls noch als Standardvokabular an der Thor-Steinar-Ladentheke oder in Kneipen mit Namen wie »Zum goldenen Adler« oder »Das eiserne Kreuz«" sehen, und sich am Abschluß ihres Artikels noch fragen: "Wie zur Hölle fühlt sich so etwas eigentlich an? Ein innerer Reichsparteitag?" möchte ich diese wohl entscheidende Frage ein für alle mal beantworten, weil es im Prinzip so einfach ist:

Wir sind jetzt mal Miro. Miro in 2010, nicht in 2006, da waren wir alle ein bißchen Miro. Nein, wir sind der Miro, der in der jüngeren Vergangenheit nur Reserve in seinem Heimverein war, der zum Triple-Gewinn nur wenig bis gar nichts besteuern konnte und durfte. Der Miro, der selbst in der Nationalmannschaft in jüngster Vergangenheit ohne Torerfolg war, der für einen Stürmer so wichtig ist wie Atmen. Wir sind der Miro, der vor dem großen Weltturnier versucht wurde aus der Mannschaft zu schreiben. Wir sind der Miro, der gestern in der Mannschaftaustellung genannt wurde, und bei dessen Namensnennung ein Raunen (warum nicht Kakao?) durch die muhende Masse ging. Wir sind der Miro, der als einziger noch an sich selbst glaubt. Wir sind der Miro, der im Australienspiel eine glasklare 110%ige vergibt. Wir sind der Miro, der nur wenige Momente später den Ball quasi heranwinkt, genau auf den imaginären Punkt, wo er sich ins Tor köpfen lässt. Und dann ist er da, dieser Moment, in dem der Ball segelt und segelt - wir steigen hoch und höher, wir treffen den Ball so exakt mit dem Kopf, dass er mit voller Wucht gnadenlos Richtung Tor fliegt.

Die Sekunden dehnen sich. Alles wird still in uns, wir schauen dem Ball hinterher und finden frieden. Wir wissen bereits, dass dieser Ball von nichts und niemandem mehr aufgehalten wird. Und in dem Augenblick, in dem sich die Maschen dehnen, bricht ein ohrenbetäubender Jubel aus. Die Mitspieler, die vielleicht doch irgendwie ein bißchen an uns gezweifelt haben, rennen auf uns zu. Es geht, wir haben es als vielleicht letzte noch gewusst, es geht. Haben an uns geglaubt, haben auf diesen Moment hingearbeitet.

Und das, zur dreimalfickenden Hölle, ist ein innerer Reichsparteitag. "Hat an sich geglaubt", "Straft Kritiker lügen", usw drückt nicht im Ansatz aus, was ein innerer Reichsparteitag in dem Moment ist. Und genau dann muss man das auch sagen dürfen. KMH hat ja nicht von Kloses Endsieg, oder Jogis Endlösung in der Sturmtruppenfrage gesprochen, himmeldonnuneins. Bitte liebe Katrin, lass dir innere Reichsparteitage nicht nehmen. Auch wenn sich gerade die versammelte Gegnerschaft der weiblichen Sportjournalistik (Die Fahnen hoch, die Reihen fest geschlossen) einen eben solchen gerade gönnt.

In diesem Sinne: Es ist Anpfiff - gerade in diesem Moment: Holland-Dänemark. Bitte zurück zum Wesentlichen!


#4, Stylepass: Give me a Grottenkick
Geschrieben von MarcelR am 14-Jun-10 um 19:55 Uhr

Na, eeeeeendlich, möchte man aufstöhnen. Endlich hat die WM ihren ersten Grottenkick erfahren. Auch wenn derweil längst nicht alles Gold war, was da bisher auf dem Geviert zu glänzen versuchte: Das Spiel Japan gegen Kamerun hat endlich das gebracht, was eben auch zu einer WM gehört: Gepflegtes Gegurke aus der Gerümpelkiste. Dabei soll der japanische Nationaltrainer bereits vom Einzug ins Halbfinale geträumt haben, und Kamerun ist eine der, wenn nicht gar die, afrikanische Mannschaft, die den ersten bleibenden Eindruck hinterließ. Allerdings ist das auch schon wieder bummelig zwanzig Jahre her.

Jedenfalls war nach dem "an Ereignissen armen" Spiel Holland gegen Dänemark (wobei das Selbsttor schon allererste Sahne war) endlich die von mir mit Höchstspannung erwartete oben genannte Partie angesetzt. Und ich bin wahrlich nicht enttäuscht worden. Es hackte und fehlpasste, dass es eine wahre Wonne war. Natürlich habe ich mir soviel unterirdisches Gekicke nicht ohne Hintergedanken verordnet, nein, es war eine ganz absichtlich getroffene Entscheidung, um endlich mir der allseits gehassten Uwuseela meinen Frieden zu machen. Und tatsächlich, wenn auch nur kurz, habe ich es sowohl in der ersten als auch in der zweiten Hälfte geschafft, einzudösen. Trotz Ton, trotz tröööt ein fußballseeliges Schnarchen. Danke Japan, danke Kamerun. Einzig schade, dass ich mit meinem 0:0-Tipp daneben lag, aber eigentlich war der am Ende gar nicht sooo sehr daneben. Not gegen Elend wäre hier die passende Phrase für einen gepflegten Fünfer ins Schwein.

Ach eines hätte ich noch nachzureichen. Ich bin derweil gefragt worden, warum ich mich denn so überhaupt nicht zu dem übergalaktischen Auftritt der Deutschen Nationalmannschaft geäußert habe. Vier Zuckertore, ein enthemmter Mesut Özil, Deutschland hat wieder einen Müller, und und und. Gelegenheiten gäbe es also viele. Aber Entschuldigung, das ist irgendwie wie ein Abstaubertor. Ja, war alles prima, usw - aber es war ein Vorrundenspiel, ein unterklassiger Gegner, nullkommagarkein Test für die Abwehr. Nein, ich will die Leistung der Mannschaft nicht schmälern, im Gegenteil, auch ich habe mich hervorragend unterhalten gefühlt, angesichts der bislang überzeugendsten Mannschaftsleistung bei dieser WM - aber einen Thron wollen wir dafür doch lieber erst in der Endabrechnung bauen. Alles zu seiner Zeit.

So, und jetzt habe ich mich doch noch zu Deutschland geäußert, also Häkchen auf der Liste. Jetzt ist noch eine gute Viertelstunde Zeit, endlich mal zu gucken, wo die schon oft genannten Kicker aus Paraguay denn auf der Landkarte zu Hause sind. Und natürlich schonmal Zeit die rhetorischen Messer zu wetzen, um bei einem wie auch immer gearteten Ausrutscher des Noch-Weltmeisters irgendwelche Häme abzusondern. Wobei, hach, das wäre auch wieder wie ein Abstaubertor. Vielleicht bringen die kommenden 90 Minuten und die mediale Nachspielzeit ja eine ganz andere Gelegenheit wieder in die Tasten zu greifen. Denn eines scheint dieses Mal besonders sicher: Wichtig ist zwar auffem Platz, aber abseits dessen gibt es genug Getröte aus allen Richtungen, dass jede Vuvu vor Neid erblassen und verspröden müsste.

Mal gucken, was Italien, Spanien, Portugal und Brasilien so bringen...


#5, Nachschuss
Geschrieben von MarcelR am 14-Jun-10 um 22:46 Uhr

ohne Worte

#6, Stylepass: Italien hat Rücken, oder: Die Krone der Schöpfung
Geschrieben von MarcelR am 15-Jun-10 um 10:36 Uhr

So, direkt mal vorneweg: Die Krone der (Wort)Schöpfung setzte ich mir in zwei Fällen meiner Kolumnentätigkeit nicht auf. Die tolle Überschrift "Italien hat Rücken", habe ich mir genauso wenig einfallen lassen, wie den Begriff Stylepass. Die harmlos-hämische Italienbemerkung kommt von den Kollegen der Spiegel online-Redaktion, und der Stylepass ist mir letztens buchstäblich in die Hände gefallen. Es handelte sich hierbei um eine Beilage des von mir bereits mehrfach zitierten Fußballkulturmagazins 11Freunde - allerdings ging es dabei wohl um modische Merchandiseartikel; so genau weiß ich das nicht, ich habe nicht wirklich reingeschaut, nur der Begriff war hängengeblieben.

Ich stehe also dazu, dass ich das Rad nicht neu erfunden habe, denn als Kolumnentitel wären mir sonst selbst nur solche Evergreens wie "Angestoßen" oder "Eingeworfen" eingefallen, die eine weit aus höhere Penetrationsrate haben, als der frische, noch unverbrauchte Begriff Stylepass. Insofern darf man die Verwendung des Begriffs auch als Wertschätzung an die Wortschöpfer verstehen, die tagtäglich ihr Brot mit solchen Kreationen verdienen. Obwohl dort viel zu oft auch grober Unfug herauskommt, wie etwa "hier steakt Bio drin" an der Metzgerstheke, oder "Haarley" und Konsorten für das was früher "Uschis Frisörsalon" hieß. Aber gut, das ist ein anderes Thema...

Mehr oder weniger kreativ sind übrigens auch die Kreativen des Sportartikelherstellers adidas. Schließlich muss man sich alle vier Jahre einen neuen Namen für das Hauptsportgerät, aka "Ball", einfallen lassen. Die Werksportgruppe Adolf Dassler kam dieses Mal auf den "umjubelten" (Wortwitz erklärt sich gleich) Jubulani. Das kommt nämlich angeblich aus der Zulu-Sprache und bedeutet so viel wie: jubeln, jauchzen, sich freuen. Allerdings muss ich, auch als derjenige der selbst eher durch übernehmende Kreativität aufgefallen ist, doch anmerken, dass man unter den Zulu mal nach solchen Begriffen wie "Torwartfehler", "eigenwillig" oder "Fehlpass" hätte fragen sollen, den exakt das scheint die diesjährige Wunderkugel ganz besonders auszuzeichnen. Ich will mich allerdings jetzt weder in die Reihe der Nörgler noch in die Reihe der Physiker mit der Flattererklärung eingliedern, allerdings ist es schon augenfällig, dass dieser Ball offenbar gerne mal eigene Wege geht, bzw fliegt. Ob man jetzt zu jedem großen Turnier neue, hochgezüchtete Mondrakten braucht, um den Weltmeister auszuschießen, lasse ich mal dahingestellt. Wen das Thema tiefer interessiert, bitte hier entlang

Kommen wir aber nochmal zurück zu den Italienern. Das 1:1 gestern abend gegen Paraquay war wohl noch das beste, was passieren konnte. Die spanische Zeitung As bringt es treffend auf den Punkt: "Von Italien wurde so wenig erwartet, dass der Auftritt überraschend erfreulich war." Da die Parallelen zur Altherrenmannschaft "Gallischer Hahn" von 2006 so deutlich zu Tage treten, es für die Franzosen ja aber letztendlich zum Endspiel "Zidane vs Materazzi" gereicht hat, werde ich mich dieses Mal überhaupt erst gar nicht aus dem Fenster lehnen, sondern heute ganz entspannt den Blick auf die Elfenbeinküste, Portugal und Brasilien richten, ehe Spanien dann als letzte Top-Mannschaft morgen ins Geschehen eingreift. Dann werden wir alle zumindest ein kleines bißchen schlauer sein, und dann kann es endlich in die oft wegweisende zweite Woche gehen, wo es dann nach meist müden Auftaktspielen endlich anfängt um die Wurst zu gehen. Dann werden wir auch eine Ahnung davon bekommen, was der deutsche Auftritt am Sonntag wert war.

Aber das waren jetzt alles Binsenweisheiten. Ebenso spannend wird es werden, wer den nächsten medialen Konter fährt, oder sich vermeintlich meilenweit ins Abseits stellt. Da waren die bisherigen Tage ja schon teilweise erstklassig für die Zweitverwertung...


#7, Stylepass: Systemfußball im System Fußball
Geschrieben von MarcelR am 16-Jun-10 um 13:47 Uhr

So, wer kennt ihn nicht, den Begriff "Jubelperser"? Hier vorne, da drüben, da hinten sehe ich auch ein paar. Okay. Ist ja nicht schlimm. Kann man ja hier nach lesen. Wobei, vielleicht macht es gar keinen Sinn, sich diesen, nach 1967 in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen Begriff, zu merken - denn unter Umständen könnte in der Wikipedia schon bald stehen: "Jubelchinese, weitergeleitet von Jubelperser". Die deutsche Sprache ist ja eine grunddynamische. Für diese geschichtspolitische Worttrendwende in Sachen "bestellter Claqueur" hat unser aller geliebter Führer (nein, keine Angst, Katrin liegt noch im Bett und schläft) gesorgt. Gemeint ist natürlich der seit achtzehnhundertpiepenfred amtierende, ähm, Machthaber, der Demokratischen Volksrepublik Korea, im Westen auch als Nordkoreas Diktator bekannte, Kim Jong-il.

Der lässt seine Schäfchen zwar nicht sooo gerne ausreisen, ist sich aber der Bühne FIFA-FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT™ 2010 in South Africa durchaus bewusst. So hat er sich nach langer, fruchtbarer Planung dazu entschlossen, ausnahmsweise mal einen Vier-Wochen-Plan festzulegen, der es den Spielern und Betreuern der Volkskombinatssportgruppe "Dynamo Pjöngjang" erlaubt, an den Lederballfeststpielen teilzunehmen. Im Gegenzug hat seine Scheinheiligkeit alle von der FIFA zur Verfügung gestellten Eintrittskarten eingesackt, und sie an Vertreter der Beinahe-noch-kommunistischen-Völergemeinschaft VR China abzutreten. Einzige Bedingung: Schön für Nordkorea jubeln. Der Hintergedanke ist ja nicht schlecht. Kein Weißer oder Schwarzer wird je den Unterschied merken, solange nur ein einigermaßen asiatisch aussehender Vertreter ein Nordkoreafähnchen schwingt. Ausserdem praktisch: Der Chinese kann gleich seine billigproduzierte, Verzeihung, seine in kunstvoller Handarbeit hergestellte Kulturremineszenz aka TRÖÖÖÖT mitbringen. Spart Spesen, und das Geld bleibt gleich in roter Hand.

Jetzt fragt man sich natürlich, warum läßt die FIFA sowas zu. Warum sagt man nicht, hallo Nordkorea, euer Affentheater könnt ihr mit den USA im bilateralen Kindergarten austragen, oder gerne auch die UN am Nasenring übers Parkett zerrren, aber hier brauchen wir euch nicht. Wir lehnen eure Teilnahme dankend ab.

