Kirmes in der Krise? "Die Leute fahren nicht in den Urlaub, 
sondern mit der Achterbahn", sagen die Schausteller.In dunkler Arbeitshose und grauem Pulli steht Thomas Meyer vor 
dem gelb-blauen Doppellooping "Teststrecke". Doppeldeutig ist der 
Name dieses Fahrgeschäfts, das Meyer und sein Cousin Theo Rosenzweig (38) 
für drei Millionen Euro einem amerikanischen Freizeitpark abgekauft haben. 
Heute, wenn auf dem Heiligengeistfeld der Sommerdom eröffnet, feiert die 
Achterbahn Europa-Premiere. "Mal abwarten, ob die Bahn gut ankommt", sagt 
er und klopft dreimal auf den Holztisch in seinem Wohnwagen. Ob seine 
kleinen Söhne Hansi (4) und Hugo (1) irgendwann einmal die Geschäfte 
führen werden, wisse er nicht, sagt er nachdenklich. "Es hängt davon ab, 
ob die Einnahmen in 20 Jahren noch für einen guten Lebensstandard reichen."
Vieles habe sich verändert, seit sein Großvater nach dem Zweiten Weltkrieg 
wieder anfing, mit einem zwölf Meter hohen Riesenrad, das er selbst 
zusammengezimmert hatte, über die Volksfeste zu tingeln. Auch Thomas Meyer 
und sein Cousin betreiben außer der neuen Achterbahn noch die Wildwasserbahn 
und ein Riesenrad, das 60 Meter hoch ist. Allein für die 400 Tonnen Material 
der Wildwasserbahn müssen sich 41 Transporter über Deutschlands Autobahnen 
schieben. "Der logistische Aufwand, die Bürokratie und Kosten wie Sprit, 
Versicherungen oder Standgebühren sind natürlich seit Großvaters Zeiten 
deutlich gestiegen." Aber Thomas Meyer mit seinem jungenhaften Lachen ist 
kein Jammerer. Über die Krise spricht er abgeklärt. Auch weil seine Familie - 
mit drei Fahrgeschäften auf dem Dom - sie nicht stark spüre. Und wieder klopft 
er auf Holz. "Die Menschen fahren in diesem Jahr wenig in den Urlaub, aber 
viel Karussell." Ein neues Auto können sich manche nicht mehr erlauben, aber 
einen Bummel über den Dom schon.
Volksfeste laufen - trotz teils leichter Umsatzrückgänge - noch rund wie 
ein Riesenrad. Manche sagen, sie gehören zu Deutschland wie Goethe oder Bier. 
Einer, der das sagt, ist Christoph Jansen vom Deutschen Schaustellerbund (DSB). 
178 Millionen Besucher seien im vergangenen Jahr auf den 12 400 Festen 
zwischen Flensburg und Füssen gezählt worden. Der Dom, der in diesem Frühjahr 
vier Millionen Menschen angelockt hatte - fast eine Million mehr als im 
Frühjahr 2008 - sei beliebt. "Ein Bummel bietet eine Pause von Sorgen und 
schlechten Nachrichten", sagt Christoph Jansen.
Davon wollen auch die 259 Schausteller profitieren, die auf dem 
Heiligengeistfeld dabei sind. "Wir hoffen, dass der Sommer wieder ein großer 
Erfolg wird", sagt Hans-Werner Burmeister vom Hamburger Landesverband der 
Schausteller. Allerdings mache sich der demografische Wandel bemerkbar. 
"Wurstbuden laufen, aber den Kinderkarussells bricht zunehmend die Kundschaft 
weg", sagt DSB-Sprecher Jansen.
Mit der Wildwasserbahn setzt Thomas Meyer, der jedes Jahr auf sechs 
Volksfesten mit seinen Fahrgeschäften vertreten ist, auf junge Familien.  
"Ein Vater muss im Schnitt für vier Fahrten zahlen. Wie viel kann er 
ausgeben?", fragt Meyer. Maximal 3,50 Euro pro Fahrt, schätzt er. "Diesen 
Preis haben wir seit Jahren nicht erhöht, weil der Kunde das womöglich nicht 
mitgehen würde."
Nichts sei verheerender als ein Fahrgeschäft, das nicht laufe. "Wenn das 
Ding leer bleibt und aus der Mode kommt, kann man es abhaken." 
Umso wichtiger sei ein Erfolg der "Teststrecke". In den USA hätte er beim 
Kauf schnell zugreifen müssen. "Ich hoffe auf eine Marktlücke", sagt Meyer. 
"So einen Doppellooping gibt es derzeit auf den Volksfesten noch nicht."
Von der Veranda eines Wohnwagens ruft ein kleiner blonder Junge nach seinem 
Vater. Hansi hat eine Mini-Achterbahn gebaut. "So ist das", sagt Thomas Meyer 
und lächelt. "Als Kind habe ich auch nie mit Eisenbahnen gespielt, sondern mir 
aus Klötzen Achterbahnen gebaut." Vielleicht führen seine Söhne die Tradition 
doch eines Tages weiter. In siebter Generation.
Quelle: Hamburger Abendblatt, 24. Juli 2009
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