Zurück
URL: https://Freizeitparkweb.de/cgi-bin/dcf/dcboard.cgi
Foren-Name: Plauderecke
Beitrag Nr.: 5894
#0, Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von vestermike am 06-Aug-04 um 13:27 Uhr
Letzte Bearbeitung am 06-Aug-04 um 13:27 Uhr ()
Frisch von faz.net:

"06. August 2004 Ein Sieg der deutschen Sprache: Der Spiegel-Verlag und die Axel Springer AG führen in allen ihren Medien die bewährte Rechtschreibung wieder ein. Sie folgen damit dem Beispiel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die als einzige Zeitung nach kurzer Zeit wieder zur klassischen Schreibung zurückgekehrt war.

Das Ziel der Umstellung ist es, nach dem durch die Reform verursachten Chaos wieder zu einer einheitlichen deutschen Rechtschreibung zu finden. Zugleich appellieren Spiegel-Gruppe und Springer an andere Verlage und an Nachrichtenagenturen, sich ihrem Schritt anzuschließen und dem Beispiel der F.A.Z. zu folgen.

Ihre Entscheidung gaben die Verlage an diesem Freitag morgen bekannt. Die technische Umsetzung in sämtlichen Print- und Online-Publikationen soll „schnellstmöglichst“ erfolgen. Veranlaßt sahen sich der Spiegel-Verlag, der neben dem „Spiegel“-Magazin und „Spiegel Online“ unter anderem auch das „Manager-Magazin“ herausbringt, und der Springer-Konzern, zu dem unter anderem die Zeitungen „Bild“, „Bild am Sonntag“, „Welt“, „Welt am Sonntag“ sowie Zeitschriften wie „Hörzu“, „Sport Bild“ oder „Maxim“ gehören, durch die „mangelnde Akzeptanz und die zunehmende Verunsicherung bezüglich des vorgegebenen Regelwerks für die deutsche Schriftsprache“, wie es in der Presseerklärung heißt. Die Reform habe weder für professionell Schreibende noch für Schüler Erleichterung oder Vereinfachung gebracht.

„Staatlich verordnete Legasthenie“

Da auch die Mehrheit der deutschsprachigen Schriftsteller, von Grass bis Enzensberger, es ablehne, ihre Werke in neuer Schreibung erscheinen zu lassen, tue sich „eine verhängnisvolle, immer breitere Kluft zwischen gelerntem und gelesenem Deutsch auf“. Nachdem versucht worden sei, die gravierenden Mängel der ersten Reformversion durch eine Vielzahl von Ergänzungen zu beseitigen, seien die „orthografischen Konventionen in einem Maße erschüttert, daß auf absehbare Zeit die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung verloren scheint“. Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Reform, wie zahlreiche Umfragen belegen, ab.

„Die deutsche Sprache braucht keine kultusbürokratische Überregulierung. Spätestens die neuerliche Reform einer ohnehin unausgegorenen Reform führt ins völlige Chaos. Wir wollen dazu beitragen, diese Fehlentwicklung zu korrigieren“, sagen der „Spiegel“-Chefredakteur Stefan Aust und der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner in der gemeinsamen Erklärung. Die „staatlich verordnete Legasthenie“ müsse ein Ende haben.

Trotz der Rückkehr zur bewährten Schreibung wollen die beiden Verlage Neuerungen nicht gänzlich ausschließen. „Sinnvollen Veränderungen“ werde man sich nicht verschließen. Dies gilt auch für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Rechtschreibreform war zum 1. August 1998 an den Schulen eingeführt worden, am 1. August 1999 übernahmen die Agenturen und die Zeitungen die neuen Regeln. Am 1. August 2000 war die Frankfurter Allgemeine Zeitung zur bewährten Schreibung zurückgekehrt."

Mike


#1, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von The Knowledge am 06-Aug-04 um 13:42 Uhr

Hi,

ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Einige Regeln der neuen Rechtschreibung sind nämlich - und da gibt es auch überhaupt keinen Diskussionsbedarf, denn über Fakten muss man nicht diskutieren - durchaus sinnvoll. andere Regeln wiederum, wie diese ganze Phonetik-Kacke ("Portmone"...*grusel*...) wird wohl nie Akzeptanz seitens der Bevölkerung finden - und das auch völlig zu Recht. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Schließlich wollen ja auch die genannten Verlage sich den "sinnvollen Veränderungen" (was immer sie dafür halten) nicht gänzlich verschließen.

BTW: Das Springer das macht, wundert mich nicht - können doch drei Viertel der BILD-Leser ohnehin nicht vernünftig lesen und schreiben. Dass der Spiegel-Verlag bei diesem dumpfen Marketing-Gag (denn mehr ist das beim besten Willen nicht) mitmacht, wundert mich hingegen ziemlich. Naja, es kann eben nicht alles toll sein, was aus Hamburg kommt...

Gruß,

Tim
Here comes the sun!


#2, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Maaahzel am 06-Aug-04 um 13:53 Uhr

>BTW: Das Springer das macht, wundert mich nicht - können doch drei Viertel der
>BILD-Leser ohnehin nicht vernünftig lesen und schreiben. Dass der Spiegel-Verlag bei
>diesem dumpfen Marketing-Gag (denn mehr ist das beim besten Willen nicht) mitmacht,
>wundert mich hingegen ziemlich. Naja, es kann eben nicht alles toll sein, was aus
>Hamburg kommt...

Marketing-Gag? Hmm, vielleicht hast Du ja recht - zumindest bei den beiden neuen Kombatanten gegen diese zu 90% dusselige, die Bevölkerung teilende und durchweg verwirrende "reformierte Reform der Reform".

Doch gerade bei der FAZ - in diesem Falle lange Einzelkämpferin gegen verbohrte Kultusbürokraten - habe ich es immer als mutig und nötig gehalten, gegen diese größtenteils einfältige, willkürliche und unnötige Reform zu kämpfen. Nicht nur in Form einer Totalverweigerung, sondern auch durch eine seit Jahren offene und sehr kritische Berichterstattung über diesen Vollaussetzer deutscher Bürokratie.

Daher begrüße ich es absolut und umfassend, dass nun auch weitere Großhäuser gegen diesen Schwachsinn angehen - welche primäre Motivation auch dahinter stehen mag.

Weg mit Stängeln, weg mit phonetischem Schietkram, weg mit kastrierten Delfinen - her nur mit Neuerungen und Änderungen, die das Verständnis und den Gebrauch unserer Muttersprache fördern und vereinfachen. Allerdings fällt mir da gerade nichts weiter ein - außer einem dass mit "ss" - auch wenn das reine Tippbequemlichkeit bei mir ist...

Heute ist ein gar nicht mal so schlechter Tag für die geschriebende deutsche Sprache!

Gruß
Marcel


#3, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von vestermike am 06-Aug-04 um 13:57 Uhr

Letzte Bearbeitung am 06-Aug-04 um 13:59 Uhr ()
>ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Einige Regeln der neuen
>Rechtschreibung sind nämlich - und da gibt es auch überhaupt keinen Diskussionsbedarf,
>denn über Fakten muss man nicht diskutieren - durchaus sinnvoll. andere Regeln
>wiederum, wie diese ganze Phonetik-Kacke ("Portmone"...*grusel*...) wird wohl nie
>Akzeptanz seitens der Bevölkerung finden - und das auch völlig zu Recht.

Die meisten neuen Regeln sind absolut sinnlos (zum Beispiel die Verdeutschung von Fremdworten, die Einführung des Doppel-s anstatt des "ß", der neuen Regeln in der Groß- und Kleinschreibung oder die neue Zeichensetzung). Einzig bei den neuen Trennungsregeln und den neuen Regelungen bei drei aufeinanderfolgenden Konsonanten kann ich eine Erleichterung feststellen, die auch grammatikalisch begründet ist.

>BTW: Das Springer das macht, wundert mich nicht - können doch drei Viertel der
>BILD-Leser ohnehin nicht vernünftig lesen und schreiben. Dass der Spiegel-Verlag bei
>diesem dumpfen Marketing-Gag (denn mehr ist das beim besten Willen nicht) mitmacht,
>wundert mich hingegen ziemlich. Naja, es kann eben nicht alles toll sein, was aus
>Hamburg kommt...

Zunächst einmal wundert es mich eher, daß Springer da mitzieht. Beim Spiegel-Verlag, der sich genau wie die FAZ eher an eine "intellektuellere" Käuferschicht wendet, macht die Rückkehr zur alten Rechtschreibung absolut Sinn. Aber ob den BILD-Lesern Fehler überhaupt auffallen und der momentane Mischmasch aus alter und neuer Rechtschreibung bei dieser Ziegruppe ins Gewicht fällt, wage ich mal eher zu bestreiten. Ein Marketing-Gag? Vielleicht! Dumpf? Eher nicht. Auf jeden Fall dürfte diese Aktion dafür sorgen, daß die neue Rechtschreibung wieder aus den Schulen verschwinden wird - und das ist gut so!

Auf "Delfin" und "Tipps" verzichtende Grüße

Mike


#29, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Marco am 08-Aug-04 um 14:23 Uhr


>ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Einige Regeln der neuen
>Rechtschreibung sind nämlich - und da gibt es auch überhaupt keinen Diskussionsbedarf,
>denn über Fakten muss man nicht diskutieren - durchaus sinnvoll.

Beispiele? Ich selbst sehe nur bei der Vereinfachung der Dreifachkonsonanten und dem Doppel-s (Spaß - Späße / Bass - Bässe (früher Baß)) halbwegs einen Sinn und eine Systematik. Der Rest ist einfach nach Zufall passiert. Wieso soll der Thunfisch nach den neuen Regeln Tunfisch heißen, aber der Thron bleibt der Thron?! Und unabhängig von einzelnen Entscheidungen kann man natürlich grundsätzlich die Frage stellen, inweiweit eine kleine Gruppe kultusministerieller Bürokraten sich überhaupt anmaßen darf, eine Sprache zu "reformieren" (das Wort Reform ist ja eh arg euphemistisch in dem Zusammenhang).

Die Rechtschreibreform ist mit dem Anspruch angetreten, Schriftsprache zu vereinfachen, vereinheiztlichen und systematischer zu gestalten. Das ist auf ganzer Linie gescheitert. Es gibt mehr Ausnahmen und Sonderregeln als früher. Dies haben auch die Verursacher erkannt und in zahlreichen einzelnen Korrekturen doch wieder Dinge geändert, so dass wir nach zahlreichen Reformen von der Reform die Situation haben, dass selbst Deutschlehrer im Einzelfall nicht wissen, welche Regelung denn jetzt gerade aktuell ist.

Da muss man sich schon fragen, ob man nicht lieber ein Ende mit Schrecken hat, als ein Schrecken ohne Ende und dieses Chaos ewig weiterführen soll! Sollen die Schüler in der Schule ein anderes Deutsch lernen als die großen Verlagshäuser verwenden? (Die faz ist schon lange wieder bei den alten Regeln und im Buchbereich sind bis auf die Schulbücher, Kinderbücher und Sachbacher fast alle Verlage eh immer bei der alten Orthographie geblieben (z.B. Suhrkamp). Und die Verlage, die es ihren Autoren überlassen, stellen fest, dass die meisten Autoren auf der alten Schreibweise bestehen (da die neue oft auch sinnverändernd ist)).