Denn dass die FIFA recht gut und schnell mit dabei ist, wenn es um den Ausschluss von Personen(kreisen) geht, hat sie erst kürzlich wieder unter Beweis gestellt. Um was ging es? Die niederländische Brauerei Bavaria gab zu verkauften Kisten ihrer Gerstenkaltschale orangefarbene Minikleider als Give-away dabei. Wohlgemerkt, die Kleider ohne jede Form des Brandings. Irgendjemand muss aber gepetzt haben, dass Bavaria sich sowas erdreistete, und da eben jene Hopfenmixer aus Käseland schon 2006 mit einer Guerillamarketingaktion aufgefallen, ahnte man natürlich Bösestes. Denn wenn der FIFA eines heilig ist, dann der Bestandsschutz der Werbetreibenden, denn der FIFA ist eines noch heliger: Schnöder Mammon. Pinunsen, Knete, Asche, Reibach. Steuerfrei, versteht sich, ist ja ein gemeinütziger Verein.

End vom Lied - drei Dutzend recht adrett anzuschauender Meisjes wurden nicht nur des Feldes verwiesen, sondern wurden, wenn man Medienberichten glauben darf, auch gleich mal ein paar Stunden lang verhört. Wohlgemerkt, im orangefarbenen Minikleid, ohne jeden Werbeaufdruck. Und jetzt schließt sich auch wieder der Kreis zu Kim Jong-il. Vielleicht hat man Nordkorea deshalb nicht ausgeladen, weil man sich in Sachen Verhörtaktiken, Foltermethoden und anderen Repressionen von den roten Asiaten noch was abschauen will. Wer kann das wissen?

Jedenfalls, Fußball wurde auch gespielt - und ich muss gerade ein wenig schneller in die Tasten hauen, weil die Knüllerpartie Honduras-Chile schon läuft. Bestes Spiel natürlich Brasilien eben gegen Nordkorea. Bis zum Ende der ersten Halbzeit hatten die Koreaner die Zuckerhutzauberer auch am Rande einer knüppeldicken Sensation. Wer zwischendurch einfach reingezappt hat, dem wurde auch klar warum: Teilweise wirkte die Totale wie eine Totale von einem Tischkicker, mit ebenso viel Bewegung. Nordkoreanischer Beton gegen brasilianische Eiszapfen. Bis auf den einen genialen Moment von Maicon (meine Fresse, wat ein Winkel), war das Spiel ungefähr so unterhaltsam wie zwei aufgedröselte Valium durch die Nase. Aber gut Hauptsache gewonnen - können die Engländer ja schließlich nicht von sich sagen...

In diesem Sinne: Suchen wir schon mal das Bitburger-Fantrikot für Freitagmittag. Prost!


#8, Kurzpass: Rummmmmms!
Geschrieben von MarcelR am 16-Jun-10 um 18:16 Uhr

Ich fass es nicht - endlich hat die WM ihren echten Rums. Nicht nur so kleines Rümschen wie beim englischen Remis, oder ein müdes Pups, wie beim Spiel Portugal gegen die Elfenbeinküste. Auch kein Beinahe-Rums, beim Auftritt des fünfmaligen Weltmeisters Brasilien. Nein, jetzt hat es so richtig laut gescheppert. Und zwar von Afrika bis nach Europa deutlich hörbar.

Mit einer aufopferungsvollen Mannschaftsleistung gewinnt die klitzekleine Schweiz gegen die übermächtigen Spanier. Ja, aber holla, die Waldfee. Was in der ersten Hälfte noch so aussah, als ginge es nur um ein lästiges Geduldspiel für die mehr oder weniger vor dem Turnier (auch von mir) schon zum Weltmeister erklärten Spanier, entpuppt sich in Durchgang zwei als packendes, emotionales, wenn auch nicht technisch brilliantes Spiel für die Schweizer. Eine mehr oder weniger Taschengeldtruppe schickt ein paar hundert Millionen spanische Euro tor- und punktlos zurück ins Mannschaftsquartier.

Däh!

Ich gebe zu, ich habe im Vorlauf der Partie zwischenzeitlich mal 4:0 für Spanien getippt, habe das auf 2:0 runtergeschrieben, um dann doch kurz vor Anpfiff noch mal auf 3:0 zu erhöhen. Aber genauso muss ich zugeben, dass ich die letzten 20-25 Minuten richtig mit den Schweizern mitgefiebert habe. Endlich kommt mal Schwung in den müden FIFA-Laden!

Wobei ich immer noch davon überzeugt bin, dass Spanien gegen Honduras und Chile seine Hausaufgaben noch machen wird. Aber *das* gerade war erstmal ein ganz dickes Ausrufezeichen. Hoffen wir nur, dass die Schweiz am Ende nicht wieder ins Achtelfinale einzieht, nur um selbiges wie 2006 wieder torlos nach Elfmeterschießen(!) zu verlieren

Darauf eine Toblerone!


#9, Stylepass: Die erste Woche im Recall
Geschrieben von MarcelR am 17-Jun-10 um 00:13 Uhr

Zugegeben, ich schaffe es dieser Tage teilweise problemlos, auch mal zwei oder drei Kommentare zur FIFA-FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT™ 2010 in South Africa pro Tag abzufeuern. Das ganze hat verschiedene Hintergründe: Erstens schafft es Fortuna immer wieder es so einzurichten, dass ich zu multimedialen Sportevents einiges an Freizeit habe (danke, bis hierher, Fortuna, du ungeküsste Düsseldorfer Muse, ich tät dann auch mal nen mittleren Lottogewinn nehmen). Zweitens schreibe ich wirklich aus reinem Spaß an der Freude. Und drittens: Ja, mich interessiert das eben (auch). Ich nehm halt nicht nur die Bildberichterstattung, oder gar die reinen, einzelnen Fussballspiele war, sondern lese halt auch quer durchs Beet - mal hier was, mal da was, guck über den deutschen Tellerrand, und verlasse mich nicht nur auf die öffentlich-rechtlichen Sender.

Was mir aber schwer fällt, ist, noch irgendwas zu finden, was nicht schon als mediale Sau durchs Dorf getrieben wurde. Anno 2010 ist das noch weit aus schwieriger, als zB im Märchensommer des ersten WM-Tagebuchs 2006. So ein wenig drängt sich das Gefühl auf, als würden noch mehr "Medien" noch mehr Praktikanten und Freischaffende an das Thema "such mal was zur WM" setzen, was dazu führt, dass es die echten Perlen oder interessanten Sidekicks gar nicht mehr gibt. Man könnte auch sagen: Zuviele Jäger sind des Hasen Tod.

Auf der anderen Seite, und das ist das Erfreuliche an der Situation: Es prasselt mittlerweile soviel auf den engagierten Nutzer der Masseninformation ein, dass man als Einzelperson gar nicht mehr alles wahrnehmen kann. 2006 konnte man alles noch irgendwie mit TV und einer Lieblingszeitung abdecken, und hatte wenigstens das Gefühl, hautnah mit dabei zu sein. 2010 ist es eher so, dass es zwar Trendthemen (die Vuvu sei genannt) gibt, aber mindestens noch dreimal soviel Plüsch und Prüll abseits des Hauptweges, das man gar nicht mehr alles mitbekommen kann.

Das ist auch der Anspruch oder besser gesagt, der Ansporn für diese Kolumne. Ich will und werde nicht behaupten, dass bei mir alle Fäden zusammenlaufen und ich alles Getröte auch noch aus der letzten medialen Vuvu mitbekomme. Aber der Trieb ist schon da, auch mal (ggfs über "Feindsender") eine ganze, nicht nur eine vorgefilteterte Pressekonferenz der Deutschen Nationalmannschaft mitzubekommen. Nicht nur und ausschließlich dem allgemeinen Herdentrieb zu folgen, und das Augenscheinliche ins Rampenlicht zu heben. Nur, ob das gelingt, ist 2010 eine ganz andere Ansichtssache als eben 2006.

Natürlich soll sich eine Kolumne, oder ein ebenso gearteter Beitrag möglichst fluffig lesen - Neues oder Ungewöhnliches aufs Tapet bringen, und neue Wortschöpfungen beinhalten. Doch wer sagt, dass es nicht schon besser, kritischer, farbenfroher, zynischer auf Seite xyz.de gestanden hat? Bei Sky im gestrigen Mittags-Roundup nicht ausführlicher behandelt wurde? Ich kann mich da nur auf meinen Instinkt (Beerbabes) und auf liebgewonnene Traditionen (FIFA-bashing) verlassen. Eine andere Chance bleibt ja fast gar nicht in Zeiten, wo jemand, obwohl man gerade der festen Überzeugung war, was "Neues" gefunden zu haben, einfach nur "aaaaaalt" moniert.

Man könnte jetzt, rein auf diesen Artikel, das Event oder meinen jetzitigen Kommentar bezogen, denken: Kär, der hat aber ne Midlifecrisis. Aber eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall. Ich habe schon lange nicht mehr mit so viel Freude, Enthusiasmus und Leichtigkeit was in die Tasten gehämmert, wie die hier vorliegenden Texte. Klar, ich habe noch längst nicht alles anbringen können, wie etwa die streikenden Ordner, die von der FIFA über den Tisch gezogen, und von der Polizei mit Tränengas auseinander getrieben worden. Aber darum gehts mir auch gar nicht. Viel wichtiger ist mir ein Zeitdokument, dessen Urheber ich sehr persönlich kenne, welches ich 2012, 2013 oder gar- 2048 wieder ausgraben kann, und sagen kann: Mensch, weisse noch?

Daher macht es auch wenig Sinn, auf Statistiken zur ersten Woche rumzureiten und sie zu verbreiten, wie es etwas Jessica Kastrop heute bei Sky getan hat: Die wenigsten Tore bei einer WM, die schlechteste Chancenauswertung bei einer WM (jeweils seit annodunnemal), usw. Was wir, und die "neue Woche" startete so eben mit dem Spiel 2 der Gruppe A, nach einer Woche WM in 2010 festhalten können ist wohl folgendes:

- Vuvuzelas nerven
- in Afrika ist Winter
- bis auf Deutschland (und mit Abstrichen Argentinen) haben alle Favoriten Murks gespielt
- die zweite Woche wird zwangsläufig spannender
- schaun mer mal

Und eigentlich, und soviel Nationalstolz sei erlaubt oder verziehen - eigentlich interessiert uns alle doch primär das Abschneiden der Deutschen. Was Argentinien, Portugal, Spanien, Brasilien, England, oder wer weiss nicht macht, nehmen wir doch höchstens wohlwollend, am liebsten aber doch hämisch zur Kenntnis.

Und dafür bietet die zweite WM-Woche einiges an Potenzial. Freuen wir uns drauf! Ich wette drauf, dass es besser wird!


#10, RE: Stylepass: Die erste Woche im Recall
Geschrieben von Walter am 17-Jun-10 um 10:13 Uhr

>- Vuvuzelas nerven

Gruß, Andreas Walter.

"Danke für die Kolumne."


#11, Stylepass: Tore, Tore, Tore - außer Frankreich
Geschrieben von MarcelR am 17-Jun-10 um 23:30 Uhr

Na, also - es geht doch. Ganz wie angekündigt und quasi bestellt, zeigt die 2. Runde der Gruppenphase zumindest bei den ersten vier Spielen, dass es doch geht mit dem Toreschießen. Selbst Otto Rehakles hatte ein Einsehen, und hat sich nicht nur für eine offensivere Aufstellung, bzw Offensiv-Wechsel, entschieden, und endlich auch den Gyroskickern bei einer WM das Toreschießen erlaubt. Einzig, ein gewisser Monsieur Domenech scheint ganz eigene Wege gehen zu wollen, und will offenbar verhindern, dass die Equipe Tricolore jubeln darf.

Jetzt soll man ja nicht unbedingt auf jemanden eintreten, der schon auf dem Boden liegt. Aber Frankreich ist ein hervorragendes Beispiel dafür, dass höchstbezahlte Fussballartisten so etwas wie Nestwärme brauchen. Die gibt es bei den Franzosen nämlich überhaupt nicht mehr, und so wirkt auch der ganze Auftritt der Mannschaft auf und abseits des Platzes. Fahrig, in Grüppchen zerfallen, unmotiviert, und am Ende in Form von Herrn Malouda sogar auf den Trainer wetternd. So gewinnt man bei einem Großturnier nicht mal die goldene Ananas oder einen Blumentopf - hier besteht nicht unbedingt die Ansammlung der individuell besten Spielern, sondern im Prinzip ein eingeschworenes Kollektiv. Auf den französischen Fussball wird nach dieser WM eine großer Berg Arbeit warten, der nach dem (zumindest für mich) jetzt folgenden Aus in der Vorrunde, sicherlich nicht kleiner geworden ist.

Quasi wie ein Gegenentwurf wirkt dort die Mannschaft Argentiniens. Auch hier an der Spitze ein manchmal, ähm, komischer Kauz als Trainer. Aber im Gegensatz zu Raymond Domenech ist Diego Armando Maradonna eben auch eine Kultfigur, bei dem alle, egal ob Spieler, Fans oder außenstehende Beobachter schonmal fünfe gerade sein lassen. Und er scheint diesen Vorschuss ja durchaus zurückzuzahlen. So hat Argentinien nach zwei Spielen schon 6 Tore auf der Habenseite, und es ist, zumindest bislang, gar nicht der Messi, Messi, Messi, den alle so sehr auf dem Zettel haben, sondern die ganze Mannschaft schein wie elektrisiert. Einzig in der Hintermannschaft sind sie anfällig, wie der Aussetzer zum Anschlusstreffer Koreas gezeigt hat, und auch in Halbzeit zwei waren die Koreaner nochmal dick am Ausgleich dran. Schlagbar sind sie, die Gauchos - aber wenn sie als Team zusammenhalten, muss man sie ganz klar und dick unterstrichen auf dem diesjährigen Zettel haben.

Ansonsten fällt bei dieser WM ab und an auf, dass auch Fangesänge eine Chance haben können, gegen das Getröte, und vorallem, dass Fussball inhaltlich langsam in den Fokus rückt. Der Blätterwald rauscht zumindest in den letzten beiden Tagen nicht mehr einheitlich bei jedem Furz an der Seitenlinie auf. Englands Wayne Rooney hat einen solchen medialen Darmwind entfleuchen lassen: "Ich will Deutschland aus dem Turnier schießen". Doch die Presse scheint fast einhellig zu sagen: Kennen Sie Wayne das interessiert? Zumindest sprechen die Zahlen bei Google News eine eindeutig Sprache: Wayne 76 Artikel, Otto Rehagels Griechentore 570 Artikel, Frankreichs Tristesse 520 Artikel, usw. Auch Jubulani und die Kritik an ihm dümpeln derzeit nicht mal mehr im unteren Mittelfeld. All das ist begrüßenswert, löblich und darf gerne weiter so beibehalten werden.

