Letzte Bearbeitung am 14-Jun-07 um 11:03 Uhr ()
Wer macht mit?Aus der WAZ vom 14.6.2007
Rauchen e.V.
Im neuen Rauchverbot-in-Kneipen-Gesetz ist ein Schlupfloch eingebaut: der eingetragene Raucherverein. Während in NRW noch über Bierzelte in der Kneipe nachgedacht wird, qualmt es im Süden schon wieder.
Ruhrgebiet. In der Adlerstraße in Geislingen an der Steige war der größte Anziehungspunkt bisher das "Frühholz´sche Haus" aus dem 18. Jahrhundert; es gefällt vor allem Freunden des Fachwerks wegen der alemannischen Verblattung und der Pfettenvorkragung. Doch wie es aussieht, ist jetzt einige Häuser weiter eine noch größere Attraktion entstanden: Denn in der Adlerstraße 18 hat sich der "1. Verein diskriminierter Raucher (VdR)" niedergelassen.
Und es qualmt aus ihrem Schlupfloch. Einem von vielen, die jetzt diskutiert werden.
Ähnlich wie für NRW ist nämlich auch für Baden-Württemberg vorgesehen: Das Rauchverbot in Kneipen ist dann ausgehebelt, wenn ein Raucherverein in der eigenen Vereinsgaststätte seinem satzungsgemäßen Zwecke nachgeht. Und genauso machen es die Schwaben: Sie übernahmen vorausschauend die frühere Wirtschaft "Rad", in der sie sich seit jeher trafen, und bewirtschaften sie nun entschlossen selbst. Es gehe um das "Zusammensein von Rauchern und Nichtrauchern in geselliger Runde", sagt Irfan Ficicioglu, der 2. Vorsitzende des 1. VdR.
Man sollte nämlich jetzt unbedingt erwähnen, dass Ficicioglu Nichtraucher ist: "Ich habe mich von dem Rauchverbot betroffen gefühlt, da ich befürchte, früher oder später selbst von einem Gesetz bevormundet zu werden." Als die "Geislinger Zeitung" nach einer Woche nachzählte, wie der Verein sich entwickelt, konnte sie Erfreuliches melden über die Ausbreitung der Toleranz: Aus 28 Mitgliedern sind schon 35 geworden.
Dass nun überall Rauchervereine entstehen, steht nicht zu erwarten; aber den Ausweg aus zuviel frischer Luft ersannen nicht Ministerialdirektoren in Düsseldorf oder Stuttgart, sondern er stammt recht eigentlich aus England. Wie auch andere Wege, das Rauchverbot zu umgehen. Ebenfalls aus England wird etwa der Vorstoß der Wirtin Debbie Threwithick übermittelt, die an die peruanische Botschaft herantrat mit der Bitte, ihren Pub zum Konsulat zu erklären. Konsulate sind nämlich Raucherzonen. Sie wolle wohl auch Spanisch lernen, lockte Threwithick, wolle den Nationalfeiertag Perus angemessen begehen und ein Hauslama anschaffen. Perus Antwort auf diesen diplomatischen Vorschlag steht noch aus.
Doch zurück nach NRW: Das für 2008 geplante Rauchverbot in allen Gaststätten, sofern sie nicht einen Raum für Raucher absondern können, führte am Mittwoch auch zu allerlei Befürchtungen. "Nicht ganz fair und inkonsequent" nennt es etwa Thorsten Hellwig vom "Hotel- und Gaststättenverband NRW": "Ein Ein-Raum-Betrieb wird rauchfrei sein müssen, dann werden viele Raucher in Betriebe gehen, die einen Raucherraum anbieten." Vor allem Wirte von Eckkneipen hätten daher "große Furcht vor Umsatzeinbußen und Existenzbedrohung". Wenn Raucher zum Rauchen hinausgehen müssten, komme hinzu, "dass sie sich möglicherweise auch unterhalten. Deutschland ist nicht gerade unbekannt dafür, dass jemanden sowas dann schnell stört."
Freilich gibt es Nichtraucherkneipen im Ruhrgebiet, die über ihre Entscheidung froh sind, die nicht feststellen können, dass ihr Umsatz sinkt; und andere, die den Weg zum Rauch erschwerten. "Wir haben im Restaurant keine Aschenbecher mehr eingedeckt. Schon dadurch gab es weniger Raucher", sagt Frank Schwarz aus der Duisburger "Schifferbörse"; und Mehmet Yildirim aus dem Bistro "Tor 1" setzt auf einen guten Sommer 2008: "Ich habe die Genehmigung, Tische nach draußen zu stellen." Auf einem anderen Standpunkt steht dann wieder Stefan Gorican aus dem Duisburger "Café Graefen": "Wer zehn Jahre länger leben möchte, muss ja nicht in meine Kneipe kommen."
Bliebe noch der Spruch eines Wirtes, der sich auf die Raucherlaubnis zu Volksfesten bezieht: "Ich stelle einfach ein Bierzelt in meinen Räumen auf, und das Problem ist gelöst." Das ist natürlich nur ein Scherz, das Geislinger Modell führt wohl weiter. Am früheren "Rad" hängt nun ein Schild: "Vereinsheim 1. VdR. Zutritt nur für Mitglieder." Drinnen geht es allerdings gar nicht geheimnisvoll zu: "Mir hocke zusamme und ham a gemütliche Rund", sagt Ficicioglu: "Jeder trinkt sein Bierle."
Inzwischen haben sie 63 Mitglieder. Das ist aber noch der Stand von gestern abend."
13.06.2007 Von Hubert Wolf und Willi Mohrs
* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
Also entweder werde ich Schausteller und reise mit Raucherzelten durch die Kneipen Deutschlands, Honorarkonsul von der Bouvetinseln, oder aber ich frage mal meinen Lieblingswirt was der von einem Raucherverein hält.
Die spinnen doch, die Politiker...
Gruß
Marcel