So kann es nicht weitergehen und dann ist der harte Schnitt besser als rumgespusche an Details.

Marco
PS: Und diejenigen Verlage, die jetzt über die Kosten mosern, waren damals die größten Befürworter, da sie sich davon große Umsätze versprachen. Die müssen jetzt gerade den Mund aufmachen...


#4, Die Front wächst
Geschrieben von vestermike am 06-Aug-04 um 14:04 Uhr

Quelle: faz.net

06. August 2004 Nach dem Spiegel-Verlag und der Axel Springer AG führt auch die „Süddeutsche Zeitung“ die bewährte Rechtschreibung wieder ein. Und noch weitere Medien erwägen, dem Beispiel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu folgen.

„Wir sagen ja, aber intern wird noch über Details gesprochen“, sagte ein Verlagssprecher der „SZ“ am Freitag. Die Redaktion der „Süddeutschen Zeitung“ sei von Anfang an in die Gespräche mit der Axel Springer AG und dem Spiegel-Verlag eingebunden gewesen. Intern werde derzeit unter anderem diskutiert, von welchen Regelungen man wieder abrücken wolle und von welchen nicht. Offen sei auch der Zeitpunkt für eine Rückkehr zu alten Rechtschreiberegeln.

Bauer: Wir unterstützen die Initiative

Der Hamburger Bauer-Verlag hat die Rückkehr der Verlage Springer und Spiegel zur alten Rechtschreibung begrüßt. „Wir halten diese Initiative für positiv und unterstützen sie“, sagte Bauer-Sprecher Andreas Fritzenkötter. Man wolle dem Beispiel aber noch nicht sofort folgen. „Voraussetzung für konkrete Schritte hin zur alten Rechtschreibung ist für uns, daß möglichst viele Verlage diesem Beispiel folgen“, betonte der Sprecher.

Mike


#6, RE: Die Front wächst
Geschrieben von Real Coasterfreak am 06-Aug-04 um 14:14 Uhr

Schön, dass immer mehr Verläge zur alten Rechtschreibung zurückkehren, aber ich bekomme auch die andere Seite mit:

Ich bin bald in der 13. Klasse und muss mein Abi in der neuen Rechtschreibreform machen. Viele Klassen unter meiner wurden schon seit der Grundschule in der neuen Rechtschreibung unterrichtet und kennen gar nichts anderes mehr. Da ist es dann natürlich besonders toll, seinen Schulabschluss in der neuen Rechtschreibung zu machen und in einer Welt dazustehen, wo viele Zeitungen usw. wieder in der alten Weise schreiben.

Nicht falsch verstehen: Ich halte von der neuen Reform, besonders von den phonetischen Sachen, gar nichts. Aber ich muss es lernen und schreiben können. Bei dem ganzen hin-und-her aber frag ich mich, wozu. Es heißt, nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir, aber für die deutsche Rechtschreibung gibts anscheinend auch hier mal wieder Ausnahmen.


Keep on riding
Real Coasterfreak
"Dem das ganze Theater gründlich ärgert"


#5, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Maaahzel am 06-Aug-04 um 14:08 Uhr

Zum Thema vielleicht auch noch ein Zwiebelfisch:

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,310599,00.html

Gruß
Marcel


#7, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von jwahl am 06-Aug-04 um 14:24 Uhr

Moin
So abscheulich ich die neue Rechtschreibung auch finde, so wunder ich mich doch massiv über diese Aktionen:
Wie lange steht das schon fest mit der Rechtschreibreform? Und warum schwenkt man jetzt erst auf blinden Aktionismus um anstatt viel früher dagegen zu votieren?
Schöne Aktion, aber leider viel zu spät...

Gruss
Jakob

B (30.08)


#31, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Marco am 08-Aug-04 um 14:34 Uhr

Letzte Bearbeitung am 08-Aug-04 um 15:31 Uhr ()
>So abscheulich ich die neue Rechtschreibung auch finde, so wunder ich mich doch massiv
>über diese Aktionen:
>Wie lange steht das schon fest mit der Rechtschreibreform? Und warum schwenkt man jetzt
>erst auf blinden Aktionismus um anstatt viel früher dagegen zu votieren?

Naja, viele Verlage und Autoren sind von Anfang an nicht umgestiegen. Das jetzt weitere Verlage umsteigen hat zwei Gründe:

1. Da die "Reform" die Dinge komplizierter gemacht hat und mehr Ausnahmen und Sonderregeln schuf, gab es schon mehrere kleinere Reförmchen der Reform. Wenn man die Aussagen der Rechtschreibkommission anhört, wird es auch in Zukunft weitere Anpassungen geben. Das wollen viele nicht mehr mitmachen.

2. Viele "Profis" (Verlage, Autoren, Sprachwissenschaftler, Lehrer, etc.) waren von Anfang an dagegen. Aber es hätte ja auch sein können, dass sich die neuen Regeln durchsetzen. Wenn aber fünf Jahre nach Einführung nur 17% der deutschsprachigen Bürger reformiert schreiben und die neuen Regeln beibehalten wollen, ist das ein Beleg dafür, dass genau das eingetreten ist, was Experten schon stets sagten: Sprache entwickelt sich im Volk und ist nichts, was regelungswütige Politiker mit Allmachtsphantasie von oben diktieren können!

>Schöne Aktion, aber leider viel zu spät...
>

Da bin ich mir nicht so sicher: wenn die Politiker die dies verbrochen haben einsichtig sind (was ich selbst nicht glaube), werden sie den Schülern nicht zumuten eine andere Sprache als die Alltagssprache zu lernen. Wenn sie auf Stur schalten, wird in Zukunft - als Folge dieser "Reform" - jeder so schreiben, wie er mag und man kann Diktate u.ä. ganz abschaffen, denn selbst wenn in Schulen die neue Schreibung verbindlich bleibt, wird kein Lehrer mit Vernunft Schreibungen als falsch erachten, die überall außerhalb der Schule verwendet werden. (Und die ersten Klagen von Eltern sind dann auch nicht mehr weit...)

Es ist genau das eingetreten, was jeder Fachmann von Anfang an sagte: die Reform stürzt die deutsche Rechtschreibung in ein Chaos, das nur schwer und teuer wieder zu beseitigen ist! (Oder man bleibt beim Chaos, was langfristig noch viel teurer wird!)

Marco


#37, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von jwahl am 08-Aug-04 um 16:32 Uhr


>>
>
>Da bin ich mir nicht so sicher: wenn die Politiker die dies verbrochen haben einsichtig
>sind (was ich selbst nicht glaube), werden sie den Schülern nicht zumuten eine andere
>Sprache als die Alltagssprache zu lernen.

Einspruch: Die Schüler haben zum großen Teil bereits eine andere Sprache als die Alltagssprache gelernt...

Jakob

B (30.08)


#38, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Marco am 08-Aug-04 um 17:48 Uhr


>Einspruch: Die Schüler haben zum großen Teil bereits eine andere Sprache als die
>Alltagssprache gelernt...
>

Ja, und das war unverantwortlich gerade Schüler als Versuchskaninchen zu benutzen, aber:

1: Das ist kein Grund, diesen Fehler auch bei folgenden Schülergenerationen zu begehen.

2: Die Schüler, die bisher eine andere Sprache als die Alltagssprache lernen mussten, würden sich vielleicht freuen, wenn diese Verwirrung aufhören würde. Die Befürworter werden nicht müde zu betonen, wie reibungslos die Umstellung in den Schulen erfolgte. Dann dürfte eine Rückkehr also auch nicht so ein großes Problem darstellen, dass die Vorteile nicht überwiegen würden.

3: Wenn man dies jetzt ändert und nicht noch lange wartet, ist der Anteil der Schüler, die Reformdeutsch gelernt haben, relativ gering. Wie gesagt, finde ich für diese Schüler die Situation auch sehr bedauerlich und sie sollten daraus fürs Leben etwas über Politik lernen, aber ich persönlich halte es noch für viel schlimmer, wenn diese Schüler nach der Schulzeit plötzlich mit einer ganz anderen Schriftsprache konfrontiert werden. Und wenn dies dann auch noch Generationen folgender Schüler zugemutet würde, kann man es keinem Schüler übel nehmen, wenn sie im Spannungsfeld zwischen Schuldeutsch und Alltags-/Mediendeutsch - verstärkt durch ständige Nachreformen der Reform - irgendwann gar nicht mehr durchblicken und resigniert aufgeben und schreiben, wie es ihnen gerade einfällt. Und das auch die Schriftsprache für das Sprachgefühl wichtig ist, zeigen nicht nur zahlreiche Studien, sondern auch die tägliche Erfahrung in der Praxis.

Das Ganze wird in der Praxis eh scheitern! Dann darf man nicht an den Schulen ein Elfenbeinturm-Deutsch lehren. Das viele Schüler der letzten Jahre jetzt Probleme haben zeigt nur, wie anmaßend die kultusministeriell-bürokratisch die Politik da war...

Wie sagte Günter Jauch mal so treffend; die Kultusministerkonferenz sei der größte Mäusecircus Deutschlands...

Marco


#8, *YES*
Geschrieben von Keng am 06-Aug-04 um 14:26 Uhr

Das Ausharren hat sich gelohnt...

#9, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von SoftwareFailure am 06-Aug-04 um 14:54 Uhr

Ob es von der Bild-Zeitung dann auch wieder Aufkleber für die proletarischen Heckscheiben gibt? (an der Tanke deines Vertrauens...)

Das hat doch schon beim letzten Mal so gut geklappt:



#10, RE: Der Sieg der Vernunft - Danke!
Geschrieben von airtime am 06-Aug-04 um 16:06 Uhr

Hallo,

Respekt und Hut ab! Es gibt also noch Hoffnung in diesem Land.

Gruß
Hans


#11, Jemand hat den Krieg ausgerufen...
Geschrieben von Alex am 06-Aug-04 um 16:30 Uhr

...und plötzlich fällt Hinz und Kunz fünf Jahre später ein, dass er ja gegen die Rechtschreibung war und probt mal Volksaufstand, weil Streiken für weniger faule Arbeitslose geht ja irgendwie nicht. Dumm nur, dass die Reform schon bei einem Teil der Bevölkerung längst keine Reform sondern Standard ist. Und die große "Rückrufaktion" aller neuen Regeln, von denen ein paar nicht so recht intuitiv erscheinen, verkorkst in der Praxis zu einer ganz neuen Reform: Die Einführung aller Regeln inklusive der vielen, wo auch die Kritiker froh waren, dass sie in den Anus der Geschichte geschoben wurden.

Vor ein paar Tagen hieß es aus dem Spiegel vom Chefsprachredakteur, er wäre "natürlich nur gegen einen Teil der neuen Regeln". Ja was nun, macht der Spiegel jetzt seine Special-Edition, die halbe Rechtschreibreform und damit eine ganz neue Variante? Oder hebt sich hier nur ein Riesenmarketinggag aus dem Wasser hervor, weil in der letzten Woche leider keine Flugzeuge in Hochhäuser oder Amis in arabische Länder einmarschiert sind? Wie auch immer, nun haben wir Verlage, die alt schreiben, Verlage die ein bisschen alt schreiben, Verlage die gesagt haben, dass sie definitiv nicht wieder alt schreiben werden und dazwischen Behörden und Schulen die auch definitiv neu lehren werden.

Es lebe die Vielfalt!

