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Foren-Name: Plauderecke
Beitrag Nr.: 8829
#0, (Leider nicht)Nur für Dirk: Frankreich führt Internet-Sperre ein
Geschrieben von MarcelR am 13-Mai-09 um 15:54 Uhr
Die letzte Hürde ist genommen: Nach der Nationalversammlung hat heute auch der französische Senat einem Gesetz zugestimmt, das Raubkopierer vom Internet ausschließen soll. Die Parlamentarier beschlossen unterdessen, dass sie selbst lange genug offline waren.

Paris - Einen Tag nach der Nationalversammlung hat auch der französische Senat ein umstrittenes Gesetz zum Kampf gegen Raubkopierer im Internet gebilligt. Nach dem knappen Ergebnis in der Nationalversammlung (296 zu 233 Stimmen) votierten am Mittwoch 189 Senatoren dafür, nur 14 stimmten dagegen. Damit ist die letzte parlamentarische Hürde für die Einführung einer neuen Behörde genommen, die hartnäckige Internet-Piraten mit Netzsperren von bis zu einem Jahr belegen soll.

Die Opposition, Verbraucherschützer und das EU-Parlament hatten das Gesetz heftig bekämpft. In der Tat könnte die EU noch den Versuch des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy blockieren, sein Land zum Vorreiter im Kampf gegen das illegale Herunterladen von Musik und Filmen zu machen: Sollten die EU-Staats- und Regierungschefs dem Antrag des EU-Parlaments folgen, den Internet-Zugang zum Grundrecht zu erklären, würde die geplante französische Behörde gegen EU-Recht verstoßen.

Die Opposition sieht in dem Gesetz "zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet" einen Angriff auf die Bürgerfreiheit. Das EU-Parlament fordert, Sanktionen wie eine Netzsperre dürften nur von Gerichten verhängt werden. Die Musikindustrie erhofft sich dagegen einen wirksamen Schutz vor der Verletzung der Urheberrechte.

Mit dem Gesetz wird Frankreich zum ersten Land, das eine eigene Behörde ("Hadopi" für Haute Autorité pour la Diffusion des Oeuvres et la Protection des Droits sur Internet) einführen will. Sie soll Hinweisen der Industrie auf illegale Downloads nachgehen.

Auch die Industrie soll Zugang zu Nutzerdaten erhalten

Erhärten sich die Verdächtigungen, warnt die Behörde die Internet-Piraten zunächst mit zwei E-Mails, dann per Einschreiben. Wer dann weiter illegal Musik oder Filme herunterlädt, verliert den Zugang zum Internet für mindestens zwei Monate und bis zu einem Jahr. Die Provider werden mit in die Verantwortung genommen: Sie müssen sicherstellen, dass der User bei keinem anderen Internet-Anbieter einen Zugang erhält.

Viele Sozialisten, aber auch einige Abgeordnete der Partei UMP von Staatspräsident Nicolas Sarkozy halten die Initiative für gefährlich. Nach ihrer Ansicht darf in der modernen Kommunikationsgesellschaft niemand vom Netz ausgesperrt werden. Umstritten ist zudem, dass auch die Fahnder der Industrie Zugang zu den Nutzerdaten der Verdächtigen erhalten sollen.

Kulturministerin Christine Albanel verteidigte das Gesetz. Es gehe nicht um die Einschränkung der Freiheit, sondern um die erzieherische Wirkung. Nur Raubkopierer mit "extremer Ausdauer" riskierten eine befristete Internet-Sperre.

Französische Abgeordnete hingegen müssen schon seit Jahren mit einer selbst auferlegten Internet-Sperre leben. Erst seit vergangenem Jahr gestatten es sich die Parlamentarier überhaupt, Laptops in den Sitzungssaal mit zu nehmen. Einen Internet-Zugang gab es dort bisher aber nicht. Den Gebrauch von Mobiltelefonen verhindert ein aktiver Störsender.