Bleibt, zumindest für heute, nur noch der Blick ins Glaskugelorakel in Sachen Schlaaand. Morgen, um 13.30 Uhr steht ja Serbien auf der Matte, und bittet zum Tanz. Ich vermute mal, das beide Teams heiß wie Frittenfett sind, schließlich ist es für Serbien wahrscheinlich die allerletzte Chance im Turnier zu bleiben, und für Deutschland die Gelegenheit den Gruppensieg anzupeilen. Eigentlich alles die klassischen Zutaten für ein Unentschieden. Die Frage wird sein, wieviele Gesinnungs-Poldis wir im Kader haben. Der Mann kann ja quasi nur Hirn ausschalten und Fussballspaß haben. Sollten das genug andere auch schaffen, und die Teamstimmung, um den Bogen zu schließen, weiterhin so gut bleiben, dann dürfte Serbien ein schlagbarer Gegner sein. Morgen Nachmittag um viertel nach drei werden wir schlauer sein...


#12, Stylepass: Bisse auch schon hibbelig?
Geschrieben von MarcelR am 18-Jun-10 um 12:18 Uhr

Eigentlich wäre jetzt, so eine handvoll Stunden vor Anpfiff der zweiten WM-Partie der Löw-Truppe ein genialer Moment gewesen, endlich mal mit den bereits angesprochenen Seitenspiegelüberziehern in Landesfarben um die Ecke zu kommen. Dummerweise hat der betreffende Nachbar seinen Schibbel (die Rostlaube wird durch diese modischen Accessoires tatsächlich aufgewertet) nie in Schussdistanz stehen, wenn ich mal was Knipsbereites in der Hand halte. Aber gut, da die Dinger mittlerweile häufiger auf Deutschlands Straßen zu sehen sind, gehe ich mal davon aus, dass der geneigte Leser sie noch selber in Augenschein nehmen kann. Von daher versuche ich mal ohne dieses bildliche Zeitzeugnis der Geschmacksverirrung auszukommen.

Wobei sich mir natürlich schon die Frage stellt, wer ist eigentlich mehr zu verachten: Der gierige Geschäftsmann, der einfach auf alles schwarz-rot-geil malt, um damit Reibach zu machen - oder der oder die Fan(In), der sich morgens ein Weltmeisterbrötchen schmiert, eine Vuvuzela in srg bei REWE kauft, um dafür die offizielle REWE-Nationalmannschaftssammelkarte zu kriegen, sich mit Schminkstiften eine Nationalflagge auf die Stirn tätowiert, und elfunddröflzig Bitburgerkisten säuft um ein Fantrikot im Gegenwert von dreifümmunneunzig zu kriegen, in das die so antrainierte Plauze eh nicht reinpasst?

Oder bin gar ich, der sich diese Fragen stellt, der Idiot, weil man ja eigentlich auch sagen könnte: Lasse doch. Ist doch deren Ding. Im Prinzip würde ich das ja auch, wenn man denn der allgemeinen Druckbeschallung der Werbetreibenden wenigstens irgendwie aus dem Weg gehen könnte. Aber nein, spätestens seit 2006 befinden sich Medien und Eventfans in einer sich gegenseitig befruchtenden und aufschaukelnden Schleife. Da stehen beim Rudelgucken plötzlich kreischende 14jährige Mädels in Kampfmontur, die Abseits nicht von von Seitenaus unterscheiden können, und rufen SCHWEIIIIINIIIIII. Irks! Da ist ja fast eine Wohltat, dass das jetzt kommende Spiel schon um 13.30 Uhr angepfiffen wird, und ich mich der Hoffnung hingeben darf, dass Tschakkeline und Annkathrin entweder noch in der Schule hocken, oder noch zur Nachhilfe müssen

Um wirklich sicher zu gehen, dass mir nicht irgendeine Teenie-Vuvuzela gleich zu Anpfiff in die Gehörgänge kreischt, werde ich zwar wieder zum Rudelgucken gehen, aber durch die Wahl der "Location" eine gewisse Sozialvorauswahl treffen. Deutschlandgucken bei Frank inne Kneipe aum Plasma. Mit Brusthaaren und Biergeruch, statt epilierte Bikinizone und irgendeinem Instantmief von Yves Saint-Dingsbums.

In diesem Sinn: Trööööt!


#13, Da ham wir den Salat
Geschrieben von MarcelR am 18-Jun-10 um 17:01 Uhr

Deutschland-Serbien 0:1. Eigentlich ein Mastfest für das Phrasenschwein: Der erwartet schwere Gegner, zurück auf dem Boden der Tatsachen, kleinliche Schiedsrichterentscheidungen, Dämpfer für ein junges Team, Deutschland spielt gegen Balkanmannschaften immer auf Messers Schneide, warum schießt Podolski und nicht Schweinsteiger. Und so weiter, und so weiter.

Es wäre zu einfach, zu billig und vorallem auch zu langweilig, jetzt in exakt dieses Horn zu tröten. Genausowenig wie ich nach dem 4:0 gegen Downunder die Mannschaft auf einen Thron setzen wollte, genausowenig bin ich jetzt bereit alles in Schimpf und Schande zu schreiben. Warum auch? Das Spiel war eines von der Sorte, in dem alles, was schief gehen kann tatsächlich auch schief geht. Lohnt es da, an einzelnen Stellen (Miros Platzverweis, Poldis verschossener Elfmeter) rumzudeuteln? Oder macht es nicht mehr Sinn, das Ganze einfach als das zu nehmen, was es schlußendlich ist: Eine Niederlage in einem Gruppenspiel, das mit dem heutigen Glück nicht anders zu gestalten war?

Ich ärgere mich zwar, dass ich den orginären Tipp 2:1 für Serbien in 3:1 für Deutschland umgedeutet habe, weil ich mich doch irgendwie von der allgemeinen Euphorie habe anstecken lassen, aber ich würde jetzt nicht nachträglich hingehen und sagen: Ich habs doch gewusst. Denn wirklich wissen, was in der Wundertüte Deutschland drinsteckt, kann man wohl gar nicht. Ich vermute allerdings, dass die mögliche Leistung tatsächlich irgendwo zwischen dem 4:0 und dem heutigen 0:1 liegt. Das muss man einfach auch mal hinnehmen und akzeptieren können. Nirgendwo stand geschrieben, dass die Deutsche Nationalmannschaft ein Abo auf Siege, und die Quali für das Achtelfinale schon in der Tasche hat.

Insofern hoffe ich, und glaube das auch, dass sich die Verantwortlichen jetzt klar werden, dass es eben auch solche Spiele wie heute sind, an denen ein Team wachsen kann. Es fehlte offensichtlich nicht am Willen und an der Einstellung - allerdings ist alles, was gegen Australien noch leicht vom Fuß ging, heute mehrheitlich in die Hose gegangen. Ist so, kann man nicht rückgängig machen, muss man draus lernen. Und wenn das gelingt, dann gibt es ja immer noch das Ghanaspiel, aus dem man, selbst wenn Ghana morgen gewinnt, trotzdem noch als Gruppenerster hervorgehen kann. So einfach kann Fussball sein...

Ich werde mich jedenfalls mit diesen geschriebenen Zeilen bis Montag aus dem WM-Zirkus verabschieden. Nicht aus Trotz, oder Verärgerung - nein, weil jetzt ein großes Phantasialand-Wochenende ansteht, und der Weltfussball für uns einfach mal Pause hat. Denn, und auch das ist eine wichtige Erkenntnis: Immer nur Fussball im Kopf kann dazu führen, dass man irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Heute abend gibts noch eine Leenio-Radiosendung, und morgen dann der/die/das Fantasypride. Ich wünsche allen geneigten Lesern: Kopf hoch, schönes Wochenende und ein packendes "Finale" am Mittwochabend.

In diesem Sinne: Schlaaaand!


#14, Stylepass: Das achte Weltwunder
Geschrieben von MarcelR am 22-Jun-10 um 11:28 Uhr

Düdeldüdeldüüü-waaahwaahwaaah*
Es ist Highnoon. Eine stille, staubige Straße in einem menschenleeren Kaff im Niemandsland. Zwei Pistoleros kommen an den beiden Enden dieser Straße zusammen. Es ist Duellzeit. Es geht ums Ganze. Wir wissen, dass nur einer der beiden Protagonisten als Sieger bestehen bleibt. Den anderen werden die Geier holen.

So, oder so ähnlich werden die nächsten vier Tage dieser WM vermutlich ablaufen. Nur, dass eben jeweils elf Mannen auf jeder Seite antreten. Und es geht auch nicht um eine staubige, heiße Straße, sondern um moderne Fussballarenen. Und sie sind auch nicht menschenleer, sondern vermutlich bis an den Rand gefüllt mit fröhlich trötenden Zuschauern. Und es kommen zwei je Gruppe weiter, und das können durchaus auch die beiden Mannschaften sein, die sich im Duell gegenüber stehen. Eigentlich also eine selten dämliche Metapher oben, auf die ich eigentlich auch nur gekommen bin, weil ich nach dem Phantasialand-Wochenende so schlecht wieder ins Thema hinein finde, und die FAZ heute morgen schreibt, dass das Spiel der Deutschen von einem Sheriff gepfiffen wird. Quasi wie eine Art von vorauseilender Tragik, falls wieder einmal ein farbiger Pappkarton ein Spiel entscheiden könnte.

Wie auch immer, ein paar entscheidende Duelle stehen tatsächlich an, doch das richtige Bild wäre eher: "xy braucht ein Wunder". So steht es heute auch in vielen verschiedenen Gazetten, und ich will einmal versuchen herauszuarbeiten, wie groß diese Wunder sein müssten.

Gruppe A
Fangen wir direkt mal mit der Partie Südafrika vs Fronkriberyreisch an. Beide Mannschaften stehen mit dem Rücken zur Wand. Beide benötigen auf jeden Fall einen Sieg mit möglichst hoher Tordifferenz und gleichzeitig darf das Spiel URUs gegen Texmex nicht unentschieden ausgehen. Daraus ergibt sich eine Wunderqualität in etwa einer aus dem Stegreif gelungenen Mondlandung oder einem Pyramidenbau in 24 Stunden. Tendenz: Tüss Südafrika, tüss Frankreich.

Gruppe B
Für die Nullpunktekicker aus Nigeria könnte es tatsächlich noch für einen Einzug ins Achtelfinale reichen. Gebraucht wird ein eigener Sieg gegen Korea, bei gleichzeitiger Niederlage von Ottos Griechen. Das entspricht ungefähr einer Wunderqualität einer vierfachen Zwillingsgeburt am gleichen Tag im gleichen Krankenhaus, oder etwa der Bedeutung der Hängenden Gärten. Tendenz: Argentinien ist schon durch, daher reicht ein schonendes Unentschieden gegen Griechenland, das dadurch wiederum mit ins Achtelfinale gezogen wird.

Gruppe C
Die Wundertüten-Gruppe, weil es hier sehr viele denkbare Szenarien gibt. Das größte Wunder wäre ein Weiterkommen Algeriens. Eigener Sieg, und Sieg Sloweniens oder ein Unentschieden im Spiel gegen England. Wunderqualität in etwa vier Richtige im Lotto und gleichzeitig vier richtige Endzahlen im Spiel 77. Tendenz: Faustdicke Überraschung möglich, wahrscheinlich aber USA und UK weiter.

Gruppe D
Deutschland braucht das vermeindlich kleinste Wunder, wenn man davon ausgehen möchte, dass ein Sieg gegen Ghana durchaus machbar erscheint. Das größte Wunder benötigen die Socceroos, da in der Rechnung "ein hoher zu-null-Sieg gegen Serbien bei gleichzeitigem Sieg Deutschlands" vorallem im ersten Teil eher unwahrscheinlich erscheint. Wunderqualität: Durch ein Erdbeben beschleunigt sich die Kontinentaldrift, und Australien maschiert innerhalb von drei Tagen durch bis zum Südpol. Tendenz: Deutschland und Serbien ins Achtelfinale.

Gruppe E
Kamerun kann nicht mal mehr ein Wunder retten. Von daher ist diese Gruppe etwas langweilig. Wundersam wäre höchstens ein Weiterkommen der Japaner, die zwar vor dem Spiel gegen Dänemark die etwas besseren Karten haben, aber von den Dänen durchaus bezwungen werden können. Tendenz: Holland und Dänemark weiter.

Gruppe F
Hui, noch so ein Überraschungsei. Italien könnte das Kunststück gelingen, mit gerade mal 3 Punkte ins Achtelfinale einzuziehen. Genauso gut könnte Paraguay mit seinen derzeit 4 Punkten am Ende mit leeren Händen da stehen. Das könnte eines der interessantes Gruppenfinals in der Konferenz geben. Daher tue ich mich auch mit der Tendenz etwas schwer, aber tippe mal konservativ: Paraguay und Italien.

Gruppe G
Hier ist eigentlich alles entschieden. Es sei denn, die Ivorer gewinnen 10:0 oder so gegen des geliebten Führers Maschinenbeine bei gleichzeitiger Niederlage Portugals gegen Brasilien. Wunderqualität: Die Sahara fängt dauerhaft an zu blühen und zu grünen. Tendenz klar Brasilien und Portugal.

Gruppe H
Die "drei Mannschaften haben am Ende 6 Punkte und es entscheiden Tordifferenz, Anzahl geschossener Tore, direkte Vergleiche und vielleicht sogar der Losentscheid"-Gruppe. Ei, ei, ei. Das hat nix mehr mit Wundern zu tun, sondern mit Rechnen. Und daher rechne ich in der Tendenz mal mit Spanien und Schweiz.

Es wird also unterschiedlich spannend, und es lohnt sich fast immer die angebotenen Spiele auch anzuschauen. Auf grund der oben entworfenen Szenarien wagte ich mal einen Blick in die Glaskugel, und fragte sie nach dem weiteren Verlauf des Turniers. Folgendes kam dabei rum:

Achtelfinale
26.6.: Uruguay - Griechenland
26.6.: USA - Serbien

27.6.: Argentinien - Mexiko
27.6.: Deutschland - England

28.6.: Niederlande - Italien
28.6.: Brasilien - Schweiz

29.6.: Paraguay - Dänemark
29.6.: Spanien - Portugal

Viertelfinale
2.7.: Niederlande - Brasilien
2.7.: Uruguay - Serbien

3.7.: Argentinien - Deutschland
3.7.: Paraguay - Spanien

So, das war jetzt genug Kaffeesatzleserei. Die Wahrheit liegt wie immer auffem Platz. Und da gehts heute um 16 Uhr wieder los. Auf geht's!