Und daher titelt die Titanic auch:

TITANICK kehrt zurück zur ganz, ganz alten Rechtschreybung
Sie habent eyn Eynsehen: Der Spiegel-Verlag und Springer kehren zurück zur alten Rechtschreybung. Doch TITANICK gehet noch eyn Schrittleyn weyter und schreybet ab dem heutiglichen Tage im würklich klassischen Teutsch. Bitte schnallet Ihro Gnaden sich an für den Witze, wou Neidhart zum Artzte kümmet und das Häsigline zur Frouwe saget, dies seye ja auch gar keyne Mohrrübe.

Grüße,
Alex
Ein Ventillator hilft gegen Sommerlöcher!


#16, RE: Jemand hat den Krieg ausgerufen...
Geschrieben von BuzzDee am 08-Aug-04 um 09:05 Uhr

Den Titanic-Artikel kannte ich noch nicht, aber genau das selbe habe ich auch gedacht, als alle gegen die Reform wetterten. Die deutsche Sprache hat eben immer Veränderungen erlebt; jetzt tun alle so, als sei die Rechtschreibung unmittelbar vor der Reform die einzig wahre, schon immer richtige gewesen. Die phonetisch-eingedeutscheten Fremdwörter sind wirklich dumm und waren auch nicht nötig - die klassishe Schreibweise gilt aber ja weiterhin. Alles andere finde ich größtenteils sinnvoll (Doppel-s, Wortstammableitung, mehr Getrennt-/GroßSchreibung...). Endlich hat so ein Schwachsinn wie in bezug auf/mit Bezug auf oder radfahren/Auto fahren ein Ende.
Vor allem finde ich es aber schlimm, dass jetzt einige das ganze kippen wollen, wo doch schon fast ganz Deutschland drauf umgestellt hat und ein Generation von Schülern die neuen Regeln gelernt hat. Die Spiegel/Springer-Leute argumentieren auch so, dass Sprache Demokratie und etwas kulturelles sei, was nicht von Ministerien auferlegt werden sollte. OK, mag sein, aber wie ist das denn bei früherer rechschreiblicher Vereinheitlichung abgelaufen?
Naja, ich persönlich hatte mich schnell an die neuen Regeln gewöhnt(Delphin darf ich ja auch ph schreiben, und statt Portmonee schrieb ich eh einfach Geldbörse ), ob sie wirklich zwingend nötig waren, sei dahin gestellt, aber jetzt zu den alten zurückzukehren wäre katastrophal.


Sebastian
Nein, ich spiele kein Basketball


#17, RE: Jemand hat den Krieg ausgerufen...
Geschrieben von Keng am 08-Aug-04 um 10:11 Uhr

>jetzt tun alle so, als sei die Rechtschreibung unmittelbar vor der Reform die
>einzig wahre, schon immer richtige gewesen.

Nein, aber die neue gewählte ist definitiv die falsche. Kein Mensch hat was gegen eine Angleichung, aber ist es nicht erstaunlich, eigentlich sogar erschreckend, daß man bei ziemlich *jedem* Befürworter der Reform lesen kann "zugegeben, Regeln wie blabla sind nicht sinnvoll". Hallo? Jahrelang hatte man Zeit, diese Reform vorzubereiten, sie wurde nachgebessert, und ist immer noch unzulänglich? Es geht hier nicht um ein Programm, dem man Patches hinterherwerfen kann, es geht um etwas ganz existentielles, was in dieser Form nur alle paar Dekaden einmal passiert!

>Vor allem finde ich es aber schlimm, dass jetzt einige das ganze kippen wollen, wo doch
>schon fast ganz Deutschland drauf umgestellt hat und ein Generation von Schülern die
>neuen Regeln gelernt hat.

Ganz Deutschland? Ein kleiner Keng aus Mainz weigert sich seit Jahren dagegen... Und die Schüler tun mir zwar leid, aber ohne verallgemeinern zu wollen, häufen sich in der Schule mittlerweile leider folgende Exemplare: "mir geht doch die rechtschreibung hier völlig am arsch vorbei du kleiner klugscheißer hoden. [..] wenn du schon 40 bist hast du hier nix mehr verloren. lass dich bitte einäschern. dann gehst du uns net mehr auf die eier. pc spiele sind für 6-30 jährige. wobei 30 schon die aller oberste grenze is. tu uns einen gefallen und finde endlich mit 40 mal freunde. geh zum tanz ab 40 oder auf ein schlager konzert, aber halt endlich deine fiese schnauze oder schreib hier im vernünftigen internet dialekt. dein scheiß brief rechtschreibungs klugscheißer grammatik scheiß, kannste dir ja für die arbeit aufsparen. hier brauch ich sowas net" (Quelle ff.) Muß ich dazu noch irgendetwas sagen?

>Die Spiegel/Springer-Leute argumentieren auch so, dass
>Sprache Demokratie und etwas kulturelles sei, was nicht von Ministerien auferlegt
>werden sollte.

Exakt! Eine Sprache ist etwas lebendiges! Sie lebt durch ihre Benutzung, und nicht durch Doktrinierung. Letztere hat sich der Benutzung anzupassen, nicht umgekehrt. Das Problem ist, daß natürlich diese jetztige aktuelle Aktion absolut populistisch ist. Aber muß ich sie deswegen schlecht heißen, wenn sie meinem tiefsten Inneren und dem, was ich seit Jahren selbst tue, entspricht? (Die Frage geht jetzt nicht so sehr an Dich, sondern an andere hier im Thread, welche die Aktion selbst in Frage stellen)

>OK, mag sein, aber wie ist das denn bei früherer rechschreiblicher
>Vereinheitlichung abgelaufen?

"früher" ist manchmal kürzer her als man denkt, und da war der Analphabetismus noch weit verbreitet in Deutschland. Das ist dann ungefähr so, wie wenn wir uns hier um die Begriffe "suspended" und "inverted" streiten: es tangiert den Lese-und-Schreibmuggel nicht.

Zusammenfassend bringe ichs mal auf ein zum Forum passendes Thema: Ich mag Parks, welche selbst über die Jahre gewachsen sind, viel lieber, als welche vom Reißbrett, weil sie menschlicher sind und Seele haben.

ARD - Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe


#18, Timing ist alles
Geschrieben von jwahl am 08-Aug-04 um 11:12 Uhr

>>jetzt tun alle so, als sei die Rechtschreibung unmittelbar vor der Reform die
>>einzig wahre, schon immer richtige gewesen.
>
>Nein, aber die neue gewählte ist definitiv die falsche. Kein Mensch hat was gegen eine
>Angleichung, aber ist es nicht erstaunlich, eigentlich sogar erschreckend, daß man bei
>ziemlich *jedem* Befürworter der Reform lesen kann "zugegeben, Regeln wie blabla sind
>nicht sinnvoll". Hallo? Jahrelang hatte man Zeit, diese Reform vorzubereiten, sie wurde
>nachgebessert, und ist immer noch unzulänglich?

Jahreland hatte man allerdings auch Zeit, etwas gegen die neue Reform zu unternehmen und plötzlich kommt zwei Verlagen um 5 vor 12 die Idee, dass sie ja eigentlich auch dagegen sind. Auch wenn ich die neue Rechtschreibung noch so furchtbar finde, das Verhalten der beiden find ich einfach unnötig und schlecht. Man hätte das damals mit der FAZ oder zu Zeiten der Volksabstimmung in Schleswig Holstein machen müssen, aber jetzt ist es definitiv zu spät.

Jakob


#19, RE: Timing ist alles
Geschrieben von Keng am 08-Aug-04 um 11:22 Uhr

>Jahreland hatte man allerdings auch Zeit, etwas gegen die neue Reform zu unternehmen
>und plötzlich kommt zwei Verlagen um 5 vor 12 die Idee, dass sie ja eigentlich auch
>dagegen sind. Auch wenn ich die neue Rechtschreibung noch so furchtbar finde, das
>Verhalten der beiden find ich einfach unnötig und schlecht. Man hätte das damals mit
>der FAZ oder zu Zeiten der Volksabstimmung in Schleswig Holstein machen müssen, aber
>jetzt ist es definitiv zu spät.

Ich zitiere mich (warum bist Du nicht darauf eingegangen? Steht doch auch in meinem Posting!):

|Das Problem ist, daß natürlich diese jetztige aktuelle Aktion absolut populistisch ist.
|Aber muß ich sie deswegen schlecht heißen, wenn sie meinem tiefsten Inneren und dem, was
|ich seit Jahren selbst tue, entspricht? (Die Frage geht jetzt nicht so sehr an Dich,
|sondern an andere hier im Thread, welche die Aktion selbst in Frage stellen)

Nur weil es andere erst spät machen heißt es nicht, daß sich nicht viele schon lange dagegen stellen... aber mehr als aktiven Widerstand kann ich kleines Würmchen nicht erbringen


#20, RE: Timing ist alles
Geschrieben von jwahl am 08-Aug-04 um 11:35 Uhr

>Ich zitiere mich (warum bist Du nicht darauf eingegangen? Steht doch auch in meinem
>Posting!)

Hmm, hab ich übersehen.

>|Das Problem ist, daß natürlich diese jetztige aktuelle Aktion absolut populistisch
>ist.
>|Aber muß ich sie deswegen schlecht heißen, wenn sie meinem tiefsten Inneren und dem,
>was
>|ich seit Jahren selbst tue, entspricht? (Die Frage geht jetzt nicht so sehr an Dich,
>|sondern an andere hier im Thread, welche die Aktion selbst in Frage stellen)

Müssen tut hier niemand was, von wegen freies Land undso. Aber ich find sie aus genau den Gründen schlecht. Die FAZ und Die Presse hatten damals meinen Respekt, weil die sich alleine dagegen aufgelehnt haben. Mit dieser "auf-den-Zug-aufspringen"-Mentalität" kann ich jedenfalls nicht viel abgewinnen.

>Nur weil es andere erst spät machen heißt es nicht, daß sich nicht viele
>schon lange dagegen stellen... aber mehr als aktiven Widerstand kann ich kleines
>Würmchen nicht erbringen

Natrülich heisst es das nicht. Nur sollte man sich dann vielleicht überlegen, ob man sich nicht hätte aktiver dagegen stellen können. Schleswig-Holstein war das einzige Land, in dem ein Volksentscheid durchgesetzt wurde. Der Aufschrei nach dem negativen Bescheid hielt sich bundesweit doch arg in Grenzen und seitdem habe ich von den Gegner bis vor einem Monat (Sommerloch?) nicht viel gehört.

Jakob

B (30.08)


#21, RE: Timing ist alles
Geschrieben von Keng am 08-Aug-04 um 11:49 Uhr

Letzte Bearbeitung am 08-Aug-04 um 12:34 Uhr ()
>Mit dieser "auf-den-Zug-aufspringen"-Mentalität"
>kann ich jedenfalls nicht viel abgewinnen.
..
>Nur sollte man sich dann vielleicht überlegen, ob man
>sich nicht hätte aktiver dagegen stellen können.

