Letzte Bearbeitung am 17-Jun-05 um 10:39 Uhr ()
Kieler Woche - Kein Spaß ohne Prüfplakette
Der Blick vom Power-Tower auf die Wildwasserbahn. Beide Anlagen haben die Prüfer von der Stadt Kiel gestern für das Kieler-Woche-Vergnügen freigegeben. Anlagen wie diese, die zum ersten Mal nach Kiel kommen, nehmen die Prüfer besonders gerne in Augenschein, sie suchen die Objekte nach eigenem Ermessen und stichprobenartig aus.
Burkhard Schwarzers erster amtlicher Blick gilt dem Prüfbuch im Technik- und Steuerungshaus: "Hab' noch keinen gültigen Stempel gesehen", murmelt er beim Durchblättern des Wälzers, in dem der TÜV seit 1983 seine jährlichen Abnahmen samt Auflagen besiegelt. Plötzlich ein erleichterter Seufzer: "Ah – da ist er ja!" Schon sammeln sich die ersten Kinder vor dem Eingang der 350 Meter langen Wasserbahn, schon fährt nebenan der Power-Tower erste Leer-Touren in den Himmel. Schwarzer aber steigt in die Tiefe der Bahn.
Er, Chef des städtischen Prüfamtes für Baustatik, hat keine alpinen Kletterpartien auf der Bahn vor – ihn interessiert, ob das Ding auf dem unebenen Gelände sicher steht. Die Sicherheit der Schweißnähte wird per Röntgen-Untersuchung im Zwölf-Jahres-Turnus geprüft. Mit Kollegen Gregor Jessen von der städtischen Bauaufsicht prüft Schwarzer heute, ob etwa Verstrebungen oder Schrauben fehlen. "Wir sind froh, wenn noch mal jemand einen Blick auf die Anlage wirft", sagt Bahn-Chef Daniel Löwenthal. Während er sich im Hintergrund hält, prüft Schwarzer Punkt für Punkt, ob die Stützen den Angaben im Plan entsprechen. "Zum Teil haben wir bis zu 70 Zentimeter Balken unterlegen müssen", erklärt Löwenthal.
Während der Abnahme entspinnt sich ein fast familiärer Dialog: Wie läuft das Geschäft? Was machen die Kosten? Viele Kollegen seien schon in Insolvenz gegangen, klagt der Schausteller. Für diese Prüfung wird er 200 Euro bezahlen. "Das hier ist eine gutmütige Anlage", sagt Schwarzer und wendet sich an den Bahn-Chef: "Aber in Betrieb möchte ich sie schon noch sehen." Kurz darauf schwappt die erste kleine Welle aus dem riesigen Becken aufwärts. "Haben Sie eigentlich eine Sirene, wenn sich die Boote in Bewegung setzen?", fragt Jessen. Antwort: "Ich habe meine Leute im Blick." Na dann. "Also Herr Schwarzer, können wir die Anlage freigeben?", fragt Jessen. Schwarzer nickt. Löwenthal lächelt.
Kurz darauf stehen die Prüfer mit dem Kopf im Nacken am himmelhohen Power-Tower – dann folgt der Blick zum Fundamentalen: "Das sieht hier kompakter aus", sagt Jessen anerkennend, während Schwarzer unters Lochgitter geht. Alles klar. Hoppla – ein Bodenständer, einer unter vielen, lässt sich frei bewegen. Da muss was drunter gefüttert werden – Betriebsleiter Thorsten Oberbeckmann: "Ich veranlasse, dass das passiert". Plötzlich entdeckt Schwarzer fehlende Splinte an den Stützen. Keine Freigabe, bevor das nicht geändert wird, sagt er, und schon schickt Oberbeckmann jemanden los. Während Schwarzer sich für das Fundament interessiert, fährt Jessen mal nach oben. Mit der Ansage "Wir kommen noch mal wieder" und der Zusage, dass noch der Unterbau abgesperrt wird, geben sie auch dem Powertower ihren Segen: Viel Vergnügen an der Hörn.
Von Boris Geißler
Kieler Nachrichten vom 17.Juni 2005
Gruß Dirk