*Schade, dass man reine Musik so schlecht in geschriebenen Worten abfassen kann.


#15, Stylepass: Mon dieu, es ist doch nur Fussball
Geschrieben von MarcelR am 23-Jun-10 um 14:11 Uhr

Mein lieber Herr Gesangsverein - da stehen die ersten beiden Gruppen in der Endabrechnung fest, und schon schlägt es über die Stränge, dass es eine wahre Wonne ist. Allen voran bei den Franzosen, die dieser Tage kein gutes Haar in ihrer Tricolore lassen. Aber eigentllich auch irgendwie zu recht, wenn man sich anschaut, was dort alles passiert ist. Dröseln wir das Ganze zumindest ansatzweise mal auf.

Im Prinzip hätte man nach der EM 2008 schon klar (zumindest als Verband) sehen müssen, dass es so zwischen Trainer und Mannschaft nicht weitergeht. Wenn interne Stimmen aus der Mannschaft schon sagen, es handele sich bei Raymond Domenech nicht um einen Trainer, sondern um einen "Spieleauswähler", dann kann man erahnen, inwieweit dort schon das Tischtuch zerschnitten war. Klar kann man jetzt sagen, das sind doch alles Profis, die müssen sich irgendwie zusammenraufen - aber es ist eben auch eine Binsenweisheit, dass in jeder Mannschaft schlußendlich der Trainer das schwächste Glied in der Kette ist, das man am Ende austauschen muss. Es haben schon ganz andere Mannschaften ihren Trainer vor die Tür gemobbt - und vorallem ganz andere Trainer mit nachgewiesen größerer Kompetenz als die Domenechs. Insofern ist das Festhalten an ihm vorallem eines: Verlorene zwei Jahre Zeit, die der gallische Hahn dringend für Entwicklung in Verband und A-Mannschaft hätte gebrauchen können.

Es folgt die mehr oder weniger völlig verkorkste WM-Quali mit dem Relegationsdesaster gegen Irland. Wer da nicht so im Thema ist - nur ein Handspiel des französischen Stürmers Henry ermöglichte Frankreich den nötigen Treffer und ließ die Iren am Ende mit leeren Händen zu Hause bleiben. Vorallem hier sind viele Fehler gemacht worden. Zitat: Frankreichs Nationaltrainer Raymond Domenech zeigte unterdessen keine Verständnis für die internationale Kritik an seinem Team und lehnte ein Wiederholungsspiel kategorisch ab: "Ich kann nicht nachvollziehen, dass wir als Schuldige dargestellt werden. Auf dem Platz habe ich das Handspiel nicht gesehen, erst danach im Fernsehen, und es war ein Fehler des Schiedsrichters. Deswegen kann ich nicht verstehen, warum wir uns entschuldigen sollen. Wohlgemerkt zu einem Zeitpunkt, als nicht nur die halbe Welt Irland bedauerte, sondern sogar die Mehrheit der Franzosen für ein Wiederholungsspiel war.

Wirklich eingegriffen hat niemand - auch nicht diejenigen, die jetzt von einem Desaster, von einer Schande, von einem versauten Sommer reden und gar offizielle Untersuchungen einfordern. Natürlich gehört die Schuld auch bei den Spielern gesucht, die sich nach dem Rauswurf von Anelka (hat derbe gegen den Trainer gewetttert) einen Trainingsboykott am Sonntag leisteten; die ihren Trainer dazu verdammten, eine Spielererklärung zum Rauswurf zu verlesen. Doch in der Summe sind das alles Dinge, die sich nicht nur blass am Horizont abzeichneten, sondern die schon weit vor dieser WM als flammendes Mal an der Kabinenwand der Franzosen prangten. So bleibt am Ende eigentlich nur die Frage, was wäre gewesen, wenn Charlize Theron am Ende bei der Auslosung keinen "Scherz" gemacht hätte. Man hätte einem Raymond Domenech die Selbstdemontage ersparen können - hat man aber nicht, und so durfte er noch ein weiteres, letztes schmachvolles Kapitelchen ans Ende der jüngsten französischen Fussballgeschichte schreiben.

Eine weitere, fast zehnjährige Fussballgeschichte geht wohl mit dem gestrigen, ersten Gruppenendspieletag zu Ende: Der Essener Otto Rehagel wird aller Voraussicht nach die griechische Nationalmannschaft nicht weiter begleiten. Nach etwas über 100 betreuten Spielen, und einem der wohl legendärsten Sätze der Kickhistorie "modern spielt, wer gewinnt" dürfte das Ende der europäischen Fussballfreundschaft zwischen Griechenland und Deutschland wohl eingeläutet sein. Wobei, Moment - da komme ich gleich nochmal zu. Ob das gleichbedeutend mit der wohlverdienten Rente für König Otto (aus seinen Erfolgen seien exemplarisch nur mal die Märchenmeisterschaft mit Aufsteiger Kaiserslautern und die Europameisterschaft der Griechen genannt) ist, wage ich zumindest mal noch leise zu bezweifeln. Es werden in diesem Sommer noch genug Vereins- und Nationalteams frei, in denen sich ein gepflegter Beton für eine "kontrollierte Offensive" anrühren läßt. Otto, find ich gut...

Kommen wir aber nochmal zu der angesprochenen deutsch-griechischen Fussballfreundschaft. Wenn ich jetzt sage, dass sich dort ein deutscher Fussballlehrer ins Gespräch bringt, dürfte wohl (fast) jedem klar sein, wen ich meine. Genau. Unser Loddar. Der Mann, der nicht gerufen wird, sondern wie ein nerviges Werbepopup von ganz alleine auf dem Trainingsplatz erscheint. Der Mann, der gefühlt schon die Deutsche Nationalmannschaft erfolgreich trainiert hat, und natürlich auch den Fussballrekordmeister Bayern schon zu etlichen Doubles und Triples geführt hat. Also der jetzt, der in der Realität nur in der dritten Fussballwelt unterwegs war, sich aber zu Höherem und Höchsten berufen fühlt. Egal, wahrscheinlich wird es hauptsächlich die Münchner Löwen freuen - da stand er letztens nämlich auch auf der Matte und schwärmte von einem schlafenden Riesen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass bei einer Verpflichtung Matthäus' durch den griechischen Verband an der Grünwalder Straße ein paar Flaschen Ouzo geköpft werden.

A propos köpfen - ich weiss, das klingt jetzt martialisch. Aber was passiert eigentlich mit den Nordkoreanern, die kürzlich mit 0:7 gegen Portugal unter die Räder gekommen sind? Ich meine, wegdiskutieren läßt sich das ja nicht, schließlich wurde das Spiel ausnahmsweise ja sogar live im Staatsfernsehen übertragen. Da macht man sich schon Sorgen um die anhaltende Gesundheit von Mannschaft und Betreuer. Vielleicht müsste man mal Aussen-Guido fragen, ob die Bundesregierung hier nicht spontan Asyl gewähren könnte. Vielleicht wird ja sogar demnächst Platz in der FDP, und wie wir wissen, kann man mit asiatischem Migrationshintergrund ja sogar Gesundheitsminister werden *duck*

Ein ganz anderer Abschied (noch) ganz ohne WM-Aus, zeichnet sich beim DFB ab. Ich spreche jetzt nicht vom schwäbelnden Bundesjogi, sondern von der Loreal-Fönwelle Olli B. Die Zeichen verdichten sich (höfliche Umschreibung des sid, wenn man eigentlich: "Die Spatzen pfeifen es von den Dächern" sagen will), dass Golden-Goal-Bierhoff seinen Hut nehmen wird. Eigentlich eines meiner Lieblingsthemen, über das ich mich lang und breit auslassen könnte. Aber ich sehe gerade, dass hier für heute schon eine ganze Menge geschrieben steht. Also möchte ich mit Oliver Bierhoffs Worten schließen: Der Sport und der Fussball sind ein weites Feld und sehr interessant.

Wenn mann den zusammen mit Loddar nach Griechenland loben könnte, stünde es schon 2:0 für Deutschland...


#16, Stylepass: Bis er platzt...
Geschrieben von MarcelR am 24-Jun-10 um 13:37 Uhr

Letzte Bearbeitung am 24-Jun-10 um 13:43 Uhr ()
Edit sez: Der Titel war noch falsch, pardon

So, jetzt muss ich mich also nach dem Spiel zwangsläufig mit den Deutschen auseinandersetzen. Gar nicht so leicht, denn wenn ich mir mal so die mediale Gemengelage anschaue, dann scheint jeder Aspekt vor und nach dem "Schicksalsspiel" schon ausführlichst und bis in den hinteren Winkel beleuchtet. Zwischen "Öööözil ist das schön" und "Nicht schön, aber gewonnen" habe ich Schlagzeilen aller Coleur gefunden und die entsprechenden Texte dazu gelesen. Das erste, was ich dabei festgestellt habe: Man kann an jeder einzelnen Headline feststellen, wessen Geistes Kind die jeweils titelnde Zeitung ist. Das zweite, das mir auffällt, ist der Umstand, dass nicht ein einziger Text von mir zu 100% unterschrieben werden könnte. Das liegt wiederum daran, dass zwar in der Summe aller Dinge wirklich alles gesagt ist, aber nicht ein einziger Autor es schafft, zwei Schritte zurückzutreten und das große Ganze zu erfassen. Ich will an dieser Stelle beileibe nicht den Anspruch erheben, dass es mir gelingen könnte, ich will jedoch versuchen, den gestrigen Abend mehr als nur auf ein paar verunsicherte Pässe und einen Özil-Gewaltschuss zu reduzieren.

Bei mir beginnt die Betrachtung des gestrigen Abends mit der Person Dr. Theo Zwanziger. Eigentlich schon seit der Sache Jens Weinreich für mich eine persona non grata, doch was er sich dieser Turniertage wieder erlaubt, und dabei den harmlosen Grüßaugust wie weiland ein gewisser Horst Köhler mimt, ist ein verdammt starkes Stück. Es geht dabei um das Führungspersonal des DFB, hier in Form des Bundestrainers der A-Nationalmannschaft. Wir erinnern uns - vor gar nicht allzu langer Zeit sind die Vertragsverhandlungen mit Joachim Löw gescheitert, weil Zwanziger aller Welt von einer bereits per Handschlag besiegelten Verlängerung berichtete, und Löw hiervon nichts wissen wollte. Ohne diese Schmierenkomödie jetzt nochmal ans Licht zerren zu wollen - der Status Quo war: "wir reden nach der WM".

Jetzt gewinnt die Nationalmannschaft 4:0 gegen Australien, und Dr. Theo Zwanziger hat nichts besseres zu tun, als sich wie ein unterwürfiger Hund Löw anzudienen, und ihm unverfroren den Hof zu machen, wie ein 18jähriger Erstverliebter seiner Herzdame. Nach der 0:1-Niederlage gegen Serbien schlägt das Ganze irgendwie wieder um. Angesichts des drohenden und damit einmaligen Vorrundenaus, ist Zwanziger plötzlich fest davon überzeugt, dass bei einem möglichen (weil logischen) Abdanken Löws in einem solchen Falle ein gewisser Matthias Sammer parat stünde, um zu übernehmen. Man muss zwar schon ein wenig tiefer in der deutschen Fussballmaterie stecken, um zu verstehen, welch diabolischen Charakter diese Wendung in ihrer Tiefe hat. Aber auch ohne diese Kenntnisse dürfte einem klar werden, dass man nicht heute "ich liebe dich, heirate mich" sagt, um drei Atemzüge später nach einem Verhandlungsrückschlag festzustellen "aber wenn du nicht willst, dann nehm ich den da".

In gewisser Weise war sei Amtsvorgänger Meyer-Vorfelder, aka Whisky-Cola, da weniger gefährlich, weil von vornherein polarisiernder und damit unter deutlicherer Beobachtung stehend, als das scheinbar harmlose Guter-Opa-Gesicht aus Altendiez. Gefährlich für den deutschen Fussball, also das, was auf dem grünen Geviert angeboten wird, waren und sind die beiden auf jeden Fall. Denn wer wie etwa Zwanziger es schafft, einen durchaus erfolgreichen Trainer mit eigenem Fussballverständnis abseits des Platzes so zu beschädigen, und das ganze auch noch als gewollte Strategie des DFB verkauft (wir signalisieren damit, dass wir auf ein mögliches Abtreten des Trainers besser reagieren können als beim Abschied Rudi Völlers 2004), der zeigt vorallem den jungen Spielern in unserer Mannschaft eines: Dein Trainer ist austauschbar, und damit bist auch DU austauschbar. Do or die - die elitären Großkopferten werden am Ende richten".

Für den anderen Teil dieser emotionalen Achterbahnfahrt zeichnen Leute, wie ein Eventmanager, pardon, Teammanager Oliver Bierhoff verantwortlich. Keine Frage, er hat das "Produkt Nationalmannschaft" hervorragend in der Öffentlichkeitswahrnehmung platziert. Man kommt gar nicht vorbei, an den Schweinis und Özils und Neuers und wie auch immer, man schafft es als unbedarfter Fan gar nicht, sich nicht schwarz-rot-geil zu fühlen und alle zwei Jahre zum Autokorsaren zu werden. Nur passt dieses durchgehypte "wir haben 11 Nationalstars" nicht zur fussballerischen Wirklichkeit eines jungen Teams unter 25 Jahre im Durchschnitt. Klar, der Unterbau stimmt fröhlich, sind doch alle wichtigen U-Mannschaften des DFB Europaweltundwasweissichnichtmeister. Die Talente sind also da, aber das alleine macht noch keine homogene Nationalelf. Das der Öffentlichkeit präsentierte Bild der jungen, gut gestylten Leute mit ein paar coolen Moves vor der Kamera impliziert eben nicht automatisch, dass "die anderen" deshalb das Fussballspielen einzustellen haben.

Ich möchte mir gar nicht ausmalen, zu welcher Implosion es gestern gekommen wäre, wenn das Spiel verloren gegangen wäre. Der Sieg war ein glücklicher, und wer zum Beispiel einem Mesut Özil nach dem Abpfiff ins Gesicht geschaut hat, kann nicht kurz darauf: So sehen Sieger aus, schalalala" intonieren. Nein, so sehen junge Menschen aus, denen gottseidank etwas geglückt ist, das viel riesiger als das eigentliche Fussballspiel gewesen ist. Weil der Ballon weiterhin von allen Seiten und mit allen Luftpumpen gleichzeitig immer weiter und weiter aufgeblasen wird.