Aber dies als Argument zu bringen, die grundsätzlich von vielen begrüßte Ablehnung der Rechtschreibreform jetzt abzulehnen, ist doch völlig hahnebüschen. Daß man die aktuelle Aktion kritisiert, ist okay, aber die Kritik sollte sich nicht gegen die Ablehnung der Reform richten, sondern gegen die Form. Dummerweise machen viele (auch hier im Thread) den logisch falschen Schluß, daß wenn die Form Mist ist, auch das Ziel Mist ist. Dadurch ist das, was viele (auch hier im Thread) eigentlich selbst wollen, letztendlich doch leider zum Scheitern verurteilt. Und das letztendlich nicht, weil es nicht möglich war, sondern aus Eigenresignation "Jetzt nützt es auch nicht mehr, und *die* unterstütze ich schonmal gar nicht."

Wenn jemand meiner Meinung ist, auch wenn ich ihn nicht mag, dann bin ich so ehrlich und sage das, und gehe auch dieses kleine Stückchen mit ihm, auch wenn er dadurch für sich ebenfalls einen sekundären Gewinn verbuchen kann. Und es sind schon verdammt viele Dinge in den letzten fünf Minuten vor Mittag gekippt worden. Es (die Ablehnung der Reform) *jetzt* schlecht zu reden ist gleichbedeutend mit es billigend zulassen.

EDIT:
> Nur sollte man sich dann vielleicht überlegen, ob man sich nicht hätte aktiver dagegen stellen können.

Ich war mal Korrektor bei einer Fachzeitschrift (ich glaube Du kennst sie...). Entgegen meiner Empfehlung nahm auch diese Zeitschrift unter dem Chefredakteur (kürzen wir ihn mal mit J.W. ab) die neue Rechtschreibung ...

Kleinvieh macht auch Mist...


#12, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Boernie am 06-Aug-04 um 16:55 Uhr

Hi,

wenn wir im alten Deutschland sonst keine Probleme haben, muss (oder muß ?) es uns ja richtig gut gehen.

Ein schönes Wochenende
und viel Sonnenschein
Bernhard


#13, Vier Stichpunkte...
Geschrieben von tomcraft004 am 07-Aug-04 um 13:42 Uhr

  • Marketinggag, damit hat Tim vollkommen Recht. Und gerade, weil Springer hier massiv mitmischt, ist es nötig, die Motivation hinter dieser durch und durch dämlichen Aktion genauestens zu prüfen.
  • Bisher war die Regelung formuliert als "Wie etwas geschrieben wird". Wie will man in diesem Chaos anders verfahren als Rechtschreibregeln nur noch als "Was definitiv falsch geschrieben ist" formulieren? Arme Schüler, btw.
  • Irgendwie fällt mir dazu "ewig gestrig" ein. Reformstau in Deutschland, das hier ist ein gar wunderbares Beispiel, woran es liegt, dass sich nichts bewegt.
  • Kinder: Wenn ihr richtig schreiben lernen wollt: Lest nicht! Schaut schön TV, das verwirrt wenigstens nicht. Nicht lesen, bitte! Sonst lernt ihr's nie!

    ...der will nur falsch richtig falsch vielleicht doch nicht falsch schreiben!


#14, RE: Vier Stichpunkte...
Geschrieben von Boernie am 07-Aug-04 um 20:10 Uhr

>Irgendwie fällt mir dazu "ewig gestrig" ein. Reformstau in Deutschland, das hier
>ist ein gar wunderbares Beispiel, woran es liegt, dass sich nichts bewegt.
Stimmt.

Und an die Kosten sollte man auch mal denken. Mit Einführung der Reform mussten Schulbuchverlage Millionenwerte an Büchern für den Deutschunterricht einstampfen und neu drucken. Kommt das gleiche Spiel nochmal ? Wer trägt die Kosten ?

Als Börsianer fällt mir dazu die Börsenweisheit ein:

viel hin und her
macht Taschen leer


Gruß Bernhard


#15, RE: Vier Stichpunkte...
Geschrieben von Neptun am 08-Aug-04 um 06:27 Uhr

>Und an die Kosten sollte man auch mal denken. Mit Einführung der Reform mussten
>Schulbuchverlage Millionenwerte an Büchern für den Deutschunterricht einstampfen und
>neu drucken. Kommt das gleiche Spiel nochmal ? Wer trägt die Kosten ?

...zumindest hier im Saarland natürlich die Eltern!

Da wird uns auch unser Titel bei den Deutschland-Champions nichts nützende Grüße,


#22, Manche lernen es nie
Geschrieben von marc ep am 08-Aug-04 um 12:04 Uhr

Letzte Bearbeitung am 08-Aug-04 um 12:11 Uhr ()
... und damit meine ich eine einigermaßen fehlerfreie Orthografie.

Ich, als sprachlich vollkommen unbegabter Mensch, hätte in der alten Rechtschreibung keine Chance, ein paar Sätze ohne Fehler zu schreiben. Mit der reformierten Rechtschreibung habe ich als 30-Jähriger und Kinder sowie Jugendliche erst recht die Möglichkeit, eine relativ sichere Rechtschreibung zu erlernen und zu besitzen.

Die großen Pluspunkte in meinen Augen, auch wenn das jetzt vielleicht Doppelt und Dreifach schon geschrieben wurde, sind:
-Kommasetzung
Ich habe keine Lust, mich mit 40 Kommaregeln herumzuschlagen, 9 Regeln zur Kommasetzung reichen aus.
-ß oder ss
Alte Rechtschreibung: Muß das Muß (z.B. Apfelmuß) mit "ß" oder "ss" geschrieben werden. Zu Fuß durch den Fluß, zum Abschied ein Kuß, wobei sie beim Küssen in Flüssen wohl überlegt handeln müssen. Ab jetzt wieder neue Rechtschreibung. Wer in aller Welt möchte für jedes Wort einzeln lernen, dass es mit ß oder ss geschrieben wird. Und das gilt dann auch nicht durchgehend, denn sobald aus einem "Fluß" zwei werden, ist es mit dem "ß" auch vorbei.
Jetzt weiß sogar der letzte Depp, also auch ich, wann "ß" oder "ss" geschrieben wird.
-Groß- und Kleinschreibung:
Es wurde leider nur eine gemäßigte Reform eingeführt, allerdings gibt es auch ein paar Vereinfachungen (für mich). In Briefen wird "du" und "ihr" (pl.) kleingeschrieben, wie überall sonst auch. Das Anredepronomen "Sie" wird nach wie vor groß geschrieben, anscheinend zur Abgrenzung von der 3. Person Plural.
-Getrenntschreibung
soll der Normalfall werden. Ich mache mir die Sinnlosigkeit der alten Rechtschreibung immer am Beispiel "radfahren" und "Auto fahren" klar. Warum ist die Wortgruppe Rad fahren in der alten Rechtschreibung ein fast eigenständiges Verb? Dies ist mir in den letzten 24 Jahren vollkommen unklar geblieben. Und wie schrieb man früher, wenn man mit dem Zug, dem Ballon, den Schlitten fahren wollte, Eis laufen oder Halt machen wollte. Jetzt wird das getrennt geschrieben. Mit der alten Rechtschreibung wäre das (bei mir) im lustigen Raten ausgeartet.
-Fremdwörter
Manchmal sieht es ganz merkwürdig aus, aber eine Entgratung der Schreibweisen wäre Früher oder Später gekommen. Wenn nicht, würde ich noch immer mit einem Telephon telephonieren, in Wupperthal wohnen oder Photographien betrachten. Das will ich aber nicht. Wenn man schon fotografiert, ist es doch für jeden 6-Jährigen ganz klar, dass ein Delfin genau so und nicht anders geschrieben wird. Muss man alles verkomplizieren?
Eine der größten Lügen im obigen Artikel ist:
>Die Reform habe weder für professionell Schreibende noch für Schüler
>Erleichterung oder Vereinfachung gebracht.
Das kann doch nicht ernsthaft so gemeint sein, oder?
Ich hoffe, dass die Nicht-Sprachwissenschaftler unter uns im Klaren darüber sind, dass wir erst durch die Reform der deutschen Schriftsprache in die Lage versetzt werden, einigermaßen korrekt schreiben zu können, oder irre ich mich da?

Außerdem frage ich mich, ob nach der alten Rechtschreibung der "Schreibende" wirklich groß geschrieben wird, denn es ist eine Flexion vom Verb "schreiben" (siehe hier oder hier), dementsprechend könnte es sein, dass die FAZ selber die alte mit der neuen Rechtschreibung vermischt.

Gruß
Marc

Edit: "Muß das Muß" mit Apfelmuß ergänzt, sonst wäre die Sinnlosigkeit der alten Schreibregelung nicht so gut herübergekommen, dass zwei vollkommen unterschiedlich ausgesprochene Wörter absolut gleich geschrieben werden.


#23, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von Keng am 08-Aug-04 um 12:23 Uhr

Letzte Bearbeitung am 08-Aug-04 um 12:38 Uhr ()
>Jetzt weiß sogar der letzte Depp, also auch ich, wann "ß" oder "ss" geschrieben wird.

Einspruch. Genau *das* wird verdammt oft falsch gemacht, und nach langem Vokal ein "ss" geschrieben, was auch nach der neuen Rechtschreibung völlig falsch ist.

>In Briefen wird "du" und "ihr" (pl.) kleingeschrieben, wie
>überall sonst auch. Das Anredepronomen "Sie" wird nach wie vor groß geschrieben,
>anscheinend zur Abgrenzung von der 3. Person Plural.

Eine völlig inkonsequente Regel, denn "Du", "Ihr" und "Sie" sind Höflichkeitsformen der Anrede (wie auch in vielen anderen Sprachen üblich). Warum davon zwei abgeschafft werden, aber eine behalten wird, erschließt sich mir überhaupt nicht.

>Ich hoffe, dass die Nicht-Sprachwissenschaftler unter uns im Klaren darüber sind, dass
>wir erst durch die Reform der deutschen Schriftsprache in die Lage versetzt werden,
>einigermaßen korrekt schreiben zu können, oder irre ich mich da?

IMHO ja, denn die Reform hat, wie die Beispiele zeigen, zu viele Ecken, die man als "Willkür" bezeichen kann, und die keinen logisch erkenn- oder gar durch Transfer selbst herleitbaren Regeln entsprechen (und dies ist verdammt wichtig für das "Sprachgefühl", ein Schreibender *sic* überlegt ja nicht bei jedem Wort über Regeln, sondern schreibt "aus dem Gefühl heraus"). Dabei wird ja gar nicht die gesamte Reform angegriffen, einige neue Regelungen sind wirklich sinnvoll, da widerspricht ja auch keiner. Man hätte aber die Gelegenheit der Reform benutzen können und vor allem müssen, ein einheitliches, und vor allem logisch durchdachtes Regelwerk zu präsentieren. Dies wurde definitiv versäumt.

>Außerdem frage ich mich, ob nach der alten Rechtschreibung der "Schreibende" wirklich
>groß geschrieben wird

Ja, das hat ethymologische Gründe. Denn es ist letztendlich entstanden aus "Der Schreiber", was aber als "Autor" gebraucht wird. Dadurch, also in Ermangelung eines substantivierten Verbes des Wortes "der, der aktiv schreibt", also "Schriftsteller", ergab sich "Der Schreibende".

ARD - Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe


#24, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von marc ep am 08-Aug-04 um 13:25 Uhr

>>Jetzt weiß sogar der letzte Depp, also auch ich, wann "ß" oder "ss" geschrieben wird.
>Einspruch. Genau *das* wird verdammt oft falsch gemacht, und nach langem Vokal ein "ss"
>geschrieben, was auch nach der neuen Rechtschreibung völlig falsch ist.

