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Beitrag Nr.: 8089
#0, Seilbahnen von Doppelmayr
Geschrieben von Michelfeit am 24-Mar-12 um 16:28 Uhr
Aus der Schwäbischen Zeitung vom 15.02.2012:

Seilbahnen sind auch ohne Berge ein Erfolg

Die Firma Doppelmayr aus Vorarlberg setzt nicht mehr nur auf den Winter - In Großstädten bilden Gondeln eine neue Verkehrsebene

Von Hildegard Nagler

WOLFURT - 436 Meter über dem Boden - das ist fast drei Mal so hoch wie das Ulmer Münster mit seinen 161,5 Metern. 436 Meter - das ist die maximale Höhe, die die Seilbahn "Peak 2 Peak Gondola" im kanadischen Whistler Mountain, dem größten Skigebiet Nordamerikas, über der verschneiten Landschaft erreicht. "Die Menschen fahren nicht Seilbahn, sie fliegen Seilbahn", scherzt Ekkehard Assmann, Pressesprecher der Doppelmayr Seilbahnen GmbH im Vorarlberger Wolfurt unweit von Lindau am Bodensee. Winter und Doppelmayr - das gehört irgendwie zusammen. Doch das österreichische Unternehmen baut weltweit zunehmend auch in großen Städten Seilbahnen, in Gebieten, wo es keinen Winter gibt, und für den Transport von Materialien.

Eine neue Verkehrsebene im "ersten Stock" erschließen - für immer mehr Menschen ist das offenbar die Alternative zum bisherigen Straßenverkehr. Beispielsweise in London. Die "London Cable Car" von Doppelmayr aus dem beschaulichen Wolfurt bringt die Bewohner der Landzunge Greenwich Peninsula ab Sommer über die Themse zum Stadtteil Royal Victoria Dock, wo ein Gewerbegebiet, Einkaufsstraßen und Wohnungen gebaut werden sollen. die Idee, eine Buslinie mit 30 Bussen einzurichten, die 2500 Menschen pro Stunde transportieren konnte, war wegen des dichten Verkehrs in der geschäftigen Stadt schnell verworfen worden. Also hoben die Stadtväter ab. Die Bauarbeiten sind in vollem Gang. In 50 Meter Höhe soll die Bahn die Themse überbrücken, spektakuläre Blicke über die Großstadt gewähren. Wie sie es schon in Koblenz tut: Dort baute Doppelmayr für die Bundesgartenschau 2011 eine 890 Meter lange Seilbahn mit 18 Kabinen für jeweils 35 Passagiere. Die größte Seilbahn Deutschlands führt vom "Deutschen Eck" beim Zusammenfluss von Rhein und Mosel über den Rhein zur Festung Ehrenbreitstein. Das freie Spannfeld über den Rhein ist 850 Meter lang, maximal 7600 Menschen können pro Stunde befördert werden.

"Unheimlich große Vorteile" habe die Seilbahn im urbanen Verkehr, so Pressesprecher Assmann. Bei der Seilbahn gebe es keinen Stau, nicht viel Infrastruktur sie notwendig, das Projekt könne schnell realisiert werden, weil es nur ein paar Stützen und Stationen brauche. Dem pflichtet Diplom-Ingenieur Sven Winter, Leiter der Abteilung Seilbahntechnologie am Institut für Fördertechnik und Logistik der Universität Stuttgart bei - die Abteilung ist weltweit als Prüf- und Gutachterinstanz anerkannt. "Seilbahnen können als urbane Systeme in Betracht gezogen werden und weisen auch klare Vorteile gegenüber dem Straßenverkehr auf", sagt Sven Winter. "Praktisch ist, dass für Seilbahnen keine Tunnel wie zum Beispiel bei Stuttgart 21 erforderlich sind", sagt Winter. Zudem habe der Benutzer eine meist gute Aussicht, und die Seilbahn habe auch aus umwelttechnischer Sicht den großen Vorteil, dass sie sehr energieeffizient ist. "In Hongkong beispielsweise waren 30 Busse im Einsatz. Sie wurden durch eine Seilbahn ersetzt. Wenn man da eine Energie- und Umweltbilanz zieht, gibt es sicherlich eindeutige Vorteile für die Seilbahn", sagt Winter.