Und der geneigte und schon vor 2006 an der Nationalmannschaft interessierte Fan wird sich fragen: Herrje, und wer spricht noch über Fussball als solches? Den gab es nämlich gestern auch, und es gab mehr als den Gewaltschuss ins Glück nach vorherigen und nachträglichen schweren Beinen. Wer es schafft, die angesprochenen zwei Schritte zurück zu machen, der kann feststellen:

Die Abwehrseite auf der Philip Lahm nicht spielt, ist die anfällige. Ohne einen Bastian Schweinsteiger, der mit seiner natürlichen Ballgravitation ein Ruhepol in der Mannschaft ist, ist Deutschland fast schon ausgeschaltet. Ein Mesut Özil ist auf dem Weg ein ganz Großer zu werden, erkennbar daran, dass ihm zwar noch die nötige Konstanz fehlt, er aber wie andere Große vor ihm auch mal 85 Minuten nicht stattfinden kann, und dennoch zum Matchwinner wird. Ein Claudemir Jeronimo Barreto ist als Einwechselspieler besser als von Beginn an. Einem Manuel Neuer fehlt Ruhe und Souveränität, und doch ist er einer der besten mitspielenden Torhüter dieser Welt. Und so weiter. Wenn man all das jetzt hier Geschriebene zusammenfasst, muss man zwangsläufig zu dem Schluss kommen: Die WM 2010 ist ein Großturnier zu früh für diese Konstellation. Das ist aber weder schlimm noch frustrierend, weil es deutliche Perspektiven für 2012 und 2014 gibt. Vorausgesetzt, aus dem überblähten DFB-Ballon wird endlich mal wieder Luft abgelassen, und Platz für Entwicklung und Kontinuität geschaffen.

Für die Kurzfristperspektive bedeutet das: Das englische Team ist am Sonntag schlagbar. Die wohl danach unvermeidbaren Argentinier indes sind deutlich weiter, und werden sich aller Voraussicht nach als (noch) zu große Hürde darstellen. Aber ich lag ja klassischerweise schon ein paar Mal falsch bei der Deutung der nahen Zukunft. Insofern lasse ich mich einfach mal überraschen...


#17, Stylepass: Aus, Aus, Aus - Italien ist raus...
Geschrieben von MarcelR am 24-Jun-10 um 19:20 Uhr

...jemand anderes wird Weltmeister!

Hach, ich muss erstmal Luft holen, durchpusten. Mehr als eine Stunde lang habe ich mich jetzt an der späten Satisfaktion für 2006 ergötzt. Es gibt Sportmomente, da kann will und werde ich nicht neutral bleiben, vorallem dann nicht, wenn es irgendwie um italienischen Fussball geht. Nicht, dass ich irgendein Problem mit Italienern hätte, ganz im Gegenteil, schon 2006 wies ich darauf hin, dass ich mich selbst als halber Italiener fühle - aber wenn es um das runde Leder geht, und irgendwie Italien genannt wird, zucke ich zusammen. Immer wenn die Squadra Azzurra aufläuft, geht mir die Galle über. Das hat neben einigen sportpolitischen Dingen vorallem mit der Spielweise, und hier im Besonderen mit dem Hinfallen, den Sterbenden Schwan geben, der Überheblichkeit, dem Provozieren und anderen Nickeligkeiten zu tun, die für mich alle samt und sonders nichts mit dem zu tun haben, was Fussball ausmachen sollte.

Und gerade deshalb ist für mich diese Partie, dieses 3:2 der Slowaken gegen den amtierenden Weltmeister mehr als nur eine Riesengenugtuung. Vorallem, weil es auch hier wieder die ganz hässlichen italienischen Momente gegeben hat (der sterbende Quagliarella im Tornetz sei als Beispiel genannt). Und eine noch größere Genugtuung ist es, festhalten zu dürfen, dass Italien nicht nur wie 1974 die Vorrunde nicht überstanden hat, sondern G R U P P E N L E T Z T E R(!!) wurde.

Dieser Tag war ein guter Tag für den Weltfussball. Ich verspreche, dass ich ab morgen wieder zurück zur Sachlichkeit finden werde - aber diesen Tag, diesen Moment, diese historische Blamage werde ich in vollen Zügen auskosten, feiern, nachschmecken und noch lange davon zehren. Italien hat in dieser Form endgültig fertig. Hurra!


#18, Stylepass: From a Kraut with Love
Geschrieben von MarcelR am 25-Jun-10 um 10:55 Uhr

Dear Tommys,
I write you this lines from the deepest bottom of my soul. I know that you're waiting for the big battle on sunday. But I also know, that you have got the trousers primed full. You and your rainbow press know exactly what will happen, when England have a k.o. match with Germany. At the end there will be a penalty shoot-out, and you have not the breath of a chance.

But meanwhile you can enjoy yourself with looking at some nice collages of German footballplayers with a Pickelhaube or steel helmet on their heads, starring at you from the frontpage of such literarted gazettes like the Sun or Mirror, or what else you calling a newspaper. My dear Mister singingclub, it is so what of boring, that you have created no more ideas in a 100 years history of English defeats. It is always a German Blitzkrieg, Panzers and the memorial of Hitler. We know, that you hate us, but those stupid repeatings - doesn' they annoy you, too?

WE do not hate YOU - what ever you are dealing with in the headline of such crappy papers. We hate the Dutch. And a little bit the Italians. I don't know exactly, why we hate the Dutch, maybe for their beer, what we call Plörrebräu. Maybe, because their orange is so flashy in the eyes. But why should we hate you. The last time, you won a real football match against us, was in 1966. And you know, and we know, that was not a goal! After this, there were players like David Platt, Chris Waddle and Garreth Southgate. Remember them? We do! We can't hate you, because we can't hate the poor!

How ever you turn and rotate it: From Sunday evening on, you can spend your time with funny other things. Plan a visit at Windsor Castle. Have a barbecue with friends. Go and visit Alton Towers. Spend a day at the sea. Make future babies, to get a real goalkeeper in, like 20 years. Go out with Rooney, have a beer and a nice pub brawl. Or dream about the cup 2014. Maybe, you will like to invent some new jokes about football and Germany. You can do, what ever you like to, because there will be a lot of offtime for you. It is a pitty, I know. But that's the way football goes!

With kind regards, and no Panzers, not on a Blitzkrieg, eating sauerkraut not that much, but liking some sorts of English beer

Yours
Kraut


#19, Stylepass: Adel verpflichtet
Geschrieben von MarcelR am 27-Jun-10 um 13:37 Uhr

Träge flattert ein Stück Papiertischedecke im lauen Lüftchen. Leise rollt ein angeschnippter Kronkorken über den Steinfussboden des Balkons. Die Vögel zwitschern, eigentlich ist es mir fast schon zu laut. Und zu warm. Im Hintergrund brummt die geliehene Kühltruhe zufrieden vor sich hin. Fast ist sie leer geworden und hat nun deutlich weniger Arbeit als noch 24 Stunden zu vor. Ein paar leere Gläser haben ihren Weg noch nicht in die Spülmaschine gefunden. An das Buffet erinnert nur noch ein Senfklecks auf dem Boden. Es war ein gutes Fest.

Was klingt, wie der Abgesang nach einer rauschenden Fussballparty, hat mit Fussball soviel zu tun wie Butter mit kalorienarmer Ernährung. Und ist auch der Grund, warum es gestern keinen Stylepass gab. Um genau zu sein, es gab nicht mal Fussball. Ja klar, es gab schon Fussball, also Achtelfinals. Und ein Blick auf die Kicktipptabelle zeigt mir, dass ich durch richtige Einschätzung der Gemengelage satte 7 Punkte für zwei Spiele abstauben durfte. Aber ganz im Ernst, ich habe gestern nicht eine einzige Sekunde Rasensport gesehen. Und ich verspüre an diesem, ähm, Sonntagmorgen auch nicht mal das Bedürfnis, irgendetwas von gestern nachzuholen. Uruguay gegen irgendjemanden, und irgendwie USA-Ghana, oder? Ich weiss es nicht, und ich bin sogar zu faul, in die reichlich ausliegenden Gazetten zu schauen. Viel mehr freue ich mich über eine gelungene Midsommar-Party, einen so langen Samstagabend, der mich erst bei Sonnenaufgang ins Bett führte.

Und doch sitze ich hier, und fühle mich genötigt weil geschmeichelt, ein paar Zeilen zu schreiben. Haben mich doch die beiden Parkscout-Starkolumnisten, die Godfathers of the geflügelten Worte, Jogi Herre und Hansi Vester persönlich und von Angesicht zu Angesicht gelobt. Hui. Dankeschön, das freut mich tatsächlich, ohne (hoffentlich) mich überheblich zu machen. Zwar überlege ich gerade, ob durch Jogi, äh, Tim vielleicht der Fürst Uranov sprach, aber bei Ha...Mike müsste der eine Baileys schon extreme Tiefenwirkung entfaltet haben. Wobei, Moment... hmmm, die Baileysflasche ist leer. Ach, egal - ich nehms einfach mal hin, muss mir aber wohl Gedanken darüber machen, dass die erste Kolumnenhalbzeit etwas ansprechender war, als jetzt der Beginn der zweiten Hälfte. Liegt vielleicht doch an etwas zu viel Sportpolitik und zu wenig bissig-humoristischen Kommentaren. Vielleicht sollte ich die nächsten Tage doch eher aus dem sicheren Polemikmittelfeld spielen, um mit ein paar überraschenden Wortbananenflanken auf die Zotenflügel wieder mehr Druck zu entfalten.

Aber das ist im Moment alles Zukunftsmusik. Da das Großhirn derzeit noch in einer Mischung aus Schlegelpils und anderen, nicht mehr erinnerten Alkoholika schwimmt, und das Kleinhirn gerade noch soviel Restaktivität zeigt, um die wichtigsten Einstellungen auf www.fussballfan.de vorzunehmen (irgendein Arsch hat mich gestern nacht 4:0 geschrubbt), nehme ich quasi eine Basti-Schweinsteiger-Gedächtnis-Krankenauszeit. Und versuche, mich für das große Spiel heute nachmittag wieder fit zu kriegen. Da ich dazu nicht auf die heilenden Hände von Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zurückgreifen kann, und da Schwester Babsi irgendwie auch im Salz zu liegen scheint, muss wohl die Eigentherapie herhalten. Kaffee, Aspirin, Vitamin C, Apfelschorle. Wenns keine Verlängerung gibt, müsste das reichen.

Und morgen lesen Sie dann, was ein Konterbier ist... Prost!


#20, Stylepass: Wembley liegt in Südafrika
Geschrieben von MarcelR am 28-Jun-10 um 11:16 Uhr

Hach. Schön. Es gibt sie, diese sportlichen Höhepunkte, die man erstmal still für sich genießt, sie schön reifen lässt, und die dann wie ein frisch gesottenes Brathähnchen vor einem liegen. So wunderschön goldbraun, ein letzter Rest Unterhautfett noch brutzelnd und köchelnd unter der Mund wässernden Kruste. Mit butterzartem Fleisch, einer perfekten Gewürznote, die den ganzen Raum erfüllt. Wo fang ich an, hach, was mach ich bloß. Drehe ich den Flügel raus, um genießerisch die Zähne hinein zu schlagen? Reisse ich diesem Gockel wild die rösche Pelle vom Leib, um sie als Ganzes und völlig hemmungslos herunter zu schlingen? Oder möchte ich doch zum filigranen Handarbeiter werden, und diese himmlische Gaumenfreude in perfekte Einzelteile zerlegen?

So ungefähr fühlt sich das 4:1 im Achtelfinale gegen England an. Ich hätte auch das Bild des glücklichen Kindes bemühen können, das an Weihnachten von Oma, Opa, Eltern, Tante, Onkel, Paten, Geschwistern und Nachbarn überreichlich beschenkt wurde, und gar nicht weiß, welches Packerl es zu erst aufreissen möchte. Der fussballerische Gabentisch ist so üppig gefüllt, jedes einzelne Geschenk ist kunstvoll verziert und überall sind Schleifchen und Glückwunschkarten. Wie gesagt: hach, schön! Die Wundertüte Nationalmannschaft wurde gestern wieder einmal geöffnet, und der Klassiker Deutschland-England entpuppte sich als wahres Füllhorn an Geschichte und Geschichten, Szenen und neuen Aufregern für eine halbe Ewigkeit. Allen voran natürlich ein Tor, welches keines wahr, obwohl der Ball gefühlt einen halben Kilometer hinter der Linie war. Tun wir mal so, als wäre das der Flügel an unserem Brathahn, und drehen ihn genießerisch heraus.

Was könnte man nicht alles dazu schreiben, beziehungsweise, was wurde nicht auch schon alles durch die eilig anlaufenden Rotationspressen auf Papier gebannt?! Ich habe indes in stundenlanger Kleinarbeit der Recherche die einzige Person auf diesem Planeten ausmachen können, die den Ball nicht im Tor gesehen hat. Und zwar handelt es sich um Mbano Odingwe aus Kamerun, der zu diesem Zeitpunkt auf der Westtribüne auf dem Klo war. Mister Odingwe ist aber zu entschuldigen, da er wegen eines leichten Darminfektes einen flotten Otto hatte. Alle anderen, inklusive Schiedsrichter Jorge Larrionda aus Uruguay hatten den Ball hinter der Linie gesehen. Allerdings mutmaßt man jetzt, dass Larrionda einfach die Schnauze voll vom ewigen Wembleytor hatte, und die Gunst der Sekunde nutzte, um endlich ein neues Kapitel Fussballgeschichte zu schreiben. Wie auch immer man das sieht, als Deutsche sollten wir mal unsere Wirtschaftsdelegation nach Uruguay schicken, um mit diesem kleinen, sympathischen Land intensivierte Handelsbeziehungen aufzunehmen. Der Brillenriese Fielmann ließ gestern bereits verlauten, dass man in der República Oriental del Uruguay mehrere Filialen eröffnen möchte. Das Potenzial sei überwältigend, sagte Pressesprecher Pascal Kurz-Sicht.

Welchen Verlauf das Spiel sonst genommen hätte, kann man eigentlich nur erahnen. Ich vermute jedoch, angesichts des Auftretens der Deutschen Nationalmannschaft, dass auch der 2:2 Ausgleich schlußendlich nichts am Sieg der Adlerjungs geändert hätte. Zu dominant war vorallem das ausgezeichnete Konterspiel bei den Treffern drei und vier. Und vorallem Tor Nummer vier könnte ich mir vom Zeitpunkt des englischen Einwurfs bis zum Einnetzen ein paar Sekunden später immer wieder anschauen. Und wahrscheinlich wird mir auch in 20 Jahren noch das Messer in der Hose aufgehen, wenn ich sehe, wie Mesut Özil den englischen Barry wie eine Parkuhr stehen lässt. Köstlich. Das war die bereits angesprochene gut geröstete Pelle an diesem Fussballhähnchen. Da hat das Konterbier ja echt geholfen!