Das sehe ich und §25 der Rechtschreibregeln aber anders:
Für das scharfe (stimmlose) s nach langem Vokal oder Diphthong schreibt man ß, wenn im Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt.


>>In Briefen wird "du" und "ihr" (pl.) kleingeschrieben, wie
>>überall sonst auch. Das Anredepronomen "Sie" wird nach wie vor groß geschrieben,
>>anscheinend zur Abgrenzung von der 3. Person Plural.

>Eine völlig inkonsequente Regel, denn "Du", "Ihr" und "Sie" sind Höflichkeitsformen der
>Anrede ...
Für mich ist "du" eine Anrede, eine Höflichkeitsform erkenne ich persönlich nicht und eine Höflichkeitsform gibt es im Sinne der alten, sowie der neuen Rechtschreibung auch nicht. Für mich als Regelhasser reicht folgendes:
"Das Anredepronomen Sie und das entsprechende Possessivpronomen Ihr sowie die zugehörigen flektierten Formen schreibt man groß."
Fertig, das reicht. Eine einzige einfache, logische, konsequente und in sich stimmige Regel.

Der Rest wird klein geschrieben, in Briefen, Urkunden, direkter und indirekter Rede. Was ist eigentlich mit der indirekten Rede und "Du" in einem Brief?

>>Ich hoffe, dass die Nicht-Sprachwissenschaftler unter uns im Klaren darüber sind, dass
>>wir erst durch die Reform der deutschen Schriftsprache in die Lage versetzt werden,
>>einigermaßen korrekt schreiben zu können, oder irre ich mich da?
>
>IMHO ja, denn die Reform hat, wie die Beispiele zeigen, zu viele Ecken, die man als
>"Willkür" bezeichen kann, und die keinen logisch erkenn- oder gar durch Transfer selbst
>herleitbaren Regeln entsprechen.
IHMO infinitesimal klein. Durch Neuregelungen, wie im Juni 2004 erst geschehen, konvergiert Willkür gegen Null.

>Dabei wird ja gar nicht die gesamte Reform
>angegriffen, einige neue Regelungen sind wirklich sinnvoll, da widerspricht ja auch
>keiner. Man hätte aber die Gelegenheit der Reform benutzen können und vor allem müssen,
>ein einheitliches, und vor allem logisch durchdachtes Regelwerk zu präsentieren. Dies
>wurde definitiv versäumt.

Als Laie empfinde ich das Regelwerk durchdacht und logisch. Ich kann ohne Angst zu haben, auch Briefe verfassen, die ich keinem Deutschlehrer zur Korrektur vorlegen muss. Die Einheitlichkeit beziehst du auf das Regelwerk, denke ich. Widersprüche kann ich keine finden, Sprachwissenschaftler können dies bestimmt, aber für diese Personengruppe ist die neue Rechtschreibung bestimmt nicht gemacht worden. Die räumliche Einheitlichkeit wird durch die Kultusminister (hoffentlich) sichergestellt, Österreich und Schweiz (hier allerdings ohne "ß") schließen sich dem am.

Ansonsten würde ich die Kritik, dass die Reform nicht weit genug geht, grundsätzlich zustimmen, aber Mitte der 90er haben sich die Gemäßigten durchgesetzt und nicht die Radikalen. Das ist so und das kann und möchte ich auch nicht ändern. Dadurch ist die Reform aber nicht unlogischer geworden. Für mich wäre natürlich die Abschaffung der Großschreibung schön gewesen.

Gruß
Marc


#26, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von Keng am 08-Aug-04 um 13:45 Uhr

Letzte Bearbeitung am 08-Aug-04 um 13:49 Uhr ()
>>>Jetzt weiß sogar der letzte Depp, also auch ich, wann "ß" oder "ss" geschrieben wird.
>>Einspruch. Genau *das* wird verdammt oft falsch gemacht, und nach langem Vokal ein "ss"
>>geschrieben, was auch nach der neuen Rechtschreibung völlig falsch ist.
>Das sehe ich und
>§25
>der Rechtschreibregeln aber anders:
>Für das scharfe (stimmlose) s nach langem Vokal oder Diphthong schreibt man ß, wenn im
>Wortstamm kein weiterer Konsonant folgt.

Und was ist daran anders? Lies nochmal meine Zeile genau, ich habe nichts anderes geschrieben, sondern nur bemerkt, daß eben *nicht* der letzte Depp weiß, wann "ß" und "ss" zu stehen haben. Oder wie erklärst Du Dir den inflationären Gebrauch solcher Undinger wie "weiss", "Strasse" oder "Apfelmuss"? (ja, alles schon gelesen, und nicht selten...)

ARD - Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe


#27, Ich lerne auch langsam
Geschrieben von marc ep am 08-Aug-04 um 14:04 Uhr

Hallo,

mea culpa. Du hast zweimal recht:
>Lies nochmal meine Zeile genau, ich habe nichts anderes geschrieben...

>Oder wie erklärst Du Dir den inflationären Gebrauch solcher
>Undinger wie "weiss", "Strasse" oder "Apfelmuss"?

Das Letzte, zumindest das Anbringen des "ß", war meine Erfindung, aus welcher Ecke meines Gehirnes die hergekommen ist, weiß ich leider nicht

Ich meinte vielmehr, dass prinzipiell doch jeder Depp das "ß" richtig setzen könnte; ich Depp kann es doch auch, bis auf wenige Ausnahmen (s.o.). Der inflationäre Gebrauch von falschen Doppel-s könnte eine Art Überschwinger sein, ich würde es als PT2-Verhalten charakterisieren. Oder die Rechtschreibreform ist daran schuld, was ich nicht denke.

Gruß
Marc



#28, RE: Ich lerne auch langsam
Geschrieben von Keng am 08-Aug-04 um 14:12 Uhr

>Das Letzte, zumindest das Anbringen des "ß", war meine Erfindung, aus welcher Ecke
>meines Gehirnes die hergekommen ist, weiß ich leider nicht

Macht ja nix, das war gar nicht auf Dich bezogen, sondern wirklich auf den allgemeinen Gebrauch, wie ich ihn tagtäglich lese. Es würde mir nichts ferner liegen, als in einer Meta-Diskussion um Rechtschreibung, eben diese bei Diskussionspartnern zu kritisieren (es sei denn sie macht die Postings absolut unleserlich ), das wäre völlig kontraproduktiv für die Diskussion, und ich selbst kann mich selbstverständlich auch nicht freizeichnen von einigen Fehlern, alles andere wäre vermessen.

>Der inflationäre Gebrauch
>von falschen Doppel-s könnte eine Art Überschwinger sein, ich würde es als
>PT2-Verhalten charakterisieren. Oder die Rechtschreibreform ist daran schuld, was ich
>nicht denke.

Du wirst lachen, aber ich denke das, und stehe damit nicht alleine da, daß die ganze Sache mehr Verwirrung als Klärung geschaffen hat, und einige Zeitgenossen nun die Rechtschreibung eher mit der Marke "kreativ" auslegen ((R) Alex Jeschke). Aber das können wir wahrscheinlich hier nie ausdiskutieren, und von Sprachwissenschaftlern, also Leuten, die das eigentlich sagen können müßten, hört man widersprüchliches. Es bleibt also nicht anderes zu werten als den Fakt, daß es so ist, denn das "warum" werden wir wohl nicht final klären können

ARD - Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe


#25, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von vestermike am 08-Aug-04 um 13:44 Uhr

>Ich hoffe, dass die Nicht-Sprachwissenschaftler unter uns im Klaren darüber sind, dass
>wir erst durch die Reform der deutschen Schriftsprache in die Lage versetzt werden,
>einigermaßen korrekt schreiben zu können, oder irre ich mich da?

In der Tat macht es manchmal den Anschein, daß nach der Reform weniger Fehler gemacht werden. Dies liegt aber weniger daran, daß die Leute durch die Reform sicherer in der Rechtschreibung geworden wären - ganz im Gegenteil liegt es daran, daß von Philologen mal abgesehen keine Sau mehr weiß, wie Dinge korrekt geschrieben werden und selbst die gröbsten Schnitzer aufgrund einer völligen Verunsicherung als richtig bewertet werden.

Machen wir uns nichts vor: Die Reform ist in unserer Gesellschaft weitestgehend kläglich gescheitert. "Ziviler Ungehorsam" sorgt dafür, daß die staatlich aufgezwungene Verunglimpfung der deutschen Sprache in diesem Land nicht mehrheitsfähig ist. Die meisten haben ihre Rechtschreibung ohnehin nicht umgestellt - jetzt haben diverse Verlage durch diesen (wenn auch zu späten) Schritt dafür gesorgt, daß die Kultusminister stark unter Druck geraten. Sprache funktioniert immer evolutionär, und eine offizielle Veränderung der Sprache sollte nur eine Reaktion auf die bereits in der Gesellschaft vollzogene Veränderung sein. Daß so etwas nicht auf eine revolutionäre Art und Weise funktionieren kann, wird zur Zeit ziemlich deutlich.

>Manchmal sieht es ganz merkwürdig aus, aber eine Entgratung der Schreibweisen wäre Früher >oder Später gekommen. Wenn nicht, würde ich noch immer mit einem Telephon telephonieren, >in Wupperthal wohnen oder Photographien betrachten. Das will ich aber nicht. Wenn man >schon fotografiert, ist es doch für jeden 6-Jährigen ganz klar, dass ein Delfin genau so >und nicht anders geschrieben wird. Muss man alles verkomplizieren?

Wenn ich mich nicht auf meine Texte konzentiere, schaue ich mir auch heute noch gerne Photos and oder benutze ein Telephon. Damit gehöre ich aber (leider) zu einer Minderheit - Fotos und Telefone haben sich in der Gesellschaft durchgesetzt. Ich bedauere dies zumindest aus dem Grunde, weil viele Sprachen ihre Ursprünge im Lateinischen oder im Griechischen haben. Das Beibehalten der sprachlichen Wurzeln verbindet diese Sprachen und macht es so bedeutend einfacher, auch in einer fremden Sprache Wortbedeutungen aufgrund des Ursprungs abzuleiten. Ähnliches gilt für in die deutsche Sprache eingeflossene Fremdworte.

>Edit: "Muß das Muß" mit Apfelmuß ergänzt, sonst wäre die Sinnlosigkeit der alten
>Schreibregelung nicht so gut herübergekommen, dass zwei vollkommen unterschiedlich
>ausgesprochene Wörter absolut gleich geschrieben werden.

Wäre vielleicht wirklich sinnlos, aber es heißt korrekt "Muß das Mus" (Apfelmus)

Mike


#30, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von marc ep am 08-Aug-04 um 14:28 Uhr

Hallo,

danke für deine/Deine Anmerkungen.

>In der Tat macht es manchmal den Anschein, daß nach der Reform weniger Fehler gemacht
>werden.
Bis auf den Apfelkompott stimmt das zumindest bei mir. Auch schriftliche (Diplom-) Arbeiten, die ich lesen darf, sind weit weniger fehleranfällig als mit alter Rechtschreibung. Dies ist aber ein subjektiver Eindruck.

>... wie Dinge korrekt geschrieben werden und selbst die
>gröbsten Schnitzer aufgrund einer völligen Verunsicherung als richtig bewertet werden.
Ist das tatsächlich so? Wo tritt das denn besonders auf?