Weniger Kriminalität dank Seilbahn

Argumente, die offenbar weltweit überzeugen. In Singapur haben die Österreicher eine Gondelbahn als Verbindung zwischen dem Festland und der Vergnügungsinsel Sentosa gebaut. "Jewel Ride", "Juwelenritt" wird sie genannt, weil nachts die LED-Lichter der Gondeln wie Juwelen funkeln. Das Besondere: Die Antriebsstation befindet sich auf dem Mount Faber, einem grünen Hügel auf dem Festland. Von dort schwebt man über die Stadt in den 15. Stock des Harbour Front-Hochhauses - dort ist die Zwischenstation, es gibt ein Einkaufszentrum mit U-Bahn-Anschluss. Endstation ist auf Sentosa Island. Die "7-Sterne-VIP-Kabine" ist innen und außen mit 200 000 Swarowski-Kristallen verziert - das sind Kristalle aus geschliffenem Kristallglas. Und weil das noch nicht genug ist, hat die Gondel einen Glasboden, Ledersitze, eine Mini-Bar und einen iPad- und iPhone-Anschluss mit Musiksystem.

Ein Kontrastprogramm gibt es dagegen im südamerikanischen Caracas. In der venezonlanischen Stadt war an einem Hügel ungeplant ein Armenviertel entstanden. Die Pfade und Wege waren so eng, dass ein Durchkommen mit Fahrzeugen unmöglich war. Doppelmayr hatte die Lösung: Eine Seilbahn mit 50 Kabinen und fünf Haltestellen sollte die Favelas von San Agustin del Sur mit dem öffentlichen Nahverkehr verbinden. Das ist die eine Besonderheit, die andere ist die, dass im Umfeld der Seilbahn die Kriminalität spürbar zurückgegangen ist. "Die Menschen identifizieren sich mit ihrer Seilbahn, schützen sie, weil sie durch sie nur Vorteile haben", erklärt Ekkehard Assmann den Effekt.

Und die Kosten? Eine Umlaufbahn mit einer horizontalen Länge von einem Kilometer und 52 Kabinen für je acht Passagiere schlägt mit insgesamt sechs Millionen Euro zu Buche. Die Fahrzeit beträgt 4,3 Minuten, die Fahrgeschwindigkeit liegt bei fünf Metern pro Sekunde.

Bei Doppelmayr ist man überzeugt: Seilbahnen sind das Transportmittel der Zukunft. Laut Statistik gesehen sei es das sicherste Transportmittel der Welt. Natürlich, es gab Kaprun, "eine Katastrophe", wie Ekkehard Assmann sagt, die aber glücklicherweise nichts mit der Seilbahntechnik zu tun gehabt habe. "Wir wissen um unsere Verantwortung, deshalb feilen wir an unseren Produkten immer weiter. Da braucht es kein Kaprun." Ergebnis dieser Arbeit sei die "Drei-Seil-Technologie", für die zwei Tragseile und ein Zugseil verwendet werden. Entwickelt worden sei dafür ein spezielles Windmess-System. Assmann: "Mit der Drei-Seil-Technologie bauen wir die erste Seilbahn der Welt, bei der keine Bergung mehr notwendig ist. Die Kabinen kommen wieder in die Station zurück." Die Technologie, das räumt der Pressesprecher dann aber ein, "nützt nichts, wenn das Seil am Boden liegt". Dass das Seil einer Bahn gerissen ist, das sei in den vergangenen 50 Jahren nur fünf Mal auf Grund äußerer Einflüsse passiert - niemals sei die Ursache Materialermüdung gewesen.