Jedenfalls geht der Fussballausflug quer durch Südafrika jetzt noch ein bißchen weiter. Nächsten Samstag ist um 16.00 Uhr Station in Kapstadt (übrigens, ich dachte immer, Cape Town wäre selten dämliches 1337-speak) um sich mit Diegos Maradonnen zu duellieren. Da kann man sich nach der hervorragenden Vorstellung von gestern nachmittag wirklich drauf freuen. Ich überlege schon die ganze Zeit, ob man nicht eine kleine feine Fussballparty organisieren sollte - mit Hähnchen und Bier...


#21, Stylepass: Miro will nicht mit Harald kuscheln; Sami auch nicht
Geschrieben von MarcelR am 28-Jun-10 um 23:03 Uhr

***EILMELDUNG***EKLAT IM LAGER DER DEUTSCHEN NATIONALMANNSCHAFT***

Na, komm Spaß beiseite *grins*. Den viel besseren und größeren Spaß hat heute Miro, unser Miro gemacht. Bei der sonst etwas zähen PK im deutschen Quartier kam es, wie kommen muss, wenn quasi alles schon gefragt wurde. Eine Frau(!) fragt danach, wie denn die jetzt bis morgen 16 Uhr anstehende Freizeit genutzt werden würde. Ob denn auch, hihi, kuscheln mit den Frauen bzw Freundinnen anstehen würde. Bevor wir jetzt Miro zu Wort kommen lassen, ein dringender Appell von mir.

Liebe Frauen, vorallem jene, die auch ab und an gerne mal einen Kick mit anschauen. Ihr, die ihr festgestellt habt, dass das Leben mehr als Küche, Kirche, Kinder und Kinnstraffung bereit hält. Bitte rottet euch zusammen, gegen diese inStyle-myself-Women-Glamour-Gala-Klatschtusneldas, die mit ihrem hochgezüchteten Hochglanzpapierimperium immer noch an der Gleichstellung der Frau sägen, wie der unzufriedene Gruppenleiter am Stuhl des Abteilungsleiters. Schreibt Leserbriefe, organisiert Protestmärsche, ruft zum Freundinnenboykott auf. Macht irgendwas, damit nicht einige wenige Vollspannschrapnellgeschosse eure mühevoll erkämpfte und verdiente Sozialstellung im Leben untergraben, in dem sie versuchen, beim Herrnfussball irgendwelche Klischeezoten von der Palme zu schütteln. Ich meine, hallo - kuscheln bei der WM? Ihr wisst doch genau, wie es ist, wenn Häbbät vom Fuppesplatz kommt. Da wird noch schnell ein Blondes durchgezogen, und wenn man nicht aufpasst, will er vielleicht auch schnell noch mal die Mutti durchziehen. Ist in einer emotional-brünstigen Fussballstimmung nach dem Spiel (egal ob Sieg oder Niederlage) Platz für KUSCHELN? Bitte antwortet nicht, IHR kennt die Antwort, ich kenne sie auch. Also.

Aber der sichtlich entspannte Miroslav Klose verwandelt auch diesen weiten Abstoß gewohnt und erwartet souverän: "Meine Frau ist ja nicht hier. Zum Kuscheln bleibt mir da nur Harald Stenger - und da kann ich mir Schöneres vorstellen". Genau. Das Einzige, womit dieser Mann im Moment kuscheln will, ist 36,8cm hoch und 6,2kg schwer. Und bis das geschieht, heißt es für die bewusst auf dämlich machenden Reihen: Ich bin ein Spinat, du kannst mich essen, blubb.

PS: Und Christiano Ronaldo ist nicht süüüüüüüß. Der ist ein überbezahltes, arrogantes Fussballarschloch! So. Musste alles mal gesagt werden. Ende der Durchsage.


#22, Stylepass: Mutti geht im Stadion
Geschrieben von MarcelR am 01-Jul-10 um 11:31 Uhr

Spiel frei ist's, und ehrlich gesagt, es tut gut dieser Tage, mal ein paar Stunden nicht zu müssen, weil eben auf dem Turniertableau kein Spiel aufgerufen wird. Erst morgen geht es mit den Viertelfinals weiter, und so bleibt ein gutes Stück Zeit über, sich auch mal um andere Dinge zu kümmern. Wer jetzt mit wem kuschelt, oder auch nicht, haben wir ja im vergangenen Stylepass bereits erörtert. Kann uns ja auch eigentlich egal sein, solange am Samstagnachmittag um spätestens 16.00 Uhr der Kuschelmodus wieder ausgeschaltet wird. Schließlich haben die Gauchos noch einen vier Jahre alten Antikuschel-Deckel bei uns offen.

Wobei, und die Frage stellt sich tatsächlich, was hat 2010 noch 2006 zu tun? Ich meine, muss man da nochmals auf die Prügelszenen nach dem Viertelfinal zurückkommen, die damals Thorsten Frings im Nachgang die Teilnahme am Halbfinale kosteten? Oder ist nicht geschickter zu sagen: Gleiches Land, andere Zeit, anderer Gegner? Denn in solchen Situationen ist es meistens sinnvoller, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, als den Finger in die Richtung des Gegners zu erheben. Egal, was im Vorfeld noch geplänkelt werden wird: Wichtig ist auffem Platz, und da zählen die Tore von heute, und nicht die Watschen und Schwinger von gestern. Schringschring, Futter für die Phrasensau...

Da aber wie gesagt derzeit spielfrei ist, kann man sich den anderen medialen Säuen widmen, die derzeit durch das Dorf getrieben werden. Eine davon heißt *nicht* mehr Horst "Grüßaugust" Köhler. Denn seit gestern irgendwas um 21.15 Uhr wissen wir, der neue Präses von Schloß Bellevue heißt... ähm... Dingens. Äh, der Ministerpräsident von Niedersachsen. Na, der... heißt wie ein Tier. Hund? Fuchs? Wolf?. Wulff. Also nix mit Yes-We-Gauck, wie es die letzten Wochen durch den internetten Wald rauschte, sondern eben...Dingens. Ohne jetzt zu sehr auf die politische Bühne Deutschlands treten zu wollen. Aber, im Ernst. So ein Joachim Gauck wäre schon ne Nummer gewesen.

Einer, der zu jedem Anlaß, jeder Jahreszahl und immer unter Tränen aus seinen Erinnerungen vorlesen kann. So einer hat den letzten WM-Titel der Deutschen doch noch unter ganz anderen Vorzeichen erlebt. "Der Sommer 1990 war ein guter. Im Kreise meiner mittlerweile wieder (schluchzen) vereinigten Familie sah ich gemeinsam mit meinem alten Fahrensmann aus alten (tränewegdrücken) Forumzeiten Jürgen Sparwasser das Spiel der wieder (froschimhalsrunterschlucken) vereinigten Nationalmannschaft. Wir jubelten, und ich dachte, Joachim (flenn), dass ich das noch erleben darf." Und Christian Wulff? Der hat das Spiel gar nicht mitbekommen, weil er zu der Zeit noch den Kopf wieder aus der breitgesessenen kohlschen Futt ziehen musste...

Egal - Politik und Sport sollten eh nichts miteinander zu tun haben. Sacht auch der Blattersepp, und guckt Sarkozys Nicolas dabei böse an. Weil sich die französische Politik zu sehr in den französischen Fussball einmischt(e). Remember Nordkorea, Sepp? - möchte man ihm zu rufen. Aber gut. Lassen wir das. Man kann den Sarkozy ja auch irgendwie verstehen. Der hätte sicher auch gerne jetzt am Wochenende hitzefrei genommen, und wäre gern in einen Jet der Flugbereitschaft eingestiegen, um sich im Glanze der Nationalmannschaft zu sonnen, um so von innerpolitischen Probleme abzulenken. So wie es die Bundesmutti am Samstag tun wird. Müllertore, statt Koalitionstheater. Özil-Pässe, statt Regierungsquerschüsse. Wieder ein bißchen zum falschen Moment aufstehen, dem Kaiser die Pläte streicheln und sich von Darth Blatter erklären lassen, warum die Schweiz ein schönes Steuerland ist. Ob die den Dingens mitnimmt? Ich meine, seine Gattin Bettina würde sich hervorragend auf der Spielerfrauentribüne machen... das wäre was für unsere Galareporterin (hat übrigens gestern in der PK wieder selten dämliches Frauenzeugs gefragt!) Egal, es ist spielfrei - und damit auch eine gute Gelegenheit, sich für den kommenden Samstag zu rüsten. Mediziner warnen ob der angekündigten 36°C und mehr: Kopfbedeckung, Sonnencreme, wenig Anstrengung und viel trinken.

Zumindest den letzten Teil werden unsere Landsleute garantiert beherzigen....


#23, Stylepass: Hat Uruguay eine Volleyballmannschaft?
Geschrieben von MarcelR am 03-Jul-10 um 10:40 Uhr

Tja, schade, dass ich das Brathähnchen schon beim England-Spiel verballert habe. Dumm auch, dass ich in meinem Überschwang auch noch das Bild des überreich beschenkten Kindes verwendet habe. Denn jetzt müsste ich mir an diesem schon um halb zehn heißen Samstagmorgen ein neues Bild einfallen lassen - für die beiden Viertelfinals gestern, aus denen überraschend Holland, und nicht ganz so überraschend Uruguay als Halbfinalteilnehmer hervorgegangen sind. Einzig - die Wärme macht den Kopf ganz schön träge, und irgendwie will mir keine passende Beschreibung für gestern einfallen.

Ja, komm - die üblichen Verdächtigen kriege ich schon zusammen: Hollywoodreife Inszenzierung, Tal der Tränen für Brasilien, Fußball mit all seiner Emotionalität, usw, etc pp. All das ist eher durchschnittliches Niveau, und trifft nur teilweise die Realität. Ich versuche es mal so rum: Wenn man gerne und interessiert auch mal ein Fußballspiel verfolgt, ohne eine besonderen Mannschaft den Daumen zu halten, dann war der gestrige Freitag ein verdammt guter Tag. Einer mit Zuckerguss und Sahnehaube. Naa, auch diese Formulierung zieht jetzt nicht unbedingt die Wurst vom Teller - aber gut. Es war halt einfach ein guter Tag. Punkt. Weiter zerlegen will ich das jetzt auch nicht, das macht nur Kopfweh.

Ich möchte mir allerdings einen einzelnen Punkt von gestern herausgreifen. Es ist die 120. Minute im Spiel Ghana gegen Uruguay. Bis dahin war das Spiel ganz gut - nicht, weil es besonders schön anzuschauen gewesen wäre, im Gegenteil. Aber die beteiligten Akteure haben es ganz schön spannend gemacht. Bruder Zufall hätte das Spiel in beide Richtungen ausgehen lassen können, nicht umsonst waren die beiden Tore, die bis zum Ende gefallen sind, alles andere als zwingend oder von anderem besonderen Wert. Doch jetzt ist eben die 120. und es folgt eine Szene, die jeden Fußballfreund, egal ob als einfacher Zuschauer, oder Mann am Regeldrücker zum Nachdenken bringen sollte.

Ghana drückt den Ball fast über die Linie, er springt zurück in den Fünfer, wird aufs Tor geköpft, und der uruguayische (heißt das so) Sportskamerad Suarez pritscht den Ball auf der Linie stehend mit beiden Händen so gekonnt weg, dass man fast meinen könnte, er plane eine Parallelkarriere in der Volleyballnationalmannschaft. Klarer Fall: Rot und Handelfmeter. Gyan semmelt die Pille ans Queraluminium - Ende, Elferschießen. So weit, so bekannt, so weit auch schon in den WM-Büchern geschichtlich niedergelegt.

Die Frage, die ich mir jetzt allerdings stelle, ist folgende: Sollte es nicht eigentlich eine Regel geben, die besagt, dass wenn ein Ball eindeutig und unvermeidbar die Torlinie überqueren wird, jedoch von einem Feldspieler per absichtlichem Handspiel daran gehindert wird, ist auf Tor und Rot zu entscheiden. ?! Meiner Meinung nach ist nämlich ein solches Handspiel abseits von allen Fouls oder Unflätigkeiten die gröbste Unsportlichkeit auf dem Fußballplatz. Schlußendlich nimmt der Handspielende zwar billigend in Kauf gesperrt zu werden, bewahrt seine Mannschaft aber davor, wie in diesem Beispiel, durch einen entscheidenden Treffer komplett abgemeldet zu sein. Und der bislang zu gebende Straßstoß ist ja erstmal wieder ein Versuch, den Ball über die Torlinie zu bringen, und ist somit in der Qualität nicht mit dem bereits eigentlich gelungenen Versuch zu vergleichen.

Statt über Torkameras, Ballchips, Torrichter, oder was weiss ich nicht zu entscheiden, sollten alle Beteiligten im Weltfußball diesen einen Moment von gestern abend zum Anlass nehmen, eine Regel einzuführen, die unseren Rasensport tatsächlich weiterbringt, und gleichzeitig einfacher und gerechter macht. Klar, ist das keine Szene, die alltäglich vorkommt - doch hat die Dramatik und das Ergebnis gestern gezeigt, dass es so, wie es *jetzt* aktuell ist nicht sein sollte. Ich bin mal gespannt, ob dieser Punkt nach der WM tatsächlich aufgegriffen wird.

Ansonsten kann ich nur hoffen, dass die verbleibenden sechs Spiele noch genauso packend und interessant werden, wie die zwei Spiele gestern. Es gibt nichts mehr zu taktieren, weils keine Punkte mehr gibt. Es sind nur noch Mannschaften im Turnier, die sich gegenseitig schlagen können. Schlußendlich könnte das Finale sogar Uruguay gegen Paraguay lauten - wer hätte das vor Turnierbeginn gedacht. Aber wenn ich einen Wunsch frei hätte - ich würde mir Holland-Deutschland im Finale wünschen. Ergebnisoffen, denn ich habe mir ja nur einen Wunsch erbeten

Ist schon 16 Uhr?


