Einer, der Figuren Seele einhauchtFantasiewelten haben Jörg Stegmüller schon immer fasziniert - als Skulpteur schafft er bewegte Figuren ebenso wie persönliche Porträts
OSTFILDERN - Jörg Steegmüllers Figuren kann man an vielen Orten treffen: im Freizeitpark oder in der Geisterbahn, im Museum, im Film und im Fernsehen, auf Messen oder vielleicht in einem Regal.
Der Skulpteur aus Ostfildern erschafft Miniaturmodelle ebenso wie lebensechte Wachsfiguren, persönliche Bronzebüsten oder augenrollenden Piraten, die mit der Hakenhand drohen.
Wer vor einem Jahr die Fernsehserie Zwei Engel für Amor sah, erinnert sich an den Marmor-Engel mit dem verschmitzten Gesichtsausdruck, der zum Leben erwachte. Er ist in Jörg Steegmüllers Werkstatt entstanden und dann am Computer animiert worden.
Und wer schon mal im Freizeitpark Tripsdrill eine Badewannensturzfahrt gewagt hat, konnte jede Menge Steegmüller-Originale sehen: die 23 ausdrucksstarken Figuren im Jungbrunnen zum Beispiel, oder die zahlreichen Utensilien rund um Wahrheit und Mythos Jungbrunnen, die die Zeit beim Anstehen für die Attraktion verkürzen.
Das sind nur zwei Beispiele aus dem vielseitigen Schaffen des 33-jährigen Künstlers aus Ostfildern. Er baute auch Hafenszenerien für den Film Der Patriot, er hat verschiedene Schiffsbauer-Berufe für ein holländisches Museum dargestellt und konstruiert immer wieder so genannte animatronisch-technische Figuren, die sich durch Hydraulik oder Elektrik selbst bewegen.
Fantasiewelten haben ihn schon als Kind fasziniert. Steegmüller verschlang Bücher wie die Mumins oder Herr der Ringe. "Ich bin aufgewachsen mit Geschichten, Filmen, Schlössern, Burgen", sagt er.
Schon ganz früh erzählte und spielte er für den kleinen Bruder und für Freunde eigene Geschichten. Lebhaft in Erinnerung ist ihm das Kasperltheater, für das sein Vater, ein Werbegestalter, Einhängebilder aus Öl malte.
Im Kindergarten fing Steegmüller an, "exzessiv Puppen zu bauen und zu modellieren", zu Hause und in der Kinderwerkstatt der VHS Ostfildern entstanden Marionetten und andere Gestalten. Er zeichnete stapelweise Comics, malte, nahm Hörspiel-Kassetten auf und drehte Trickfilme.
Die vielen Aktivitäten öffneten ihm später Türen zur Berufswelt. Nach der Ausbildung zum Grafik-Designer und einem Jahr Messerfahrung mit seinem Vater wurde er Schüler des Kunstprofessors Mehran Pourbijan beim Figurenhersteller Heimo. Dort bekam er, gerade Anfang 20, Aufgaben und Verantwortung übertragen, musste produktiv und schnell sein und Entscheidungen treffen. "Bei denen habe ich sehr viel gelernt, unter anderem das Wachsmodellieren", sagt Steegmüller.
Dieses Material kommt seiner Liebe zum Detail am meisten entgegen, jede Falte, jeder Ausdruck kann damit exakt abgebildet werden. Aus den Wachsmodellen entstehen dann Abgüsse in Silikon, Latex oder Kunststoff. Aus seinen Figuren, auch aus den kleinsten, will er "eine Seele herausholen".
Sie sollen nicht nur oberflächlich wirken, sondern etwas zum Entdecken bieten, möglichst etwas Neues, Überraschendes.
Das ist für Steegmüller der eigentliche Reiz und wertvoller als kurze spektakuläre Eindrücke zu hinterlassen. Horror und Grusel faszinieren ihn nicht mehr: "Da habe ich mich ausgetobt in meiner Kindheit, mittlerweile reizt mich mehr das Warme, das für Kinder, das Lebendige.
"Dafür müsse man die Umwelt sehr genau beobachten, sich intensiv mit Themen und Menschen beschäftigen."
Seit dem Jahr 2000 ist Jörg Steegmüller selbstständig. Er kann bei Bedarf auf sehr gut ausgebildete freie Mitarbeiter zurückgreifen und arbeitet unter anderem mit der Kunstgießerei Strassacker zusammen, mit internationalen Büros und großen Trickfilmstudios. Zurzeit wirkt er bei der Planung eines Freizeitparks in Rumänien mit und arbeitet an einem "laufenden Stromzähler" als Maskottchen für einen Energieversorger.
Mit der Auftragslage ist er zufrieden und froh darüber, dass sie ihm genug Zeit lässt, in Ruhe Ideen zu entwickeln. Und wenn er im Sommer die Türen seines Ateliers offen lässt und Kinderbesuch bekommt, freut sich Jörg Steegmüller besonders. kaa
Quelle: Stuttgarter Wochenblatt
Gruß
Marcel
Chicken, fight like a robot!