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Beitrag Nr.: 4939
#0, Gähnende leere auf Volksfest
Geschrieben von JUK am 27-Okt-03 um 20:03 Uhr
Cellesche Zeitung, 26. 10. 03

Tristesse auf Celler Oktoberfest

Veranstalter Thiliant entsetzt: „Das ist eine echte Katastrophe”

War es die Kälte, war es der Regen oder ist das Celler Oktoberfest einfach nicht attraktiv genug? Fakt ist: Während zeitgleich die Besucher zum Bremer Freimarkt strömten, herrschte auf dem Celler Schützenplatz an der Hafenstraße Tristesse. Passend zum trüben Wetter, machte der Festplatz eine traurige Gestalt. Kaum jemand verlor sich auf dem Areal.

Egal zu welcher Tageszeit man beim Oktoberfest vorbeischaute, jedesmal bot sich das gleiche Bild: Auf dem Festplatz waren mehr Schausteller als Gäste. Schlagermusik tönt aus den Boxen an einem Kinderkarussell, das Karussell dreht sich nicht. Ein paar Meter weiter unterhalten sich drei Mitarbeiterinnen an einem Süßigkeiten-Stand – auch hier kein Kunde. Das Bierzelt – leer. Mit Pfeilen auf Luftballons werfen – keiner hat Interesse. Lediglich am Auto-Scooter steht ein Ehepaar und schaut ihren beiden Söhnen zu, die eine Runde drehen – auch sie alleine, kein anderer Wagen ist besetzt, niemand da, mit dem man jauchzend zusammenprallen könnte.
Otto Thiliant ist entsetzt. „So schlimm wie in diesem Jahr war es noch nie, eine echte Katastrophe”, sagt der Veranstalter des Oktoberfests. Eigentlich sollte jeden Abend bis 22 Uhr geöffnet gewesen sein. Doch am Freitag und Sonnabend lag der Festplatz schon um 21 Uhr im Dunkeln. „Es war ja keiner da”, meint Thiliant, dem man die Sorgen ansieht. Sechs Familien müssen ihr Brot mit dem Oktoberfest verdienen. Doch bei den wenigen Gästen kommen kaum die Benzinkosten raus – ein Verlustgeschäft für die Schausteller.
Noch einmal wird Thiliant das nicht mitmachen. „Auf so einen späten Termin im Jahr lasse ich mich nicht mehr ein.” Im siebten oder achten Jahr kommt Thiliant nun schon nach Celle, um die Bevölkerung mit dem Oktoberfest zu unterhalten. „2001 lief es noch richtig gut. Da sind die Leute noch in Scharen gekommen. Jetzt haben sie kein Geld mehr.” Der Euro sei daran schuld und der Regen und die Kälte, der schlechte Standort und falsche Versprechungen. „Hier soll ein großer Flohmarkt sein”, so sei ihm gesagt worden und dabei schaut Thiliant in Richtung der wenigen verstreuten Stände und behelfsmäßigen Buden am Rande des Oktoberfests, die kaum als Flohmarkt zu erkennen sind.
Aber sind nicht die Attraktionen, die die Schausteller bieten, zu alt, zu unspektakulär? Einen Nervenkitzel bekommt man beim Auto-Scooter längst nicht mehr, die Karussells sprechen kaum Kinder an. Thiliant weiß das wohl, aber will es am liebsten nicht wahrhaben. „Die Kinder haben doch heutzutage alles. Machen doch alles mit dem Handy”, antwortet er. Wie solle man denn auch seine Fahrgeschäfte erneuern, wenn kein Geld reinkommt.
In die Innenstädte müsse man. „Das klappt doch in Bergen auch, in Soltau sind wir auch in der Stadt”, sagt Thiliant. Auf dem Großen Plan solle das Oktoberfest stattfinden. „Davon würden auch die anderen Geschäftsleute profitieren, mit denen man zusammen einen verkaufsoffenen Sonntag auf die Beine stellen könnte”, meint Thiliant. Dann stapft er durch die Pfützen auf dem Festplatz zur Schießbude. „Mensch, geh mal da rein”, ruft er einem Kollegen zu. Der hatte einsam und verlassen an dem Stand gelehnt und nicht gesehen, dass Kundschaft gekommen war. Ein kleiner Junge mit seiner Mutter – fast die einzigen Besucher, die am Sonntagnachmittag den Weg zum Schützenplatz gefunden hatten. Gunther Jehle