>Machen wir uns nichts vor: Die Reform ist in unserer Gesellschaft weitestgehend
>kläglich gescheitert. "Ziviler Ungehorsam" sorgt dafür, daß die staatlich aufgezwungene
>Verunglimpfung der deutschen Sprache in diesem Land nicht mehrheitsfähig ist.

Harz IV ist auch nicht unbedingt mehrheitsfähig, weil von bestimmten Presseorganen Lügen in Umlauf gebracht werden, dass sich die Balken biegen. Ähnliches, wenn auch nicht in der offensichtlichen Form, könnte latent mit der reformierten Rechtschreibung geschehen sein, so meine Vermutung, da sich anscheinend nur sehr wenige mit der Rechtschreibung befassen.

>Die meisten haben ihre Rechtschreibung ohnehin nicht umgestellt
Was ist mit den 6 bis 20 Millionen Menschen, die nie eine besessen haben oder keine gesicherte Rechtschreibung hatten. Dazu zähle ich mich eigentlich auch.

>Sprache funktioniert immer evolutionär, und
>eine offizielle Veränderung der Sprache sollte nur eine Reaktion auf die bereits in der
>Gesellschaft vollzogene Veränderung sein. Daß so etwas nicht auf eine revolutionäre Art
>und Weise funktionieren kann, wird zur Zeit ziemlich deutlich.

Ich habe in den 80er Jahren beobachtet, dass das ss,ß-Problem von manchen Mitschülern so gelöst wurde, wie es nach der neuen Rechtschreibung auch richtig ist. Vielleicht ist diese Reform doch auf evolutionären Veränderungen basierend?

>... Ich bedauere dies zumindest aus dem Grunde, weil viele Sprachen ihre Ursprünge im Lateinischen oder im Griechischen haben. Das Beibehalten der sprachlichen Wurzeln verbindet diese Sprachen ...

Fein, also übertrieben gesagt Abschaffung der Großschreibung, das "k" und "ß" müssen auch weg.

Consuetudo est altera natura.

Gruß
Marc


#34, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von vestermike am 08-Aug-04 um 14:54 Uhr

>Ist das tatsächlich so? Wo tritt das denn besonders auf?

Konnte man sehr schön bei der RTL-Show zur Rechtschreibung sehen, wo Leute etwas Falsches geschrieben haben, dann dachten, es wäre erst seit der neuen Rechtschreibung falsch, um dann erfahren zu müssen, daß es schon immer falsch war. Imho legitimiert die neue Rechtschreibung im Bewußtsein der Gesellschaft Fehler, die schon immer Fehler waren und auch immer Fehler bleiben werden.

>Was ist mit den 6 bis 20 Millionen Menschen, die nie eine besessen haben oder keine
>gesicherte Rechtschreibung hatten. Dazu zähle ich mich eigentlich auch.

Gegenfrage: Sollen wir den Sinn des Wortes "Platzangst", den wahrscheinlich mehr als 20 Millionen Menschen in Deutschland nicht verstanden haben, auch ändern oder die Prozentrechnung, die mit Sicherheit auch mehr als 6 Millionen Leute falsch machen?

>Ich habe in den 80er Jahren beobachtet, dass das ss,ß-Problem von manchen Mitschülern
>so gelöst wurde, wie es nach der neuen Rechtschreibung auch richtig ist. Vielleicht ist
>diese Reform doch auf evolutionären Veränderungen basierend?

Nicht wirklich, da das "ß" grundsätzlich mit "ss" ersetzt wurde, wogegen ich mich prinzipiell auch nicht sträuben würde. Nur stehe ich da auf dem Standpunkt: Entweder alles oder gar nichts! Die punktuelle Veränderung ist da eher contraproduktiv.

>Fein, also übertrieben gesagt Abschaffung der Großschreibung, das "k" und "ß" müssen
>auch weg.

Ich persönlich mag die Großschreibung eigentlich sehr, da sie das Lesen eines Satzes durch die optische Unterstützung des Sinns durchaus einfacher macht. Allerdings hätte ich eine Änderung diesbezüglich immer noch weitaus sinnvoller gefunden als die Änderungen, die (überflüssigerweise) tatsächlich gekommen sind. Zum "ß" habe ich oben ja schon was gesagt. Die Beibehaltung des "c" anstatt eines "k" bei einer altsprachlichen Herleitung befürworte ich auch auf jeden Fall (irgendwie sieht "kontraproduktiv" ##### aus).

Mike



>
>Consuetudo est altera natura.
>
>Gruß
>Marc


#32, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von Marco am 08-Aug-04 um 14:37 Uhr


>In der Tat macht es manchmal den Anschein, daß nach der Reform weniger Fehler gemacht
>werden. Dies liegt aber weniger daran, daß die Leute durch die Reform sicherer in der
>Rechtschreibung geworden wären - ganz im Gegenteil liegt es daran, daß von Philologen
>mal abgesehen keine Sau mehr weiß, wie Dinge korrekt geschrieben werden und selbst die
>gröbsten Schnitzer aufgrund einer völligen Verunsicherung als richtig bewertet werden.
>

Und es liegt daran, dass oft einfach mehrere Schreibweisen richtig sind. Wenn sich eine neue Schreibweise nicht durchsetzt nimmt die Rechtschreibkommission die alte (und oft auch noch weitere) als ebenso richtige Alternativen in einer der zahlreichen Reformen der Reform mit auf! Es gibt mittlerweile Wörter, wo es schwer ist absichtlich einen Fehler einzubauen.

Marco


#39, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von Wuzefelix am 08-Aug-04 um 21:32 Uhr

Hi

>In der Tat macht es manchmal den Anschein, daß nach der Reform weniger Fehler gemacht
>werden. Dies liegt aber weniger daran, daß die Leute durch die Reform sicherer in der
>Rechtschreibung geworden wären - ganz im Gegenteil liegt es daran, daß von Philologen
>mal abgesehen keine Sau mehr weiß, wie Dinge korrekt geschrieben werden und selbst die
>gröbsten Schnitzer aufgrund einer völligen Verunsicherung als richtig bewertet werden.

Stimmt! Im Punkto Rechtschreibung ging bei meinem Deutschlehrer alles durch, sowie alte Rechtschreibung, neue Rechtschreibung, als auch eine Mischung aus beidem. (Selbst in ein und dem selben Wort durfte gemischt werden, wie Photograf oder Fotograph)


>>Manchmal sieht es ganz merkwürdig aus, aber eine Entgratung der Schreibweisen wäre Früher >oder Später gekommen. Wenn nicht, würde ich noch immer mit einem Telephon telephonieren, >in Wupperthal wohnen oder Photographien betrachten. Das will ich aber nicht. Wenn man >schon fotografiert, ist es doch für jeden 6-Jährigen ganz klar, dass ein Delfin genau so >und nicht anders geschrieben wird. Muss man alles verkomplizieren?

Also ich bemühe mich, nur noch Photos anzugucken, zu photographieren, und Beethovens
Symphony zu höhren! Wenn es Dinge gibt, die ich hasse, sind das Sinfonien, Delfine, Pizzas, Kaktusse (ist zumindes umgangssprachlich laut Duden schon erlaubt!), Taxis und co.

Achja: das tolle Wort "sit" ist ja sogar in schriftlicher Form erlaubt. Es steht für "nicht mehr durstig sein", und soll wohl eine Abwandlung von "satt" sein. Es entstand aus einer Marketingkampagne von Lipton IceTea und dem Duden! Bei so etwas kräuseln sich bei mir die Zehennägel...


>Wenn ich mich nicht auf meine Texte konzentiere, schaue ich mir auch heute noch gerne
>Photos and oder benutze ein Telephon. Damit gehöre ich aber (leider) zu einer
>Minderheit - Fotos und Telefone haben sich in der Gesellschaft durchgesetzt. Ich
>bedauere dies zumindest aus dem Grunde, weil viele Sprachen ihre Ursprünge im
>Lateinischen oder im Griechischen haben. Das Beibehalten der sprachlichen Wurzeln
>verbindet diese Sprachen und macht es so bedeutend einfacher, auch in einer fremden
>Sprache Wortbedeutungen aufgrund des Ursprungs abzuleiten. Ähnliches gilt für in die
>deutsche Sprache eingeflossene Fremdworte.

Also wenn eines gar nicht geht, dann ist es Majonäse und Portmonee. Sorry, aber dafür habe ich absolut kein Verständnis! Ärteim, wir kommen!


MfG, Wuzefelix

--------------------
Let the music fill your heart,
I need magic! everyday!!
Heini 4 President!


#40, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von Sarion am 08-Aug-04 um 21:44 Uhr

>Achja: das tolle Wort "sit" ist ja sogar in schriftlicher Form erlaubt. Es steht für
>"nicht mehr durstig sein", und soll wohl eine Abwandlung von "satt" sein. Es entstand
>aus einer Marketingkampagne von Lipton IceTea und dem Duden! Bei so etwas kräuseln sich
>bei mir die Zehennägel...

Absolut korrekt!
Denn das korrekte Wort für "nicht mehr durstig" lautet: röge
Entstanden aus einer Aktion von Sarion und Freunden zur Bereicherung der deutschen Sprache in den frühen '90 Jahren des letzten Jahrhunderts und hat damit die älteren Rechte.

Gruß Stefan

der wo sich wünscht das mehr Leute beim Lexikon mitmachen


#42, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von Keng am 08-Aug-04 um 22:14 Uhr

>Achja: das tolle Wort "sit" ist ja sogar in schriftlicher Form erlaubt. Es steht für
>"nicht mehr durstig sein", und soll wohl eine Abwandlung von "satt" sein. Es entstand
>aus einer Marketingkampagne von Lipton IceTea und dem Duden! Bei so etwas kräuseln sich
>bei mir die Zehennägel...

Ähm... weißt Du noch zufällig, wann das war? Ich weiß nämlich, daß exakt hier an dieser Stelle, kurz nach Eröffnung der Plauderecke (Frühjahr 2000), eben jene Frage auch gestellt wurde zum Zeitvertreib, wie man den Zustand "kein Durst mehr" mit einem Wort beschreiben kann. Und ich weiß auch noch, daß damals "sitt" dabei herauskam (allerdings mit 2 "t"). Junior, hast Du den Thread noch irgendwo?

Jetzt würde mich interessieren, ob die Henne oder das Ei zuerst da war

ARD - Bei uns sitzen Sie in der ersten Reihe


#44, RE: Manche lernen es nie
Geschrieben von Alex am 09-Aug-04 um 13:45 Uhr

Hi,

Ohne nachzuschauen behaupte ich, dass ganz klar die Marketingkampagne an dem sitt schuld ist - die ist nämlich ziemlich lange her und ich habe sie auch wahrgenommen und auch das dieses Wort vorher nicht existiert hatte.

Ob die Kampagne jetzt Henne oder Ei in deiner Analogie darstellt, weiß ich aber nicht, daher bleibt diese Frage unbeantwortet *g*

Grüße,
Alex


#33, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Marco am 08-Aug-04 um 14:42 Uhr

Letzte Bearbeitung am 08-Aug-04 um 15:29 Uhr ()
Na endlich wird der Widerstand wieder stärker! Mal abgesehen davon, dass man Sprache eh nicht von oben diktieren kann und es nach der Reform viel mehr Ausnahmen und Sonderregeln gibt als vorher, kommt noch dazu, daß die neuen Regeln oft auch sinnverzerrend sein können.