#24, Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von MarcelR am 03-Jul-10 um 18:47 Uhr

Vier zu null. VIER ZU NULL. Deutschland: vier - Argentinien null

Sorry, Leute - das kann leider nicht wahr sein. Es gibt sogar eine wissenschaftliche Erklärung dafür. Auf grund der großen Hitze über Deutschland, kam es zu so genannten Massenhalluzinationen. Infolge derer waren hier fast alle Landsleute überzeugt, dass Deutschland gerade Argentinien mit vier zu null geschlagen hat. Im Viertelfinale der FIFA FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT 2006™ in South Africa. Tatsächlich wird sich morgen in den frühen Morgenstunden nicht nur die Temperatur abkühlen, sondern auch herausstellen, dass Argentinien knapp kurz vor Schluß mit 2:1 gewonnen hat, nach einem Tor von Messi in der 90.(+2) Minute.

Jetzt guck ich allerdings hier in Bochum nach draußen, und sehe einen schon mindestens zwei Stunden anhaltenden Landregen. Darüberhinaus sagt mir der Blick aufs Thermometer, dass hier gerade etwas um 24,4°C herrschen. Sollte etwa doch...?! Ich meine, immerhin hatte ich ja beim Tippspiel vermessenerweise auf 3:1 für Deutschland getippt... Neee, kann nicht, oder? Ich meine, hallo: Argentinien. Alles andere als die englische Laufkundschaft. Immerhin die Mannschaft, die bislang mit den übzeugendsten Fußball bei dieser WM gezeigt hat.

Ich schalte also ganz bewusst nochmal auf "Feindsender". BBC News schreibt unten in der Laufzeile: Germany hits Argentina bei four-nill. Und auch im Internet scheint es so, als wenn wirklich gerade die ganze Welt davon überzeugt wäre, dass Deutschland vier zu null gewonnen hat. Also nochmal für mich, ganz langsam: Deutschland hat Argentinien gerade in diesen Momenten mit vier Toren gegen null Tore nach Hause geschickt? Die deutsche Nationalmannschaft hat vier Tore erzielt, und die argentinische keins? Die Deutschen rücken auf grund von vier markierten Treffern ins Halbfinale vor, während Argentinien zurück nach Südamerika fliegt, weil es im gleichen Spiel keinen Treffer verbuchen konnte?! Die Bubentruppe eines gewissen Schwaben schafft es, gegen den designierten Weltmeister von 2010 vier mal einzunetzen?

Ähm - das *muss* ein Fehler im Raumzeitkontinuum sein. Das ist ein Fehler in der Matrix. Selbst wenn die Theorie der Milliarden und Abermilliarden Universen stimmt - es *kann* kein Universum geben, in dem Deutschland gegen Argentinien in einem Viertelfinale einer Weltmeisterschaft vier zu null gewinnt. Geht nicht, gibts nicht - kann Stephen Hawkings bestimmt mit seiner Stringtheorie beweisen. Wahrscheinlich ist es sogar wegen der einsteinschen Relativitätstheorie (nichts ist schneller als Licht, Deutschland schießt keine vier Tore gegen Argentinien ohne Elfmeterschießen) gänzlich undenkbar, dass das da gerade Wahrheit ist. Da gibt es garantiert irgendwelche Naturkonstanten, die das verbieten.

Und doch - irgendwie, ich weiß nicht. Es trudeln immer mehr gleichlautende Meldungen ein. Im Internet, als SMS auf unserem Handy. Am Telefon. Im Chat. Könnte es vielleicht doch irgendwie, keine Ahnung wie, doch im Bereich des Möglichen liegen, dass Deutschland gerade vier zu null gegen Argentinien gewonnen hat? Ich mein, die Argentinier hatten doch Messi. Und Maradona. Und Tevez. Und Higuain. Und überhaupt, wir nur.... Müller, Klose, Podolski. Naja, und Arne Friedrich natürlich. Aber hey, das kann doch nicht zu einem vier zu null Sieg gereicht haben, oder? Hat es wirklich? Echt?

Kann mich mal jemand kneifen?



#25, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von Keng am 03-Jul-10 um 19:04 Uhr

Letzte Bearbeitung am 03-Jul-10 um 19:05 Uhr ()
Ich könnte Dich ja mal wachrütteln, indem ich Dir ein aktuelles Bild meines linken Fußes zeigen...

http://leenio.de - Dein Freizeitradio
GAM!NG IS NOT A CRIME - http://kengslair.de


#26, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von Kuggy am 03-Jul-10 um 20:28 Uhr

*kneif*
Glaub mir -ich glaub es zwar auch kaum- aber es war so...

#27, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von Blitz am 04-Jul-10 um 07:44 Uhr

Infolge derer waren hier fast alle Landsleute überzeugt, dass
>Deutschland gerade Argentinien mit vier zu null geschlagen hat. Im Viertelfinale der
>FIFA FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT 2006™ in South Africa.

Du leidest doch unter Halluzinationen.

Gruß,

Dennis


#28, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von coaster1977 am 04-Jul-10 um 09:06 Uhr

Nö,

er hat dir Zeitmsschine erfunden *lol*

Aber mal im Ernst, ich hab nicht damit gerechnet, freue mich aber umso mehr, daß Deutschland weiter ist. Wenn das auch so gegen Spanien weiterläuft (hab das Spiel von den Spaniern nicht gesehn) denk ich mal, sollte der Titel drin sein.


#29, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von Keng am 04-Jul-10 um 09:39 Uhr

>(hab das Spiel von den Spaniern nicht gesehn)

Das war kein Spiel, das war ein Krampf. Du hast nichts versäumt.

http://leenio.de - Dein Freizeitradio
GAM!NG IS NOT A CRIME - http://kengslair.de


#30, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von Ronin am 04-Jul-10 um 09:56 Uhr

Letzte Bearbeitung am 04-Jul-10 um 09:57 Uhr ()
Ich sehe es schon kommen: Wir hauen Spanien mit 5:1 aus dem Turnier und verlieren dann im Finale 2:1 gegen die Holländer

#31, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von coaster1977 am 04-Jul-10 um 10:21 Uhr

Oder noch besser: wir gewinnen Aber dann kann ich das Tanken und Kaffee kaufen in den Niederlanden erstmal vergessen...

#32, RE: Stylepass: Vier zu null
Geschrieben von SoftwareFailure am 04-Jul-10 um 10:50 Uhr

Mal angenommen jemand wäre am Mittwoch schon in China. Wäre es dann deutsche Staatsbürgerpflicht, nachts um 2.30 Uhr aufzustehen und unsere Jungs vom Hotelzimmer aus anzufeuern?

#33, Stylepass: Euphoria, die deutsche Muse
Geschrieben von MarcelR am 04-Jul-10 um 11:03 Uhr

Wieder ist es Sonntagmorgen, nach einem aufregenden Samstag. Doch da im Vergleich zu letztem Samstag die vergorenen Geistesgetränke bis auf zwei Freudenbiere im Schrank verblieben, ist es heute sogar früher als letzte Woche um diese Zeit. Also die Zeit, bei der ich mich mit Kaffee an den PC setze, langsam die Lebensgeister erwachen lasse, und meinen medialen Rundumblick beginne. Es ist deutlich abgekühlt, längst nicht mehr so heiß wie an den vergangenen Tagen. Die Vögel zwitschern, die Kater streunen über den Balkon - hach, herrlich.

Vorhin rief eine Nachbarin des reiferen Semesters quer durch die Hinterhofanlage irgendjemandem zu: "Der Maradona hat geweint. Geschieht ihm recht, diesem Falschspieler." Tja, so einfach kann man die Dinge sehen, wenn man, bzw frau in diesem Fall, das möchte. Ja, Maradona hat geweint. Ob zu recht, weil das vielleicht ausgleichende Gerechtigkeit für seine Hand Gottes war, weiß ich nicht. Will ich auch nicht beurteilen. Man macht im Leben nicht immer alles richtig, und wenn wirklich jeder Fehltritt bestraft würde - uiui, lieber nicht, da müsste ja auch mich das Bad Karma noch das ein oder andere mal einholen. Will ich das? Das kann ich mit einem deutlichen nein beantworten.

Aber wenn es nicht die ausgleichende Gerechtigkeit der Fußballmuse Pedestria (Terry Pratchett, Unseen Academicals) war, woran lag es dann, dass Argentinien so sang- und klanglos gestern untergegangen ist? Oder andersherum gefragt: Worin lag die Stärke der deutschen Nationalmannschaft, nicht zur gestern? Um die Frage zu beantworten, muss ich mir die Frage nach der Stärke überhaupt erstmal stellen. Denn zwischen ca der 15. und etwa der 60. Minute fühlte sich das Spiel alles andere nach deutscher Dominanz an, sondern eher so nach: "Oh Gosh, das wird eine Abwehrschlacht sondergleichen. Das kann ich nicht mit angucken". Erst mit dem 2:0 und dann 3:0 wurde es wirklich wieder so stark, wie das Ergebnis am Ende aussagt. Und das 4:0, seien wir ganz ehrlich, war gar ein Tor zu viel. Sooo schlecht war Argentinien nun wirklich nicht.

Aber was ist nun die Stärke, die also nicht immer dominant um die Ecke kommt? Einzelne Spieler wie Bastian Schweinsteiger (der bessere Ballack?) und ein entfesselter Müller sind auf jeden Fall zu nennen. Auch Leute, die man nicht (immer) sieht, wie etwa ein Per Mertesacker, Arne Friedrich, oder gestern auch Özil und Podolski tragen eine Menge dazu bei. Tatsächlich ist es aber wohl wirklich das Kollektiv - die gesamte Mannschaft aus den 11 die auf dem Platz stehen, über die Auswechselspieler bis hinzu Technikassi, Busfahrer, PR-Plauderer, Medizinmänner, usw. Ich finde es ja meist etwas bemüht, wenn gesagt wird: Der Star ist die Mannschaft, wir haben gemeinsam gewonnen, meine Leistung war nicht so wichtig wie die der Mannschaft, etc und fortlaufend.

Schaut, bzw hört man dieser Tage aber genau hin, dann passiert das Verrückte. Man *glaubt* es plötzlich sogar als Außenstehender. Die Jungs und Männer und alten Säcken sind jetzt seit bummelig sieben Wochen zusammen "einkaserniert". Wer selbst schonmal einen einwöchigen Sportschullehrgang, oder ein Bundeswehr-Gefechtsschießenbiwak, oder irgendetwas anderes mitgemacht hat, wo man sich zwangsläufig kaum aus dem Weg gehen kann, der weiß, dass es nur funktionieren kann, wenn alles irgendwie ein großes Räderwerk ergibt. Es sind schon solideste Familien an einem 14tägigen Urlaub auf dem Bauernhof kaputt gegangen, und die Leute da unten in Südafrika haben sich noch nicht mal was Böses gesagt. Na, vielleicht schon, aber es wurde kein Staatsdrama draus, wie etwa bei Frankreich oder England. Ich finde das bewundernswert.

Noch viel bewundernswerter finde ich, dass die Liste unserer 23 Gemeldeten jetzt nicht unbedingt liest, wie das Who-is-who der regelmäßigen Champions League Teilnehmer. Und doch spielen sie modernen, attraktiven Offensivfußball, als hätte es in Deutschland nie was anderes gegeben. Moment, Deutschland? Attraktiver Fußball? Heißt es über Deutschland nicht immer: Zweikampfbetonter, taktisch ausgeprägter, ohne große Finesse vorgetragener Kampfeswillen? Im Zweifel im strömenden Regen im Elfmeterschießen gewinnend? Ja, selbst die internationale Presse reibt sich verwundert die Augen, und, Achtung: Feiert die Deutschen für ihr unterhaltsames Rasenspiel!

Ich könnte jetzt noch stunden- bzw seitenlang weiterschreiben. Weiter nach Erklärungen oder Superlativen suchen. Aber es war gestern eine Szene, mit der ich gerne schließen würde. Nach dem 3:0 fängt die Kamera den lachenden, klatschenden Tross der Nationalmannschaftshintermänner ein. Dabei natürlich Fönwelle Olli, aber eben auch Pressemann Harald Stenger. Als die Kamera ihn näher in den Fokus rückt, kann man es ihm von den Lippen ablesen: "Unfassbar".

Genau. Guten Morgen!


#34, RE: Stylepass: Euphoria, die deutsche Muse
Geschrieben von Simon am 04-Jul-10 um 16:55 Uhr

Also ich glaube ja an so Sachen wie Karma-Ausgleich und selbsterfüllende Prophezeihungen...

"Ich hoffe, die Deutschen haben an diesem unberechtigt errungenen Sieg keine Freude. Ich hätte lieber 4:0 gegen sie verloren als auf diese Weise."
Maradona nach der WM-Final-Niederlage 1990


#35, wish granted (k/T)
Geschrieben von Keng am 05-Jul-10 um 19:07 Uhr

http://leenio.de - Dein Freizeitradio
GAM!NG IS NOT A CRIME - http://kengslair.de

#36, Stylepass: Adieu Günter
Geschrieben von MarcelR am 06-Jul-10 um 11:39 Uhr

Es ist die WM '98 in Frankreich. Nie werde ich das quietschige Outfit von Gerhard Delling vergessen - was sollte das sein? Lachsfarben? - bei dem es fast so aussah, als würde Delling den passenden Lippenstift zum Jacket tragen. Die ARD präsentierte ihr neues Komentatorenduett aus Nelling und Detzer. 12 Jahre ist das her, und wenn man das heute nochmal sieht, dann merkt man überdeutlich: Meine Fresse, die 90er waren Style technisch auch nicht die größte Erleuchtung. Wobei, der einzige Mensch, der damals schon genauso (gut?) aussah wie heute, war: Günter Theodor Netzer.

Den bald 66jährige Netzer kennen viele mehr oder weniger nur als Fußballopa von der ARD. Den mit der spitzen Zunge und den akkurat sitzenden Jackets und Wortgeflechten. Okay, verwunderlich ist das nicht, heutzutage, da die meisten "Fußballfans" kaum älter sind, als der große Bauerjoghurt vom letzten Wochenend-Einkauf. Auch ich, als 1975 Geborener, kenne Netzer nicht mehr als aktiven Fußballer. Allerdings fingen mein Opa und mein Vater an mich mit ins Niederrheinstadion zu schleppen, als die Erinnerung an den Rebell mit der blonden Matte noch herrlich frisch waren. Außerdem war Netzer gerade Manager beim HSV, wo zu der Zeit auch Ditmar Jakobs spielte, mit dem mein Herr Vater gemeinsam in die Schule gegangen war. Vattern brachte immer ein paar nette HSV-Devotionalien von den Klassentreffen mit - signierter Ball, Mannschaftsfoto, usw, und so waren die Herren Netzer und Jakobs die ersten beiden Fußballlegenden, zu denen sich so was wie eine emotionale Bindung aufbauen konnte.