Immer neue Möglichkeiten

Der Pressesprecher führt noch ein Zahlenbeispiel an. Der jüngsten Statistik zufolge beföderten die Österreichischen Bundesbahnen pro Jahr 250 Millionen Passagiere. Und die Seilbahnen? 600 Millionen Passagiere. Wie das Ergebnis im vergangenen soll auch das im laufenden Geschäftsjahr positiv und zufriedenstellend sein - die Auftragslage sie gut, heißt es bei Doppelmayr. "Der Grundsatz Seilbahnen brauchen kein Eis, keinen Schnee und keine Berge, sie funktionieren auch im Flachen und über einer Stadt leuchtet immer mehr Menschen ein", sagt Assmann. Dadurch, dass das Spannfeld, also der Abstand zwischen zwei Tragpfeilern, mittlerweile etwas länger ist als drei Kilometer, eröffnen sich immer neue Möglichkeiten, neue Rekorde zeichnen sich ab. Laut Ekkehard Assmann ist beispielsweise ein Materialtransportsystem projektiert, das pro Stunde 20 000 Tonnen bewältigen kann. Wann und wo es gebaut werden soll, das ist noch das Geheimnis von Doppelmayr.

Siehe auch die Bildergalerie zum Thema: http://www.schwaebische.de/journal/vermischtes/fotoreportagen_galid,46878.html


Extrawünsche wie eine Sauna-Gondel

Rund 20 Prozent des Umsatzes erzielt Doppelmayr derzeit mit Seilbahnen in Städten, Sommerbahnen und Materialtransportsystemen. Wintersport ist für das österreichische Familienunternehmen, das seine Anfänge 1892 in Wolfurt hatte, aber nach wie vor das wichtigste Geschäftsfeld: Pro Jahr baut Doppelmayr 120 bis 180 neue Anlagen, wobei Deutschland und Österreich die Kernmärkte sind. In 80 Prozent der Fälle werden alte Anlagen komplett abgerissen und durch neue ersetzt. Lediglich zu 20 Prozent werden in den klassischen Skigebieten wie dem Alpenraum, Nordamerika, Skandinavien, Neuseeland und Australien neue Bahnen gebaut, beispielsweise als Verbindung zwischen zwei Skigebieten. In Finnland wurde im Skigebiet Ylläs nahe der schwedischen Grenze für die Seilbahn "Ylläs 1" auf Kundenwunsch extra eine Sauna-Gondel gebaut. Die zwei Kilometer lange Rundfahrt dauert für die maximal vier Saunagänger 13 Minuten. Für Notfälle gibt es in der Gondel einen Feuerlöscher und warme Kleider. In Polen, Bulgarien, Rumänien, Weißrussland, Kasachstan und in Russland gibt es richtig neue Anlagen. Allein in der russischen Stadt Sochi, in der im Februar 2014 die Olymischen Winterspiele ausgetragen werden, baut Doppelmayr aktuell insgesamt 40 Anlagen. Im Geschäftsjahr 2010/11 erwirtschaftete das Seilbahnunternehmen mit seinen 2214 Mitarbeitern weltweit einen Umsatz von 618,2 Millionen Euro, 2009/10 lag er mit 2248 Mitarbeitern bei 603,1 Millionen Euro. (hin)


Stefan A. Michelfeit - www.ridesonline.de
"form ever follows function" - Louis H. Sullivan


#1, RE: Seilbahnen von Doppelmayr
Geschrieben von stilbruch am 26-Mar-12 um 16:10 Uhr

Letzte Bearbeitung am 26-Mar-12 um 19:10 Uhr () durch MarcelR (moderator)
Edit: Regel Nr 3

Saunagondel... klasse Idee.

"So, gehen Sie nun erst einmal raus an die frische Luft"

Liebe Grüße
Dirk


#2, RE: Seilbahnen von Doppelmayr
Geschrieben von VT 340 am 28-Mar-12 um 01:00 Uhr

Gibt es irgendwo eine Übersicht zum Thema Seilbahnen als Transportmittel?

#3, RE: Seilbahnen von Doppelmayr
Geschrieben von Thomas K am 20-Apr-12 um 23:48 Uhr

>Gibt es irgendwo eine Übersicht zum Thema Seilbahnen als Transportmittel?

Infos Firma Doppelmayr
Infos Firma Leitner
Bericht bei 3Sat

Gruß Thomas
www.epfans.info