Beispiele:
Es macht schon einen Unterschied, ob ein Abiturient ein frischgebackener oder ein frisch gebackener Abiturient ist.

Es ist auch ein Unterschied, ob ein Preisträger die Auszeichnung wohlverdient (im Sinne von gerechtfertigt) oder wohl verdient (im Sinne von "Naja, die werden schon ihre Gründe haben auch wenn sie keiner versteht") hat.

Und wer versteht, warum beim Thunfisch das "h" nach dem "T" wegfallen soll, beim Thron, der These, der Theke, etc. aber nicht? Wo hat dies noch was mit Vereinfachung und Systematisierung zu tun?!

So gibt es Hunderte - oder noch mehr - unsinnige, unsystematische, verwirrende, sinnentstellende, Ausnahmen und Alternativen provozierende Beispiele.

Und spätestens wenn ich die neuen Schreibungen von Wörtern wie Mayonnaise (Majonäse, bäh) etc. und viele Groß-/Kleinschreibregeln sowie manche Trennungsregel sehe wird mir schlecht. Da versteht man auch, warum Schüler immer mehr Probleme mit der deutschen Sprache haben - müsste ich die Worte so sinnentstellend schreiben, trennen, etc. hätte ich die gleichen Probleme.

Wenn nach 5 Jahren nur 17% die Reform beibehalten wollen, muss die Frage erlaubt sein, ob dies noch irgendwie Sinn macht. Wenn es beibehalten wird, dann nicht aus Sachgründen, sondern aufgrund der Arroganz regelungswütiger Bürokraten, die Sprache von oben diktieren wollen und die Tatsachen nicht (ein-)sehen wollen. (Mit der Konsequenz, daß Schüler eine andere Schreibweise lernen MÜSSEN, als ihnen später im Alltag begegnet. (In der Literatur - ausgenommen Kinder- und Jugendbücher - wird nämlich in der Mehrheit der Fälle die alte Schreibweise weiterverwendet und wenn jetzt auch noch die Zeitungen und Zeitschriften wieder zur traditionellen Schreibung zurückkehren...))

Übrigens gibt es Personalchefs, bei denen Bewerbungsschreiben in der neuen Rechtschreibung gleich in den Müll wandern... Manche Lehrer empfehlen mittlerweile Wörter, bei denen ein Unterschied besteht, weitestgehend in Bewerbungsschreiben, etc. zu vermeiden. Schöne neue Rechtschreibwelt!

Marco
PS: Das heißt nicht, dass ich ein Traditionalist bin, der sich jeder Sprachveränderung per se verschließt, aber Sprache ist Kommunikationsmittel und lebendes Kulturgut und entwickelt sich aus dem täglichen Gebrauch. Es hat immer - durch die Verwendung von Sprache und neue Erfordernisse - Veränderungen gegeben und es wird sie auch immer geben, aber jeder Versuch, sowas bürokratisch von oben zu diktieren (noch dazu so unsinnige Regelungen), muß zum Scheitern verurteilt sein!


#35, Es kommt selten vor....
Geschrieben von vestermike am 08-Aug-04 um 14:57 Uhr

...aber in diesem Falle unterstreiche ich ein "Marco-Posting" voll und ganz

Mike


#41, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von airtime am 08-Aug-04 um 22:14 Uhr

Hallo Marco,

ich kann mich Deinem Posting nur anschließen!

1. Solange in vielen gümnasijalen Oberstufen Rechtschreibfehler nicht
zur Abwertung in der Benotung führen, dürften IMHO die Schüler auch keine
Nachteile durch eine Reform der Reform haben.

2. Die neue Reform hat bei mir mit 35 Jahren dazu geführt, das ich eigentlich
nicht mehr weiß, ob es Fahrradfahren oder fahrradfahren oder fahrrad fahren
heißt. Ich weiß das ich dies nachschauen könnte, aber es hat sich bei mir eine gewisse LMAA-Einstellung breit gemacht und daher ist es mir eigentlich ####-egal wie es sich schreibt!

3. Werde ich immer das "Du" in einem Brief/Posting groß schreiben, da es für mich
eine Form der Wertschätzung ist, die ich gerne beibehalten möchte, auch wenn
dies teilweise die jüngeren Mitglieder albern finden. (Ein Verstoß gegen die
Foren-Regel "Rechtschreibung" nehme ich hier billigend in Kauf!)

4. Die "T(h)unfisch-Theken-Problematik" ist mir auch gänzlich unverständlich.

5. Und sorry, aber wenn ich soetwas wie das Wort: Seeelefant lese,
brennen mir einfach die Augen!

6. Wenn in Umfragen, die im Internet durchgeführt werden, über 70% für die
alte Rechtschreibung stimmen, finde ich das Resultat schon beeindruckend, da ja
hauptsächliche jüngere Leute PC´s nutzen - sprich also auch die unmittelbar Betroffenen.

Gruß
Hans


#36, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von raphi am 08-Aug-04 um 15:05 Uhr

Ich frag mich was das soll...
Hab ich irgendwas verpasst, als ich im Urlaub war?
Oder seit wann wird in Deutschland Reformiert?
Eine vernünftige Steuerreform? Fehlanzeige.
Eine Reform des Sozialsystemes? Fehlanzeige.
Eine Reform der Krankenkasse? Keine Spur.
Eine richtige Reform des Arbeitsmarktes? Ein schöner Traum.

Wie soll dann eine Reform der Rechtschreibreform herkommen. Na ja, ich seh da aufjeden Fall schwarz. Das ist halt wieder was um das Sommerloch zu stopfen, wie damals als Deutschland Mallorca kaufen wollte, oder, oder, oder...

Es wird darüber geredet, es wird diskutiert, es gibt ein kleines "Reförmchen" und das wars, aber was richtiges, vernünftiges kommt am Ende nicht raus. Schade eigentlich.

Das ist meine ganz persönlich Meinung dazu.

MFG
Raphi


#43, Vernunft oder eher Eigeninteresse?
Geschrieben von WP am 09-Aug-04 um 10:39 Uhr

Hi,

grundsätzlich war ich gegen die neue Reform - weil da viel Blödsinn enthalten ist und wenig Erleichterung.

Aber jetzt den Volksaufstand zu schüren, dass ist zu SPÄT, da steck irgend ein Eigeninteresse und nicht wie immer die Vernunft-Variante darin!!!

z.B. Eigeninteresse: die Verlage würden mit den neuen/alten Büchern wieder eine Menge Geschäft machen!

Für meine Tochter (wie auch für viele andere Schüler) würde das dann bedeuten:
erst lernt man in der ersten Klasse die alte Variante, drei Jahre später die neue - und jetzt in der Schule wieder die alte (an die sich kein Schüler mehr erinnern kann).

Ein große Anzahl von Kinder und Jugendbücher WIEDER neu kaufen!!!

Mir gefällt die neue Reform nicht, aber aus finanziellen und Lern-Gründen sollte die neue Variante beibehalten werden.

Das einzige das ich noch akzeptieren würde: die derzeitige Variante geringfügig verbessern - wobei dann eventuell beide Schreibarten (2. und 3. Variante) zulässig sind.

Gruß
Wolfgang


#47, RE: Vernunft oder eher Eigeninteresse?
Geschrieben von Marco am 09-Aug-04 um 16:02 Uhr


>grundsätzlich war ich gegen die neue Reform - weil da viel Blödsinn enthalten ist und
>wenig Erleichterung.
>

Also möchtest Du sicher auch nicht, dass Deine Tochter noch länger mit dem Blödsinn und der Verkomplizierung traktiert wird.

>Aber jetzt den Volksaufstand zu schüren, dass ist zu SPÄT, da steck irgend ein
>Eigeninteresse und nicht wie immer die Vernunft-Variante darin!!!
>

Da die Reform ja noch in der Testphase ist und erst nächstes Jahr verbindlich eingeführt werden soll (wo sich die KMK und die RK noch dagegen entscheiden könnten, da die Einführung nicht zwingend ist), ist es noch lange nicht zu spät. Dass die Schulbuchverlage voreilig komplett umgestiegen sind hat nur wirtschaftliche Gründe, ist aber nicht pädagogisch-didaktisch begründet. Dass das unverantwortlich war, Schüler dermaßen zu instrumentalisieren ist wohl Konsens hier. Aber die Schuld dafür liegt halt bei Politik und manchen (!) Verlagen.

>z.B. Eigeninteresse: die Verlage würden mit den neuen/alten Büchern wieder eine Menge
>Geschäft machen!
>

Viele Verlage sind komplett bei der alten Rechtschreibung geblieben (z.B. Suhrkamp), andere überlassen es ihren Autoren, wobei sich herausgestellt hat, dass z.B. bei Econ 90% der Autoren auf die alte Schreibweise bestehen. Vor 2 Monaten ist sogar der erste Schulbuchverlag wieder zur alten Schreibung zurückgekehrt (ein Verlag aus der Eifel, Name weiß ich im Moment nicht, stand aber mal in unserer Zeitung).

Gerade die, die eine Rückkehr begrüßen, sind die, die den wenigsten wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen. Gegner ist z.B. die Dudenredaktion, wobei einem klar sein sollte, dass die deshalb so vehement dafür sind, weil die Reform ein Grund ist, einen gesättigten Markt komplett neu zu bedienen. (Und es gibt noch genug Stellen, wo nach ein alter Duden steht...)

>Für meine Tochter (wie auch für viele andere Schüler) würde das dann bedeuten:
>erst lernt man in der ersten Klasse die alte Variante, drei Jahre später die neue - und
>jetzt in der Schule wieder die alte (an die sich kein Schüler mehr erinnern kann).
>

Wie gesagt, ist das wirklich ein Argument, dass nachvollziehbar ist, aber wieso haben die Eltern damals bei der Reform nicht mit den gleichen Argumenten dagegen votiert und dies auch stärker artikuliert. Fakt ist doch, dass es vielen Eltern egal ist, solange es nicht mit Kosten verbunden ist.

>Ein große Anzahl von Kinder und Jugendbücher WIEDER neu kaufen!!!
>

Erstens hat ja auch bisher keiner alte Kinderbücher weggeschmissen, nur weil sie in der klassischen Schreibweise gesetzt waren und zweitens sind ja durch die Reform viele Worte und Zusammenstellungen betroffen, die nicht gerade typisch für ein Kinderbuch sind. Und in den meisten Kinderbüchern die angeblich nach Reformdeutsch gesetzt sind, wärst Du überrascht, wieviel klassische Rechtschreibung da noch drin ist. Dieses Kuschelmuschel in Kinderbüchern trägt sicher nicht gerade zum Sprachverständnis bei.

Bei Schulbüchern ist die Lage ja eh so, dass jedes Jahr ein neues fällig ist. Und die Bücher, die von der Schule gestellt werden werden tatsächlich wertlos, aber dieses Verbrennen von Geld hat wieder mal die Politik verursacht (was ja keinen mehr wundert).