Das soll sich nun ändern. Nachdem die Nationalversammlung am Dienstagabend ihre Zustimmung zu dem Gesetz ausgesprochen hatte, beschlossen die Abgeordneten gleich im Anschluss die Einrichtung eines Internet-Zugangs im historischen Parlamentsgebäude Palais Bourbon. So können die Parlamentarier sie langweilige Parlamentsdebatten bald mit ausgiebigen Surftouren im Internet verkürzen.

mak/AP/dpa

Quelle: spon


#1, RE: (Leider nicht)Nur für Dirk: Frankreich führt Internet-Sperre ein
Geschrieben von flyer am 13-Mai-09 um 19:58 Uhr

Ohne jetzt mehr als diesen Artikel zu kennen:
Warum nicht? Wer das Internet illegal nutzt, bekommt es für eine Zeit entzogen (ist beim Führerschein doch auch so). Wenn das ganze rechtsstaatlich (per Gericht) aufgezogen wird, finde ich das gar nicht schlecht. Besser als der ganze Abmahn-Wahnsinn nur des Abmahnens Willen.

#2, RE: (Leider nicht)Nur für Dirk: Frankreich führt Internet-Sperre ein
Geschrieben von MarcelR am 13-Mai-09 um 20:53 Uhr

Letzte Bearbeitung am 13-Mai-09 um 20:57 Uhr ()

1. Das Ganze wird über eine Behörde, die mit polizeilicher Macht ausgestattet wird, abgewickelt und nicht über den Justizweg

2. Bringt das Hadopi (umgsp auch fälschlicherweise 3Strikes genannt oder damit verglichen) Gesetz zwei Grundrechte in Widerspruch

3. Verstößt es gegen die Verhältnismäßigkeit der Mittel (bedingt durch 2.)

4. Soll die, ich nenne sie mal vereinfacht, Rechteindustrie Zugang zu den Daten bekommen

5. Werden immer nur die "armen Künstler" ins Feld geführt, aber faktisch werden freie und Nachwuchskünstler durch diese Regelung, und auch durch deren Auswirkungen nichts zusätzlich bekommen

6. Ist der "Abmahnwahnsinn" davon überhaupt nicht betroffen - die zivil-/strafrechtliche Verfolgung bleibt weiter wie bisher (und kommt on-top)

7. Wurde das Gesetz nochmal gegenüber der ersten Vorlage verschärft: Nutzer die gesperrt werden müssen auch für den Zeitraum der Sperre weiterhin bezahlen (!)

8. Richtet sich Frankreich ganz bewusst gegen die Vorgaben der EU und geltendes EU-Recht

Reicht das erstmal? Und mit Verlaub, der Vergleich mit dem Führerschein hinkt. Aber das dürfte sich bei genauem Nachdenken auch von selbst erschließen, warum dies so ist.

Edit sez: Noch ein Zitat:
Quelle: http://www.golem.de/0905/67073.html

Vertreter der Medienindustrien drängen energisch darauf, auch in Deutschland Internetsperren nach französischem Vorbild einzuführen. Da einer gesetzlichen Regelung unter anderem wegen verfassungsrechtlicher Bedenken wenig Chancen eingeräumt werden, setzen die Lobbyisten aus Musik-, Film- und Verlagswirtschaft auf die Beihilfe der Internetprovider.

Langsam lesen. Nochmal lesen. Und dann...


#3, RE: (Leider nicht)Nur für Dirk: Frankreich führt Internet-Sperre ein
Geschrieben von Georges am 15-Mai-09 um 17:56 Uhr


Ohne Führerschein kann ich aber noch zu Fuss gehen.
In Frankreich wird die komplette Strasse entfernt.

Wenn ich Filmkopien per Post verschicke und das wird entdeckt, wird dann mein Briefkasten zugeschweisst?

Die EU strebt übrigens an, einen Internetzugang als Grundrecht zu verankern.


Georges


#4, RE: (Leider nicht)Nur für Dirk: Frankreich führt Internet-Sperre ein
Geschrieben von jens_hoeffken am 16-Mai-09 um 12:36 Uhr

Der Witz ist, dass jemand, der in bestimmten Bereichen arbeiten möchte, gar nicht um illegale Benutzung herumkommt.

Für Leute, die eine Ausbildung suchen:
Wer die Stellenausschreibungen mal liest, bemerkt, dass Vorkenntnisse absolut notwendig sind, für die man Programme braucht, die geldmäßig in die Tausender gehen. Das kann kein Schüler ausgeben, der die nötigen Kenntnisse haben will.

Oder selbst die Kunst:
Soviel, wie man vorab erstmal konsumieren muss, um einen notwendigen Horizont zu haben, kann man nicht kaufen. Wer ein breites Wissen haben möchte, muss illegal konsumieren.

...und so weiter. Gerade für Schüler und Studenten ist Legalität quasi nicht machbar.

Gruss, Jens
Und wir akkupunktieren den Boden mit großen Stahlstangen