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#0, Focus: 'Die Meister des Loopings'
Geschrieben von Chris am 18-Sep-06 um 07:56 Uhr
http://focus.msn.de/finanzen/news/achterbahnen_aid_24592.html

Achterbahnen: Die Meister des Loopings

„Eurostar“ und „Olympia-Looping“ gehören zu den beliebtesten Fahrgeschäften auf dem Oktoberfest. Ihre Schöpfer sind weltweit Marktführer.


Als „Meister des Horrors“ und „Looping-Papst“ wird der Münchner Ingenieur Werner Stengel bezeichnet. Egal ob auf dem Oktoberfest, in Disneyland Paris oder in den riesigen Vergnügungsparks der USA stehen seine Konstruktionen. Jede zweite Achterbahn der Welt hat Stengel entworfen. Damit ist der 1936 geborene Wahl-Münchner Marktführer.

Über 146 Meter hoch

In diesem Jahr wurde die 500. Achterbahn aus seinem Büro fertig gestellt. Bezeichnenderweise steht sie im amerikanischen Vergnügungspark Cedar Point in Ohio, einer Hochburg dieser besonderen Fahrgeschäfte – 17 verschiedene Bahnen stehen dort und die meisten und spektakulärsten sind von Stengel. Für Cedar Point entwarf Stengel auch die höchsten der Welt: Über 90 Meter hoch ist der „Millenium Force“ aus dem Jahr 1998 und gar 146 Meter hoch ist der „TopThrill Dragster“ aus 2002.

„Super Acht“ – erste deutsche Achterbahn

Die unglaubliche Karriere des Ingenieurs begann auf dem Münchner Oktoberfest. 1964 feierte seiner „Super Acht“ auf dem größten Volksfest der Welt Premiere – sie war damit die erste deutsche Achterbahn. Ein Jahr später machte Stengel in der bayerischen Landeshauptstadt sein Ingenieur-Büro auf.

Zahlreiche Fahrgeschäft wie der „Alpenflug“ oder auch die erste Looping-Achterbahn der Welt, die „Revolution“ im Six Flags Magic Mountain Vergnügungspark in Kalifornien folgten. Inzwischen arbeiten acht feste und zwei freie Mitarbeiter für den „Meister des Loopings“ und über mangelnde Aufträge können sie sich nicht beklagen.

Achterbahn-Boom in den 90er-Jahren

Mit Schaustellern, Vergnügungsparks und Herstellern aus allen fünf Kontinenten arbeitet das Ingenieurbüro zusammen. Vor allem zwischen Mitte der 90er-Jahre und Anfang des neuen Jahrtausends boomte der Achterbahn-Markt. Mittlerweile stagniert die Branche, wie Harald Wanner, Geschäftsführer der GmbH, berichtet. Es sei eine „gewisse Sättigung auf dem Markt“ erreicht. Das Augenmerk gilt nun vor allem ostasiatischen Ländern wie Japan, Korea und China.

Die komplette theoretische Vorleistung für den Achterbahnbau kann das Ingenieurbüro anbieten – also von der Idee, über die erste Skizze bis zum Fertigungsentwurf. Geschäftsführer Wanner kennt kein anderes Büro, das diese Bandbreite anbietet. Die Mitarbeiter arbeiten an fünf bis acht Projekten gleichzeitig. So entwerfen die Ingenieure neben Achterbahnen auch Karussells und Türme. Die Aufträge kommen sowohl von Freizeitpark-Betreibern wie dem Europapark in Rust oder Phantasialand bei Köln als auch von Herstellern. Manchmal sind auch unmachbare Ideen dabei, die eine 15- bis 18-fache Erdbeschleunigung verursachen würden – und das könnte kein Mensch überleben.

Klothoide- und Herzlinien-Prinzip

Auf die Gesundheit der Fahrgäste achten die Ingenieure jedoch genau. 5-7 g, also das fünf- bis siebenfache des Körpergewichtes, ist das höchste der Gefühle. Stengels Büro setzt daher auf zwei Elemente bei der Konstruktion einer Achterbahn: das Klothoide- und das Herzlinien-Prinzip.

Beim Klothoide-Prinzip werden nur Kurven zweiter Ordnung verwendet, das heißt, die Krümmung verändert sich in jedem Punkt der Kurve. Das ist für den Menschen ebenso eine Entlastung wie das Herzlinien-Prinzip. Dabei wird nämlich die Bahn so angepasst, dass der Kopf des Fahrgastes weniger stark hin- und hergerissen wird. Zum ersten Mal setzte Stengel dieses Prinzip 1976 mit dem „Shock Wave“ im amerikanischen Freizeitpark Six Flags over Texas um.

Zwei Unfälle mit dem „Eurostar“

Achterbahnen sind laut Wanner extrem sicher. Er verweist auf eine amerikanische Studie, nach der das „gefährlichste“ der Weg zum Vergnügungspark sei. Dennoch gab es 1996 und 1997 auf dem Oktoberfest mit dem vom Ingenieurbüro Stengel entworfenen „Eurostar“ Unfälle und mehrere Personen wurden verletzt. Einmal sind zwei Züge zusammengestoßen, einmal wurde ein 15-jähriger Junge von einem Metallbolzen am Kopf getroffen.

Der „Colossos“ vom Heidepark

Trotz der Unfälle fahren jedes Jahr auf dem Oktoberfest Zehntausende mit dem „Eurostar“. Für Wanner ist er eine der spektakulärsten Achterbahnen, die das Ingenieurbüro bisher entworfen hat. Ein anderes Vorzeigeobjekt ist der „Colossos“ im Soltauer Heidepark. Die Bahn steht als steilste Holzachterbahn der Welt sogar im „Guiness-Buch der Rekorde“. Bei einem Gefälle von 61 Prozent kommt die Bahn auf eine Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometer.

Doch der Trend geht nicht mehr in Richtung besonders hoch oder lang, wie Geschäftsführer Wanner sagt. Inzwischen sind die Bahnen meist bodennäher, dafür zählen „schnell gefahrene Kurven und „Launch-Systeme“, das heißt die Züge werden nicht auf den höchsten Punkt transportiert und dann fahren gelassen, sondern sie werden „auf gerader Ebene beschleunigt und dann los gelassen“, sozusagen „abgefeuert“.