Die Welt berichtet:Mit 193 km/h ins Grauen
Freizeit-Schocker Achterbahn: Besucher brettern auf Motorrädern über die Gleise, riesige Animationen in 3 D erschrecken die Passagiere
von Thomas Jüngling
Bislang war die entscheidende Frage bei Freizeitparks: Wer hat die längste, höchste und schnellste Achterbahn. In den letzten drei Jahren sind überdimensionale Stahlkonstruktionen entstanden, die ihre Passagiere mit mehrfacher Erdbeschleunigung über die Gleise jagen. Erst 2005 sollen weitere Superlative folgen, dann werden Passagiere mit mehr als den 193 Kilometern pro Stunde monströsen 3-D-Animationen begegnen (siehe Kasten).
2004 ist dagegen Kreativität gefragt. Die Parkbetreiber mixen Achter- mit Geisterbahnfahrten, stellen die Rollercoaster unter ein Motto, sorgen für Begegnungen mit Passagieren anderer Bahnen oder geben echtes Motorrad-Feeling:
- Eine der beeindruckendsten Achterbahnen, "Die Rache der Mumie", entsteht derzeit in den Universal-Studio-Parks in Orlando und Hollywood; im Mai beziehungsweise Juni ist Eröffnung. Zum einen gehört die Konstruktion zu den seltenen Indoor-Varianten, ist also komplett überdacht. Außerdem haben Hersteller Premier Rides sowie Universal Creative eine Kombination aus Achterbahn und Geisterbahn entwickelt.
Der so genannte Darkride orientiert sich an den "Mumie"-Filmen. Mitgearbeitet hat denn auch Stephen Sommers, Regisseur der Kinoerfolge. Die Universal-Besucher sollen sich fühlen, als wären sie mitten in einem Actionfilm. Das Ungetüm aus der Gruft scheint die Passagiere in ihren Waggons zu jagen, riesige 3-D-Animationen erschrecken die Insassen. Reale Feuer mit 1000 Grad Celsius sorgen ebenso für bedrohliche Szenarien wie überdimensionierte Videoprojektionen. Dazu dröhnen zwei Dutzend Lautsprecher an Bord sowie mehr als 200 Boxen im Gebäude: Schauerliches Lachen der Mumie bestimmt die Szenerie.
Daneben bietet die Attraktion für vier Minuten eine echte Achterbahnfahrt, mit steilen Anstiegen und Sturzfahrten, aber plötzlichem Abbremsen und mit abrupten Wechseln der Fahrtrichtung - um attackierenden Skarabäus-Käfern zu entkommen.
- Beim "Spinball Whizzer" in Alton Towers werden Passagiere tatsächlich zum Spielball der Kräfte: Die Achterbahn-Waggons werden als Flipperkugeln zwischen Zielpunkten hin- und hergerissen. Hersteller der Themen-Achterbahn ist Maurer Söhne, das einen imposanten Anstieg integriert hat - mit einem 80-Grad-Winkel.
- Mehr fahrerische Abwechslung bietet die Achterbahn vom Freizeitpark Klotten an der Mosel. Es gibt Sturzfahrten im 80-Grad-Winkel - dabei trudeln die Passagiere in ihren Wagen elf Meter am Stück, mit einer anderthalbfachen Drehung. Die 530 Meter lange Bahn beschleunigt auf 60 Kilometer pro Stunde; der höchste Punkt liegt bei knapp 21 Metern. Die Achter- trifft zuweilen auf die Wasserbahn des Parks: Sie brettern gleichzeitig durch einen drei Meter breiten Kanal.
- Richtig Strecke machen auf einem Bock können ab 3. Juli Besucher des "Magic Forest" im niederländischen Toverland. Beim "Booster-Bike" sitzen die Passagiere wie auf einem Motorrad. In dieser Sitzposition absolvieren sie gewagte Kurvenfahrten mit einer Querneigung von mehr als 90 Grad. Die Bahn von Hersteller Vekoma Rides Manufacturing kommt zwar nur auf 15 Meter Höhe, erstreckt sich aber über knapp 600 Meter - insgesamt dauert die Fahrt eine Minute. Der Katapultstart schleudert die Passagiere aus den Startlöchern durch eine Baumlandschaft. Als Höchstgeschwindigkeit erreichen die Bikes 75 Kilometer pro Stunde. Dabei kommen sie auf einzelnen Streckenabschnitten auf das Zweieinhalbfache der Erdbeschleunigung.
Einen Trend zu mehr Thrill schreiben die Parkbetreiber fort: Sie bieten direkten Sichtkontakt mit dem Untergrund. Keine Bodenplatte versperrt den Blick auf Stahlrohre und Fundament beim "Daemonen" im Kopenhagener Tivoli. Schön ist der Ausblick auf den bunten Tivoli - auch bei nur 28 Metern Höhe.
In ganz anderen Dimensionen bewegt sich X-Sky vom Hersteller Interactive Rides. Auf dem Papier sieht es betulich aus: Acht Passagiere werden in einem Waggon eine Rampe heruntergelassen, die nur 26 Meter lang und 14 Meter hoch ist - mit schlappen 50 Kilometern pro Stunde. Aber der Standort macht es: Die Fahrt startet und läuft ab auf dem Dach des 270 Meter hohen Stratosphere-Tower in Las Vegas.
Die Rampe ragt knapp neun Meter über das Dach hinaus; die Passagiere rutschen sie hinunter und stoppen erst mit Hilfe magnetischer Bremsen am Ende, mit dem Gefühl, knapp 300 Meter in die Tiefe zu stürzen. Nichts für schwache Nerven: Gleichzeitig wackelt die Rampe, während die Passagiere direkt auf den Abgrund blicken - eine Bodenplatte gibt es nicht.
Da würde ängstlichen Menschen wohl auch ein spezielles Seminar nicht helfen. Der Holiday-Park in Hassloch will Besuchern die Furcht vor Achterbahnfahrten nehmen. Der Kurs findet am richtigen Ort statt: Die Bahn vom Holiday-Park gehört zu den schnellsten und größten weltweit. Mit 120 Kilometern pro Stunde stürzen die Passagiere senkrecht in die Tiefe und kacheln durch extreme Steilkurven.