>Mir gefällt die neue Reform nicht, aber aus finanziellen und Lern-Gründen sollte die
>neue Variante beibehalten werden.
>

Dann soll Deine Tochter also eine andere Schriftsprache lernen, als ihr später in den Medien und wohl auch im Berufsleben und Alltag begegnet? Und vergiss auch nicht, dass die jetzigen Schüler bezogen auf bisherige und kommende Generationen einen marginalen Anteil darstellen; es wäre doch unfair kommenden Schülern dieselbe unsinnige Rechtschreibung zuzumuten nur damit jetzige Schüler nicht nochmal wechseln müssen. Das ist für jetzige Schüler ärgerlich und ich denke keiner von uns wird es den Verantwortlichen verzeihen, wie sie Schüler als Versuchskaninchen missbraucht haben, aber lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Übrigens wenn die Verantwortlichen auf Stur schalten und die Reform nächstes Jahr eingeführt wird, wird die Diskussion nur verschoben, denn entweder führt man die Reform dann sukzessive immer weiter zurück oder in 10 Jahren wird man fragen, warum in den Schulen ein anderes Deutsch beigebracht wird, als einem im Alltag begegnet. Und spätestens wenn Diktate undurchführbar werden, wird die Diskussion wieder neu da sein.

>Das einzige das ich noch akzeptieren würde: die derzeitige Variante geringfügig
>verbessern - wobei dann eventuell beide Schreibarten (2. und 3. Variante) zulässig
>sind.
>

Und wieviele Varianten noch? Ist es wirklich zum Erlangen eines gesunden Sprachverständnisses sinnvoll, einfach alles mögliche zuzulassen? Es hat schon so viele Korrekturen gegeben, wo man merkte, dass die neuen Regeln nicht durchdacht waren und dann kleinlaut die alte Schreibweise als "Alternative" empfohlen hat.

Ist es denn besser, die Reform immer weiter anzupassen und den Schülern jedes Jahr zu sagen "Passt auf, dieses Jahr gelten folgende Regeln, aber wer weiß, ob sie nächstes Jahr noch gültig sind" oder ist es dann nicht sinnvoller und gerade im Interesse der Schüler zu einer etablierten Schreibung zurückzukehren, die sich jahrzehntelang bewährt hat und wo man weiß, dass nicht jedes Jahr wieder was angepasst werden muss?! (Und wo man weiß, dass die Kinder keine Elfenbeinturm-Sprache lernen, die mit dem Deutsch, daß ihnen später begegnen wird, nicht immer übereinstimmt!)

Eh die jetzigen Schüler noch länger als Versuchskaninchen herhalten müssen und zukünftige Schüler denselben Mist mitmachen müssen, lieber ein Ende der Unvernunft JETZT!

Marco


#45, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von SoftwareFailure am 09-Aug-04 um 15:16 Uhr

Für uns Coasterfreunde ist vielleicht noch folgende neue Regel der Rechtschreibreform interessant: Es heißt jetzt grammatikalisch korrekt Werner Stängel. Siehe hier! *scnr*

#46, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Phantasani am 09-Aug-04 um 15:25 Uhr

Schon mal den Begriff "Eigennamen" gehört?

#48, Weitere Medien kehren zum vernünftigen Deutsch zurück
Geschrieben von Marco am 12-Aug-04 um 10:58 Uhr

Jetzt haben auch der Rheinische Merkur und mehrere regionale Tageszeitungen angekündigt, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren. Außerdem wollen auch die Videotext- und Internetredaktionen einiger TV-Sender in Zukunft auf Reformdeutsch verzichten...

Marco


#49, SZ verweigert sich der Rückkehr
Geschrieben von jwahl am 06-Okt-04 um 14:04 Uhr

Frisch von Spiegel online:

MEDIEN

"Süddeutsche" kehrt nicht zur alten Rechtschreibung zurück

Die "Süddeutsche Zeitung" sucht einen Rechtschreib-Kompromiss. Zwar hatte das Münchner Blatt nach dem Vorstoß von SPIEGEL und Springer Verlag im August signalisiert, ebenfalls zur alten Schreibweise zurückzukehren; die Mehrheit der "SZ"-Redakteure habe sich jedoch für eine modifizierte Form der neuen Rechtschreibung ausgesprochen.

München - "Wir sind für einen Konsens", sagte Chefredakteur Hans-Werner Kilz dem Hamburger Magazin "Stern". Eine interne Umfrage der Münchner Zeitung hatte ergeben, dass sich rund zwei Drittel aller "SZ"-Redakteure für einen Kompromiss als "eine modifizierte Form der neuen Rechtschreibung aussprechen", wie der Sprecher des Süddeutschen Verlags, Sebastian Berger, am Mittwoch erklärte.

Nur jeweils eine kleine Minderheit habe sich entweder für die Rückkehr zur alten oder für die vollständige Beibehaltung der neuen Rechtschreibung ausgesprochen. Die "Süddeutsche Zeitung" werde nun zunächst die weitere öffentliche Diskussion abwarten. "Die Redaktion wird diesen Prozess beobachten und begleiten", sagte Berger.

Dabei wolle sich der Verlag auch für einen Konsens mit den Nachrichtenagenturen einsetzen. Angesichts der politischen Debatte sei jedoch nicht auszuschließen, dass bereits in der Kultusministerkonferenz ein vernünftiger Kompromiss gefunden werden könne, bei dem vor allem Sinn entstellende Getrenntschreibungen aufgegeben würden, andere Regeln wie die neue Doppel-s-Schreibung jedoch beibehalten blieben.

Der Sprecher fügte hinzu, die "Süddeutsche Zeitung" habe im Unterschied zu anderen Verlagen nie angekündigt, vollständig zur alten Schreibung zurückzukehren, sondern lediglich, "die neue Rechtschreibung in der bestehenden Form nicht beizubehalten".

Anfang August hatten sich DER SPIEGEL und der Axel Springer Verlag auf die Rückkehr zur alten Rechtschreibung geeinigt. Der Süddeutsche Verlag hatte damals zugestimmt und ebenfalls angekündigt, die Reform in den eigenen Publikationen zurückzunehmen. Beim Hamburger Verlag Gruner + Jahr hatte sich hingegen die Mehrheit der Chefredakteure der verschiedenen Magazine (u.a. "Stern", "Geo", "Brigitte") gegen eine Rückkehr zur klassischen Schreibweise ausgesprochen. Der Springer Verlag ("Bild", "Bild am Sonntag", "Hörzu") hat die Rücknahme am vergangenen Wochenende vollzogen.


#50, RE: SZ verweigert sich der Rückkehr
Geschrieben von Marco am 06-Okt-04 um 14:36 Uhr


>Die "Süddeutsche Zeitung" sucht einen Rechtschreib-Kompromiss. Zwar hatte das Münchner
>Blatt nach dem Vorstoß von SPIEGEL und Springer Verlag im August signalisiert,
>ebenfalls zur alten Schreibweise zurückzukehren; die Mehrheit der "SZ"-Redakteure habe
>sich jedoch für eine modifizierte Form der neuen Rechtschreibung ausgesprochen.
>

Das ist ja noch bekloppter. Jetzt wird zusätzlich noch eine dritte Rechtschreibung als Hausregeln von der Süddeutschen eingeführt. Als ob das Chaos nicht schon groß genug sei. (Obwohl jedem von Anfang an klar war, dass die Reform nur Chaos bringen wird.) Wenn das noch mehr Verlag so machen, kann man Diktate in den Schulen gleich ganz abschaffen.

>Der Sprecher fügte hinzu, die "Süddeutsche Zeitung" habe im Unterschied zu anderen
>Verlagen nie angekündigt, vollständig zur alten Schreibung zurückzukehren, sondern
>lediglich, "die neue Rechtschreibung in der bestehenden Form nicht beizubehalten".
>

So kann man es auch formulieren. Wie wenn in der Politik jemand nicht gelogen hat, sondern "die Unwahrheit gesagt hat".

Marco


#51, RE: SZ verweigert sich der Rückkehr
Geschrieben von Twister-Sister am 06-Okt-04 um 14:39 Uhr


>Wenn das noch mehr Verlag so machen, kann man Diktate in den Schulen gleich ganz
>abschaffen.

*g* Die Schüler werden sich freuen - endlich darf jeder so schreiben, wie er will.
Und ich bevorzuge dann meine eigene, die "twisiistische" Rechtschreibung.

Rechtschreibender Gruß Twisi
Der Prophet gilt nichts im eigenem Land...


#52, Missverständniss
Geschrieben von jwahl am 06-Okt-04 um 14:41 Uhr

>
>>Die "Süddeutsche Zeitung" sucht einen Rechtschreib-Kompromiss. Zwar hatte das Münchner
>>Blatt nach dem Vorstoß von SPIEGEL und Springer Verlag im August signalisiert,
>>ebenfalls zur alten Schreibweise zurückzukehren; die Mehrheit der "SZ"-Redakteure habe
>>sich jedoch für eine modifizierte Form der neuen Rechtschreibung ausgesprochen.
>>
>
>Das ist ja noch bekloppter. Jetzt wird zusätzlich noch eine dritte Rechtschreibung als
>Hausregeln von der Süddeutschen eingeführt. Als ob das Chaos nicht schon groß genug
>sei. (Obwohl jedem von Anfang an klar war, dass die Reform nur Chaos bringen wird.)
>Wenn das noch mehr Verlag so machen, kann man Diktate in den Schulen gleich ganz
>abschaffen.


Da steht doch nirgends, dass diese eingeführt wird?

Jakob


#54, RE: Missverständniss
Geschrieben von Marco am 07-Okt-04 um 09:22 Uhr


>
>Da steht doch nirgends, dass diese eingeführt wird?
>

Naja, wenn die KMK keinen Kompromiss findet, der nach der Vorstellung der SZ ist, werden sie ihre Pläne wohl als Hausregeln umsetzen. (Ist ja auch nicht der erste Verlag, der Hausregeln als ein Konglomerat von alten und neuen Regeln einführt...

Marco


#53, Niveau ist keine Creme ...
Geschrieben von The Knowledge am 06-Okt-04 um 15:43 Uhr

Hurra,

da zeigt sich mal wieder, dass SV und G+J halt doch Lichtjahre vom Grasnarbe-Niveau der Springer-Presse entfernt sind. Hoffen wir, dass sich viele anschließen werden und so eine vernünftige deutsche Rechtschreibung entsteht - ob offiziell oder inoffiziell. Hauptsache, Marco ist so verwirrt, dass er bald gar nichts mehr schreibt ...

Viele der neuen Regeln sind sinnvolle Grüße,

Tim
Here comes the sun!


#55, RE: Niveau ist keine Creme ...
Geschrieben von Marco am 07-Okt-04 um 09:26 Uhr

>Hauptsache, Marco ist so verwirrt, dass er bald gar nichts mehr schreibt ...
>

Ich fürchte, da musst Du bis zu dem Tag warten, an dem Du beschließt, nie mehr einen Park zu besuchen... (Aber nicht, dass Du jetzt Dein Hobby aufgibst, nur um mich loszuwerden... )

Marco


#56, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von jwahl am 08-Mar-06 um 00:13 Uhr

kress.de berichtet:

Der Axel Springer Verlag hat angekündigt die neuerlich reformierte Rechtschreibung umzusetzen. Bisher hat der Verlag aus Protest gegen die Reform an der alten Schreibweise festgehalten. Zeitungen und Zeitschriften von Springer sollen bis 1. August umgestellt werden.


#57, RE: Der Sieg der Vernunft
Geschrieben von Dave am 09-Mar-06 um 00:22 Uhr

Letzte Bearbeitung am 09-Mar-06 um 00:23 Uhr ()
Buuuuuuuuuuuuh!

Gruß und sorry für die null Kalorien,
Dave