Naja, jedenfalls kann ich seit meiner Anfangszeit im Stadion all die spektakulären Dinge nachbeten, an denen ein Netzer beteiligt war: Dosenwurfspiel, Pokalfinale '73, Real Madrid - all das geht mir heute noch leicht von der Zunge, als wäre ich selbst dabei gewesen. Irgendwann verliert man aber die Idole der Altvorderen aus den Augen, weil man sich eigene sucht, und zumindest ich irgendwann mal sagen wollte: Das kenne ich nicht nur aus Erzählungen, da war ich sogar live dabei. Und es dauerte dann quasi bis 1998, bis ein altes Idol, nämlich jener Günter Netzer, zum echten "eigenen" Idol werden konnte. Seit dem begleitet Netzer nämlich wieder aktiv "meine Fußballlaufbahn", und ich gebe ehrlich zu: Ich hänge an seinen Lippen. Ja, ich hab oft auf Detzer und Nelling draufgehauen, weil sie eben auch viel Kokolores erzählen, aber ganz tief in meinem Herzen weiß ich: Verdammt, wenn der Netzer jetzt geht, dann bleibt eine Lücke in der Tiefe des Raumes, die keiner mehr schließen kann. Delling wird weiter machen, aber wer soll den Konterpart so überzeugend spielen wie Netzer, der Klöpse rausgehauen hat, dass mir regelmäßig die Kinnlade runtergefallen ist. Hat der das jetzt wirklich gesagt?

Ich habe mich dann die letzten 90 Minuten mal auf die Suche gemacht, welches Bonmot des Herrn Netzer ich hier in meiner Kolumne verwenden könnte. Dank youtube findet man aber viel zu viele. Vorallem auch, weil fast keine Begegnung zwischen ihm und seinem Duz-Freund Gerhard dabei gewesen wäre, in der sie sich nicht zwar permanent siezen, aber so gekonnt die Bälle zu passen, dass es fast schon abgesprochen wirkt (war es wohl immer auch). Was soll man da auswählen? Den Lachflash zum Thema Vuvuzela von neulich? Eine der vielen Spitzen á la: "Da haben Sie mich wieder einmal nicht verstanden?" Eins der Pseudo-Lobe in Form von: "Da haben Sie ausnahmsweise einmal richtig hingeschaut."

Doch dann dämmert es mir. Es gibt einen geschichtlichen Moment, da ich ja eben von eigenen Fußballlegenden gesprochen habe, bei dem ich tatsächlich live dabei war. Wahrscheinlich wird das Islandspiel schlichtweg das Highlight bleiben, mit dem ich den ARD-Analyse-Netzer in Erinnerung behalten werde. Knapp elf Minuten, in denen jüngere Fußballgeschichte geschrieben wurde. Und wieder einmal war Günter Theodor Netzer bei etwas dabei, von dem man Kindern und Enkelkindern jahrelang im Stadion erzählen kann.

Günter - ich könnte tausend Sachen zum Abschied sagen. Dir ein letztes, gewonnenes Spiel wünschen. Dir virtuell auf die Schulter klopfen, hachja seufzen, oder noch einmal beteueren, dass Delling ohne dich einfach nur ein Sportfuzzi ist. All das wäre aber pathetischer Pathos, und davon gab es in deinem und auch in meinem Leben schon viel zu viel. Daher möchte ich nur eins sagen: Danke!


#37, Stylepass: Wenn eigentlich alles gesagt ist
Geschrieben von MarcelR am 08-Jul-10 um 13:05 Uhr

Tja, hach - ärgerlich. Ärgerlich, dass unserer eigentlich spielfreudigen jungen Mannschaft die Erfahrung fehlt, bei solch einem Spiel nicht die Hosen voll zu haben. Ärgerlich, dass die Erfahrung dazu fehlt, einem solchen Spiel den eigenen Stempel aufzudrücken, und sich stattdessen ein ganzes Spiel über 5-10 Meter von der eigentlichen Idealposition und zu weit nach hinten zurückgezogen zu befinden. Auch fehlte der Mumm, aggressiv in Zweikämpfe zu gehen. So habe ich mich irgendwie an eine legendäre Halbzeitansprache meines damaligen Jugendfußballtrainers erinnern müssen: "Wollt ihr, dass auf euren Grabsteinen steht: "Es war aber ein faires Spiel?" Spanien gebührt die Gratulation für ein dominantes Spiel, welches zumindest im Mittelfeld nie den Eindruck machte, als könnte man gegen Deutschland verlieren. Letztlich waren es nur die zahlreich vorhandenen, aber genauso zahlreich vergebenen Hochkaräter der Roja, die die deutschen Adler lange im Spiel hielten.

Aber ist das ein Beinbruch, eine Katastrophe oder gar schlimm? Nö! Klar, verlieren ist alles andere als angenehm, aber ich für meinen Teil muss festhalten, dass die Nationalmannschaft bei diesem Turnier weit mehr erreicht hat, als ich im Vorfeld erwartete. Das gilt nicht nur für das reine Erreichen des Halbfinals, sondern viel mehr gilt es für die Dinge, wie etwa Spielkultur, modernes System und Emanzipation von Michael Ballack, die dieses Turnier eben auch gebracht hat. Ich gebe zu, ich werde in Südafrika lieber dritter oder vierter mit einer Leistung, die noch mehr für die nächsten beiden kommenden Großturniere verspricht, als gequälter Weltmeister mit einer Truppe, die sowohl alters- als auch spielsystemtechnisch kurz vor dem Altersheim steht.

Natürlich bleibt tief unten eine schmerzende Stelle, eine Wunde die gepflegt sein will, weil verlieren eben Niederlage bedeutet und wehtut. Aber ordentlich auf- und verarbeitet sollte die Südafrikasafari ein Pfand und Pfund für die kurz- und mittlefristige Zukunft sein. Für mich durchaus ein ausreichender Trost. Vorallem, wenn ich rausschaue und sehe, dass die Sonne nicht nur wieder aufgegangen ist, sondern für die nächsten Tage gar bestes Sommerwetter verspricht. Große Trübsal wird allein schon wegen des vielen Sonnenscheins gar nicht aufkommen können. Und, und das ist jetzt die sportliche Sicht, mit Holland gegen Spanien wartet ein echtes Zückerchen als Abschluß dieser WM. Ach ja, und Sonntag kann man gegen Uruguay ja nochmal zeigen, wo Bartel in Zukunft den Most holt Insofern: Katerstimmung, ja - ein bißchen. Aber Not und Elend und Tränen und Niedergeschlagenheit, nö - nicht mal ansatzweise. Verlierenkönnen gehört zum Geschäft, sonst wären wir ja alle FC Bayern-Kunden. Obwohl...

Aber zwei Dinge möchte ich noch loswerden. Aus welchem Loch kommen eigentlich jetzt die ganzen Grottenolme hervorgekrochen, die mit Statements "Schade Deutschland, alles ist vorbei", oder "geschieht denen recht, endlich stopft denen mal jemand das Maul", oder: "Schland zu Recht im Schlund der Krake.", oder "Dem Orakel Kraken Paule ein dreifaches Hip, Hip Hurra! Alles ist super, alles ist wunderbar......." usw sich in diesen Stunden auf die Niederlage einer Fußballmannschaft jetzt einen von der Palme schütteln? Na, es muss keiner antworten - die Antworten kenne ich selber. Ich finde es nur höchstbedauerlich, dass es in einem entwickelten Staat wie Deutschland offenbar soviele gescheiterte Existenzen gibt, nicht in der Lage die eigene Enttäuschung zu überwinden und das Leben neu und anders zu gestalten, so dass als Fluchtpunkt nur der ausgekippte Misthaufen über andere der letzte Funken Licht in der eigenen Existenz ist. Arm, einfach arm. Punkt.

A propos Punkt - der letzte, den ich gerne ansprechen würde, ist für mich ein doch trauriger. Ich möchte nämlich mit diesem letzten Stylepass meine WM-Kolumne schließen. Ich hatte mir das bereits im Vorfeld überlegt, und ich hätte es auch im Falle eines Sieges der Deutschen an dieser Stelle beenden wollen. Irgendwie habe ich nämlich das Gefühl, dass alles gesagt ist. Und ich denke mir, bevor ich es kaputtquatsche oder irgendwas noch versuche an den Haaren herbeizuziehen, mache ich lieber einen Punkt. Klar, es sind noch die beiden Finals, und vieles wird anderswo noch geschrieben stehen. Aber für mich ist hier, heute - jetzt in diesem Moment Schluss. Bis zur EM 2012 schreibe ich an anderer Stelle (siehe Signatur) weiter, aber spätestens, wenn der Nationalmannschaftsball wieder in einer Turnierendrunde rollt, bin ich wieder da. Falls mir bis dahin nicht der Himmel auf den Kopf fällt...

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, und auf bald!


#38, RE: Stylepass: Die getrötete WM-Kolumne
Geschrieben von DB Der Birki am 08-Jul-10 um 19:24 Uhr

Moin!

Ich habe mit Freuden und Spannung jede einzelne Deiner Kolummnen gelesen.

Vielen Dank, dass Du so zur WM beigetragen hast. Lasse Deine Kolumne bitte spätestens zur EM wieder auferstehen.

Ferne Grüße,
DB - Der Birki

--

Atheismus - schlafen Sie sonntags aus!


#39, Stylepass: Was ich gar nicht mehr sagen wollte....
Geschrieben von MarcelR am 14-Jul-10 um 00:43 Uhr

Ich hatte die Kolumne abgeschlossen. Ich hatte alles gesagt. Und ich war zufrieden damit. Doch dann kam die letzte leenio.de-Radio-Sendung und Keng hat mich gefragt, warum ich schon "so weit" vor dem Ende ausgestiegen bin. Und das es ja schade wäre, weil doch das Spiel um Platz 3 das bessere Finale war, als das Spiel Holland-Spanien. Und das noch so viel mehr Material gewesen wäre, das man hätte verarbeiten können. Ich hab versprochen, dass ich mir das Ganze nochmal anschaue, und unter Umständen auch nochmal kommentiere.

Gut, so stehe ich jetzt also hier. Das Turnier ist längst vorbei. Es ist auch nochmal so ziemlich alles geschrieben worden, was irgendwie noch reingepasst hat. Deutschland dritter, Bronze verteidigt - aber bei der Rückkehr am Flughafen durch den Hintereingang verschwunden. Die Holländer eher Treter als echte Kombatanten im Finale. Paul, die Krake mit 100% Trefferquote beim Orakeln. Schiedsrichterkollege Webb aus England mit einigen Fehlentscheidungen. Joseph S. Blatter gibt Südafrika 9 von 10 Punkten. Günter Netzer ist endgültig gegangen. Waka waka und Waving flag sind Geschichte...

Was hätte ich also noch zu sagen? Das ich es schade finde, dass die WM zu Ende ist?! Das ich es genossen habe, 59 von 64 Spielen live zu sehen? Das meiner Meinung nach diese WM verdammt schwach war?! Das ich lieber auf SKY statt in den ÖR (oder noch schlimmer: RTL) die Spiele verfolgt habe? Das ich nichts gegen die "Pseudofans" habe, die nach allgemeiner Meinung nur zu großen Turnieren aus ihren Löchern gekrochen kommen? Das ich mir vorhin eine Dauerkarte für den VFL Bochum bestellt habe?

Ja, okay - ich könnte noch nachreichen, dass die nordkoreanische Nationalmannschaft noch lebt, genau wie die Beer Babes. Das ich beim FPW-Kicktippspiel gerne Zweiter geworden bin. Das die Nachbarn nicht nur ihre Kampfbeflaggung eingeholt haben, sondern auch die Aussenspiegelverhüterlis. Aber im Ernst - was wäre wirklich noch zu sagen, zur FIFA FUSSBALLWELTMEISTERSCHAFT™ 2010 in South Africa? Den Kraken Paul könnte ich noch in einem guten Schwung gutem Olivenöl anbraten, und anmerken, wie großartig diese Marketingaktion war. Spanien gratulieren - nicht für den schönsten, aber für den erfolgreichsten Fußball. Ein bißchen die Holländer bashen, die schon wieder nicht Weltmeister geworden sind. Oder Nigel de Jong mit Zinedin Zidane vergleichen - auch Finale, gleiches Trefferbild.

Ich könnte auch nochmal Werbung in eigener Sache machen. Schließlich gibt es auf ps.de in der Rubrik "Sport" ab sofort eine 14tägige Sportkolumne von mir. Ich könnte auch darauf hinweisen, dass ich den European Fanday 2010 extra früh genug verlassen habe, um noch Grillzeug und Salatkram einzukaufen, und ein paar Freunde zum Grillen um Platz 3 eingeladen habe. Ich könnte auch darüber philosophieren, ob, nach dem Erfolg der WM-Kicktipprunde, nicht ein BuLi-Kicktipp-App auf FPW eine ganz tolle Sache wäre - statt Kickermanager. Oder laut rufen: Warum bedankt ihr Arschlöcher (bis auf Birki) Euch nicht für eine fast vierwöchige Kolummne?

Aber genau das ist eben der Punkt. Vom Gefühl her wusste ich, dass ich eigentlich alles Wesentliche schon vorher schon gesagt hatte. Das, ausser Platitüden, nichts mehr überbleibt, das es wert wäre, in Worte gegossen zu werden. In so fern bitte ich um Verzeihung. War schön, war ein bißchen Sommermärchen 2 - aber der Sommer 2010 geht weiter. Themen gibts genug, Hitze ist genug vorhanden; der Lenz lacht über uns allen! Mein nächstes Event ist Bochum Total 2010 nächstes Wochenende. Derweil spielt die U20-Frauenmannschaft um die WM 2010 (Deutschland gewann 4:2 gegen Costa Rica in Bochum). Ab Ende Juli/Anfang August gehts weiter mit DFB-Pokal und Ligabetrieb.

Es ist Sommer - was machst DU daraus?! Oder anders gefragt: In welche Vuvuzela wirst Du tröten?!


#40, RE: Stylepass: Was ich gar nicht mehr sagen wollte....
Geschrieben von Morrrpheus am 14-Jul-10 um 10:00 Uhr

Danke!
Da ich gehofft hatte, dass doch noch ein letzter Teil kommt, hab ich mich noch zurück gehalten!
Erst war ich etwas skeptisch und da ich nur ein "Pseudofan" bin und dazu noch im Urlaub war, hab ich nicht gleich alles gelesen. Nach dem ich dann aber 2 aktuelle Beiträge gelesen hab, hab ich mir noch mal alles durch gelesen!

Jetzt ist es rund und ist im eckigen (Bildschirm) drin!
________________
Morrrpheus